Für einen Moment sieht Yan nur Dunkelheit und das sich darauf spiegelnde Licht von Mond und Sternen, als sie mit dem Mut der Verzweiflung über die Reling springt, den Blick auf das heranfliegende Wasser gerichtet. Dann taucht sie ein. Fast lässt sie den Griff des Schwertes los, doch schließlich taucht ihr Kopf wieder an die Oberfläche. Das Wasser ist nicht besonders kühl, doch der plötzliche Temperaturunterschied lässt sie prusten und das Salz des Meeres leckt gierig an ihrer offenen Wunde. Für eine Sekunde fast blind tasten ihre Arme umher, als das Metall der Waffe gegen Holz schlägt. Das Boot - so nahe! Ein halber Meter mehr und sie wäre wesentlich unangenehmer gelandet, doch weiter weg und wichtige Sekunden würden ihr fehlen. So greift sie zu und hievt sich an Bord. Ihr Gegner weiter oben ist zur Reling geeilt und schielt über diese nach unten. In ihrer Zeit unter Wasser hat er unschlüssig wertvolle Augenblicke verstreichen lassen, doch jetzt, wo er Yan wieder sehen kann, wird ihm gewahr, dass er nicht weiter zögern darf! Am Strand eilt eine ganze Schar von Piraten in Richtung Schiff, doch noch ist nur er in der Lage, die wilde Frau aufzuhalten! Er springt.
Yan hört irgendow in der Nähe ein lautes Platschen, als ihre Hände bereits hektisch damit beschäftigt sind, das angeleinte Boot zu lösen. Eile und Aufregung lassen sie fahrig werden und die vergleichsweise einfache Aufgabe zieht sich in ihrem Kopf bis zur Unendlichkeit. Dieses verdammte Seil! Aber dann ist es los. Wie ein gehetztes Tier greift sie um sich. Ruder? Wo sind die Ruder?! Der Pirat taucht auf und versucht zunächst, seine Orientierung zurückzugewinnen. Glockenlärm und Geschrei ertönen noch immer - dann sieht er das Boot. Er ist weiter gesprungen als Yan und einige Schwimmzüge entfernt, als sich die Tai vom Schiffsrumpf abstößt, sich dann schnell in Position hockt und mit beiden Armen zu rudern beginnt. Blut läuft ihr in dünnen Linien von der klaffenden Brust hinunter in den Schritt und verteilt sich auf dem nassen Holz, doch das Adrenalin in ihrem Körper verleiht ihr Kraft jenseits von Schmerz und Not. Mit allem was sie hat steuert sie parallel zum Schiffsrumpf auf das Heck des der Dschunke zu. Ihr Kontrahent schwimmt hinterher, bekommt am Anfang sogar einmal fast das Boot zu fassen, doch zuletzt hat das Gefährt dank kräftiger Stöße endlich genug Fahrt aufgenommen und lässt den wild fluchenden Mann zurück. Ob sie ihre schwindende Kraft bis zur entfernten Insel bringt - schneller als ein vollbemanntes Boot, das sie verfolgen könnte - ist fraglich, doch in diese Richtung gehen ihre Gedanken derzeit nicht. So lange der Rausch ihres Körpers anhält, legt sie alles in ihre Flucht. Das Heck der Youling Gui kommt und zieht an ihr vorbei.
Vor Eifer und Fokus beinahe blind und taub rudert und rudert Yan - bis das Geschrei einer anderen Stimme (in gebrochenem Bhangarisch) zu ihr durchdringt: "Hey! Hey Frau! ... Y-Yan... Warte! Hey! Ich bin hier!" Gehetzt fliegt ihr Blick über das dunkel glitzernde Wasser, bis sie Airuns planschenden Arme entdeckt. Er ist bis knapp jenseits des Hecks geschwommen - nur von der anderen Seite als sie - aber bereits hinter ihr zurück. Auf ihn zu warten oder ihn aufsammeln zu wollen, würde sie Zeit kosten - nicht viel, aber am Strand ist bereits massives Gewusel zu sehen. Das andere Boot wird von mehreren kräftigen Armen in Richtung Wasser befördert...