Noch immer überrascht, sah sich Lucicus Licinius Guirmean die Nachricht - die ihn an diesem Morgen gebracht worden war - ein weiteres mal an. Wieder las er die Buchstaben und obwohl alles klar und eindeutig sein sollte, zweifelte er noch immer an deren Bedeutung und den Folgen, die sich daraus ergaben. Diese Informationen konnten nicht nur sein Leben hier in Rom zerstören, sondern ihn auch in Lebensgefahr bringen. Zwar war er einer der besten Gladiatoren - und gleichzeitig der Mann, der dem römischen Volk eine komplett neue Gladiatorengattung, den
Retiarius, gezeigt hatte - und nun ein Leibwächter von Aurelia Lucia Licinia, also wahrlich ein Mann der es wusste sich erfolgreich zu verteidigen aber trotzdem fürchtete er um sein Leben. Wer solche Informationen gekommen war, musste mächtige Kontakte und Verbündete haben.
Der stolze Kelte, der in der
Schlacht von Gergovia mit nur einem Alter von 13 Jahren gefangen genommen und nach Rom gebracht wurde, hatte seine Herkunft nie versteckt. Erhobenen Hauptes läuft er nicht wie für die Römer üblich in einer Toga durch die Stadt, sondern in einem schlichten Stoffhemd und einer Stoffhose mit einem kräftigen roten und blauen Tartan-Muster. Auch seine sonstige Erscheinung ist die für einen Kelten übliche. Guirmean hat lange, gepflegte blonde Haare und einen fast ebenso langen Bart, die durch Kalk gebleicht und formbar gemacht wurden. Er trägt goldene und kupferne Armreifen und Ohrringe; seine Kleidung wird durch goldene Fibeln zusammengehalten.
Durch seine Weigerung, sich der römischen Kultur vollkommen anzupassen, galt er als Barbar aber das war ihm egal. Noch immer brannte der Hass auf die Römer tief in ihm - sie hatten schließlich seine Familie und einen Teil seines Stammes ermordet und ihn aus seiner Heimat herausgerissen. Doch nie hat er sich gegen die Römer aufgelehnt oder wirklich rebelliert. Es war also verwunderlich, das jemand diese ganzen Informationen gegen ihn in der Hand hatte.
Nichtsdestotrotz war es so. Es blieb ihm also nichts anderes üblich, als sich der Forderung zu beugen. Nachdem sich der ehemalige Gladiator und freigelassene Sklave um seine tägliche ausgiebigen Pflege gekümmert hatte, nahm er seinen
Pugio an sich und machte sich auf den Weg, sich seinem Schicksal zu stellen.
Sein Weg führte ihn auf den Esquilin, vorbei an den verwelkten Blumen und dem geronnenen Blut, das ihn an seine Zeit in der Arena erinnerte. Vor dem Tempel blieb er stehen und nahm die Anwesenheit zweier Männer wahr, die er kannte. Es waren Leibwächter Aurelias, der Frau, die ihn gefördert, ihm eine Arbeit abseits der Arena gegeben und ihn dabei unterstützt hatte sich aus seinem Sklavenleben freizukaufen. War sie es, die etwas gegen ihn in der Hand hatte? Sie war definitiv eine der wenigen Personen in Rom, der er Vertrauen schenkte.
Hatte er sich in ihr getäuscht?
Guirmean warf die Fragen beiseite und betrat den Tempel. Zwei Männer und eine Frau befanden sich im Raum. War einer der Anwesenden der Verfasser der Nachricht oder waren sie ebenfalls hierher gerufen worden? Der Kelte hatte keine Lust auf irgendwelche Spielchen. Er wollte direkt zum Punkt kommen.
"Lucius Licinius Guirmean. Mit wem habe ich das Vergnügen? Seit ihr für diese Nachricht verantwortlich?" Mit diesen Worten wandte er sich an die beiden Männer im Raum und zeigte die Nachricht vor. Aurelia nickte er zu, er konnte sich nicht vorstellen das sie die Verfasserin der Nachricht war.