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Autor Thema: Kapitel 3: Freiburg  (Gelesen 19853 mal)

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Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #390 am: 25.02.2024, 16:40:05 »
Das ungute Gefühl, hier womöglich in eine Falle gelockt zu werden, konnte zwar keiner aus der zusammengewürfelten Gruppe so ganz abschütteln, doch die Neugier, was diese Valerija ihnen zu sagen hatte, überwog letztlich die Vorsicht. So ging man zwar nicht direkt zum Treffpunkt los, doch begab sich rechtzeitig zum Treffpunkt auf dem Friedhof, um doch einiges vor der vereinbarten Zeit vor Ort zu sein - das würde es auch erlauben, die Umgebung sorgfältig zu sichern und nach möglichen Störenfrieden Ausschau zu halten.

Aus der Gruppe war Katharina die einzige, die den Friedhof zuvor schon einmal betreten hatte, doch Friedrich hatte einiges über ihn gehört - und nutzte den Weg dorthin, um die anderen zu informieren.
"Ihr wisst sicher, dass Freiburg auf Syrneth-Ruinen gebaut ist. Ein Artefakt, ein Kristall, ist es, der den unmöglich hohen Turm im Zentrum der Stadt aufrecht hält, in dem Niklas Träge residiert. Wenn ihr mich fragt: Ich bin nicht sicher, ob mir wohl dabei wäre, mein Leben einer unbekannten Art von Magie anzuvertrauen. Aber  zurück zu den Ruinen: Unter dem Friedhof befinden sich Katakomben, die angeblich einen Zugang zu alten Ruinen der Syrneth bieten. Wären wir zu einer anderen Zeit und ohne wichtigere Ziele hier, würde ich liebend gerne eine Expedition in diese Katakomben unternehmen, doch heute ist dafür wohl tatsächlich nicht die richtige Zeit."

Der Friedhof befand sich im Osten der Stadt, am Rande des Greifenviertels und überschattet von der hohen Stadtmauer, die das Licht des tiefstehenden Mondes abhielt. Schon als sie sich dem Friedhof näherten, spürten sie die Aura des Mysteriösen, die den Ort umgab, und als sie ihn betraten, wurden sie sich dessen voll bewusst. Weißliche Gebilde, die sie von der Ferne nicht identifizieren konnten, stellten sich nun als riesige Knochen heraus - "Drachenknochen", wie Katharina und Friedrich knapp mitteilten.
Die meisten der Gräber waren uralt, die Grabsteine verwittert; nur im Norden des Friedhofs gab es einen Bereich, der gepflegter wirkte und offenbar auch aktuell genutzt wurde.

Sie hatten keine Ahnung, wo sich Valerija mit ihnen treffen wollte, und der Nachtblutfriedhof war nicht gerade klein, doch vermuteten sie, dass es sich eher um den alten, teilweise verwucherten Bereich handeln würde. Dort war es leichter, ein Treffen ungesehen und ungestört abzuhalten, doch bot der Ort auch mehr Möglichkeiten für Hinterhalte: Alte Krypten erhoben sich neben kaum noch auszumachenden Grabreihen vom Boden, und überall bedeckten Ranken, Büsche und Bäume den Friedhof.
Immerhin waren sie früh genug gekommen, und so streiften sie zunächst durch den Friedhof, um sich eine möglichst günstige Position zu sichern, in der sie nicht allzu leicht in eine Enge getrieben werden konnten, gleichzeitig Neuankömmlinge zumindest einigermaßen früh sehen konnten.

Nachdem sich die Gruppe einigermaßen gut eingerichtet hatte, blieb nur das Warten auf Valerija. Kaum einer sprach ein Wort, auch um niemanden durch allzu laute Geräusche auf sich aufmerksam zu machen. Als aus der Ferne der Glockenschlag zur dritten Stunde zu hören war, dauerte es nicht mehr lange, bis eine dunkel gekleidete Gestalt sich näherte. So wie sich diese bewegte, konnten sie davon ausgehen, dass sie sich auch deutlich unauffälliger hätte nähern können, dies aber absichtlich nicht tat. Und tatsächlich stellte sich die Person, nachdem Louis sich schließlich zu erkennen gegeben hatte, als Valerija heraus - diesmal jedoch in enges, schwarzes Leder gekleidet wie eine Diebin, und so gar nicht wie die Beraterin eines Ratsmitgliedes.

"Ihr seid also gekommen." befand sie knapp das Offensichtliche, und musterte Valdas und Allegra misstrauisch. "Und habt euch noch Verstärkung mitgebracht?"
Danach fixierte sie wieder Louis: "Den Namen Jelena habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gehört. Und ich weiß nicht, ob ich es als gute Nachricht empfinde, dass sie in Freiburg ist. Aber wie ich sehe, habt ihr sie nicht mitgebracht. Ihr meintet, es ginge ihr nicht gut. Also sprecht: Was ist mit ihr? In welcher Verbindung steht ihr zu ihr? Und was genau wollt ihr von mir? Antwortet, und ich entscheide, ob ich euch weiter zuhören werde."

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #391 am: 27.02.2024, 16:27:20 »
Am Friedhof angelangt begann sich Louis sofort misstrauisch umzusehen. Die Hand ruhte ständig in der Nähe des Degens, der Montaigner wirkte angespannt. "Pas de doute, dies ist genau der reschte situation für eine 'inter'alt", murmelte er mit verkniffener Miene. Es war klar ersichtlich, dass der Musketier die feste Absicht hegte, eventuellen Schurken die Freude an einem Überfall gehörig zu versalzen. Für Friedrichs Vortrag hatte er, bei allem Respekt für die Gelehrsamkeit des Freundes, wenig Sinn. "Die Kristall ist niescht die einzige Sache, die unter Monsieur Träges 'interteil zu wackeln beginnen könnte, wenn wir niescht erfolgreisch sind", blieb sein einziger Kommentar dazu.

Seine Anspannung wuchs beim Anblick der riesenhaften Knochen. Er machte nun den Eindruck, als ob ein Unbekannter, der unvermittelt aus der Dunkelheit auftauchen würde, Gefahr liefe, ohne Vorwarnung von der Danseuse zerschlitzt zu werden. Aus der Deckung eines Grabsteins, von dem er einen halbwegs guten Überblick hatte, spähte er angestrengt in die Schwärze. Seine Klinge fuhr schon halb aus der Scheide, da erkannte er Valerija, schürzte die Lippen und trat hervor, um sich vor ihr zu verbeugen. "Es sind neue Gefährten, die nieschtsdestotrotz unser Vertrauen 'aben", erwiderte er auf ihre Worte förmlich, wobei sein Blick vor allem in Allegras Richtung seine Worte Lügen strafte.

Dann wandte er sich der jungen Frau zu und runzelte die Stirn. "Alors, iesch denke, Ihr müsst es erfahren, Mademoiselle. Wir sind Reisegefährten von Mademoiselle Schelena und 'aben einiges zusammen erlebt, wodursch wir uns verpflieschtet fühlten, zu tun, wozu sie niescht mehr in der Lage iest: Nach Eurem Verbleib zu forschen." Knapp schilderte er die gemeinsamen Erlebnisse seit der ersten Begegnung mit Jelena, ohne allzu tief in die Details zu gehen oder vertrauliche Information wie jene über le baron näher auszuführen. Endlich schloss er mit ernstem Gesicht: "So es Eusch auch tief treffen mag, Mademoiselle, die Bemü'ungen Schelenas sollen niescht umsonst gewesen sein, was miesch angeht! Nun, da Ihr 'offentliesch offen reden könnt, scheut Eusch niescht, uns zu sagen, ob ihr fürschterliescher Verdacht der Wahr'eit entspriescht und Ihr mitnieschten frei und glückliesch seid."

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #392 am: 15.03.2024, 00:17:38 »
Die Trauer stand der jungen Frau, als Louis schilderte, was mit Jelena passiert war. "Sie ist wegen mir hierher gekommen, und musste dies mit ihrem Leben bezahlen? Es ist eine schwere Schuld, dir ihr mir aufladet."
Sie schwieg eine Weile und schien nachzudenken.
"Was habt ihr nun vor, da ihr mich gefunden habt? Wollt ihr mich entführen? Mich aus den Klauen meines Herrn befreien? Um eure Frage zu beantworten: Nein, ich bin nicht wirklich frei oder glücklich. Doch ich hatte mehr Glück als die meisten anderen Mädchen, die mein Herr unter seine 'Fittiche' nahm. Ihr wisst vermutlich, was mit ihnen passiert - ich jedoch habe andere Talente, und Fahrenhorst hat dies erkannt. Mein Los ist es nicht, bei den Männern zu liegen und sie mit meinem Körper unsägliche Dinge tun zu lassen - stattdessen kümmere ich mich um Dinge, die mein Herr zu erledigen hat. Die Drecksarbeit, um genauer zu sein.
Ich bin nicht mehr das unschuldige Mädchen aus Sarmatien, das meine Mutter einer Adligen geschenkt hat. Meine Unschuld habe ich vor langer Zeit verloren, aber nicht auf die Weise, die ihr angenommen habt.

Also, was wollt ihr mit mir tun? Mich zurück in meine Heimat bringen? Was sollte ich dort tun? Und selbst wenn ich wollte: der Arm meines Herrn ist lang."

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #393 am: 16.03.2024, 13:52:21 »
Betreten schwieg der Montaigner, dem die heldenmutige Errettung der jungen Dame sehr viel weniger Kopfzerbrechen bereitet hätte als die Aufgabe, sie zu trösten. Er räusperte sich. "Mais non, Mademoiselle", versicherte er eilig. "Ihr 'abt keine Schuld, also kann sie Eusch auch niescht aufgeladen werden, was uns überdies fern liegt!" Die Frage nach dem "Was nun" stellte ihn vor ein weiteres Problem, und sein Blick glitt für einen Moment zu seinen Gefährten. Dann jedoch straffte sich der Musketier. "Nun, die schlimmste Demütigung mag Eusch erspart geblieben sein, und iesch bin sehr erfreut, das zu 'ören. Dennoch kann iesch niescht akzeptieren, dass Ihr weiter'in bei solschen Lumpenstücken eingespannt werden sollt!" Er zog ein grimmiges Gesicht. "Wenn nieschts anderes bleibt, so werde iesch diesen Mann persönliesch 'erausfordern! Entweder es iest noch eine Rest von Ehre in seinem Leib, dann muss er seine schändlieschen Taten zugeben, davon Abstand nehmen und Eusch eine Wiedergutmachung offerieren. Oder er iest eine 'offnungslose Schurke..." Bei den letzten Worten klopfte der Montaigner bedeutsam auf den Knauf der Danseuse.

Katharina Anna Eisfeld

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #394 am: 17.03.2024, 09:17:04 »
Katharina hörte sich das ganze genau an und machte sich ihre Gedanken zu dem ganzen "Ich habe eine Idee die vielleicht etwas gefährlich ist. Aber es könnte sich lohnen und zum geeigneten Zeitpunkt einige Probleme lösen.  Vermutlich vielleicht sogar für dich Valerija. Wenn du uns mit ein paar weiteren Informationen versorgen könntest und uns auf dem laufenden hältst, dann wäre das unsere Sache sehr nützlich. Und wenn der Plan aufgeht dann werden wir den netten Herrn bald bloß stellen können und sein komplettes Netzwerk zerschlagen. Dann wird sein sehr langer Arm bald in Ketten liegen oder gar abgeschlagen werden. "
« Letzte Änderung: 19.03.2024, 09:08:10 von Katharina Anna Eisfeld »

Valdas Jankauskas

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #395 am: 18.03.2024, 18:42:35 »
Valdas nickte zustimmend. "Es könnte durchaus von Vorteil sein, ein paar Informationen aus erster Hand über diesen Halunken zu erhalten. Damit ergibt sich sicher die ein oder andere Option für uns. Und mit etwas Glück erhalten wir ja sogar einen Hinweis, wie wir unsere anderen offenen Themen angehen können. Was euch angeht - " wandte er sich an Jelena " - es geht mitnichten darum, was wir mit euch vorhaben. Es geht viel mehr darum, wie ihr euch euer weiteres Leben vorstellt. Sehr ihr eure Zukunft hier in den Eisenlanden, in eurer Heimat oder gar an einem ganz anderen Ort? Und ihr fragt uns, was ihr tun sollt? Die Frage sollte doch eher sein, was ihr tun möchtet, wenn ihr frei und ungebunden seit. Habt ihr euch diese Frage jemals selbst gestellt?"

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #396 am: 19.03.2024, 00:07:41 »
Valerija blickte Valdas erstaunt an, als sei ihr die Frage selbst nie gekommen. "Frei und ungebunden? Gibt es so etwas? Es erfordert viel Geld, um das von sich behaupten zu können. Ich gebe zu, nein, die Frage habe ich mir nie gestellt."
Dann jedoch antwortete sie Katharina. "Du hast meine Neugier geweckt. Was für ein Plan soll das sein?"

Katharina Anna Eisfeld

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #397 am: 26.03.2024, 19:52:25 »
"Naja das ganze ist vielleicht etwas zu komplex um es hier auf aller schnelle mitten in der Nacht auf einem Friedhof zu besprechen. Aber es geht um politische Dinge die sich im Rat abspielen werden und vermutlich das Machtverhältnisse hier in der Stadt gewaltig verändern könnten. Aber alle Details stehen noch nicht fest"

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #398 am: 09.04.2024, 23:46:25 »
Valerija schien nicht glücklich mit der Antwort zu sein, doch zumindest dachte sie nach.
"Es ist mir leider nicht gegeben, jederzeit frei über meine Zeit und meinen Aufenthaltsort zu bestimmen. Der Friedhof muss ausreichen."

Noch bevor Katharina antworten konnte, ertönte plötzlich eine Stimme von der den Friedhof umgebenden Mauer.
"Soso, es scheint, als würde die Katze sich als schändliche Ratte entpuppen - ich wusste, ich kann dir nicht trauen! Glücklicherweise hat es unser Herr letztlich ebenfalls eingesehen."
Ein gerüsteter Mann in der Uniform der Leibgarde derer von Fahrenbach war oberhalb von ihrer Position aufgetaucht.
"Nehmt sie gefangen!" rief er in die Nacht, und drei Dutzend Wachleute tauchten aus dem Dunkeln aus, ihren Versammlungsort einkreisend; manche von ihnen trugen Schwerter, andere Armbrüste.
"Wenn sie sich wehren, tötet sie. Und die Schlampe lasst ihr mir."

Die letzten Worte sprach er mit einem bösen Grinsen und sprang mit wenigen Sätzen behände die Mauern hinunter, wo er Valerija fokussierte.
« Letzte Änderung: 09.04.2024, 23:51:10 von Mondragor »

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