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Widder wider Willen

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Adrastheia:

Erdig wie sonnengewärmte Tontöpfe.
Süß wie am Vortag geschnittenes Gras.
Frisch wie ein junger Wald nach einem Sommerregen.
Würzig. Fremd. Stickig. Verheißungsvoll.
Das erste, das den Abenteurern entgegenschlug war nicht der Lärm der vielen durcheinanderrufenden Händler, Kunden und Besuchern aus allen Ecken des Misteltales. Nicht das Schnauben, Gackern oder Bellen. Auch nicht die kaum vernehmbaren Melodien des Flötenspielers, der am Rande des steinernen Brunnens saß.
Das erste, das die Abenteurer empfing - bereits vor dem Durchqueren der Stadttore - war der Geruch des belebten Marktes. Ein eigener Organismus aus Lauten und Düften und Bewegungen und Wärme. Manche der größeren Stände hatten farbige Markisen gespannt um den Kunden das Verweilen angenehmer zu machen.  Die bunte Menge schob sich langsam, Körper an Körper so erschien es den Neuankömmlingen, durch die überlaufene Marktstraße vorbei an den vielfältigen Ständen und den lauten Straßenverkäufern. Immer wieder blieb jemand stehen, bog in eine Seitengasse ab oder verschwand im Gedränge. Ein befreiender Blick nach oben, über die schattenspendenden Tücher hinaus, zeigte verschiedene Schilder von alteingesessenen Läden, die sich wohl in den kleineren Gassen rechts und links der Hauptstraße befinden mussten. Schmied, Schneider, Bäcker, Taverne, Juwelier. Kaum zu glauben, dass die hölzernen Stände mit all ihren Anhängseln nur einmal im Monat hier aufgebaut waren. Die festen Geschäfte waren es, die den Handel in der Hauptstadt des Misteltales in der Regel kontrollierten.

Kite schob einen heranstolpernden Jüngling freundlich zur Seite. Dieser drehte sich nach dem Tabaxi Krieger um und entschuldigte sich verlegen, bevor er wieder davonstob. Nun der Wirt hatte nicht gelogen: Der Monatsmarkt von Ashabenford war besonders. Wesen und Waren aus allen Ecken der Dales und sogar darüber hinaus tummelten sich hier. Träume und Möglichkeit lagen in der Luft. Hier würden sie bestimmt fündig - einerlei, was sie suchten. Sie mussten die Hauptstraße durchqueren um schneller zur Taverne zu gelangen, wo sie sich umhören und eventuell für die Nacht einmieten wollten.

Während Aelar sich am ein oder anderen Stand interessiert zeigte, achtete Eliza genau auf ihr Umfeld und die Wogen an Besuchern in ihrer Nähe. Wann immer es eine engere Passage gab wurde sie besonders wachsam und bedacht keinen Taschendieb zu übersehen, mochten seine Hände auch noch so flink sein. Von außen allerdings wirkte sie entspannt und neugierig, angetan vom bunten Treiben. Als einer der zahlreichen Straßenkünstler einen türkis leuchtenden Drachen aus dem Nichts erscheinen und diesen dicht über die Köpfe der Anwesenden fliegen ließ, war es das Wechselbalg, das die Bewegung, sowie den Taschenmagier selbst noch vor dem Zauber bemerkt hatte.

Besondere Beachtung seitens der Ashabenforder Marktleute fand aber das letzte Reisemitglied. Immer wieder wurde die kleine Gruppe aufgehalten, weil sich Händler um ihre Aufmerksamkeit bewarben, sie beinahe bedrängten mit ihren Angeboten. Lady Catalina schien dies nicht sonderlich zu stören. Eine gewisse Achtung gebührte ihr und besonders feine Ware ließ sie sich auch gerne zeigen: Stoffe aus dem Oberland, Gewürze von den Inseln oder liebliche Duftwässer aus dem ganzen Land. Es war an ihrer Erscheinung abzulesen, dass sie Qualität zu schätzen und auch zu bezahlen wusste. Den geübten Marktleuten fiel sie sogleich auf. Den Künstlern und den Bettlern auch.

An einer Nische unter freiem Himmel in einigen Metern vor ihnen hatte sich eine Traube Menschen versammelt. Über ihren Köpfen tanzten Flammen in der Luft. Immer wenn sich eine Person bewegte, konnte ein kurzer Blick erhascht werden. Ein Schausteller schwang zwei brennende Ketten gekonnt um den nackten Oberkörper. Die Umstehenden starrten den schönen blonden Mann gebannt an. Eliza sah zwei kleine Kinder unter dem Publikum, die auf ganz andere Dinge achteten. Genaueres konnte sie von ihrem Standort allerdings nicht ausmachen. Zu der einsamen Flöte, die sie bereits hinter sich gelassen hatten, gesellte sich jetzt eine Laute. Eine kleine Gasse neben ihnen führte zu einem kleineren Lokal, sowie zu einem Alchemisten. Ein Stück weiter vorne, sahen sie den oberen Teil eines Wegpfeilers, mit verschiedenen Richtungsmarkern. Ein Schild weiter vorne verwies auf einen Laden der Bücher und Schriften. Würden sie sich jetzt stur einen geraden Weg zum Ende des Marktes bahnen,  so kämen sie unweigerlich zur großen Taverne, die ihnen so herzlich empfohlen worden war und die direkt am Ashabenforder Hauptplatz lag.

Aelar berührte Kites Schulter und sah nach Eliza und Lady Catalina. Er nickte nach rechts und bedeutete ihnen mit ihm zu gehen. Er begab sich an den Rand der Menge. In der Mauer auf Brusthöhe war ein kleiner Schrein Tyrs eingelassen. Die kleine Figur, umgeben von verschieden hohen Kerzen, sollte die Marktleute wohl vor Dieben beschützen. Direkt davor kam der Kleriker zu stehen. Kite, Eliza und Lady Catalina formten gemeinsam mit ihm einen intimeren Kreis, der den Tumult drumherum nicht auszublenden vermochte, aber doch die vier etwas vom Getöse der Menge abzuschotten. Auch wenn die frisch zusammengekommene Gruppe das gleiche Ziel hatte, nämlich die Taverne, in der sie sich Information und gerne auch einen neuen Auftrag erhofften, so hatte doch jeder eigene Interessen. Nun galt es sich zu verständigen, wer denn vor der Einkehr im gehobenen Ashabenforder Ratskeller noch andere Besorgungen zu tun gedachte.

Aelar Silberschein:
Aelar hatte die Reise genossen, er war gerne draußen unterwegs. Die Weite, die zufälligen Begegnungen und die Möglichkeit, an jeder Gabelung dem Weg eine neue Richtung zu geben, das alles ließ ihn gerne reisen. Nun aber waren sie wieder in einer Stadt. Sie war nicht zu groß, aber auch nicht zu verschlafen. Ein Füllhorn an Möglichkeiten, die entdeckt werden wollten. Daher hatte er auch keinen Plan, was genau er hier tun wollte, oder vielmehr genau das war sein Plan. Dem Pfad des Zufalls folgen und sehen, wohin er ihn führte. Einige seiner Mitreisenden waren viel zielgerichteter, das störte ihn zwar nicht, aber es war manchmal anstrengend, so wie viele seine Art den Tag zu verbringen seltsam fanden. Er hatte heute Morgen seine Stadtkluft, eine einfache aber etwas farbenfrohere Reisekleidung, und den leichten Umhang gewählt. Die dezenten Farben unterstrichen die dezenten Merkmale, die er von seinen elfischen Vorfahren mitbekommen hatte, aber sie waren nicht so auffällig, dass er sofort die Aufmerksamkeit auf sich zog. Darin war Lady Catalina auch unübertroffen und das war in Ordnung so.
Und dann waren sie angekommen. Aelar war mit ihnen zunächst ein Stück entlang des Marktes geschlendert, hatte sich umgeschaut, die Leute und seine Mitreisenden beobachtet und seine Gedanken treiben lassen. Als er dann einen etwas ruhigeren Flecken entdeckt hatte, hatten sie sich versammelt, um sich ein wenig abzusprechen. Er war bereit für die Stadt, er hatte nicht viel Gepäck, also konnte er direkt losziehen.

"So, da sind wir. Möchte sich jemand mit mir vom Strom des Zufalls durch die Stadt tragen lassen?" Er lachte, denn es war für ihn ein Genuss nicht zu wissen, was er in einer halben Stunde tun würde und er war gespannt, ob es in der Runde jemanden gab, der in den letzten Tagen ebenfalls Gefallen daran gefunden hatte.

Εliza:
"So viele Menschen..." stöhnte Eliza leicht auf, als sie ihr Ziel erreicht hatten. Aber gut, auch sie musste zugeben, dass der Markt schon irgendwie interessant aussah. Und da waren durchaus einige sehr ansprechende Gerüche von Gewürzen und Backwaren in der Luft. "Nach der langen Wanderung könnte ich ein gutes Frühstück vertragen."

Ein leichtes Händeklatschen siganilisierte Zustimmung. Irgendwo in der Nähe schwirrte Maeve umher. Die kleine Fee war, wie meist wenn sie nicht unter sich waren, unsichtbar. Wenn man genau darauf achtete, konnte man aber hier und da das Summen ihrer Flügel vernehmen.

Als sie den Feuerkettenakrobat erblickten, flatterte die Vertraute einmal näher heran. Von oben hatte man ohnehin einen viel besseren Blick auf alles und mit etwas Konzentration war auch Eliza in der Lage, diesen Blick zu nutzen. Vor allem interessierte sie, was die beiden Kinder da wohl erspäht haben mochten.

Aelar hatte irgendwann tatsächlich ein ruhiges Fleckchen erspäht, an dem sie sich kurz absprechen konnten. Der Tymora-Kleriker wollte sich einfach treiben lassen. Eliza zuckte mit den Schultern. Warum nicht. "So lange uns Dein Strom des Zufalls irgendwann in die Nähe von einem dieser lecker duftenden Backstände bringt..." Aber das würde schon funktionieren, dachte sie sich. Es gab ja mehr als genug davon.

Kite in the Wind:
Mit dem eindrucksstarken Strom der vielen Menschen mitziehend, fühlte sich der Tabaxi ein wenig - positiv durchaus! - an seine Heimat erinnert. Geschäftiges Treiben, Rufen aus vielen Kehlen, Tiere die zum Ankauf herbei getrieben wurden und eine Vielzahl an Gerüchen die jede Biegung zu einer kleinen Überraschung werden ließen.

Viele der Vorbeieilenden blieben für einen Moment stehen, hielten inne und betrachteten den jungen Kater aus dem Süden verblüfft, denn Katzenmenschen verschlug es selten in die Talländer. Die gold-gelben Augen, mit den schmalen senkrechten Schlitzen mitsamt dem gelb-schwarzen Fell waren in diesen Landstrichen eine außergewöhnliche Besonderheit. Die schlichte braune Lederrüstung wie sie Kite in the Wind trug, mitsamt Langbogen und schlanker Klinge an der Hüfte sah man häufiger. Meist an Leuten die sich der freien Natur verbunden fühlten und viel Zeit in ihr verbrachten. In diesem Falle, aber nicht ganz zutreffend wie die kleine Schar, die den Tabaxi begleitete bereits wusste. Der Südländer fand zwar durchaus den Weg abseits der Straße, aber ein kundiger Waldläufer war er keiner.

Die spitzen Ohren steil aufgestellt, drehten sie sich in diesem Gedränge beinahe mit jedem Herzschlag in eine andere Richung und schienen keine Ruhe zu kennen. Als alle dann bei dem Schrein angekommen waren und sich berieten wer nun was tun wollte, vernahm der Schwarzgestreifte das hektische Schlagen von Flügeln. Augenblicklich blickte er in die Richtung des Geräuschs und sah zwei Tauben die Seite an Seite von einem nahen Balken aufstoben und gemeinsam in Richtung Westen davonflatterten. 'So ist das also.' dachte Kite bei sich.

Die Omen waren eindeutig und das Schicksal hatte gesprochen.

Zufrieden darüber, derart einfach den richtigen Weg angezeigt bekommen zu haben, gähnte der Tabaxi gut gelaunt und bot so einen hervorragenden Blick auf seine scharfen Zähne feil, wobei er sich dabei noch genüßlich reckte und streckte. "Ich bleibe bei euch." verkündete er beiläufig und blickte sich wieder ein wenig um. Kaufen musste er nichts, Hunger hatte er auch keinen, aber all die Düfte boten vielerlei Interessantes. Und außerdem hatte der Taubenflug keinen Zweifel daran gelassen was nun zu tun war.

Catalina Crommor:
Nach all dem Regen zu Beginn ihrer Reise war der bunte Markt eine willkommene Abwechslung für die junge Paladin. Natürlich konnte er nicht ganz mit den prächtigen Ständen in ihrer Heimat mithalten, aber dieser Ort besaß seinen ganz eigenen Charme. Etwas  Neues zu sehen war für sie immer ein Anreiz. Catalina ließ das geschäftige Treiben einen Moment auf sich wirken. Es sprühte hier vor Leben und so bewegte sie sich ohne sonderliche Eile durch die vollen Straßen. So wie den Trubel war sie ebenso die Aufmerksamkeit gewohnt. Die Adelige war nicht nur an ihren prächtigen Goldlocken, sondern auch an ihrer Kleidung und ihrem Ring unschwer zu erkennen. War es als junges Mädchen oftmals noch überwältigend von so vielen Angeboten umringt zu werden, trat sie nun selbstbewusst genug auf um buhlende Händler mit einer höflichen Geste abzuweisen. Hin und wieder ließ sie sich aber auch etwas zeigen, an dem sie interessiert sein mochte. Noch bevor sie mit ihrer kleinen Gruppe Halt machte und sich absprach, hatte sie bereits einen feinen Duft erworben. Er war frisch, unaufdringlich und erinnerte sie an einen sonnigen Frühlingstag nachdem sich die dunklen Regenwolken verzogen haben.   

"Ich habe es nicht eilig. Den hiesigen Juwelier will ich mir noch ansehen. Danach wäre mir auch etwas Gutes zu essen genehm. Vorzugsweise etwas, das ich noch nicht kenne." Schließt sich die Paladin in ihre spontane Planung ein und überlässt dem Kleriker vorerst gern das Ruder. Trennen müssen sie sich dafür nicht unbedingt.

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