Nun, dann will ich auch einmal mein Abschlussfeedback abgeben, bevor ich es wieder auf morgen verschiebe. Im Vergleich zu meinem letzten Feedback hat sich im Prinzip nicht viel geändert, schätze ich, aber ich lese es an dieser Stelle nicht noch einmal durch, um unabhängig davon meine finalen Gedanken zusammenfassen zu können.
Der Plot:Fangen wir mit dem Plot an. Insgesamt kann ich sagen, dass ich storytechnisch mit dem Verlauf des Abenteuers zufrieden bin. Mit Mr. Black hast du, Thorgrimm, jedem Spieler einen Grund geliefert, sich dieser Unternehmung anzuschließen. Etwas Erpressung und vielleicht auch Sabotage (soweit ich mich nun recht erinnere) kann neben der Verlockung, die bare Münze und der Duft nach Abenteuer bietet, durchaus motivierend sein - obwohl jeder unterschiedlich auf Blacks Spielchen reagiert hat.
Dass Simon eine tiefergehende Motivation hatte, an dieser Unternehmung teilzunehmen, fand ich recht angenehm. Sonst spiele ich eher selten rechtschaffene Charaktere, einfach, weil ich mit Individualisten besser identifizieren kann als mit Idealisten, aber mit einem klaren Ziel vor Augen war das kein Problem. Mit unserem Auftrag in der Tasche waren wir recht schnell im Dschungel angekommen, was gut für die Dichte der Handlung war. In Liongeli hast du uns mit den verschiedenen Begegnungen gut beschäftigt. Ich denke nicht, dass Langeweile aufkam. Irgendwann setzte das Tief ein, weil die Postingrate langsamer wurder und Spieler abgesprungen sind, aber ich bin froh darüber, dass wir die Runde gemeinsam zu einem passenden Ende geführt haben. Mein Spielerherz findet es zwar etwas schade, dass wir es so abkürzen mussten, aber das war unvermeidbar. Ich denke, wenn wir versucht hätten, es auszuspielen, wären wir vielleicht gar nicht mehr dazu gekommen, einen runden Abschluss zu haben.
Ich hätte mir nur für Mr. Black eine größere Rolle gewünscht. Irgendwie habe ich ihn für eine Art Joker gehalten, der den Plot noch hätte wenden können. Dass er McKinkai am Ende zum Opfer gefallen ist, ist zwar auch in gewisser Weise ein passendes Schicksal, doch ein wenig klischeehaft ist es schon.
Art der Spielleitung:Auch wenn du es selbst kritisch siehst, Thorgrimm, denke ich nicht, dass du etwas falsch gemacht hast, indem du dich an deinen eigenen Vorstellungen des Regelsystems orientiert hast. Für einen Anfänger ist dies vermutlich ein wenig komplizierter als für einen alten Hasen, doch ich habe nichts von deiner Unerfahrenheit als Spielleiter gemerkt. Du hast das wirklich toll gemacht!
Ich bin nun etwa 4 Jahre (wenn ich mich jetzt nicht verzählt habe) als Spielleiterin aktiv und daher kann ich aus viel eigener Erfahrung sagen: Improvisation ist nichts Falsches. Jeder hat seinen eigenen Stil zu spielen und zu leiten. Für mich selbst ist Improvisation das wichtigste Handwerkszeug überhaupt. Ein Forenrollenspiel ist eine sehr dynamische Sache, einfach, weil viele Köche an der Suppe kochen. Einen Plot fest durchzuplanen und keinen Raum für Flexibilität zu lassen, kann meiner Meinung nach recht tödlich für eine Runde sein. Es ist besser, sich immer wieder an die gegebene Situation anpassen zu können, als am Anfang alles durchzuplanen und sich dann zu ärgern, dass die Spielcharaktere den Plot theoretisch in eine ganz andere Richtung lenken, als man einkalkuliert hat. Ich arbeite deswegen in meinen eigenen Runden mit Schlüsselereignissen, die in mehreren Varianten eintreten könnten (je nachdem, wie es gerade passt) - und der Rest wird im Rahmen des roten Fadens improvisiert. Auch bei mir kommt es da zu neuen Entwicklungen, unplanmäßigen Handlungssträngen und NPCs, die ich mir zuvor noch nicht einmal erträumt hätte. Wichtig ist, dass man darauf achtet, dass die Spieler den roten Faden selbst nicht komplett zerreißen, verknüllen und unter den Teppich kehren - aber das ist dir gelungen, soweit ich das beurteilen kann. Vielleicht wäre eine NPC-Begleitung für unsere Expedition, im Nachhinein betrachtet, doch ganz praktisch gewesen. Auch hätten sich damit neue Möglichkeiten für andere Handlungsverläufe ergeben... Im Spiel selbst habe ich das jedoch nicht vermisst.
Das Setting:Ich muss zugegeben, dass ich bisher noch nicht einmal das erste Buch der Reihe beendet habe ("Das Lied von Eis und Feuer" und andere Schätzchen kamen mir einfach dazwischen), weswegen ich mich an den meisten settingspezifischen Dingen mit Halbwissen durchgemogelt habe. Allerdings hat man, denke ich, die Bücher nicht gebraucht, um in die Welt von Jackals einzutauchen. Du hast uns in dieses Setting entführt, Thorgrimm, und es gelungen gestaltet. Jackals ist eine Welt mit viel Potential, wie ich finde, und ich bin froh, dass du sie für dieses Spiel ausgewählt hast.
Allerdings war das Abenteuer selbst ganz anders, als ich es erwartet hätte. Denn das Abenteuer hätte Jackals nicht unbedingt gebraucht. Das liegt hauptsächlich daran, dass wir wenig mit Jackals-spezifischem zu tun hatten. Liongeli hätte jeder andere Dschungel sein können und Middlesteel jede andere Stadt auf einer anderen Welt. McKinkai hätte auch woanders verbotenerweise eine Steampunkvariante eines Nekromanten sein können. Das muss nichts Schlechtes sein, aber an dieser Stelle finde ich es doch etwas schade, dass der Plot nicht mehr an das Setting selbst gebunden war, wo wir doch so ein außergewöhnliches Setting als Spielwiese hatten. Vielleicht sieht man auch an meiner Charakterwahl, dass ich mich gern mehr auf Jackals eingelassen hätte.
... und mit dem Setting verbunden: Der Steampunk:Alles in Allem kam mir das Steampunkfeeling etwas zu kurz. Ich bin, seitdem ich Steampunk im Rahmen schulischer Beschäftigung mit der viktorianischen Gesellschaft für mich entdeckt habe, Anhängerin dieses düsteren, dreckig-urbanen, maschinenbelasteten Feelings, das für mich Steampunk ausmacht. Mit "Light"-Versionen davon kann ich mich auch anfreunden, aber bedenkt man den starken Start, den vor allem Wellby mit seinem Intro eingelegt hat, und auch den Beginn des Abenteuers mit der Zusammenkunft in McKinkais Geschäft/Werkstatt... Der Dschungel war, im krassen Gegensatz dazu, leider sehr unsteampunkig. Dort habe ich mich gefühlt, als wäre ich der Steampunkwelt entkommen (was in gewissem Maße ja auch so war, schließlich haben wir die Zivilisation verlassen) und in einem anderen Schatzsucherabenteuer gelandet. Das Labor im Dschungel war für mich dann noch etwas Neues - eher moderne Science Fiction als Steampunk. Der Genremix insgesamt war nicht schlecht, er hat wirklich Spaß gemacht, doch nach dem Start mit Steampunk hätte ich als Fan mir eine konstantere Präsenz gewünscht. Die meiste Zeit des Abenteuers waren wir ja wirklich fernab von allem, was man mit Steampunk in Verbindung bringen könnte.
Charakter-Interaktion:Rückblickend betrachtet finde ich es schade, dass wir eigentlich nicht sehr intensiv Charakterspiel im Sinne von Interaktion miteinander betrieben haben. Es kam zu Gesprächen und Diskussionen, aber fast nur dann, wenn Entscheidungen notwendig waren. Da jeder unserer Charaktere etwas eigenbrödlerisch war, weil jeder etwas zu verbergen hatte, ist es nicht verwunderlich, dass sie sich nicht schon zu Anfang auf den Schoß gesprungen sind. Allerdings waren wir meiner Einschätzung nach deutlich mehr mit der Umgebung beschäftigt als mit uns selbst. Dadurch hat mir teils gefehlt, dass ich jemanden anspielen konnte. Ich hatte zwar Ideen auf Lager, allerdings wollte ich auch den Plot damit nicht noch mehr verzögern... Was mich nun zum nächsten Thema bringt:
Die Posting-Rate:Die meisten Rollenspiele erleben den Wandel von sehr reger Beteiligung zu Beginn, bis sich das ganze auf eine ruhigere Rate einpendelt, bei der das Spiel immer noch gut vorankommt. Leider hat man so gut wie immer Phasen dabei, in denen es fast zum Stillstand kommt. Hier sind wir, besonders zum Schluss hin, ein wenig herumgekrebst. Erst sind Spieler weggefallen, die sowieso sehr selten gepostet hatten, dann hatten auch die Aktiveren weniger Zeit, weniger Motivation oder eine Mischung von beidem. Mir ging es so, dass ich in meinen aktiveren Phasen Anspielpartner vermisst habe. Gern hätte ich mich mehr mit z.B. Maguerite beschäftigt, aber das habe ich dann doch sein gelassen, weil es sowieso schon schleppend voranging. Ich musste zeitweise stark mit meinem inneren Schweinehund kämpfen, hier zu posten. Das hing vor allem mit der allgemein geringen Beteiligung zusammen - mein Motivationsmangel hat die Sache da natürlich nicht besser gemacht.
Die NPCs:Die NPCs haben mir insgesamt gut gefallen - denn sie waren stimmig und hatten alle einen bestimmten Platz in der Geschichte. McKinkai als Auftraggeber und Antagonist, Black als McKinkais rechte Hand, Flare als Vertreter der Regierung/des Rechts, Barnes als Transporteur etc. Nur, wieerwähnt, hätte ich mir für Black eine größere Rolle gewünscht.
Die Begegnungen im Dschungel fand ich persönlich sehr interessant, wobei man aus den Pflanzenmenschen vielleicht mehr hätte machen können, wenn die Zeit dazu da gewesen wäre... Aber da keine Zeit da war, war die Art ihres Vorkommens in der Geschichte vollkommen okay.
Aether:Du warst für mich in dieser Runde einer der Charaktere, die das Steampunkige doch ein bisschen mit in den Dschungel getragen haben - und zwar durch Aethers Einstellung zum Leben und zum Abenteuer selbst. Schade eigentlich, dass wir Aether nicht wirklich in einem urbanen Setting erleben konnten, denn ich denke, da wäre seine Persönlichkeit und gesamtes Charakterkonzept besser untergebracht gewesen. Wie erwähnt, fand ich deinen Einstieg richtig stark, und wäre das ganze Abenteuer in diesem Stil verlaufen, wäre ich wohl im Steampunkhimmel gewesen.
Nun ja, nichtsdestotrotz hast Aether sich auch im Dschungel sehr gut geschlagen und war wohl unser lebhafter Expeditionssonnenschein, der immer dafür gesorgt hat, dass es weitergehen konnte. Es war immer eine Freude, deine Beiträge zu lesen, und mir hat es mit dir viel Spaß gemacht!
Shiver:Während Aether den wackeren Abenteurer präsentiert, ist Shiver eine andere Art von typischem Steampunkcharakter - und dann auf seine eigene Art dann doch nicht jemand, der sich in eine Schublade einsortieren lässt. Ich liebe die dunkle, dreckige Seite des Steampunks, weswegen Shiver mich mit seiner Art von Anfang an begeistern konnte. Shiver ist für mich durch seine innere Zerissenheit der interessanteste Charakter dieser Runde gewesen - und du hast ihn grandios umgesetzt, Menthir!
Maguerite:Maguerite wirkte auf mich im Dschungel sehr verloren, sehr zurückgezogen. Zwischendurch hat sie durchscheinen lassen, dass sie eine toughe Persönlichkeit ist, aber insgesamt war sie leider etwas zu passiv. Ich schätze, trotzdem sie sich im Dschungel nicht wohl fühlte, auch weil sie Angst hatte, dass Simon erkennen könnte, dass sie Irrneblerin ist, hättest du sie etwas dominanter ausspielen können - so dominant, wie man es ihr der Charakterbeschreibung und dem Hintergrund nach zugetraut hätte. Sie war die einzige Dame in der Runde und Shiver war ihr Anker, allerdings hätte sie sich nicht immer hinter Shiver verstecken brauchen finde ich, gerade wenn wir nicht in Kampfsituationen waren. Ich hätte mich gerade über mehr Interaktion zwischen Maguerite und Simon gefreut. Aber, wie erwähnt, war es ja auch meine Schuld und der Situation allgemein zu verschulden, dass es nicht dazu gekommen ist.
Simon:Ich bin froh darüber, einen Sondergardisten als Spielcharakter gewählt zu haben. Ich denke, damit habe ich ein recht solides Charakterkonzept für einen jungen Mann aus Middlesteel gewählt. Ich habe versucht, ihn seines persönlichen Hintergrunds entsprechend auszuspielen und Eigenschaften eines pflichtbewussten Soldaten hinzugenommen, was Simon schlussendlich so formte, wie er war. Vielleicht kam er genau deswegen nicht unbedingt so herüber, wie du dir einen Sondergardisten vorgestellt hattest, Thorgrimm. Ich weiß von der Sondergarde nicht mehr, als dass sie Hauptmann Flare untersteht, von den Wolkensängern im Auge behalten wird und ihre Gardisten als Volkshelden gefeiert werden - um es einmal zusammenzufassen. Du kennst dich mit den Büchern aus und hast daher schon eine genaue Vorstellung von Sondergardisten, nehme ich an. Ich habe eigentlich alles an Simon auf Halbwissen zusammengeflickt und improvisiert.
Ja, insgesamt war Simon etwas glatt, da hast du Recht, Menthir. Aber das war in diesem Fall auch Absicht. Neben all den kantigen, verschlagenen und mit Klischees spielenden Charakteren, denen ich bisher schon Leben eingehaucht habe, wollte ich mich der Herausforderung stellen und mal einen Charakter spielen, der direkt und unkompliziert bestimmten, uneigennützigen Prinzipien folgt. Rückblickend betrachtet gehen mir Unruhestifter wie Sébastien, zwielichtige Gestalten, schräge Vögel und Opportunisten sehr viel leichter von der Hand, aber das Neue und Herausfordernde übt auf mich immer einen großen Reiz aus.
Jetzt habe ich auch genug geschrieben...
Liebe Grüße,
Umbra