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Autor Thema: Die Youling Gui  (Gelesen 7914 mal)

Beschreibung: Kapitel 04

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Cerebro

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Die Youling Gui
« Antwort #165 am: 25.02.2021, 10:58:47 »
Während Kiran rasch Einar auf den aktuellen Stand bringt, befasst sich Li Fan mit den Worten seiner Landsfrau - und sein Blick weitet sich. "Was sagst du da, Weib? Eine Robe?!" Der Pirat scheint für einen Moment wie vor den Kopf gestoßen. Er überlegt mit schwitzender Stirn - die kurzen, leicht abgehackten Bewegungen seines Kopfes und der Augen verraten seine Aufgewühltheit. "Nein..." murmelt er zu sich selbst und zaudert. Yan hat derweil kaum die Wahrheit gesprochen und von ihrem unbekannten Retter erzählt, als etwas von ihr abfällt - so als würde eine Schicht Ruß davongeweht, welche die ganze Zeit unbemerkt ihren Körper umhüllt hatte. Kurz spürt sie eine negative Schwingung, wie ein leichter Kopfschmerz, doch das merkwürdige Gefühl verfliegt so schnell wie es gekommen ist.

Li Fan blickt auf, ungehalten. "Deine Worte... sie ändern Dinge. Dinge, um die ich mich werde kümmern müssen. Sei gewiss, dass ich dich in siedendem Wasser koche und dir danach bei lebendigem Leib die Haut abziehe, solltest du mir eine Lügengeschichte auftischen!" Dann schaut er hinüber zu Kiran und Einar. "Und was ist mit euch? Seid ihr endlich fertig mit eurem Palaver?!"
« Letzte Änderung: 25.02.2021, 12:25:50 von Cerebro »

Einar

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Die Youling Gui
« Antwort #166 am: 25.02.2021, 11:41:06 »
Am liebsten würde Einar dem Kerl selber sagen was er von ihm hält. Aber das wäre in der jetztigen Situation nicht sehr klug. Er muss Kiran wohl einfach in Erinnerung rufen, was sein Plan war.
„Sag ihm wir bringen seine Gefangene wieder. Und dass ich schon einmal hier war und deshalb den Weg durch die Riffe kenne. Wenn er meint ohne weiteres wegzukommen vergisst er die Strömungen rund um die Inseln. Oder unterschätzt sie zumindest. Der Sturm mag ihn zusammen mit jeder Menge Wasser über die Felsen getragen haben - aber er wird nicht auf meterhohen Wellen wieder davonreiten können. Sag ihm wir wollen nach Iraab. Wenn sie uns dorthin bringen zeige ich ihnen den Weg - und biete ihnen bei unserer Ankunft einen Teil unseres Goldes, sowie die Information darum wo es hier noch viel mehr davon gibt. Nicht zu vergessen wo sie den Silberlotus finden können - und welche Gefahr diese Höhle darstellt.“
Es fühlt sich fast ein wenig wie Verrat an solche Dinge weitererzählen zu wollen, doch Batutu soll zufrieden sein. Sie haben Kwalu erledigt - und damit ihre Schuld beglichen. Da ist es nur gerecht wenn sie jetzt ihr eigenes Leben mit ihrem dazugewonnenen Wissen freikaufen dürfen.
« Letzte Änderung: 25.02.2021, 11:42:12 von Einar »

Kiran Arun

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Die Youling Gui
« Antwort #167 am: 25.02.2021, 12:04:28 »
Kiran versucht gleichzeitig sowohl den Ausführungen Einars auf khoranisch als auch Li Fans Gespräch mit Li Yan zu belauschen was Ihm aufgrund der verschiedenen Sprachen nur halbwegs gut gelingt.
In der Hoffnung alles halbwegs verstanden zu haben, dreht er sich schließlich zu Li Fan um.

"Ja, wir sind fertig. Ich habe den Nordmann über unser Gespräch in Kenntnis gesetzt und wir haben uns beraten. Folgenden Vorschlag haben wir dir zu unterbreiten."

Kiran macht eine kurze Pause um seine folgenden Worte etwas wichtiger erscheinen zu lassen, während er mit der freien Hand auf Einar zeigt.
"Wie bereits erwähnt, kann euch der Mann sicher durch die Felsen navigieren. Er hat sie bereits viele Male umfahren und versichert dir, dass dies ohne genaue Kenntnisse gar unmöglich ist. Durch den Sturm wurde dein Schiff durch den hohen Wellengang wohl über viele gefährliche Stellen getragen, die nun ohne Sturm so nicht mehr passierbar sind. Das Schiff mag durchaus etwas besonderes sein, doch besteht es immer noch aus Holz und kann gegen die verborgenen Gefahren, die um diese Insel vorherschen, kaum bestehen. Er wird dich und deine Crew sicher aufs offene Meer navigieren. Zusätzlich bieten wir einen Teil unserer Schätze, die wir bei uns tragen und versprechen dir Informationen, wo noch viel mehr von diesem Reichtum zu finden ist. Außerdem kennen wir die Geheimnisse des Silberlotuses. Wo man diesen findet und auf welche Gefahren man dabei achten muss. Diese Informationen bescheren dir einen Reichtum, den du in 30 Leben nicht ausgeben kannst. Im Gegensatz bringst du uns beide und den Warg sicher nach Iraab. Außerdem wollen wir deine ehemalige Gefangene selbst als unser Eigentum haben, wenn wir in Iraab ankommen. Ein Spottpreis und mit Sicherheit die lohnenswerteste Übereinkunft deines Lebens."
« Letzte Änderung: 25.02.2021, 14:09:49 von Kiran Arun »

Cerebro

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Die Youling Gui
« Antwort #168 am: 25.02.2021, 13:09:38 »
Während Kiran spricht, hält Li Fan mit der einen Hand die Arbaleste an die Schulter gelehnt und umspielt mit den Fingern der anderen nachdenklich seinen Bart. Als der Bestienmeister endet, bleibt der Pirat eine Weile still; seine Blicke huschen über die drei vor ihm - heruntergekommen, elend, chancenlos. "Hrm... es ist viel, was du mir da erzählst - aber das würde jeder in eurer Lage tun. Ihr seid Ertrinkende, die verzweifelt um eine rettende Hand betteln und dafür die Sterne des Himmels versprechen..." Er schnupft und fährt sich mit der dreckigen Hand über die Nase. Kurz wendet er den Blick ab, überlegt, dann endlich spricht er weiter.

"Ich habe in letzter Zeit so meinen Ärger mit Gästen an Bord," beginnt er und schaut dabei zu Yan. "... vielleicht sogar mehr als ursprünglich angenommen. Doch ich denke lebend seid ihr mir nützlicher, selbst wenn das Meiste von deinen Versprechungen am Ende nur Fantasiegeschichten sein mögen. Du und dein Freund sollten der Wahrheit aber ins Gesicht sehen, Bestienzähmer: Eure Leben liegen in meiner Hand und was ihr besitzt, braucht ihr mir nicht anbieten, denn ich kann es mir einfach nehmen, wenn ich es wünsche! Und gebracht habt ihr mir bisher überhaupt nichts. Vielleicht wären die Dinge anders, wenn ihr zu mir gekommen wärt und den Khoraner dabeigehabt hättet, aber so seid ihr nur Beute, die wir gefunden haben. Sieh also ab von irgendwelchen 'Forderungen' und sei froh, wenn ich gewillt bin, euch lebend an Bord zu nehmen. Hier mein Vorschlag an dich und den anderen - übersetze ihn, wenn du dich mit ihm besprechen willst:

"Ich werde euch am Leben lassen und dir gestatten, die Wunden des anderen zu versorgen. Ihr werdet auf mein Schiff mitkommen und wir werden euch bis nach Iraab mitnehmen, denn dies ist ohnehin unser Ziel. Ihr werdet nicht in Ketten gelegt und in Ruhe gelassen, aber ihr werdet all eure Waffen abgeben und deine Bestie dort wird unter Deck eingesperrt, bis wir das Festland erreichen. Was ihr mir für diese Gunst geben werdet ist folgendes..."  Er hebt die freie Hand und zählt mit den Fingern mit.

"Ihr werdet mir hier und jetzt all eure Wertsachen übergeben. Ihr werdet mein Schiff und meine Männer schadlos auf die offene See führen oder bei einem Scheitern qualvoll euer Leben lassen. Ihr werdet mir alles über diese Schätze und den Lotus erzählen, so dass ich mir überlegen kann, ob es sich lohnt, später hierher zurückzukehren. Und ihr werdet uns alles über die Inseln, Gewässer und Riffe hier offenbaren - jedes Geheimnis preisgeben und nach Möglichkeit alles dokumentieren und aufzeichnen - auf dass wir bei einer möglichen Rückkehr keine unbekannten Gefahren fürchten müssen. Dies ist mein Angebot; und wenn du versuchst, mit mir darüber zu feilschen, schneide ich dir die Zunge ab! Was die Frau angeht..." Wieder fällt sein Blick auf Yan - über ihre Wunden und allgemeinen Zustand. "Wenn sie die Wahrheit spricht und ihr uns sicher auf die offene See führt, dann soll sie ein zusätzliches Dankesgeschenk an euch sein. Doch bis wir Iraab erreichen, gehört ihr Leben mir! Falls herauskommt, dass sie mich belogen hat, soll meine ganze Mannschaft ihren Spaß mit ihr haben, ehe ich sie töte! Doch solange die Dinge gut laufen und sich jeder von euch benimmt, soll keine Hand an sie gelegt werden und sie soll frei an eurer Seite verweilen dürfen." Er grinst, schief und selbstzufrieden.

"Sag mir, Bhangari, ist dies nicht ein fairer, ja sogar großzügiger Handel?!"
« Letzte Änderung: 25.02.2021, 16:01:56 von Cerebro »

Li Yan

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Die Youling Gui
« Antwort #169 am: 25.02.2021, 14:33:38 »
Anfangs hat Yan gedacht, der Mann in der Robe wäre dieser ominöse Gast gewesen. Vielleicht war es auch. Aber aus irgend einem Grund scheint der Pirat nervös? Hat er sich etwa mit dem Falschen eingelassen? Fast gleichzeitig fühlt sie...etwas Seltsames. Eine art bedrückendes Gefühl, wie getrocknetes Blut, das von Regen abgewaschen wird. Ein kurzes Stechen huscht durch ihren Kopf und lässt sie leicht das Gesicht verziehen. Über Li Fans Warnung nickt die Tai nüchtern. Es liegt ihr auf der Zunge noch etwas zu sagen, aber, aber jedes falsche Wort könnte ihre Lage nur verschlimmern. Was Kiran da anschließend vorschlägt, muss selbst für den einfältigsten Trunkenbold wie ein unglaubwürdiges Märchen klingen. Wenigstens tragen sie offen sichtbar einige Schätze mit sich herum. Nachdem der Pirat seine Forderungen formuliert hat, erwidert sie seinen Blick distanziert und schweigt. Es liegt jetzt nicht mehr in ihrer Hand. Was auch immer die zwei an Informationen haben, sie sind hoffentlich überzeugend...

Kiran Arun

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Die Youling Gui
« Antwort #170 am: 25.02.2021, 14:48:28 »
Kiran verzieht keine Miene und lässt fürs erste ebenso wenig durchblicken, was er von Li Fans Angebot hält.
Anstatt dessen dreht er sich kommentarlos zu Einar um und übersetzt das soeben Gesagte ins khoranische.
Es folgt ein kurzer Wortwechsel, ehe er sich schließlich wieder zu dem Kapitän der Youling Gui umdreht.

"Wir sind einverstanden. Lass mich den Warg während der Überfahrt besuchen, dann sorge ich dafür, dass sie in Ihrer Zelle ruhig bleibt und du nach der Überfahrt keine neuen Gitterstäbe brauchst. Wir überlassen dir unseren gesamten Besitz. Nachdem wir dich sicher aufs offene Meer geleitet haben und du dir ein Bild von unseren Schätzen und der Wahrheit unserer Worten machen konntest, kannst du dir gerne noch einmal Gedanken darüber machen ob du uns in Iraab mit völlig leeren Händen von Bord gehen lässt oder ob es dir deine Piratenehre gebietet uns einen kleinen Obulus zu überlassen. Diese Entscheidung liegt in in deinen Händen und wir werden diese am Ende dieser Reise so hinnehmen. Egal wie sie ausfällt."
« Letzte Änderung: 25.02.2021, 14:49:57 von Kiran Arun »

Cerebro

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Die Youling Gui
« Antwort #171 am: 25.02.2021, 17:18:08 »
Der Anflug eines hämischen Grinsens findet seinen Weg auf Li Fans Gesicht. "Dann sei beglückwünscht, Bhangari. Ihr habt soeben einen Weg von dieser Insel gefunden. Halte deine Worte in Ehren und ich will das Gleiche tun." Er wendet sich an einen seiner Männer: "Tao, sammel ihre Waffen ein und alles was nach Wert aussieht - die Armreife des Großen, sein Horn und anderes was du findest..."

Der Mann nickt und tut wie ihm geheißen. Li Fan verteilt auch noch andere Anweisungen und nachdem alles seinen Wünschen gemäß abgewickelt ist und Kiran sich um Einars Wunde kümmern konnte, macht man sich gemeinsam auf den Weg zum Strand. Einar, Kiran und Yan werden zwar nicht gefesselt, aber dennoch wie Gefangene scharf im Auge behalten. Nach einer Weile beginnt der Kapitän erste konkrete Fragen zu stellen - über Yans Flucht, die Inseln und anderes. Erst zum frühen Abend hin erreichen sie schließlich ihr Ziel, finden mit etwas Suche das von Yan getarnte Boot und haben damit zwei zur Überfahrt zurück. Trotzdem sind sie zu viele und es wird klar, dass die Piraten in zwei oder drei Etappen zur Insel gerudert sein müssen. Als sich die beiden Boote das erste Mal auf den Weg machen, sind nur Taikangier und die der Gruppe abgenommenen Gegenstände an Bord. Li Fan selbst bleibt mit der Gruppe sowie anderen aus seiner Mannschaft zurück.

Mit Hilfe von Kiran beginnt der Piratenkapitän, Einar erstmals auf den Zahn zu fühlen und ihn detailiert über die Riffe und Seestraßen auszufragen. Ohne sich durch seine Antworten ersetzbar zu machen, kann der Nordmann alles ohne Mühe beantworten und sogar grobe Karten in den Sand zeichnen. Er zeigt dabei nautisches Fachwissen sowie Kenntnisse über die Umgebung, die nicht seiner eigenen Erfahrung entspringen, sondern der einverleibten Seele Airuns. Einar spürt mit jedem Tag mehr, wie ihn diese Erfahrung verändert hat... und der Hunger in ihm wächst. Es waren viele gewichtige Entscheidungen, die ihn auf diesen Pfad geführt haben, doch er traf sie, um seine Freunde zu beschützen. Und um sie von hier fortzuschaffen - etwas das nun in greifbarer Nähe scheint, sofern alles nach Plan verläuft.

Und es verläuft alles nach Plan. Li Fan zeigt sich sehr zufrieden mit dem, was er erzählt bekommt - und er hat viel Zeit für knifflige Fragen und clevere Tests. Es ist bereits Nacht, als die Boote endlich wiederkehren - eines zur Hälfte mit den kräftigsten Ruderern der Piraten besetzt, das andere leer und am Seil hinterhergezogen. Ein letzter Blick zurück auf den perfekten Sandstrand sowie den in Schatten gehüllten Dschungel suggerieren ein wunderschönes Eiland, doch stattdessen erinnern sich alle an das Leid und die schlimmen Dinge, sie hier erleben und ertragen mussten. Wohin wird die Zukunft sie bringen? Wird Li Fan sich an sein Wort halten oder sie auf offener See einfach über Bord werfen lassen? Nichts ist sicher, doch bis hierhin sind sie gekommen...



Es ist der 18. Tag im 10. Zyklus, als die Youling Gui bei günstigem Wind und Wasserstand ihre Reise beginnt. Einar bedient zwar nicht das Steuer, verweilt aber unmittelbar neben dem Steuermann und erteilt diesem durch nahezu simultane Übersetzung exakte Anweisungen. Sein Körper ist noch immer wund und heilt, doch seine Verletzungen wurden gut versorgt. In seinem Kopf sieht er bereits die Strecke, die vor ihnen liegt - wie aus den Augen eines anderen. Yan steht an der Reling, diesmal ohne daran herumklettern und sich verstecken zu müssen. Dort wo man sie einst eingepfercht hatte, ist nun eng und unbequem Anisha untergebracht. Kiran kann sie unter Aufsicht besuchen, wenn er nicht gerade übersetzen muss und hält den Warg durch viel Zuneigung sowie safte Worte einigermaßen ruhig. Wenn Einar das ihm Auferlegte meistert, das Wetter mitspielt und auch sonst alles gut verläuft, sollten sie in einigen Tagen bereits Festland ausmachen können. Der Kapitän hatte kurz nach ihrer Rückkehr vom Strand eine lange und unter vier Augen geführte Unterredung mit dem mysteriösen, in Roben gekleideten Mann. Der unbekannte Gast ist auch danach noch immer an Bord, verweilt aber die meiste Zeit in seinem privaten Raum und sucht kaum die Gesellschaft anderer. Über seine Beweggründe und warum Li Fan ihn scheinbar ungeschoren davonkommen lässt, kann die Gruppe nur spekulieren, allerdings plagen sie eher eigene Sorgen. Viele Gefahren wurden überwunden und noch viele mehr brauen sich hinter dem Horizont zusammen. Doch dies ist eine andere Geschichte...
« Letzte Änderung: 26.02.2021, 07:22:28 von Cerebro »

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