Runde 2 Ein unterdrücktes
“Verdammt!” entfuhr Femi, als ihre Bemühungen um Heimlichkeit durch die Flucht des Mephiten zu nichte gemacht wurden.
‘Hätte der nicht einfach nach hinten fliegen können, statt in die Höhe?’Sie atmete kurz durch, um sich wieder zu beruhigen.
‘Ok, cool bleiben, alte Regeln befolgen: Zeige deinem Gegenüber nicht, was in dir vorgeht, wenn er seinen Zug macht. Und gib eine gute Hand niemals zu früh auf, nur weil jemand anderes eine bessere Hand zu haben scheint.’Nun nicht mehr auf Heimlichkeit achtend, ging Femi zügig die schmale Galerie entlang
[1] und versuchte dabei, zu wirken, als würde sie mit dem Feuermephit nichts verbinden. In die Nähe des Beschwörungskreises zog sie ihren Dolch
[2].
‘Die Axt vom Zwerg wäre sicher nützlicher, aber vielleicht reicht es ja schon, wenn ich etwas von dem Wachs wegkratze…’[3]
Schneeflocke war wenig begeistert von den Steinen, die in seine Richtung geworfen wurden und wandte sich schnell ab, um mal nachzusehen, wo sein "Frauchen" denn abgelieben sein mochte
[4].
Kylie zwängte sich derweil durch das hintere Scheunentor
[5], um ins Innere der Scheune zu gelangen. Glücklicherweise waren die Mephiten vor allem im vorderen Bereich beschäftigt.
Von dort aus versuchte die Elfin auszumachen, wo die Rufe der Gefangenen herkamen, oder ob sie eine Tür erkennen konnte, die besonders gesichert war
[6].
Dabei bewegte sie sich vorsichtig näher heran
[7].
Zeit schinden, das war nun das wichtigste. Solange Durbak die Mephiten hier lange genug aufhalten und ihre Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte, würde irgendjemand schon dazu kommen den Beschwörungskreis zu zerstören und dann hatte dieser Spuk ein Ende. Der Zwerg griff das Schild also fester und sah die Erdmephiten wütend an. Der Feuermephit hatte sich nach dem Treffer erst einmal zurückgezogen, was die Situation hier unten erst einmal etwas entschärfte. Kaum hatte Durbak das gedacht, da begann einer der steinernen Teufel zu wachsen.
"Mist.", brummte er genervt. Das würde unangenehm werden.
Trotzdem wich er nicht vom Fleck. Er ging sogar noch einen Schritt weiter und klopfte seinen Hammer laut gegen das Schild.
"Hey ihr Mistviecher!", schrie er. Erst dann riss er die Waffe nach oben und ließ sie in weitem Bogen nach unten fahren. Er konnte spüren, wie die steinerne Haut des Teufelchens Risse bekam und unter der Wucht des Hammers zerbrach.
[8]
Fluvadinco war dem Steinhagel geradeso mit leichten Blessuren entkommen, doch schien er vom Regen in die Traufe gekommen zu sein, seit er dem Menschen gehorcht und endlose Stunden in der engen Flasche verbracht hatte. In seinen Augen spiegelten sich nun die Meute wütender Elementargeister, während er von verrückten Menschen förmlich umgeben schien und es laut und chaotisch wurde.
In aufkommender Nervosität fasste er sich an die Stirn und fühlte die schmerzhafte Beule, die er einem Stein verdankte. Nein, das gefiel ihm gar nicht.
[9] Regis Gesichtsmuskeln schliefen im selben Augenblick ein, als der Wassermephit sich zu ihm umdrehte und ihn zornig anstarrte. Die Mundwinkel des kränklichen Mannes zogen sich nach unten und plötzlich stieß er einen jähen, spitzen Schrei aus, ehe er herumfuhr und an Wolf vorbei die Scheune fluchtartig verließ, Fluvadinco auf seinen Fersen.
Bruder Mond verfolgte überrascht, wie der Wassermephit begann, seinen Gefährten um die Scheune zu jagen. Leider waren solche Missgeschicke nichts unübliches für Regis, wie er in der Zeit, die sie gemeinsam reisten, festgestellt hatte. Es wirkte, als würde der Fledermausgeist mit seinem Schicksal für etwas büßen. Im Moment gab es jedoch wichtigeres zu tun und so richtete Vincent seine Aufmerksamkeit wieder nach vorne. Er war nun kein geübter Kämpfer und versuchte Dubrak nun nur wieder zu unterstützen indem er in einer gestenbegleiteten Bewegung des Armes die Apfelsaftflasche, die Regis bei der Flucht hatte fallen lassen, wuchtvoll gegen den Erdmephiten schleuderte
[10] und sich dann rasch auf die Seite der Scheune hinter Wolf begab, um den Elementargeistern nicht noch mehr Mut für weitere verheerende Atemangriffe zu machen.
Vincents Angriff verfehlte, doch der kleine Erdmephit wankte stark, als Durbaks Hammer ihn mit voller Wucht erwischte und Teile seiner steinartigen Gestalt zu Boden bröselte - doch leider zwang selbst das das Erdwesen noch nicht, diese Ebene zu verlassen.
Lavenia zerrte an Nadeshja.
"Los, mach schon was, du Trantüte!", verlangte die kleine Fee in ihre piepsigen Stimme, wusste aber selbst nicht wirklich, wie sie sonst zum Geschehen beitragen sollte. Etwas überfordert brachte sich das Lavenia erstmal aus der Schusslinie, hielt sich aber in der Nähe, um im Notfall eingreifen zu können.
[11].
Aufgerüttelt setzte sich Nadeshja tatsächlich in Bewegung. Erst huschte sie vorsichtig zum Scheunentor, um sich einen Überblick zu verschaffen, und schlüpfte hinein. Damit war sie zwar näher an der Gefahr, aber untätig wollte sie nicht bleiben. Hinter der Zwischenwand in Deckung gehend, streckte sie eine Hand nach Durbak aus und schaffte es, als ein Zauber über ihre Lippen ging, mit der Fingerspitze seinen Hammer zu berühren. Durbak konnte mit ansehen, dass sich eine leuchtende Rune auf seiner Waffe formte und diese dann begann, komplett bläulich zu schimmern.
[12]Auf der anderen Seite der Scheune schlüpfte auch Zonk durch die Tür, um sich dem Geschehen von hinten zu nähern. Er nahm sich an Kylie ein Beispiel und eilte zur Tür, die ihr gegenüberlag, um in die Tierbox dahinter zu spähen. Während Kylie tatsächlich vor einer Schiebetür stand, die mit einem Vorhängeschloss gesichert war, und durch den Spalt erspähen konnte, dass sich die Vermissten dort befanden, konnte Zonk seine Tür aufreißen
[13] und es dann nicht unterdrücken, sofort zu würgen, als ihm ein bestialischer Gestank in die grüne Nase stieg.
"Uärgh, was bei allen Spielhöllen ist das?", fragte er sich, da er auf den ersten Blick nicht genau ergründen konnte, was er da sah - doch in der Scheune verbreite sich daraufhin sehr schnell das unerfreuliche Aroma von verwesendem Fleisch, das so unverkennbar war, dass allen Anwesenden eine üble Vorahnung überkam.
[14] Den Gefangenen, soweit es Kylie erkennen konnte, schien es jedoch halbwegs gut zu gehen. Sie erkannte eine Frau, einen Mann und ein Mädchen von etwa zehn Jahren, die mit einem Seil zusammen an einen Stützpfeiler gefesselt waren. Die Erwachsenen wirkten besorgt, ausgelaugt und angespannt, das Mädchen vergrub ihr verheultes Gesicht in der Schulter der Frau. Dann war da noch eine andere Person, seperat vertäut und geknebelt. Sie - es war scheinbar eine Frau - wirkte als wäre sie bewusstlos. Oder war sie sogar tot? Die derangierten Haare klebten in einem von Blut und Schweiß überzogenen Gesicht. Es ließen sich auch verbrannte Hautpartien erahnen. Der Knebel und auch die Seile waren so stark mit einer verräterisch roten Substanz getränkt, dass diese Frau zumindest gefährlich viel Blut verloren haben musste. Kylie konnte unter den ganzen Seilen eine marineblaue Uniformjacke erkennen. Es musste sich also um Sheriff Ralhain handeln. In der Mühle hatten sich kaum Kampfspuren gefunden, geschweige denn Blut. Wer auch immer sie so zugerichtet hatte, hatte dies wohl erst getan, nachdem sie entführt worden war.
[15]
Auch wenn Femi schnell auf dem oberen Steg an dem Mephit vorbeigehuscht war, der sich in die Dachbalken zurückgezogen hatte, gefiel es dem Feuerwesen ganz und gar nicht, dass sie sich so zielstrebig auf den Beschwörungskreis zu bewegt hatte. Er mochte verletzt sein, aber das hinderte ihn nicht daran, der Gnomin mit fiepsigem Geschrei hinterherzufliegen.
"Wegbleiben! Weggehen!", quietschte das Feuerwesen beinahe hysterisch, als es Femi unheilvollerweise den Dolch zog. Der Mephit verlor lavaartiges Blut als er eine Kurve flog und zum Kreis bewegte, um sich Femi in den Weg zu werfen. Nicht mehr viel trennte den Feuermephit von einer Rückkehr in seine Heimat, doch diese Reise wollte er wohl so sehr vermeiden, dass er den Kreis unerschrocken zu verteidigen versuchte. Hektisch schnappte das Wesen um sich.
[16]Unten kam nun Durbak sehr in Bedrängnis. Sowohl der Feuermephit als auch der kleine Erdmephit ließen nun Angriffe auf den schlagkräftigen Zwerg niederhageln. Obwohl auch Wolf ordentlich Schaden ausgeteilt hatte, wirkte der grimmige Zwerg mit dem nun zusätzlich leuchtenden Hammer wie eine deutlich größere Gefahr als ein halbstarker Wachmann. Der Feuermephit versuchte mit aller Hartnäckigkeit sich in Durbak zu verbeißen,
[17] während der stoische, die nur noch halb zusammenhaltende, impartige Steinkreatur mit ihren steinernden Fäusten auf Durbak einhämmerte.
[18] So hatte der Zwerg alle Mühe, die beiden in Schach zu halten, und konnte nicht alle Angriffe abwehren.
Als wäre das nicht genug, entschied sich der gewachsene Erdmephit, nicht in hinterer Reihe zu bleiben. Mit einem mächtigen Schlag, der die ganze Scheune erzittern ließ, brach er die morschen Holzdielen des Bodens unter sich auf und verschmolz mit dem irdenen Untergrund - nur um kurz darauf in einem mächtigen Getöse hinter der Gruppe wieder aus dem Boden zu brechen, wobei er die Schwelle des Tors und ein gutes Stück der Scheunenfront mit sich riss, die in Bruchstücken und Splittern auf die Gruppe niederregnete.
[19] Wolf presste sich erschrocken an die Zwischenwand und schlug mehr reflexartig als gezielt nach dem Monstrum, das direkt vor ihm auftauchte
[20], aber traf tatsächlich und konnte der steinartigen Haut des Wesens einen ordentlichen Schnitt beibringen.
[21] Die Rache dafür kam jedoch sofort: eine riesige steinerne Faust rammte voran und schlug ein Loch in die Zwischenwand, wo gerade noch Wolfs Kopf gewesen war - im letzten Moment hatte er sich ducken können.
[22] Auch der Schlag, der daraufhin Durbak ansteuerte, ging weit ins Leere.
[23]
Nubithas quietschte entsetzt, als der Erdmephit sich vor ihm aus dem Boden grub und suchte lieber ein wenig Abstand.
"Menschlein gut kämpfen, ja!", rief das Luftwesen über das Kampfgetümmel, machte allerdings keine Anstalten, einzugreifen - das steinernde Ungetüm war ihm sichtlich nicht geheuer.
[24] Auch Fluvadinco quetschte sich eher zögerlich durch das Hintertor der Scheune - und ging dann erstmal in Deckung, als er über sich den Kampf zwischen Femi und dem anderen Feuermephit bemerkte.
[25] "Kampf viel Chaos!", sprach Sindaphax das Offensichtliche aus.
Auch wenn Mephiten als landsläufig als Plagegeister angesehen wurden, wurde langsam wirklich klar, dass sie nicht ungefährlich waren. Wolf versuchte, sich schützend vor Bruder Mond aufzubauen, doch er selbst hatte so wenig Platz, um sich zu bewegen, dass der geplante Todesstoß für den kleinen Erdmephiten verfehlte, und auch, als er den Säbel mit der rückwärtigen Bewegung in Richtung des großen Erdmephiten lenkte, nur Luft traf.
[26]