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Autor Thema: Kapitel 2: Der Angenehme Wald  (Gelesen 17949 mal)

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Jelena Sejm Petrasowna

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #60 am: 18.12.2019, 00:53:22 »
Zu Louis' Aufzählung der Randbedingungen ihrer Entscheidungen nickte Jelena geistesabwesend und konzentrierte sich weiter auf das Sammeln der Waffen, bis er seine Bitte nachschob. Sie merkte auf, sah ihn an und verkündete: "Natürlich werde ich meine Hilfe zur Verfügung stellen, wo sie gebraucht wird, das ist doch selbstverständlich." Alles weitere wollte sie entsprechend der Antworten handeln, doch dann kam noch eine Information, die sie befremdete: "Im Bezug auf das Tragen von Waffen ist eure Bevölkerung nicht gleichberechtigt? Wie sollen sie sich denn fernab der Fürstenhöfe verteidigen und jagen? Und was heißt das für mich, die ich weder eine ordentliche Kampfausbildung noch einen Stand habe? Warum warnte mich keiner? - Nicht, dass ich mich dem gebeugt hätte..."

Der Antwort der ehemaligen Gefangenen folgte sie aufmerksam. Das sie die anderen führen könnte und die Waffen mitnehmen würde, bestätigte sie: "Sehr gut und keine Einwände von mir." Demonstrativ übergab sie ihre bisher gesammelten Waffen an die Ex-Gefangenen. Als die Sprache allerdings auf das Verhalten der Banditen kam, wurde ihr Griff um die gerade gehaltene Waffe fester und ihr Blick auf die Banditen gefährlich schmal und giftig: "Soso. Aber immerhin " Die "freie Rechtsprechung" der Eisenlande störte sie nicht.

Erichs Frage nach der Bereitschaft, eine Hinrichtung durchzuführen beantwortete das Halbblut positiv: "Ich werde tun, was notwendig ist. Ich kann mir vorstellen, dass einige ihrer Opfer da auch wenig Zurückhaltung verspüren. Und was die Beratung angeht - keine Einwände." Als Friedrich sich ebenfalls dazu äußerte und es umsetzte, trat sie kurz an ihn heran und flüsterte: "Bitte erwähnt die Lage der Kämpferin und das Bekunden des einen Banditen, sich bessern zu wollen."

Bis zu deren Rückkehr kümmerte sie sich weiter um die Banditen und ihre Opfer. Sobald es ging, leitete sie die Ex-Gefangenen an, ihr beim Binden der Banditen zu helfen. Als Erich das Gerichtsverfahren verkündete, wurde ihr nicht ganz klar, wer hier für wen bezeugen soll, aber sie hielt sich zurück und wartete die Ergebnisse ab.

Als Louis die Sprecherin der ehemaligen Gefangenen anfuhr, zuckte Jelena zusammen. Sie eilte hinüber und trat neben die beiden Streitenden. Sie hob beschwichtigend die beiden Arme: "Bitte! Wir sind keine Feinde. Wir sind einander nur fremd, unsere Kulturen verschieden. Nehmt doch ein wenig Respekt und Toleranz dem Fremden!"

Die Gelegenheit, die Tristan ihr bot, nutzte die Matruschka-Gesegnete sofort. Während er ihre Wunden "versorgte", murmelte sie erneut Gebete und verzog ihr Gesicht aufgrund der Schmerzen, während sich ihr Wunden schlossen.[1] Was seine Einwände bezüglich der Hinrichtungsart anging und sein Misstrauen der Duellantin gegenüber hatte sie Verständnis, wenn auch für sich einen anderen Entschluss.

Der Ausbruch der jungen Frau war Jelena unangenehm. Prompt trat sie vor die Dame und redete auf sie ein: "So übel deine Beispiele sind, so sind nicht alle. Haben diese Herren hier nicht ihr lieb und Leben zu eurem Wohl riskiert, obwohl sie teilweise nicht mal von hier stammen? Selbst wenn ihr nichts Gutes für ihren Stand übrig habt, ihre Taten sollten für sie sprechen und mit Höflichkeit, vielleicht sogar Dankbarkeit zu reagieren. Erhitzte Gemüter erzielen keinen vernünftigen Austausch von Argumenten." Weiterhin mit dem Körper ihr zugewandt sah sie zu Louis: "Bitte, bevor ihr genau den Beweis antretet, dass sie recht hat, beweist mehr kühlen Kopf, Edelmann." Juans Worten hatte sie damit nichts mehr hinzuzufügen.
 1. Aufwendung eines Heldenpunktes für magische Regeneration einer dramatischen Wunde

Erich Janina Graustein

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #61 am: 21.12.2019, 11:26:38 »
Erich ist etwas verwirrt als Don Tristan ihn anspricht "Ich bin kein Henker, ich kenne mich mit dem Aufknüpfen nicht aus. Aber ich habe schon gesehen was passiert wenn Menschen nicht ordentlich aufgeknüpft werden. Das ist wirklich kein schöner Anblick, und das Leiden dieser armen Opfer ist schrecklich. Und Glaubt mir, meiner Klinge ist es egal wessen Blut daran klebt, der Stahl macht keinen Unterschied zwischen adligem Blut oder gemeinem Blut. Ich bin ein Krieger, ich weiß wie man mit der Klinge umgeht, von daher kann ich diesen Banditen nur anbieten sie schnell und sauber zu richten, ohne großes leiden. Denn auch wenn sie noch so übles angerichtet haben, sollten sie nicht in einen qualvollen Tod durch einen falsch geknüpften Knoten geschickt werden."

Der Diskussion von Louis und der Dorfbewohnerin folgt Erich nur halbherzig, muss aber innerlich ein wenig lächeln, denn er hätte vermutlich auch nicht anderes reagiert wie die Dörflerin. Ja irgendwie fand er es sogar sehr respektabel das die Frau sich so für die anderen einsetzte und den Mut aufbrachte sich so wortstark zu melden. Von daher hielt er sich eher im Hintergrund und achtete nur darauf das keine Seite jetzt einen Fehler machte und vielleicht doch noch zu den Waffen griff. Das Verhalten von Jelena irritierte ihn doch schon etwas, wie kaltherzig und erbarmungslos sie mit den Banditen umging hätte er dieser zierlichen Person gar nicht zugetraut.

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #62 am: 21.12.2019, 14:34:55 »
Die reichlich unerschrockene Rede der Frau ließ die Züge des Musketiers sich allmählich einem Tomatenrot nähern. Mehrmals zuckte seine Hand noch zum Degen – er beherrschte sich offenbar nur noch sehr mühsam. "Parbleu!" stieß er hervor. "Das 'at mir noch niemand zu bieten gewagt..! Iesch bin eine mousquetaire – sagt eusch das nieschts?!" Er sah sich unter den Geretteten um. Offenbar fiel es ihm schwer zu glauben, dass man den Gedanken auch nur in Erwägung zog, er könne mit den Adeligen vergleichbar sein, die hier beschrieben wurden – und es schien ihn auch tief zu treffen, denn aus der Nähe hörte man den schlanken Montaigner vor Zorn leise mit den Zähnen knirschen. Sogar auf Juan Felipes diplomatischen Vorstoß schien er zunächst eine geharnischte Antwort loswerden zu wollen, ehe er vernehmlich die Luft aus den Lungen stieß und dann halbwegs ruhig erwiderte: "Ihr könnt davon ausgehen, monsieur, dass iesch weiß, welsche Verantwortung mit eine edle Abkunft verbunden iest. Niemand auf diese Welt kann be'aupten, dass Louis de Fromage Puant jemals eine Unrescht begangen oder geduldet 'ätte!"

Sein Blick folgte höchst indigniert dem Tun Jelenas, die einige Waffen in die Hände des einfachen Volks übergab – ein Unding in seinen Augen! Mon Dieu, kein Wunder, dass dieses Land im Krieg versinkt, wenn sie die Bauern bewaffnen! Über Aufstände, Mord und Totschlag müssen sie sich nicht wundern dachte er mit einem kaum merklichen Verziehen der Mundwinkel. Trotzdem sie für seine Begriffe unverantwortlich und geradezu respektlos gegenüber dem Adel des Landes handelte, vergaß er dennoch nicht, sie als mademoiselle zu behandeln, in dem er eine Verbeugung leicht andeutete, ehe er erwiderte: "Seid versieschert, dass iesch miesch zu nieschts 'inreißen lasse, das siesch niescht mit die Ehre eines mousquetaire ver'eiraten lässt." Kurz stutzte er und dachte nach. Die Sprache dieser Leute war nicht einfach zu beherrschen, und irgendwie hatte er das Gefühl, etwas nicht ganz richtig gesagt zu haben.

Mondragor

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #63 am: 23.12.2019, 18:57:39 »
Gerade noch schwankend zwischen Furcht und Starrsinn im Angesicht von Louis' Zorn, zeigten Ingrids, Juans und vor allem Jelenas Worte deutlich Wirkung bei der jungen Frau. Plötzlich schien sie wieder zu merken, welcher Standesunterschied sie von den Reisenden trennte und antwortete nun mit deutlich zurückhaltenderer Stimme.
"Ihr habt Recht, und entschuldigt bitte meinen Ausbruch!" sprach sie, und blickte dabei vor allem Louis an. "Ihr habt uns aus der Gewalt dieser Banditen befreit, und dafür sind wir Euch tiefen Dank schuldig - und Ihr habt mehr noch damit bewiesen, dass Ihr von anderem Kaliber seid als die sogenannten Edelleute, die uns hier höchstens das Leben schwer machen. Wären alle so wie Ihr, wäre dieses Land wohl in besserem Zustand.

Doch was die Waffen betrifft,"
fuhr sie fort. "Der Weg durch den Wald ist gefährlich: Es gibt wilde Tiere, Banditen - denn diese hier sind nicht die einzigen, die den Wald als Zufluchtsort nutzen - und im schlimmsten Fall Schrecken. Wenn wir uns schutzlos ohne Waffen auf den Weg machen, stehen unsere Chancen, heil wieder zuhause anzukommen, nicht gerade gut. Und seid unbesorgt, wir sind zwar keine Schwertmeister, aber die meisten von uns können einigermaßen mit Schwertern umgehen - schließlich haben viele eins zu Hause. Der Krieg ist noch nicht lange vorbei."

~~~

Nachdem Jelena jedoch bereits mit der Verteilung der Waffen beschäftigt war und Louis große Zurückhaltung übte, hatte sich die Frage nach der Bewaffnung ohnehin bald erledigt, und es galt nun, die Banditen zu richten. Erich und Friedrich folgten dabei den Vorschlägen des Barons, und es zeigte sich bald, dass unter den Entführten nur wenig Bereitschaft herrschte, ihren Entführern zu verzeihen.
Die Vorgehensweise war immer die gleiche: Erich ließ einen der nun gefangenen Banditen vortreten und fragte die versammelten Opfer, ob jemand bereit sei, für diesen zu sprechen. In den meisten Fällen waren nur wütende Beschimpfungen die Reaktion und die Aufforderung, die- oder denjenigen so grausam wie möglich zu richten. Dank Jelenas Einfluss beruhigte sich die Lage jedoch wieder etwas, und in zwei Fällen traten tatsächlich mehrere der Opfer vor und berichteten, dass die beiden - ein Mann und eine Frau - sich bei der Behandlung der Gefangenen stets zurückhaltend und teils sogar freundlich gezeigt hatten.

Nachdem ihnen das Versprechen abgenommen worden war, sich in Zukunft ehrbar zu verhalten und dem Verbrechen abzuschwören, wurden die beiden wie versprochen in die Freiheit entlassen. Die anderen wurden im Anschluss gerichtet - je nachdem, wie die Gruppe sich geeinigt hatte, durch Erichs Stahl oder durch den Strick.

~~~

Es hatte einige Zeit gedauert, bis die Banditen gerichtet und die Entführten auf den Weg geschickt worden waren, doch schließlich fanden sich die Gefährten, nun in der Begleitung Ingrids, wieder auf dem Weg nach Süden, tiefer in das Zentrum des Waldes, wieder. Sie folgten einem schmalen, doch deutlich zu verfolgenden, Pfad, doch außer einer groben Richtung wussten sie nicht, wo sie ihr Ziel finden würden. Und bisher war ihnen zumindest noch niemand begegnet, der ihnen Näheres zu Perchta verraten konnte - auch Ingrid schien der Name nichts zu sagen.

Nach einigen Stunden, die sie durch den bedrückend düsteren Wald ritten - dass sein Name gerade angenehm lautete, schien den Reisenden eher ein Hohn zu sein - gelangten sie schließlich an eine Kreuzung, wo ein etwa gleich breiter zweiter Pfad den ihren in ost-westlicher Richtung querte. Unsicher, welchem sie weiter zu folgen hatten, stieg Jelena vom Pferd ab; und wenn es nur dafür war, um ihre Gedanken zu sortieren. Doch bevor sie wirklich nachdenken konnte, machte sie eine erschütternde Entdeckung: Mitten auf der Kreuzung ragte ein Fingerknochen aus dem Boden!

Jelena Sejm Petrasowna

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #64 am: 25.12.2019, 23:40:46 »
Jelena konnte Erichs Gedankengang nachvollziehen und mischte sich weiter nicht in die Diskussion über die Hinrichtungsart ein. Wohin auch immer der Entschluss ging, sie trug ihn mit und half tatkräftig mit. Sollte einer der Verurteilten seinen Frieden mit Gott wünschen, setzte sie sich dafür ein und bot sich als Laienbeichtmutter und -aussegnerin an. Sie zwang sich, jede einzelne Hinrichtung zu beobachten, wer hinschaute, konnte jedoch erkennen, dass die kalte Hülle Risse bekam - sie zuckte bei jedem Klappern der Hölzer unter den Gehängten, dem Krachen des Schwertes oder dem Einschlag eines Geschosses. Erst nach dem letzten wendete sie sich ab und beschäftigte sich intensiv mit Staub in den Augen. Den beiden Freigesprochenen sprach sie deutlich ins Gewissen und ließ sie den Hinrichtungen beiwohnen, um sicherzustellen, dass die Lehre saß.

Louis Frage nach der Bekanntheit der Musketiere erhielt von Jelena eine einfache Antwort: "Nein, noch nicht, aber wenn ihr ein Beispiel seid, rückt ihr diese in ein vorteilhaftes Licht. Musketäre sind vielerorts etwas Fremdes." Zu seinem weiteren Verhalten nickte sie respektvoll und konnte ein kurzes Schmunzeln über den Heirats-Ausdruck nicht vermeiden, wobei sie es sofort wieder unterdrückte. Die ehemaligen Gefangenen entließ sie erst, nachdem sie sicher gestellt hatte, dass alle bewaffnet, versorgt und ermutigt waren. Stattdessen deutete sie an, dass Zurückhaltung und Ungenauigkeit bei der Erzählung ihrer Rettung geschätzt würden.

Die Stunden der Weiterreise versuchte sich die Wildniskundige von den Erinnerungen an die hinrichtungen abzulenken und suchte das Gespräch: Einmal mit Ingrid, um zu erfahren, wann sie mit den nächsten Gefangenen erwartet wurde, um abzuschätzen, wieviel Zeit ihnen noch zur Befreiung der Tochter blieb. zum anderen mit Louis, um sich über die unterschiedlichen Kulturen der Nationen Klarheit zu verschaffen. "Herr de Fromasch Puant, darf ich euch einige Frage stellen?" Sie gab ihm kurz Gelegenheit zu reagieren, dann erklärte sie sich: "Während in meinem Mutterland Ussurien die Fürsten mit wenig Erfolg ein Waffenmonopol verfolgen - zu weit ist das Land und zu gering die stehenden Truppen - wandelt es sich in meinem Vaterland Sarmatien gerade hin zu einer breiteren Verteilung und geringeren Standesunterschieden. Warum hält Montaigne daran fest? Gibt es Sorgen, was die niederen Ständen mit Waffen mit sich oder Herren, die ihnen - vermeintlich - Unrecht getan haben, tun und ist eure Miliz in der Lage, alle Gefahren für die Unbewaffneten unter Kontrolle zu halten? Woher werden Soldaten genommen, wenn das Groß des Volkes sich mit Waffen nicht auskennt?" Entsprechend seinen Antworten schob sie nach: "Was bedeutet das für mich und meine Jagdwaffen, wenn ich dorthin reise?"

An der Kreuzung angekommen schwang sich Jelena, die lange Reisen auf dem Pferderücken offensichtlch gewohnt war, elegant aus dem Sattel und sah sich um. Als sie ihren Fund machte, zuckte sie zusammen und zog scharf die Luft ein. Sie kniete sich nieder und inspizierte den Knochen, nachdem sie sich seine Lage eingeprägt hatte. Es war ein menschlicher Knochen  und der Rest der Leiche war noch unter dem Weg...Zunächst ohne ihn auszubuddeln versuchte sie einige Fragen zu klären: Wie alt, wie lange hatte er gelegen, war er beschädigt und wenn ja, wovon - Tierzähne, Metallschneide oder Schnabel? Dann wies sie auf die Stelle und fragte laut in Richtung der Eisenländer: "Ist ein Leichnam an diesem Ort ein Zeichen in diesen Landen? Oder ein Hinweis auf etwas? Besteht das Bedürfnis und die Statthaftigkeit, ihn zu exhumieren zum Untersuchen und Umbetten?"
« Letzte Änderung: 27.12.2019, 12:39:55 von Jelena Sejm Petrasowna »

Mondragor

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #65 am: 27.12.2019, 02:28:41 »
Noch bevor einer ihrer Begleiter antworten konnte, hörten sie plötzlich Geräusche, die sie erschaudern ließen: Zunächst war es, als ob nasses Fleisch über einen Stein geschliffen würde, doch sofort ertönte ein Schrei, der ihnen das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Woher der Schrei stammte, konnte niemand von ihnen sagen, doch noch während sie ihren Schrecken verdauten, sah jeder in der Gruppe ein goldenes Symbol in der Luft schweben: Drei Arme, die aus einem zentralen Punkt herausragten.

Erich Janina Graustein

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #66 am: 27.12.2019, 19:45:44 »
Erich springt sofort von seinem Pferd und schaut sich in der näheren Umgebung um während er seine Pistole lädt. "Hat jemand von eine Ahnung was das für ein komisches Symbole ist und wo der Schrei hergekommen ist?"
Er näher sich Jelena um den Finger bzw die Hand von nahem zu sehen "Ich würde das da ganz schnell los lassen und ein paar Schritte zurück treten Jelena. Ich habe schon von fürchterlichen Schrecken gehört die Tote zum Leben erweckt haben und vergrabene Leichen zu untotem Leben erweckt haben. Also wer weiß was das hier gerade ist. Mach dich aber auf das schlimmste gefasst."

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #67 am: 28.12.2019, 14:57:56 »
Als Musketier zeigte Louis keine Regung bei der Aburteilung der Banditen, doch schien ihm die Hinrichtung selbst wenig zu behagen, denn der Montaigner erbat sich vom Baron das Privileg, sich bei diesem traurigen Geschäft zurückziehen zu dürfen. Die Zeit nutzte er, um die nähere Umgebung abzuschreiten, da man in einem derart von Krieg und Brutalität erfüllten Land wohl kaum damit rechnen durfte, jemals ganz außer Gefahr zu sein. Trotzdem ihm nichts verdächtiges auffiel, war er auf dem darauffolgenden Ritt ungewöhnlich schweigsam. Er schien vor sich hinzugrübeln, denn er zwirbelte immer wieder seinen gepflegten Schnurrbart und ließ seine Blicke misstrauisch links und rechts des Weges schweifen. Erst als Jelena ihn ansprach, sah er auf und erwiderte: "Natürliesch, mademoiselle, bitte fragt."

Ihre Frage schien ihn allerdings zu verwundern. "Ihr seid jung, und sischerliesch 'abt Ihr nur die beste Absiescht" wandte er ernst ein. "Doch wir sind davon überzeugt, dass es von übel wäre, jedermann zu bewaffnen. Jede Streit würde sofort in eine blutige Kampf ausarten, und niemand könnte die entbundene populace mehr 'err werden. Wer wollte auch eine 'eer unteralten und bewegen, die aus die gros de nation bestünde? Völlig unpraktiesch! Für die Ein'altung der Gesetze müssen Männer sorgen, welsche sorgfältieg ausgebildet sind und absolument ehren'aft." Er musterte seine Gesprächspartnerin kritisch und meinte dann: "Nun, es wäre sischerliesch nötig, Eusch zu erklären. Womögliesch würde man von eine Ahndung abse'en, weil Ihr aus eine fremde Land kommt. Iesch kann Eusch jedoch versieschern, dass jede Ehrenmann für Eure Schutz garantieren würde!" Dies begleitete er mit einem galanten Neigen des Kopfes.

An der Kreuzung machte er zunächst einen eher indignierten, aber nicht sonderlich alarmierten Eindruck. Knochen mitten auf dem Weg... welch Wunder in einem solchen Land der Barbarei? Die grässlichen Geräusche aus dem Nichts, der Schrei und das leuchtende Symbol vor ihnen ließ ihn allerdings mit einem Fluch um die Bändigung seines scheuenden Pferdes kämpfen. "Fichtre! Was ist das – lebende Tote?! Eine üble Scherz oder Ernst?" rief er seinen Begleitern zu und griff nach seinem Degen.

Mondragor

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #68 am: 30.12.2019, 12:07:21 »
Hannah war bereits seit mehreren Tagen im Wald unterwegs, und langsam zweifelte sie, ob sie ihr Ziel jemals finden würde. Der Wald selbst war bereits unheimlich genug, doch es steckte mehr in der jungen Frau, als es auf Anhieb den Anschein hatte, und so war sie bisher größtenteils unbehelligt gereist - und in den wenigen Fällen, in denen eine Behelligung gedroht hatte, konnte sie schnell deutlich machen, dass dies keine gute Idee wäre.

Ihrem Ziel jedoch war sie bisher nicht näher gekommen, zumindest nicht merklich. Sie war inzwischen tief in den Wald vorgedrungen, doch langsam zweifelte sie daran, ob es diese Perchta überhaupt geben sollte. Wer würde hier schon leben wollen?

Plötzlich jedoch hörte sie, nicht weit von ihrer Position, einen markerschütternden Schrei, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Was immer diesen Schrei von sich gegeben hatte, konnte eigentlich nicht menschlich sein.

~~~

Als Antwort auf Erichs und Louis' Frage ertönte eine Stimme, die aus dem Nichts zu kommen schien: "Es ist nicht meine Absicht, euch ein Leid zuzufügen. Ich kann euch helfen, den Fluch, der diesen Wald befallen hat, zu besiegen. Alles, was ich dafür als Gegenleistung verlange, ist ein kleiner Gefallen: Nehmt mich mit euch!"

Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #69 am: 31.12.2019, 04:50:04 »
Es gefiel Friedrich überhaupt nicht, bei dem Richten der Banditen helfen zu müssen aber er tat es dennoch. Irgendwer musste es ja tun und zumindest musste er nicht den Henker spielen. Diesen Job übernahm Erich. Es war eine langwierige Arbeit und es stellte sich bald heraus, dass fast keiner der Banditen am Leben bleiben durfte. Es war eine harte aber gerechte Strafe, wie Friedrich fand. Selbst in diesem Land, in dem Regeln und Gesetze kaum eingehalten wurden, musste man für etwas Ordnung sorgen. Zumindest konnte man es versuchen. Eine von vielen Banditengruppen ihrer gerechten Strafe zuzuführen mochte zwar nicht viel Änderung bewirken aber es war dennoch das Richtige. Nachdem die Arbeit getan war, setzten sie ihre Reise fort.
Friedrich brütete während des Ritts vor sich hin. Sie waren nun schon sehr lange in diesem Wald unterwegs und waren ihrem Ziel scheinbar kaum näher gekommen. Ewig Zeit hatten sie nicht. Mit der eigentlichen Aufgabe hatten sie noch gar nicht angefangen. Während der Forscher und Monsterjäger so seine Gedanken gleiten ließ, erinnerte er sich an den Werwolf zurück. Im Prinzip hatte dieses Biest dafür gesorgt, dass er jetzt hier war. Dabei fiel ihm ein, dass er noch immer eine Pflanze besorgen musste. Er hielt die Augen danach offen. Es sollte nicht allzu schwer sein, das Grünzeug zu finden. Hoffte er zumindest.
Schon bald mussten sie an einer Kreuzung anhalten. Wie Jelena schnell herausfand, war eine Leiche unter der Kreuzung vergraben und das wurde wohl nicht besonders ordentlich gemacht. Denn ein Fingerknochen ragte noch aus dem Boden. Seltsam. Auf Jelenas Frage konnte er nur stumm den Kopf schütteln. Er hatte noch nie davon gehört, dass ein Leichnam an einer Kreuzung irgendeine Bedeutung hatte. Zur Sicherheit löste er aber sein Buch vom Gürtel und begann darin herumzublättern. Vielleicht hatte er ja doch schon einmal irgendwas in die Richtung gehört oder gesehen und im Buch verewigt. In ihm befand sich sein gesamter Wissensschatz. Wenn er darin nichts fand und selbst keine Ahnung hatte, war er hier nicht hilfreich.
Doch das war noch nicht alles. Es kam noch seltsamer. Ein Schrei und Geräusche, als ob nasses Fleisch über einen Stein geschliffen wurde. Irgendetwas hatte dort eine Person umgebracht und zog den noch blutigen Leichnam über den Boden. Schloss zumindest Friedrich aus den Geräuschen. "Seid wachsam und auf der Hut!" riet er. Die kurz darauf folgende Stimme irritierte ihn noch mehr. Sie schien aus dem Nichts zu kommen. Statt das Angebot anzunehmen, forderte Friedrich den Ursprung der Stimme heraus. "Zeigt euch!", rief er. "Von was für einem Fluch redet ihr und wieso redet ihr davon, uns kein Leid zufügen zu wollen?" Friedrich sah sich genau um. Irgendwo musste die Stimme ja herkommen. Sicherheitshalber lud er seine Armbrust nach. Die Rede davon, kein Leid zufügen zu wollen, bewies ja schon, dass sich der Besitzer der Stimme schon über dieses Thema Gedanken gemacht hatte und zum Schluss gekommen war, Leid zufügen zu können. Dass die Stimme behauptete, das nicht zu wollen, beruhigte Friedrich deshalb kein bisschen.

Hannah Waldeck

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #70 am: 01.01.2020, 12:52:08 »
Hanna erstarrte bei dem Schrei. Was so schrie war kein Mensch. Mit einem Fluch bereute sie es, in der Umgebung des letzten Dorfes nicht ausdauernder nach giftigen Spinnen für eine Salbe gesucht zu haben. Jetzt musste ihre Axt alleine reichen. Sie zog die Kapuze ihres derben Reisemantels hoch, verdeckte so ihre weißblonden Haare und löste die Axt von ihrem Gürtel. Mit schnellen Schritten glitt sie neben der Straße ins Unterholz. Es war in den Eisenlanden sicherer sich als allein Reisender nicht für jeden gut sichtbar auf der Straße zu nähern, wenn man die Begegnung mit einem Monster oder Untoten befürchtete.

So schlich sie sich langsam näher an den Ursprung des Schreis an.

Juan Felipe Fernandez

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #71 am: 04.01.2020, 13:04:58 »
Juan Felipe mischte sich nicht weiter in die Angelegenheit mit den Banditen ein. Stattdessen wandte er sich ihrer ehemaligen Anführerin zu und fragte sie nach ihrer Geschichte. Er hatte versprochen, ihre Tochter zu befreien, also wollte er nun so viel wie möglich darüber erfahren, was eine Duellantin - und dann noch eine so junge und gutaussehende - in die Wälder treiben konnte. Auch auf ihrer weiteren Reise verbrachte er die meiste Zeit im Gespräch mit ihr. Es stellte sich heraus, dass das Ziel dieser Truppe in der gleichen Richtung lag, wie das Schloss, das er nun zu erreichen gedachte. Also blieb er vorerst bei ihnen. In diesem Land waren Reisegefährten offenbar keine schlechte Idee. In Überzahl lag Stärke und je größer eine Unterzahl, desto gefährlicher konnte es werden. Also ritt Juan Felipe zusammen mit den Fremden, bis sie auf den Knochen stießen, auch wenn er nicht viele Worte mit ihnen wechselte.
Als sich dann so viele merkwürdige Dinge auf einmal ereigneten ließ er erneut denen den Vortritt, die sich in diesem Land auskannten und wussten was vorging. Aber er beobachtete aufmerksam alles, was hier vor sich ging - die Hand am Degen.

Mondragor

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #72 am: 04.01.2020, 20:03:38 »
Nach der ganzen Aufregung um die Räuber hatte Friedrich endlich etwas Muße, sich die Umgebung näher anzusehen und nach Pflanzen zu suchen, und schon schnell hatte er sein Ziel gefunden. Es war tatsächlich nicht schwer, das gesuchte Kraut hier ausfindig zu machen; es stand mehr oder minder überall als Unkraut am Waldesrand. Eifrig sammelte er ausreichend Exemplare davon ein - jetzt musste er nur noch einen Weg finden, sie dem alten Kreuzritter zukommen zu lassen, ohne ihre Scharade auffliegen zu lassen.

~~~

Hannah gelang es ohne Probleme, näher an die Stelle zu kommen, von der sie den Schrei gehört hatte. Noch war sie ein Stück entfernt und konnte nicht sehen, was dort vor sich ging, doch sie hörte Stimmen mehrerer Personen und wurde sofort noch vorsichtiger. Sie kam jedoch gerade rechtzeitig, um die weiteren Worte des Geistes (oder was immer es war) zu vernehmen, und etwas von dem, was das Wesen sagte, traf einen Nerv in ihr: Es wollte mitgenommen werden. Zusammen mit dem körperlichen Schrei kam ihr ein Gedanke - sie hatte Geschichten gehört von ihrer Mutter, schreckliche Erzählungen aus den Bergen des sarmatischen Bundes. Geschichten von Dämonen, Geistern, oder ähnlichen Wesen, die düstere Pakte mit Menschen schlossen. Ihnen allen war gemeinsam, dass sie einen Menschen brauchten, auf dessen Seele sie sozusagen reiten konnten. Als Kind hatte sie diese Geschichten noch geglaubt, später jedoch als Unsinn abgetan, auch wenn ihre Mutter sie immer vor diesen Dingen gewarnt hatte. Nun jedoch war sie nicht mehr so sicher, ob die Geschichten nicht einen wahren Kern enthielten.

~~~

Friedrichs Worte schienen tatsächlich eine Wirkung zu zeigen, denn tatsächlich erschien eine leicht durchscheinende männliche Gestalt vor ihnen in der Luft - es war sofort klar, dass es sich um eine Scheingestalt handelte, doch der Schreck fuhr ihnen dennoch in die Knochen. Die Geistgestalt trug edle Kleidung, und Kenner der Materie würden sie als sarmatische Mode, wenn auch einige Jahrzehnte veraltet, erkennen.
"Der Fluch? Der Fluch der Baronin, Ihr müsst doch davon wissen. Ich kann Euch mehr dazu sagen, ich kann Euch auch helfen, den Fluch zu brechen. Doch ich muss darauf bestehen, dass einer von Euch mich mit sich reisen lässt."
« Letzte Änderung: 04.01.2020, 20:10:29 von Mondragor »

Jelena Sejm Petrasowna

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #73 am: 04.01.2020, 23:59:30 »
Auch wenn Louis Antwort an Jelenas Frage vorbeiging, konnte sie doch die für sich wesentlichen Informationen herausziehen - tatsächlich vertrauten die Oberen Montaigner ihrem Volk nicht, und wahrscheinlich hatten sie dann auch recht damit, vielleicht aufgrund schlechten Gewissens? Als junges und entsprechend naives Wesen behandelt zu werden, kränkte sie nicht, sie hatte gelernt, ihren Vorteil daraus zu ziehen. So machte sie tunlichst große Augen und hing an den Lippen des Musketiers. "Verstanden, aber würde das Volk nicht gerne und freiwillig seine Nation verteidigen? Und schaffen es die offiziellen Büttel-Kräfte, alle Gefahren für das Volk abzuwehren? Was meine Sicherheit als Gast angeht - ich möchte nicht gerne zur Last fallen, mir selbst mein Essen jagen oder damit die Reisekosten decken, statt einen Ehrenmann an meine Pläne zu binden..."

Als ihre Untersuchung üble Geräusche, ein magisches Zeichen und einen Schrei verursachten, hielt die Halbussurin inne. Es kostete sie einige Überwindung, sich an Matuschkas Pflichten zu halten und sich nicht vom SChrecken überkommen zu lassen oder ihre Handlungen von Furcht bestimmen zu lassen. Sie nickte zu Erichs Warnung und wollte gerade etwas erwidern, als Louis seine Frage stellte. Mit klarer, wenn auch gezwungen ruhiger Stimme sprach sie in eine kurze Pause hinein: "Von den wandelnden Toten hier habe ich gehört - aber nur von nachtaktiven..."

Während sie sich noch den Kopf zerbrach, womit sie es zu tun haben konnten, kamen weitere Worte von außen. Mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck formulierte sie ihre Antwort: "Uns nicht schaden zu wollen und einen Fluch beenden zu wollen klingt gut und vernünftig. Da ihr Hilfe dabei braucht, werde ich sie euch gewähren, so ich in der Lage bin. Doch eine Mitreise wird nicht ohne Bedingungen sein. Können wir verhandeln?"

Mondragor

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Kapitel 2: Der Angenehme Wald
« Antwort #74 am: 05.01.2020, 10:46:26 »
Juan hatte sich in den letzten Tagen hingegen hauptsächlich mit Ingrid beschäftigt, und je besser er meinte sie zu kennen, desto weniger mochte er ihr eine Schuld geben an dem, was passiert war. Ihre frühe Kindheit, so erfuhr er, hatte sie auf Burg Düster verbracht. Damals schon war die Gegend gepeinigt gewesen von den Folgen des Krieges. Im Krieg hatte sich die Baronin auf die Seite der vaticinischen Kirche geschlagen, doch nach dem Ende keinerlei Hilfe mehr von ihr bekommen. Die umliegenden Baronien hatten sich in Folge Teile des Landes an sich gerissen, übrig blieb nur ein heruntergekommenes Stück Wald mit wenigen Überlebenden, die irgendwie versuchten, über die Runden zu kommen.

Ingrid selbst kannte ihre Eltern nicht, doch Agathe zog sie wie ihre eigene Tochter (oder Enkelin, was die Altersverhältnisse vielleicht besser traf) auf. In sehr jungen Jahren schickte sie Ingrid auf die Duellantenakademie, und es würde mehr als 15 Jahre dauern, bis sie wieder zurückkehrte. In der Zwischenzeit hatte sie einen jungen Absolventen der Akademie geheiratet und ihn bald wieder an das Schwert verloren. Doch zurück blieb ihr ein Kind von ihm, das sie nun, auf sich allein gestellt, großziehen musste.

In ihrer Trauer ging sie zurück zu dem Ort, an dem sie aufgewachsen war, und zu ihrer Erschütterung musste sie erkennen, dass die Burg und die umliegenden Lande noch heruntergekommener zu sein schienen als in ihrer Kindheit. Auf Burg Düster selbst traf sie nur noch sehr wenige Personen an, doch die, die dort waren, schienen nun eher einer Art Kult anzugehören. Zu spät fasste sie den Entschluss umzukehren, als sie und ihre Tochter bereits überwältigt worden waren. Schon bald stand sie ihrem früheren Oheim gegenüber; die Baronin wirkte beinahe jünger als in ihren Kindertagen. Keine Liebe war mehr in ihren Augen zu erkennen, stattdessen verkündete sie Ingrid mit kaltem Blick, dass sie ihre Tochter dann wieder in die Arme schließen könne, wenn sie insgesamt 50 Gefangene aus den umliegenden Ortschaften in die Burg bringen würde. Die Banditen, die sie anführen würde, waren bereits ausgewählt.

Bis Juan diese Geschichte letztlich aus der Gefangenen herausbekommen hatte, waren mehrere Tage vergangen, denn erst mit der Zeit schien sie mehr Vertrauen zu ihm zu entwickeln und sich ihm stärker zu öffnen. Es war offenkundig, wie viel Überwindung es sie kostete, ihre Geschichte zu erzählen, und immer wieder geißelte sie sich dafür, dass sie ihre eigene Moral verkauft hatte, und den Bedingungen der Baronin zugestimmt hatte. Es war klar, dass sie ihre Entscheidung wohl ein Leben lang plagen würde - was nicht mehr unbedingt sehr lange sein musste. Doch es würde wohl noch dauern, bis ein Repräsentant der Gilde über sie urteilen konnte.

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