Yalena zerrt an dem roten Stern mit allem was sie hat, doch er rührt sich einfach nicht. Ihre aufsteigende Verzweiflung erweckt ungewollte Aufmerksamkeit... Wie gelenkt fällt ihr Blick auf das nahe Skelett, welches den schlaffen Schädel anhebt und ihr mit leeren Höhlen direkt in die Augen starrt. Ein fernes Glühen funkelt ihr aus dem Nichts entgegen; ein Licht von jenseits dieser Realität. Abermals verblassen die Grotte und der allgegenwärtige Lärm und sie sieht sich in einem Feld aus Asche: eine grauschwarze Wüste mit hohen Dünen vor einem purpurroten Himmel. Eine tote Welt, verbrannt, hoffnungslos. Doch aus der Asche zu ihren Füßen formt sich eine Gestalt; sie entsteht aus den winzigen Partikeln, bis zuletzt ein nackter Mann vor ihr steht, seine Haut schwarz wie die Nacht, seine Augen streng, seine Macht gewaltig. Kwalu, wie er einst auf der Welt wandelte; bevor man ihn verriet, erstach und seinen Körper den Flammen übergab. Sein Gesicht wird von einem exzentrischen Bart eingerahmt: kurze Stoppeln ziehen sich von den Ohren bis zum Kinn, doch in regelmäßigen Abständen hat er an insgesamt fünf Stellen die Haare etwas sprießen lassen, so dass sie sich wie kleine Zacken um seinen Kiefer ziehen. Die Oberlippe ist ebenfalls nur stoppelig, doch an den Mundwinkeln finden sich zwei weitere längere Stellen.
Unverwandt blickt er die Khoranerin an, die wie zur Salzsäule erstarrt ist. Er tritt näher, fährt mit den Fingern zärtlich durch ihr verdrecktes rotes Haar, packt dann aber plötzlich ihre Kehle. Zurück in der Wirklichkeit wird Yalena abermals gewürgt, doch diesmal ist da keine Hand, die ihr den Hals zudrückt. Sie keucht verzweifelt nach Luft und sackt schließlich kraftlos zusammen...
[1]Etwa zur gleichen Zeit will sich Kiran an dem Nordmann vorbeimogeln - vergebens. Sein Versuch, einen schnellen Haken zu schlagen, wird von attackierenden Flugwesen behindert und der Tharagier tackelt ihn brutal zu Boden.
[2] Zu allem Überfluss schnalzt bei seinen letzten gestolperten Schritten ein unschönes Geräusch direkt aus seinem Bein - ein elender Schmerz folgt sofort. Etwas muss gerissen sein.
"A o lenei ua e oti!", knurrt der Hüne in fremder Zunge, als er sich Kiran mit geballten Fäusten nähert. Der Bhangari liegt auf dem Bauch und versucht sich in einem ersten Versuch vergebens aufzurappeln. Einars Schatten fällt auf ihn. Der Tharagier wird von kreischenden Flugmonstern umkreist, die sich scheinbar seinem Willen beugen. Ist dies das Ende?!
Anderswo:
Als Einar seine Frage herauspoltert, fährt sein Doppelgänger herum und folgt seinem Blick zu dem Fremden - doch falls er ihn sieht, ist dies nicht zu erkennen, denn er starrt einfach durch ihn hindurch. Als sich der falsche Einar dann erheben will, friert die Zeit urplötzlich ein. Regentropfen bleiben in der Luft hängen, die kleine Wolke vor seines Gegners hechelndem Mund steht still. Einar selbst steht wie festgefroren. Er kann seinen Oberkörper bewegen, doch der Rest ist wie zu Stein erstarrt. Der Fremde kommt mit langen Schritten, jedoch ohne Eile heran - die Wölfe folgen ihm. Etwa einen Meter vor Einar bleibt er dann stehen, legt den Kopf unmerklich schief und mustert den Tharagier; dann schenkt er seinem Kontrahenten einen kurzen Blick, dessen durch Schläge aufblühende Wunden im Gesicht bereits einen rötlichen Kontrast zur hellen Haut bilden.
"Du kämpfst beherzt, Junge. Und vielleicht besiegst du diesen da... Aber das Hirngespinst ist nicht dein Feind, sondern die Zeit. Ob du hier siegst oder nicht spielt keine Rolle mehr, denn deine Freunde sind gefallen und du allein stehst aufrecht, jedoch fremdgelenkt und nicht du selbst. Falls du den Zauber abschüttelst und erwachst, wirst du deine Kameraden bereits getötet haben und zuletzt einem Wiedergeborenen gegenüberstehen, der deinen Leib und deine Seele ohne Mühe knechten oder vernichten wird. Ein ehrloses Ende und eines Kriegers wie dir nicht würdig!"
Der gewaltige Mann macht eine kurze Pause und geht einige Schritte - Regentropfen platzen auf und benetzen seine Haut, als er durch sie hindurchschreitet. Zuletzt steht er wieder vor Einar und verzieht den Mund auf eine Weise, die kurz seine verlängerten Eckzähne entblößt. Die Reißzähne eines Wolfes. "Es ist eine Schande, dies so enden zu lassen," fährt er schließlich fort. "Ich will dich in der Schlacht sterben sehen, Krieger! Niedergerafft von zahlreichen Wunden; tote Feinde, die sich zu deinen Füßen häufen!" Seine bernsteinfarbenen Augen lodern gelblich auf. "Es liegt in meiner Macht, diesen Trug hier zu beenden. Den da auf immer aus dir zu vertreiben (ohne hinzusehen deutet er mit dem Finger auf den in der Zeit festgefrorenen Doppelgänger) und dir die Träume zu nehmen, die dich in so vielen Nächten heimsuchen." Erneut pausiert er, um das Gesagte sacken zu lassen. "Doch in die Geschicke der Menschen einzugreifen verlangt einen Preis. Es verlangt Blut! Das Blut deiner zerfetzen Feinde, in meinem Namen vergossen und mir zu Ehren dargeboten. Zu jeder Vollmondnacht sollst du mir ein Opfer bringen: Einen Menschen, die Glieder bei lebendigem Leib vom Rumpf getrennt und zuletzt enthauptet. Du wirst dich mit seinem Blut besudeln und du wirst es zu meinen Ehren trinken! Dies soll mein Preis sein. Bist du gewillt, ihn zu bezahlen, Einar, Sohn von Skarr?!"
[3]