Im Gegensatz zu Calxu fiel es Miloslav leicht, sein Unbehagen beim Anblick des Schlachtfelds in Worte zu fassen. "Die lassen ihre eigenen Leute hier einfach so liegen!" Darauf kramte er eine ganze Weile lang in seinem Gedächtnis, ob ihm so etwas schon einmal untergekommen war.
"Unter all den Kulturen, die ich studiert habe", verkündete er kopfschüttelnd sein Ergebnis, "ein halbes Hundert oder mehr, war nicht eine einzige darunter, die keinen Totenritus kannte. Egal wieviele Jahrtausende man in der Geschichte zurückgeht, egal welche Region oder Volksart, egal ob Zivilisation oder Barbarenstamm... Einige wenige Völker gibt es wohl, die verspeisen das Hirn wichtiger Verstorbener in der Hoffnung, so einen Teil von deren Kraft, Tugend und Weisheit für die nächste Generation zu bewahren, aber nicht eines, das seine Toten einfach so herumliegen lässt wie Abfall."
Nach weiteren Überlegungen kommt er zu dem Schluss: "Selbst wenn sie unsere Sprache sprechen dürfte eine Kommunikation kaum möglich sein, weil unser Denken wohl zu verschieden ist. All die Werte, die man sonst in jeder Kultur vorfindet, von Humor und Höflichkeitsregeln über Kunst und Wissenschaft bis hin zu Spiritualität und Begriffen wie Tugend, Pflicht, Ehre – was uns Völkern, bei all unserer Verschiedenheit, zumindest Ansätze für klärende Gespräche und gegenseitiges Verständnis gibt – ja, also, bei diesen Kreaturen bezweifle ich, dass wir auf derlei Grundlagen vertrauen dürfen."
Nach diesen Worten beschwor er sowohl seine Schattenrüstung als auch seinen Säbel und blickte grimmig in Richtung Winzlingbau.
Die Vorstellung, in den Bau eindringen zu müssen, also gar auf den knien durch enge Gänge kriechen zu müssen, die sicherlich mit allerlei Krabbel- und Spinnentier gefüllt waren, wenn nicht gar Schlangen, erfüllte Milo mit sichtlichem Schauer. Schon jetzt begann er, sich imaginiertes Getier von der Kleidung zu wischen.
"Ach, aber es hilft ja nichts. Oder... vielleicht sollten wir doch zuerst zu den Kobolden? Die könnten uns dann auch sagen, was hier los ist, was da für Zwistigkeiten zwischen ihnen und den Winzlingen herrschen. Dann könnte man da womöglich tatsächlich einen Nutzen aus der Situation ziehen!" fügte er noch in Katharinas Richtung hinzu.
Ja, das war doch eine gute Idee! Besser, als jetzt da in diese Gänge zu kriechen. Selbst, wenn es nur auf einige Zeit aufgeschoben wäre... Die Tausendfüßler, da gab er Calxu recht, gefielen ihm auch nicht. Wobei das ganze kleinere Getier, dass es dort unten sicherlich zuhauf gab, ihm mehr Sorgen machte. Alles, was klein genug war, ihm in den Kragen zu krabbeln...
Milo sah gar nicht glücklich aus.