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Autor Thema: Die Youling Gui  (Gelesen 8071 mal)

Beschreibung: Kapitel 04

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Cerebro

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Die Youling Gui
« Antwort #45 am: 18.01.2021, 00:11:14 »
"Weg! Gib Ruder!" herrscht Airun sie an und übernimmt für Yan. Die Tai rutscht auf einen anderen Platz und sackt bald halb in sich zusammen. Ihr Blick wandert von ihren Verfolgern hinauf zum Sternenhimmel. Sie hat es nun nicht mehr in der Gewalt, aus eigenen Kräften zu entkommen. Die linke Hand ruht auf der Wunde und auf Höhe des Handgeleknes spürt sie ihr Herz schlagen, stark, kämpfend. Dennoch klingt der Rausch in ihrem Leib immer mehr und mehr ab - Schwäche überzieht sie wie ein Totentuch. Airuns rhythmisches Keuchen sowie die Geräusche seiner Ruderbewegungen sind das letzte, das sie aktiv wahrnimmt, ehe sich ihre Augen verdrehen und sie in die Bewusstlosigkeit abdriftet...

Als sie wieder erwacht, wähnt sich Yan zuerst zurück in ihrer Zelle, denn sie kann die Sterne nicht mehr sehen. Dann jedoch spürt sie den Wind und... Regen? Die ersten prasselnden Tropfen müssen sie geweckt haben. Sie hört Airun schwer atmen. Das Boot bewegt sich nicht mehr... Der Himmel ist dick verhangen und dann, als würde ein Staudamm brechen, ergießen sich mit einem Mal gewaltige Wassermassen von oben. Airun beginnt leise zu lachen. Yan sieht ihn kaum; erkennt nur einen vagen Schatten in der Mitte des Bootes, eingehüllt in Dunkelheit. Sie hält nach dem Fackellicht des Verfolgerbootes Ausschau, doch entdeckt es nicht. Wie lange war sie weg? Sie betastet ihre Wunde - noch immer nass und offen, doch das Blut ist hier und da bereits geronnen. Schwindel durchzieht ihren Kopf, als hätte sie Fieber und ihre Zunge ist so trocken, dass sie beinahe am Gaumen klebt...
« Letzte Änderung: 18.01.2021, 20:38:59 von Cerebro »

Li Yan

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Die Youling Gui
« Antwort #46 am: 18.01.2021, 21:22:39 »
Nicht schon wieder...

Benommen kommt sie zu sich und erwartet die verhassten Ketten erneut an ihren Handgelenken zu spüren. Stattdessen...Regen...Sie ist noch immer im Boot, auch Airun ist noch da. Hat er es geschafft? Schwerfällig wendet sie ihren Oberkörper und sieht sich um. Dunkelheit. Sicherheit? Keine Fackeln, keine Piraten. Mit milder Überwindung blickt sie nach unten. Wenigstens ist sie nicht ausgeblutet. Sie hat offenbar Glück gehabt. Das war zu riskant gewesen...Nachdem sie sich vorsichtig und langsam aufgerichtet hat, formt sie ihre Hände zu einem Gefäß, um etwas von dem strömenden Regen zu haben. Airun lacht...wohl ein gutes Zeichen, aber wer weiß. Sie fühlt sich immer noch weitaus schwächer, als ihr lieb ist. Ihr Körper kämpft noch immer dafür, sie am Leben zu erhalten.

"Wir in Sicherheit? Du...in Ordnung?" Fragt sie ihn schließlich heiser und trinkt das bisschen aufgefangene Regenwasser, um sich wenigstens ein wenig lebendiger zu fühlen.




Cerebro

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Die Youling Gui
« Antwort #47 am: 18.01.2021, 21:39:14 »
Airun lacht noch eine Weile rücklings weiter, ehe er sich langsam aufrichtet, die Arme auf den Oberschenkeln zur Ruhe legt und erschöpft den Rücken krümmt. "Aye, vorerst..." antwortet er. "Mein Gott lächelt diese Nacht..." Dann lehnt er sich wieder nach hinten, legt er den Kopf in den Nacken und öffnet weit den Mund, um das Wasser hineinzulassen.

Li Yan

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Die Youling Gui
« Antwort #48 am: 18.01.2021, 22:16:41 »
Yan nimmt wieder auf ihrer Seite aufrecht Platz und atmet tief durch. "Gut." Erwidert sie noch und schweigt für eine Weile. Ob es die Herrin der See oder einer seiner Piratengötter gut mit ihnen gemeint hat, spielt letztendlich auch keine Rolle. Haben ihre Verfolger vorzeitig aufgegeben? Das scheint ihr der einzige naheliegende Grund zu sein, weshalb sie noch leben. Mit geöffnetem Mund und den Kopf im Nacken bleibt sie gerade sitzen. Fieber, Schwäche und Kopfschmerz nagen an ihr und es braucht Zeit, bis sie sich an den Gedanken gewöhnt hat. Frei...Ihre Flucht ist ihnen geglückt. Nicht reibungslos, aber das Ergebnis zählt. Der Regen vermischt sich auf ihrem Gesicht mit Tränen, die sie über die vielen Tage in Gefangenschaft zurückgehalten hat. Sie hat den gleichen Schmerz erlebt wie das Dorf ihrer Kindheit, ihre alte Heimat. Viele Dinge sind ihr inzwischen entfallen, aber dieser Tag ist in ihrem Geiste noch immer lebendig. Mehr um sich selbst zu vergewissern, hält sie eine Hand nach draußen in Richtung Boden - oder was auch immer sie vorfindet.
« Letzte Änderung: 18.01.2021, 22:58:43 von Li Yan »

Cerebro

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Die Youling Gui
« Antwort #49 am: 18.01.2021, 23:30:33 »
Yans Finger tauchen in den Ozean - Millionen kleinste Tropfen spritzen ein kurzes Stück nach oben, wenn die größeren Perlen des strömenden Regens auf der Wasseroberfläche aufplatzen.

"Aye... gut..." murmelt Airun in seiner eigenen Sprache, mehr zu sich selbst. Seine Arme brennen wie Feuer und sind keiner Anstrengung mehr fähig. Wäre das Wetter nicht so plötzlich - beinahe willkürlich - umgeschwungen und hätte den Himmel mit dicken Wolken verdunkelt, wären sie womöglich nicht davongekommen. Er hatte sofort die Richtung gewechselt und war einfach ins Schwarze gerudert - bloß weg vom direkten Weg in Richtung Land. Der Regen besiegelt nun ihre Flucht und der Pirat hofft, dass er lange anhalten mag, denn sie haben noch ein weites Stück vor sich und die Frau scheint zu schwer verletzt, um sich an seiner statt abzumühen. Verflucht hatte er sie, als sie ihn beim Klettern zurückgelassen hatte, aber zuletzt ist sie mit dem Boot umgekehrt... War es Mitleid oder nur ein kalkulierter Schachzug, weil sie bereits die Schwäche in sich spürte? Wer ist dieser Mensch genau? Nie hat er ein einfaches Weib so klettern sehen. Die Wunde deutet zudem auf eine direkte Konfrontation, die sie ganz offensichtlich überstanden hat - nackt! Und davor in Gefangenschaft... kein Gejammer, keine Tränen, nichts - und Yans stille Tränen jetzt gerade sind im nicht gewahr...

"Du bist Kämpfer?" fragt er auf einmal mit raspiger Stimme auf Bhangarisch. "Verteidigen Dorf bevor gefangen?" Airun weiß, wie der Hase läuft: Raubzüge und Plündereien - er selbst hat oft genug auf Seite der Angreifer gestanden, sich am Besitz anderer bereichert, mutige Ehemänner erschlagen und sich am Geschrei ihrer Weiber erfreut...
« Letzte Änderung: 18.01.2021, 23:42:43 von Cerebro »

Li Yan

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Die Youling Gui
« Antwort #50 am: 19.01.2021, 00:50:31 »
Yan zieht ihre Hand zurück. Sie sind noch immer auf dem Ozean. Aber das feindliche Boot hat sie vorerst aus der Sicht verloren. Es ist dunkel und die Sterne selbst scheinen sich verbergen zu wollen. Ob es überhaupt klug ist, gleich weiter zu rudern? Der Khoraner wirkt in etwa so erledigt wie sie selbst. Seine ruinierte Hand wird dabei nicht zuträglich gewesen sein. Für einen Fremden scheint er Hart im Nehmen zu sein. Eine wichtige Person eines anderen Schiffes. Und so kaltblütig und geschickt wie er sich im Dunkeln bewegt hat, wäre ein Pirat weitaus naheliegender als ein einfacher Seemann oder ein Händler. Wenn er die Geheimnisse der Riffe kennt und Wert als Gefangener besitzt...Vielleicht der Maat? Plötzlich wendet er sich an sie. Hat er während ihrer Gefangenschaft beinahe ausschließlich beharrlich geschwiegen, scheint er nun etwas offener zu sein. Die Taikangerin ist nicht gerne in Gesellschaft eines anderen Halsabschneiders. Letztendlich könnte er in einer anderen Lage nicht minder abscheulich sein als ihre Peiniger. Ihm mit dem Boot entgegen zu kommen ist für sie trotzdem naheliegend gewesen. Sie sitzen sprichwörtlich im selben Boot und wurden beide von diesen Hunden misshandelt. Noch dazu sind ihre Überlebenschancen zu zweit deutlich höher. 

"Ja, Kämpfer. Verteidigt gegen viele Piraten, bis...Pfeil mich trifft. Viele gute Leute in der Stadt." Die netten alten Frauen am Markt, die übermutigen Jungen und viele Andere. Nicht wenige Schüler - ihre so genannten großen und kleinen Geschwister - haben Freunde und Familie in Shujigou gehabt. Als ihre älteste Schwester hat sie unmöglich tatenlos dabei zusehen können. Ihr eigenes Opfer bedeutet wenig, wenn sie den Anderen damit Zeit erkauft hatte. Die gleiche Möglichkeit zu handeln hat sie sich immer gewünscht, als sie noch zu jung, zu schwach zum Kämpfen war und ihre Angehörigen vor ihren Augen ein grausames Ende fanden. Für einen Krieg, mit dem sie nichts zu tun haben wollten.

"Bevor über Bord gehen, ich kämpfen...Einer weniger, Schwert genommen...Aber Körper schwächer wie sonst. " Sie gestikuliert mit einem Schlag in die Luft, dass sie einen der Piraten mit ihren Fäusten ausgeschaltet hat. Den Rest kann er sich denken. Ihren kleinen Sieg hat sie teuer bezahlt. Wenigstens ist sie nicht mit leeren Händen davon gekommen. 

"Du Pirat? Kämpfen mit anderen Piraten bei Sturm, ja? Nicht...wissen wie gut du klettern, also...schnell zu Boot. Seemann gute Schwimmer. Aushalten, bis holen. Gut...Boot gelenkt." Erwähnt sie anerkennend. Ohne ihn wäre sie nicht weit gekommen. Tatsächlich hat sie nicht vorgehabt, ihn absaufen zu lassen. Aber sie hat begründete Bedenken wegen seiner Hand gehabt und sich ausgemalt, dass er Schwierigkeiten haben wird, ihr zu folgen. Dabei auch noch tunlichst unauffällig zu sein wurde in ihrer Verfassung zu brenzlig. Es hätte besser laufen können, aber sie sind beide am Leben und vorerst außer Gefahr. Das ist auch etwas...Mehr, als sie zeitweilig gedacht hat. 

Cerebro

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Die Youling Gui
« Antwort #51 am: 19.01.2021, 07:54:37 »
Also hatte er Recht. Gefangen in einem Überfall auf eine taikangische Küstenstadt... Fast war es ihm abwegig erschienen, denn Taikang liegt in weiter Ferne. All die Wochen und Monate auf See - was musste dieser Frau bereits alles widerfahren sein, ehe er in ihre Zelle geworfen wurde. Ein zähes Weib, soviel stand fest... und nicht auf den Kopf gefallen. Airun lacht leise, bevor er ihr auf die Frage antwortet. "Aye, Pirat..." Was hätte Geheimniskrämerei vor ihr jetzt für einen Sinn? Ihre beste Chance, hier lebend rauszukommen, bestand in einer Zweckgemeinschaft - das wusste sie sicher ebenso gut, wie er selbst. "Mein Schiff... Bulle mit zwei Köpfen. Ich... ehm... Maat (er benutzt das Wort seiner eigenen Sprache, denn er kennt die bhangarische Bezeichnung nicht) ... zwei. Verfolgen deine Piraten lange; dann rammen, dann kämpfen. Aber Wetter schlecht viele Tage und als wir kämpfen wird sehr schlimm. Sturm zwingt Kampf zu Ende, aber ich nicht komme zurück auf mein Schiff..."

Vielleicht hat er ihr ein paar Ausschnitte davon bereits erzählt - er erinnert sich, dass sich im starken Fieber seine Zunge gelöst hatte, aber diese Erinnerungen verschwimmen, ähnlich wie sein Zeitgefühl in der Zelle. Er fühlt sich manchmal heiß und kalt zugleich und glaubt nicht, dass er körperlich voll auf der Höhe ist - selbst ohne die anstrengende Ruderei. Welch Spott der Götter, sollten sie statt geschnappt zu werden an ihren Leiden verenden. Es würde Aklathu nur ähnlich sehen...
« Letzte Änderung: 19.01.2021, 08:04:59 von Cerebro »

Li Yan

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Die Youling Gui
« Antwort #52 am: 19.01.2021, 15:31:39 »
Selbst wenn sie könnte, sie glaubt nicht, dass sie jetzt so ohne Weiteres in ihre Heimat zurück kehren kann. Da macht sie sich keine Illusionen. Ihre einzige Abwechslung über Wochen waren Schmach und Schande gewesen und die ständige Dunkelheit, verbunden mit der Eintönigkeit schienen wie eine nie enden wollende Hölle. Nur, dass sie kein Tee des Vergessens erwartet. Tage tröpfelten wie Jahre dahin, während sie ihre Besuche in ihren dunkelsten Stunden beinahe herbeigesehnt hat, einfach um etwas Anderes zu erleben als ewigen Stumpfsinn. Nur, um danach in tiefere Finsternis zu stürzen. Würden ihre Angehörige und Bekannten sie überhaupt wiedererkennen? Ein Teil von ihr war in dieser Zelle verendet. Vielleicht ist sie sogar zwischendurch wahnsinnig geworden, wer weiß...

Yan nickt verstehend. Nicht, dass es derzeitig einen Unterschied macht. Wäre er einer jener Männer gewesen hätte sie ihm wohl den Hals umgedreht, aber so ist er vermutlich einer von zwei Menschen vom Schiff, mit denen sie arbeiten kann ohne dabei kotzen zu müssen. Aus irgend einem Grund haben sich tatsächlich zwei Piratenschiffe bekämpft. Ist das üblich? Vielleicht haben sie sich erhofft, gegenseitig ihre Beute abspenstig zu machen. In der Unübersichtlichkeit des Sturms muss er dann gefasst worden sein. Bis auf seinen Namen hatte er ihr nicht viel verraten. Selbst in seinen fiebrigen Dämmerzustand hatte er mehr geflucht als etwas Zusammenhängendes erzählt.

"Kein Unterschied. Müssen entkommen, überleben. Dann weitersehen. Du kennen Silber Inseln? Dort Schiffe, die uns mitnehmen? Und...kennen den Weg noch? Ich kann helfen zu...steuern, langsam." Gegenwärtig stellt sich ihr vor allem die Frage, ob er überhaupt noch die richtige Richtung weiß. Selbst als Seemann wird er die Sterne zur Orientierung brauchen. Aber wie weit kann es noch sein?   
« Letzte Änderung: 19.01.2021, 23:24:58 von Cerebro »

Cerebro

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Die Youling Gui
« Antwort #53 am: 19.01.2021, 23:46:47 »
"Keine Schiffe," antwortet Airun. "Inseln umgeben von viele... scharfe Steine in Wasser. Strömungen schwierig; nicht viele sichere Wege. Manchmal Händler kommen von Zadj, aber das in Süden und wir ganz im Norden. Bewohner von Insel... kleine Menschen. Treiben Handel mit Süden, aber nicht freundlich gegen Fremde. Piraten manchmal überfallen für Sklaven, also... sollten fernhalten..."

Einen konkreten Plan, wie es an Land weitergehen soll, hat Airun nicht. Zunächst müssen sie es überhaupt an Land schaffen - dann so weit weg von den Taikangiern wie möglich, ohne dabei den Eingeborenen über den Weg zu laufen, was schwierig genug wird, denn diese Zwerge bewegen sich im Wald so sicher und leise, als wären sie Geister. Vielleicht kann er von einem erhöhten Punkt aus die Zweiköpfiger Bulle sehen und ihr signalisieren. Eine schwache Hoffnung, aber im Moment muss er sich an jeden Faden klammern...

Als Yan nach der Richtung fragt, reckt er den Kopf und starrt lange gen Himmel. Nur eine aufschlussreiche Konstellation sollte genügen, aber die dicken Wolken liegen wie ein Teppich über ihnen und entleeren noch immer schier unerschöpfliche Wassermassen auf die Welt. "Sterne schwierig..." murrt er. Am liebsten würde er warten, bis er wieder etwas bei Kräften und der Himmel aufgeklärter ist, doch wer weiß, ob ihre Verfolger dann einen zweiten Versuch unternehmen. Wenn die Frau wirklich rudern kann - ob langsam oder schnell - ist es besser, nicht stillzustehen. "Scheiß drauf," raunt er zuletzt in seiner Sprache zu sich selbst. Der direkte, kürzeste Weg ist nicht sicher, aber sofern sie sich nur halbwegs nach Süden halten, müssen sie früher oder später auf Land stoßen - und er ist Seemann genug, um sich zumindest grob ein Bild von ihrer Umgebung auszumalen, die er vor dem Wetterumschwung ja lange genug überblicken konnte. "Diese Richtung - ungefähr," weist er Yan schließlich an. "Ich kann nicht helfen... Arme tot..."

Yan selbst fühlt sich ebenfalls nicht sonderlich gut, aber auch wenn sie nur im Schneckentempo weiterkommen, ist das immerhin besser, als stillzustehen oder gar abzudriften...
« Letzte Änderung: 19.01.2021, 23:51:36 von Cerebro »

Li Yan

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Die Youling Gui
« Antwort #54 am: 20.01.2021, 14:57:29 »
Hervorragend. Offenbar haben sie sich die beste Gegend ausgesucht, um einen Fluchtversuch zu wagen. Aber selbst eine Insel mit komischen kleinen Männern ist besser als noch einen Tag auf diesem Schiff gefangen zu sein.

"Schlecht. Aber zuerst an Land..." Nicht einmal der Khoraner scheint zu wissen, wie es danach weitergeht. Zadji ist irgend ein größerer Ort umgeben von einem Meer aus heißen Sand. Wenig einladend, aber offenbar immer noch ihre beste Option?

"Vielleicht deine Freunde finden hierher...Wenn wichtig genug, sie...aufsammeln?" Hoffentlich wissen sie auch ohne ihn, wie man diese tückischen Gewässer umschifft. Während der Andere anstrengt in den Himmel blickt, wartet sie schweigend ab und löscht ihren größten Durst mit dem Regenwasser. Als er seine Beobachtungen abschließt, folgt sie seiner Geste und nickt kurz.

"Dann ausruhen. Ich weitermachen. " Langsam ist besser als still zu stehen und untätig zu bleiben. Es ist noch nicht gesagt, dass ihre Verfolger aufgegeben haben. Und sie will endlich wieder Land unter den Füßen haben. Yan nimmt die Ruder in die Hände und versucht sich in einen langsamen Takt hineinzuarbeiten, mit dem sie eine Weile durchhalten kann. Solange sie vorsichtig ist, wird es schon irgendwie gehen müssen. Seiner angegebenen Richtung folgend beginnt sie zu rudern...


Cerebro

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Die Youling Gui
« Antwort #55 am: 22.01.2021, 10:22:55 »
Es fällt Yan alles andere als leicht, abermals das Rudern zu übernehmen. Ihre Wunde brennt und ihr Körper schwächelt. Airun, der ihr Platz gemacht hat, um sich an anderer Stelle weiter auszuruhen, driftet rasch in einen seichten Schlaf, während die Tai wie im Schneckentempo das Boot vom Fleck bewegt. Fast wie in der Zelle zieht sich die Zeit in unendliche Länge, doch trotz des massiven Regens ist sie immerhin an der frischen Luft - in Freiheit. Und all ihre Bemühungen richten sich danach, dass dies auch so bleibt.

Irgendwann lichten sich die Wolken etwas und vereinzelt blitzen wieder Sterne hindurch. Der Regen schwächt zwar nur minimal ab, doch die Sicht wird besser. In einer kurzen Pause blickt Yan rücklings in Fahrtrichtung und sieht in der Ferne das in Schatten gehüllte Festland, mit einem Berg oder Gebirge tiefer landeinwärts. Der Weg ist noch weit und so langsam wird ihr klar, dass sie es bei dieser Geschwindigkeit wohl nicht bis Tagesanbruch aus dem Wasser schaffen werden. Irgendwann gibt sie dann auch völlig ermattet auf und sinkt in einen traumlosen Schlaf der Erschöpfung. Die beiden Flüchtlinge verbringen den Rest der Nacht auf nahezu offener See.


Als Yan erwacht, ist es bereits gegen Mittag - es regnet noch immer und der Himmel ist grau und trüb. Sie hockt am hinteren Ende des Bootes und sieht Airun langsam aber stetig rudern - er muss sie angefasst und vom Platz bewegt haben, ohne dass sie dabei aufgewacht ist. Die Erschöpfung muss sie übermannt haben - und noch immer fühlt sie sich nicht wirklich voll auf der Höhe.[1] Das Festland ist deutlich näher gerückt, aber immer noch ein gutes Stück entfernt. Als Airun bemerkt, dass Yan erwacht ist, raunt er ihr ein heiseres "Na... ausgeschlafen?" zu. Die Tai sieht Schweißperlen auf seiner Stirn und die Bandagen seiner abgebundenen Hand sind dort, wo die zwei Finger fehlen, leicht rötlich verfärbt.
 1. Bitte mal eine Probe auf Schlaferholung ohne Lager.
« Letzte Änderung: 22.01.2021, 10:51:32 von Cerebro »

Li Yan

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Die Youling Gui
« Antwort #56 am: 22.01.2021, 12:03:47 »
Zerknirscht richtet sich Yan halb auf und fährt sich über den Rücken. Sie ist es gewohnt auf dem Boden zu schlafen, selbst vor ihrer Zeit auf dem Schiff. Trotzdem wäre ihr eine Strohmatte ganz recht gewesen. Es sieht so aus, als wäre sie irgendwann umgekippt. Und...Das Festland ist in Sicht! Von dort aus wird es irgendwie weitergehen. "Mhm." Erwidert sie wenig überzeugend auf Airuns Frage und mustert ihn kurz. Sie beide sind verletzt. Darum werden sie sich sehr bald kümmern müssen. Vorsichtig blickt sie an sich herunter und betrachtet ihre eigene Wunde. "Bald da. Ich glaube...ich kann gleich übernehmen." Fügt sie noch hinzu. Sie fühlt sich weniger tot als gestern, das muss also auch für etwas gut sein. Hoffentlich wandern diese kleinen Männer nicht auch noch die Küste ab...[1]
 1. Schlaferholung: 1 Erfolg

Cerebro

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Die Youling Gui
« Antwort #57 am: 28.01.2021, 13:39:43 »
"Na dann... viel Spaß," keucht Airun erschöpft und rückt beiseite, um Yan die Ruder zu überlassen. Während der Khoraner sich ausruht, übernimmt die Tai die anstrengende Arbeit. Langsam aber stetig geht es weiter voran...

Die Sonne wandert über ihren Köpfen Richtung Westen und glücklicherweise deutet noch nichts auf irgendwelche Verfolger hin. Stunden vergehen, bis sie endlich den Strand erreichen. Im seichten Wasser verlassen sie dann das Boot und ziehen es ein gutes Stück landeinwärts. Airun sackt auf die Knie und greift in den weichen Sand. "Endlich..." raunt er glücklich, doch entkräftet, bevor er sich an Yan wendet. "Wir verstecken Boot in Wald und verwischen Spuren in Sand. Danach... ausruhen... Ich sehr erschöpft..." Yan hat nach elender Gefangenschaft, Flucht, Verletzung und der Ruderei eine lange Pause nötig, doch Airun wirkt geradezu fiebrig...

Li Yan

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Die Youling Gui
« Antwort #58 am: 28.01.2021, 17:41:37 »
Während Yan rudert, verfällt sie bald in einen trance-ähnlichen Trott. Fast so, als wäre sie wieder in ihrer alten Schule. Nicht über ihr Mühsal nachzudenken hilft, wenigstens für eine Weile. Der Weg zieht sich trotzdem scheinbar endlos lang und als sie es schließlich an Land geschafft haben, kann sie es selbst kaum glauben. Als sie vorsichtig aufsteht, bewegt sie ihre brennenden Arme und zieht das Boot mit vereinten Kräften in Sicherheit. Erst dann sinkt auch sie entkräftet in den Sand. Für einen Moment ist ihr schwindelig und es scheint beinahe ungewohnt, festen Boden unter sich zu haben. Gegen Airuns Vorschlag spricht für sie nichts. Wie durch ein Wunder haben die Piraten entweder einstweilen aufgegeben oder sie schlicht aus der Sicht verloren. Das Schlimmste scheint überstanden. Aber sicher sind sie deswegen noch nicht. Mit prüfender Miene sieht sie zu ihm rüber. "Du...siehst nicht gut aus. Was macht die Wunde?" Sie hebt ihre Hand und weist damit auf Airuns Wunde hin. Ohne Medizin werden sie wenig mehr tun können als auswaschen, neu verbinden und abwarten.  Sobald das Boot versteckt und ihre Spuren verwischt sind, wird sie sich wohl oder übel einmal genauer ansehen müssen. ob der Khoraner weiß, wie man solche Dinge behandelt? Ihr medizinischen Wissen ist eher begrenzt. Sie kann Gelenke wieder einrenken, aber das ist es auch fast schon...

 

Cerebro

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Die Youling Gui
« Antwort #59 am: 28.01.2021, 18:25:43 »
Airun schaut auf den Verband, der die geschundene Hand umwickelt. Der lumpige Stoff ist nass, dreckig und mit Sand überzogen. Dort wo die Finger fehlen, heben sich rot-schwarze Flecken ab. "Tut... weh..." antwortet er schlicht und verweilt mit dem Blick für eine lange Weile, doch was in seinem Kopf vorgeht, bleibt für Yan verborgen. Schließlich rappelt sich der Khoraner mit Mühe auf die Beine. "Zuerst... Boot weg." Er deutet mit der gesunden Hand in Richtung Waldrand. Der Strand ist breit und zu zweit das Boot wegzuschleppen wird bei ihrer Verfassung sicher keine Freude, aber noch ist der Horizont frei und ihr Verbleib damit für ihre Feinde nicht offensichtlich.

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