Zunächst einmal: Ich kann mich unserem SL nur anschließen in der Wertung, dass dies eine außergewöhnliche Runde war. Sie hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht.
Was Samuel angeht, ist Menthirs Einschätzung weitgehend auf den Punkt. Er verliert sich in seinen Rollen, weil er die Person, die er eigentlich ist, nicht mehr sein will. Das ist im Grunde auch die Tragik dieses Charakters. Er ist auf der Suche nach Freiheit, glaubt, alles sein zu können, was er will, kann aber gerade das Wichtigste nicht sein: Er selbst.
Und da für ihn alles nur ein Schauspiel ist, berühren ihn die Dinge, die er erlebt, auch zu wenig. Das ist tatsächlich auch einer der Gründe, weshalb Samuel seiner Umwelt zu wenig Beachtung schenkt. Ich hatte eigentlich gehofft, dass sich das in der Interaktion mit den SC ändern würde, aber wann immer sich mal die Gelegenheit bot, kam bei mir der Job oder irgendwas anderes dazwischen. Das hat mich selbst wahrscheinlich am meisten geärgert, aber manchmal ging es eben nicht anders.
Samuel ist auch, wie du es beschrieben hast, elitär, was aber an zwei Dingen liegt: Zum einen an seiner Geschichte, die ihn dazu bringt, sich nur schwer anderen zu nähern, und das Elitäre macht es ihm leicht, auf Abstand zu bleiben. Zum anderen ist es eine Fehleinschätzung, denn obwohl er ein kluger Kopf ist, hält er seinen Pragmatismus für geistige Überlegenheit: Durch seine Rollenwechsel und Manipulationen kann er Dinge erreichen, die für andere schwer zu erreichen sind, aber das ist weniger eine Frage der Intelligenz, als der, nun ja, moralischen Flexibilität.
Eingehen möchte ich noch auf Alfreds Feedback zu Samuel. Ich gebe zu, dass ich liebend gerne Charaktere spiele, die in einem Punkt sehr stark sind, und dazu eventuell noch ein etwas breiteres "Allgemeinkönnen/-wissen" haben, das aber nicht unbedingt auf allzu hohem Niveau sein muss. (Heißt nicht, dass ich das immer so mache - aber eben durchaus gerne, und bei Samuel trifft es eindeutig zu.)
Was da aber bei Samuel herausgekommen ist, habe ich beim Charakterbau ehrlich gesagt selbst nicht so erwartet. Als die Werte dann aber einmal da waren, haben sie für mich auch den Charakter geformt: Ich halte es nur für natürlich, dass jemand mit solchen Fähigkeiten sie auch einsetzt.
Gleichzeitig denke ich, dass es einer Kombination aus meinem späten Einstieg und den immer wieder auftretenden Phasen viel zu knapper Zeit geschuldet ist, dass ich Samuel stellenweise so extrem ausgespielt habe. Durch den späten Einstieg hatte ich als Spieler das Gefühl, dass ich zunächst eigentlich nur Mitläufer war. Die Vorlesung hat wahnsinnig viel Spaß gemacht und war für mich eine der tollsten Szenen, die ich bisher im Rollenspiel gespielt habe, aber für die eigentliche Story hatte sie nicht gerade viel Bedeutung. Als dann die Verschwörung der Dozenten offenbar wurde, ist Samuel im Grunde eher "mitgelaufen"; seine Versuche, mehr Zeit herauszuschlagen und so mehr eigenständig Handeln zu können, wurden abgeblockt. Damit konnte ich Samuel eigentlich zum ersten Mal wirklich für die eigentliche Geschichte zum Einsatz bringen, als wir auf dem Gut angekommen sind.
Genau in dieser Zeit wurde mein privater Stress noch heftiger als vorher, so dass ich echte Schwierigkeiten hatte, mit zu kommen. Ich wollte Samuel aber auch nicht nur daneben stehen lassen, und das hätte auch nicht zu ihm als Charakter gepasst. Durch diese Kombination aus Umständen habe ich vielleicht ein wenig "über die Stränge" geschlagen, weil ich das Gefühl hatte, wenigstens irgendwas in der Geschichte erreichen zu wollen, bevor sie vorbei ist. (Was dann ja letztlich doch auch nicht geklappt hat.)
Das ist für mich persönlich vielleicht auch der größte Wehmutstropfen an dieser Runde: Trotz allem, was Samuel gemacht hat, hatte ich am Ende das Gefühl, dass die Geschichte im Grunde genau so verlaufen wäre, wenn er überhaupt nicht aufgetaucht wäre.
Umso mehr freue ich mich auf die Nachfolgerunde, in der die Geschichte aus Kiel für Samuel zumindest eine prägende Hintergrundgeschichte wird.
Jetzt möchte ich aber noch ein paar Worte über Samuel hinaus verlieren.
Zunächst einmal zu unserem Spielleiter: Ich finde es großartig, wie du, Menthir, es geschafft hast, aus einer im Grunde "ganz normalen" Welt, ohne Drachen und epische Magie, ohne geniale Finsterlinge und strahlende Helden, eine Welt zu erschaffen, die für mich vieles überstrahlt, was mir bisher begegnet ist.
Es ist die Tiefe, die Komplexität und Lebendigkeit, die du in diese Welt hineinlegst, die Mühe, die du dir mit so vielen Details machst, dass ich persönlich mich der Faszination dieser Welt, wie "normal" sie auf den ersten Blick auch erscheinen mag, nicht mehr entziehen konnte. Insofern sehe ich dich nicht einfach nur in der Rolle eines Spielleiters, du bist vielmehr ein Geschichten-Erzähler im ganz traditionellen Sinne, der mit Worten seine "Zuhörer" in seinen Bann schlagen kann, ganz egal, worüber er erzählt. Das ist ein außergewöhnliches und wundervolles Talent, und ich bin froh, das als Spieler in deiner Runde erlebt zu haben und noch einmal erleben zu dürfen.
Das macht auch allemal wett, dass ich das Gefühl hatte, dass Samuel in der Geschichte nicht wirklich "wichtig" war
Nun zu meinen Mitspielern. Ich habe mit Samuel leider weder Hermene, noch Donald, noch Conrad wirklich kennenlernen können, auch wenn ich letzteren noch ein wenig mitbekommen habe. Insofern kann ich eigentlich nur etwas zu Alfred und zu Carl sagen.
Alfred habe ich als faszinierenden Charakter kennengelernt, ein Mann, der Notwendigkeiten erkennt und versteht, der bereit ist, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen, aber dabei auch konsequent für den Fortschritt eintritt, im vollen Wissen, dass neue Technologien auch immer missbraucht werden können, der Verzicht auf sie aber die größere Tragik wäre.
Auf seine eigene Weise war Alfred nicht minder strikt in seinen moralischen Wertvorstellungen als Carl, wenn auch mit einer völlig anderen Prägung natürlich. Wie er in der Rolle des "Spielballs größerer Mächte" immer darum gekämpft hat, auch für sich und seine Familie zu sorgen, hat mir wahnsinnig gut gefallen.
Carl als "Inkarnation des Preußen schlechthin" konnte man einerseits als Klischee interpretieren, andererseits hatte er doch genug Ecken und Kanten, genug eigene Gedanken, um eben das nicht zu sein. Ohne da irgendein historisches Detailwissen zu haben, kann ich mir durchaus vorstellen, dass zur damaligen Zeit tatsächlich Männer wie Carl in Preußen gelebt haben, mit größtem Ehr- und Pflichtgefühl, vielleicht auch ein wenig verblendet, aber nichtsdestotrotz vollständige Persönlichkeiten, die ihr Preußentum mit ganz eigenen Meinungen und Weltsichten ergänzt haben. Echte, lebende Charaktere eben - und genau das war Carl für mich.
Unterm Strich kann ich zu beiden Charakteren sagen, dass sie aus meiner Sicht wirklich dreidimensional waren, Tiefe hatten, und es mir einfach Spaß gemacht hat, die Beiträge zu lesen. Und ich freue mich schon auf die Fortsetzung :-)