Tlacatl hat Necahual kurz hinterhergeschaut, als sie zurück zum Leichnam geht. Sie hat ihre eigenen Sitten, ihre eigene Art mit Dinge fertig zu werden. Sie hat die Geistern, mit denen sie reden kann. Tlacatl bleibt nur das Beisammensein mit den Lebenden und das möchte er lieber wahrnehmen. So folgt auch Tlacatl Caxal und lässt sich nieder. Auffällig schiebt der Hüne an seinem Platz die Decken und Kissen beiseite, sodass er auf dem Steinboden sitzt und die Kühle des Bodens und seine unnachgiebige Härte spürt. Tlacatl will sich nicht von den Gaben weich machen lassen, sich nicht einwickeln lassen von irgendeiner Form von Bequemlichkeit und er will sich gegen die Müdigkeit wappnen, die noch immer durch seine Knochen schleicht. Yaotlchones Tod war ein Moment des Adrenalins und der Wachheit und eben doch einer, welcher Kraft gekostet hat, die längst verbraucht scheint. Auf bequemen, warmen Kissen zu sitzen, würde die Gefahr des unfreundlichen Einschlafens nur unnötig vergrößern.
Tlacatl nimmt einen Schluck Wasser. Zwar weiß er um Pulque, aber dieses Getränk entspricht nicht dem, was er zu sich nehmen will und zudem ist es ein Getränk dem Adel vorbehalten. Nicht, dass er aus Gründen mangelnder Nobilität nicht davon kostet. Er mag es nur nicht, wenn Menschen sich aufgrund ihrer Geburt für besser halten als andere. Sie sterben doch alle gleich. Warum sollen sie nicht gleich leben? Sicher, früher hat Tlacatl auch gedacht, dass der Adel etwas mit der Rolle des Menschen zu tun gehabt hat. Das war bevor sie ihn für ihr Heil opfern wollten. Obwohl Tlacatl in der Kriegerhierarchie einer der wichtigsten Männer gewesen ist und vor allem der einzige, der befestigte Anlagen errichten konnte. Es ist nicht das Wesen Tlacatls gewesen, ein Zuchtalpaka zu sein. Er wird es auch an diesem Ort nicht sein, so freundlich Caxal sich gibt oder sein mag.
Tlacatl denkt einen Moment über die Fragen Caxals nach. "Der Mann, dem du zürnest, muss deines Zornes wert sein.", beginnt Tlacatl. "Was bedeutet es also Yaotlchone zu rächen? Der Mann, der ihn erschossen hat, hat keine andere Wahl gehabt. Selbst wenn er uns für niederes Getier hält, hatte er doch keine Wahl als sich zu verteidigen. Hätte er es nicht getan, hätte Yaotlchone und hätten die anderen ihm den Schädel gespalten. Hätten sie es nicht und er hätte immer noch nicht geschossen, wäre Yaotlchone von einem anderen erschossen wurden und der, der nicht schoss, aus Mitleid oder warum auch immer, er wäre von seinen Gefährten erschlagen oder bestraft wurden, weil er dann kein Teufel mehr gewesen wäre." Tlacatl schüttelt unmerklich den Kopf. "Rache ist kein guter Weg, so sehr uns Yaotlchones Tod betrübt. Sie wird nur noch mehr Männer Tukans dem Untergang weihen, und mit ihnen Frauen und Kinder. Welchen Zweck kann es haben für reine, eigensinnige Rache?"
Tlacatl nimmt einen Schluck Wasser und behält es einen Moment im Munde, um dessen Kühle zu spüren, dann schluckt er es endlich. "Flucht. Unseres Volkes Schicksal scheint es zu sein, zu fliehen und uns selbst zu opfern. Wir opfern unsere Brüder, damit wir verschont bleiben, halten die weißen Teufel für neue oder alte Götter. Manche Stämme geben ihn gar all ihr Gold, um diese neuen Götter mit ihren Donnerstöcken zu besänftigen. Und doch sind die Teufel auch hier. Gier? Göttlicher Wille? Warum sind die weißen Teufel hier? Ist die Flucht nicht so viel grausamer, wenn wir gar nicht wissen, wovor wir fliehen? Wogegen wir kämpfen?" Tlacatl nimmt zufrieden eine Pitahaya
[1] hervor. Er hat diese Früchte schon als Kind geliebt. Er nimmt sich etwas des säuerlich-süßen Fruchtfleisches und isst es. "All unser Handeln erscheint mir kopflos. Und dass ein kopfloser Mann sterben muss, ist uns allen klar. Und das sage ich, obwohl ihre Donnerstöcke auch mir beinahe das Leben kosteten. Ich will den Mann finden, der Yaotlchone erschossen hat und dann will ich ihn fragen, wie es sich anfühlt, ein Leben zu nehmen, welches man weder kennt noch versteht." Tlacatl isst weiter an seiner Frucht und isst sie auf.
"Meine Worte sind leicht gesagt. Verzeihe. Ich habe nur einen Freund verloren, du hast heute deine Welt verloren, Caxal. Was gedenkst du zu tun? Rache üben?"