Brief von Dajuke, Yushudos jüngerem Bruder, an YushudoWie klingt die Stille in Tiefwasser, mein Bruder? Wir vermissen dich. Seitdem Vater tot ist, ist die Sehnsucht unserer Mutter nur noch stärker geworden. Sie betet jeden Tag die Ahnen an, dass sie dich behüten sollen. Wir hoffen jeden Tag, dass du plötzlich am Hafen anlegst, weil du vielleicht das Leben in den Reichen satt hast. Und doch wissen wir, dass dies nicht geschehen wird, da du unerschütterlich an deinen Zielen festhältst. Auf die Frage in deinem letzten Brief, ob sich hier etwas geändert habe, kann ich nur sagen: absolut nichts. Meister Lowan ist streng wie immer und er vergleicht mich ständig mit dir und meint, ich hätte große Fußstapfen zu füllen. Man hat es nicht leicht, wenn der große Bruder einer der besten Schüler seit Jahren war. Dennoch fühle ich mich wohl in der Isawaschule. Nur befürchte ich, dass Konzept der Leere noch nicht ganz verinnerlicht zu haben. Glücklicherweise bleiben mir noch zwei Jahre bis zu den Meisterprüfungen. Ich hoffe, dir geht es soweit gut. Wie kommen deine Studien voran? Meister Lowan ist ganz verrückt auf Ergebnis. Er erzählt mir Tag für Tag, wie wichtig diese Studien für die Schule sind.
Ich hoffe wie immer auf eine schnelle Antwort. Gruß von Mutter. Pass auf dich auf.
DajukeBrief von Yushudo an Dajuke[/i]
Ich vermisse euch ebenfalls. Ich kann Mutter verstehen. Aber ich glaube, sie macht sich weniger Sorgen um mich, sondern mehr darum, wie es dir ergehen würde, sollte mir etwas zustoßen. Aber habt keine Angst, ich werde vorsichtig sein, auch wenn ich weiß, dass gerade das schon immer meine Schwierigkeit war. Doch auch ich habe mir hier einen Schrein eingerichtet und bete täglich – um Erleuchtung, aber auch für euren und meinen Schutz. Ich muss euch enttäuschen, ich werde nicht so schnell wieder an den Heimathäfen anlegen. Auch wenn mir diese Welt hier fremd erscheint, so ist sie doch ebenso interessant. Ich werde akzeptiert und anerkannt. Ich habe es sogar geschafft Kontakt zum Magierturm in Luskan aufzunehmen, der in dieser Region sehr viel Ansehen genießt. Die Magier dort interessieren sich genauso, für meine Sichtweise der Magie, wie ich mich für ihre. Wir können uns gegenseitig bei unseren Studien ergänzen.
Und so kommt es, dass ich euch hier eine mehr oder weniger traurige Botschaft überbringen muss. Die Magier in Luskan sind der Meinung, dass der Ort, an dem ich am ehesten das Ende meiner Suche finde, die inneren Ebenen sind. Dort finden sich die Elemente in ihrer reinsten Form. Sie meinten zwar, dass über das Element der Leere in den Reichen nichts bekannt sei, aber wenn es existiere, dann werde ich es dort finden. Und ich weiß, dass es existieren muss, so wie du es weißt und wie Meister Lowan es weiß. Sie haben mir angeboten, mir den Weg zu einem Portal in Tiefwasser zu zeigen, das nach Sigil führt – die Stadt, die den Knotenpunkt der Ebenen bildet. Von dort soll mich meine Reise weiterführen.
Wie es das Schicksal also will, werde ich noch weiter und noch länger von zuhause weg sein, wenn ich die materielle Ebene nun gänzlich verlasse. Doch dieser Abschied soll nicht auf ewig sein. Ihr werdet weiterhin von mir hören – ich werde einen Weg finden. Richte Meister Lowan bitte aus, wohin mich meine Suche führt. Es wird ihn interessieren. All die Jahre des Lernens sollen sich nun endlich auszahlen. Ich wünsche dir eine angenehme und erfolgreiche Zeit unter Meister Lowan. Er ist streng, doch wenn man seine Forderungen erfüllt ein sehr angenehmer und hilfreicher Meister. Ich bin zuversichtlich, dass du es schaffst, meine Fußstapfen angemessen auszufüllen.
Grüß Mutter. Ihr werdet von mir hören. Auf dass meine weite Reise in fremde Gefilde mich endlich ans Ziel bringen werden.
YushudoAuszug aus Yushudos Tagebuch[/i]
Wie lange kann es dauern, bis ein solches Ziel wie das meinige in Erfüllung geht? Ist es nicht eine Lebensaufgabe, die Natur der Elemente zu entschlüsseln? Eine, an der schon viele vor mir gescheitert sind? Ich denke, einen neuen Ansatz für diese Suche gefunden zu haben. Welchen Grund hätte ich sonst, anzunehmen, dass ich mehr Erfolg hätte als meine Vorgänger? Doch werde ich Mutter jemals wieder sehen? Ich glaube nicht. Genau wie Vater, wird sie dahinscheiden, bevor ich die Ufer Rokugans wieder erblicke. Werde ich Dajuke wieder sehen? Meinen kleinen Bruder, für den ich immer das Vorbild war, der immer zu mir aufgeschaut hat? Ich hoffe es. Ich will ihn nicht enttäuschen. Nichts würde mich mehr schmerzen, als der enttäuschte Ausdruck auf dem Gesicht meines Bruders, sollte ich versagen. Meister Lowan wird wahrscheinlich ebenfalls nicht mehr leben, wenn meine Suche beendet ist. Doch ich bin sicher, er wird einen Weg finden, mein Bestreben aus dem Jenseits zu beobachten.
Fragen über Fragen. Was wird mich in diesem geheimnisvollen Sigil erwarten? Geschweige denn in den inneren Ebenen? Was, wenn die Leere tatsächlich nicht existiert, so wie es den Vorstellungen der Reiche entspricht? Über diese letzte Frage, mag ich gar nicht nachdenken. Die Leere muss einfach existieren. Die Lehren der Isawaschule können nicht vollkommen falsch sein. Ich spüre, wie dieses Element mich durchdringt – in jedem der anderen. Irgendetwas muss Erde, Feuer, Luft und Wasser schließlich zusammenhalten.
Morgen werde ich zu meinen Magierfreunden nach Luskan reisen. Ihre Ansichten erscheinen mir befremdlich und doch erweitern sie meinen Horizont im Hinblick auf die Magie. Sie meinen, es gäbe zusätzlich zu den vier Elementen, die wir gemeinsam haben, noch die positive und negative Energie. Steht das Konzept der Leere vielleicht mit diesen in Verbindung? Ich weiß es nicht.
Ich werde noch ein bis zwei Tage in Luskan bleiben. Dann kehre ich mit ihnen zurück nach Tiefwasser und so beginnt meine Reise ins Ungewisse. Ich habe Angst vor dem, was ich erleben werde, und doch kann ich es nicht abwarten. Eines ist gewiss. Es wird die wichtigste Reise meines Lebens. Hoffentlich führt sie mich ans Ziel.
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