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Autor Thema: [IC] Kapitel 1: Geraubtes Land  (Gelesen 36845 mal)

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Victor Yevgenov

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #765 am: 06.11.2023, 23:12:56 »
Auch Victor hatte wie Katharina die Zeit im Handelsposten ausgiebig genutzt, um sich endlich einmal wieder gründlich zu waschen, in einem bequemen Bett zu schlafen und auch sonst jegliche Errungenschaften der Zivilisation zu nutzen, die Oleg hier bieten konnte. Verglichen mit der Stadt mochte der Posten dabei nicht viel hergeben, aber nach Tagen im Wald und der Wildnis kam er Victor wie die nobelste Herberge vor.

Doch eine längere Zeit blieb ihm hier nicht vergönnt, und am nächsten Tag ging es wieder auf die Reise, um sich langsam in Richtung Süden vorzuarbeiten. Schumm würde sie dabei begleiten, und Victor war gespannt, wie sich der bisher so zurückhaltende Firbolg verhalten würde, wenn er etwas auftaute.
Bevor sie den Handelsposten verließen, stattete Victor jedoch Oleg noch einen Besuch ab und versuchte, etwas Ordnung in die Gruppenkasse zu bringen und dabei das eine oder andere Beutestück an den Mann zu bringen sowie ihre Ausrüstung wenn möglich ein wenig zu optimieren.[1]

~~~

Die nächsten beiden Tage verliefen ereignislos, wenn man von der Überquerung der maroden Brücke absah, die dem einen oder anderen in der Gruppe einige Schweißperlen auf die Stirn trieb. Victor selbst, mit seinem geringen Gewicht und doch einiger Leichtfüßigkeit, fiel es nicht schwer, auf die andere Seite zu gelangen, doch er konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, als das Bauwerk unter Calxus Gewicht beinahe zusammengebrochen wäre. Innerlich machte der Mensch sich jedoch eine Notiz, dass diese Brücke dringend saniert werden musste, wollte man tatsächlich einmal Siedler in diesen südlichen Teil des Landes bringen.

Am Morgen des dritten Tages wurde er, noch mit Schlaf in den Augen, Zeuge eines höchst ungewöhnlichen Spektakels, als der sonst so aufgekratzte Milo plötzlich begann, in mehreren Sprachen eine Art Streitgespräch mit sich selbst zu führen (wobei Victor einen Teil des Gespräches nicht verstand).

"Milo?" begann er vorsichtig, als das Schauspiel beendet schien. "Geht es dir gut? Mit wem hast du da gesprochen? Und in wen investierst du Arbeit?"

Doch noch bevor Milo antworten konnte, wechselte das Gesprächsthema seine Richtung und plötzlich ging es nur noch um die Wildschweinfrage - doch vielleicht würde er Milo später noch einmal in einem ruhigeren Moment ansprechen.[2]
Die Frage nach der Jagd stellte sich für Victor gar nicht erst. Endlich eine Aufgabe, die ihn nicht in Gewissenskonflikte bringen würde, und etwas Abwechslung von der ewigen Frage, ob Siedler dieser Gegend gut tun würden oder nicht.
"Natürlich!" antwortete er daher auf Milos Frage, und man konnte beinahe eine Art jugendliche Begeisterung in dem sonst so nachdenklichen und mürrischen Victor erkennen - nur um dann sofort wieder durch Schumm auf den Boden geholt zu werden.

Konnte denn gar nichts einfach einmal einfach sein? Jetzt reichte es wirklich: Es war eine Sache, sich um die Kobolde, die Winzlinge und um Feenwesen zu sorgen. Aber ein Schwein? Noch dazu ein offenbar gewalttätiges? Was kam als nächstes? Dass sie im Kriechtempo laufen würden, nur um keinen Käfer zu zertreten?
"Warum? Weil es eine Herausforderung darstellt. Weil das Tier das Bein des alten Vekkel auf dem Gewissen hat und damit alles andere als unschuldig ist. Weil es auch in der Natur Jäger und Beute gibt - oder klagst du auch den Fuchs an, der ein Huhn reißt?"
An die anderen gewandt und mit fast flehentlicher Stimme fügte er hinzu:
"Lasst uns doch einmal etwas Spaß haben, bitte!?"
 1. Das würde ich dann OOC abhandeln; wir müssen ohnehin noch Ausrüstung verteilen.
 2. Hauptsächlich, um nicht parallel noch eine weitere Zeitebene im Rückblick einzuführen.
« Letzte Änderung: 06.11.2023, 23:13:27 von Victor Yevgenov »

Miloslav Illjitsch

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #766 am: 09.11.2023, 15:21:28 »
"Mut mit heißem Blut..." echote Milo, als sei er gerade zu nichts anderem instande als zu wiederholen, was andere Leute ihm predigen.

"Sehr leicht, ja... Was?" unterbrach er sich, als Victor ihn ansprach. "Nein, also mir geht's gut. Hab' nur so vor mich hingesprochen... Weil... Also... Nubnefer hat mir die Nacht alles mögliche an den Kopf geworfen... Zeitverschwendung hat er's genannt, mir den Kampf mit dem Säbel beibringen zu wollen! Ich soll doch bitteschön... nein, gefälligst!... meine Ambitionen ein wenig mehr an meinen tatsächlichen Stärken ausrichten... Tumbe Schläger habe er eh schon genug, sagt er, und zwar im Gegensatz zu mir solche, die zuschlagen können, dass die Erde zittert. Und wenn er also schon mit so einem Kerlchen... Kerlchen!... wie mir gestraft sei... gestraft, der Ärmste!... dann will er doch auch mal was neues ausprobieren. Was er mit seinen anderen Lehrlingen nicht machen kann. Weil sie zu tumb sind... zu viel Kraft, kein Saft für's Hirn übrig... Ein Experiment, nannte er mich! Darauf soll jemand eifersüchtig sein? Das behauptet er jedenfalls. Eifersüchtig seien seine restlichen Lehrlinge, weil er ach so viel Zeit und Arbeit in mich investiere, in sein... Experiment!"

An dieser Stelle stampfte er tatsächlich mit dem Fuß auf und sein Blick schlug Funken.

"Wobei, eines täte mich ja schon interessieren: wieviele Lehrlinge hat er wohl? Na, ich weiß nur eines: in den vergangenen drei Jahrtausenden waren es einer weniger als jetzt. Erst mit mir hat Nubnefer wieder die volle Anzahl beisammen, und deshalb sind die anderen es natürlich gewohnt, dass er mehr Zeit auf sie zu verteilen hat... pfff!"

Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder auf das Wildschwein-Problem konzentrieren konnte. Der Einwurf des Neuen verwirrte ihn.

"Was hast du gegen eine Wildschweinjagd? Wenn der Kerl nicht zu alt und zu zäh ist, können wir ihn danach wohl ausnehmen und unseren Proviant aufstocken. Außer, es handelt sich wieder um einen Fluch und der Kerl ist in echt ein alter Mann und zerfällt gleich zu Staub, sobald wir ihn erlegt haben. Was mich aber sehr beruhigt, das mit dem zu Staub zerfallen – so müssen wir keine Angst haben, versehentlich zu Kannibalen zu werden..."

Mit diesen Worten ging er neben den Wildschweinspuren in die Knie und versuchte die Richtung zu bestimmen, in welche das Tier sich gewandt hatte[1].

"Ich glaube, wir müssen in die Richtung", sagte er ein wenig zögerlich. Sein Blick ging Richtung Varis, auf Bestätigung hoffend.
 1. Survival = 13
« Letzte Änderung: 10.11.2023, 11:49:13 von Miloslav Illjitsch »

Lugeiros Veydria

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #767 am: 15.11.2023, 10:17:42 »
Lugeiros war erstaunt? Ernüchtert? Von der Realität eingeholt? Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass die Ältesten ihn genau davor gewarnt hatten und er hatte bis jetzt gedacht sie täuschen sich. Die Menschen sind nicht so ihn schlimm, sie sind anders, ja. Aber nicht so egoistisch und selbstherrlich. Die letzten Tage hatte doch gut funktioniert.

Aber das?

Er trat ein zwei Schritte zurück und atmete schwer. Er war sehr angespannt und sehr nervös. Seine schon sonst sehr hohe Stimme überschlug sich fast.

„Spass? Ihr tötet zum Spass? Das ist kein Spass! Nie! Es darf nicht zu Spass werden. Bitte. Nein! Ihr vergleicht euer Töten mit den Jägern der Natur, die zum Überleben töten. Oft nur Schwache und Kranke. Ihr wollte … ihr denkt, dass dieser Kreislauf des Lebens euch nichts angeht und ihr losziehen, könnt um zu morden? Ist es das, was euch Freude bereitet? …. Warum? Ich kann das nicht verstehen! Wenn es um Herausforderungen geht, dann bitte doch nicht um die pure Lust am Töten.“

Er trippelte ein wenig weiter und stand jetzt zwischen Milo und dessen ausgewählten Weg.

„Wenn es um Proviant geht oder Essen, besorge ich euch das. Aber eigentlich haben wir … ihr …. doch genug mitgenommen. Reicht das nicht? Muss es immer noch mehr sein? Und dann auf Kosen eines anderen Lebens? Wer gibt euch dazu das Recht? Das kann nicht gut sein und aus Bösem erwächst nur Böses. Das könnt ihr nicht wollen! Bitte!“

Er hatte die Hände in die Hüften gestemmt und sich zur vollen Größe aufgerichtet. Wenn diese Menschen aus Spass töten würden, da hatte keine Illusion, dann würden sie ihn auch ermorden, um an ihr Ziel zu gelangen. Aber er würde versuchen sie aufzuhalten.

E machte sich kampfbereit, den Kampfstab in Position. Er merkte wie das Blut in seine Ohren zu rauschen begann und sich die Sicht fokusierte, wie das Tier übernehmen wollte.

Die Ältesten mussten sich einfach irren. Vielleicht hatte er auch was falsch verstanden. Er hoffte es so sehr. Er hatte gedacht, mit dieser Gruppe dem Wald helfen zu können, nicht neue Verbrechen zu begehen. Warum war bei ihnen Schlitzzahn das Böse und nicht der alte Mann oder gar keiner? Wieso waren die Tiere immer schuld?

Er hatte eine Idee oder eine Hoffnung. Seine Körperhaltung veränderte sich und mit einem tiefen Atemzug versuchte er zu entspannen.

Lugeiros räusperte sich und versuchte ernst zu klingen und seine Nervosität zu verstecken. Er wollte sicher sein, dass das Folgende auch ernst genommen wurde, dass es kein Scherz war, sondern ein Schwur.

„Ich verspreche euch hiermit, dass ich euch mit all´ meinem Wissen und all´ meinen Fähigkeiten in euren Kämpfen gegen Banditen, Hirschkönige, Untote, Staubmonster und Dämonen helfen und unterstützen werde!“

Er schlug sich danach mit der rechten Faust auf die Brust.

„Aber bitte tötet nicht nur aus Spass, sondern nur wenn es wirklich notwendig ist. Und dann auch sauber und schnell und ohne unnötige Schmerzen!“ murmelte er viel leiser hinterher.


Miloslav Illjitsch

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #768 am: 15.11.2023, 11:46:38 »
"Du meinst wirklich, es kümmert den alten Eber, welche Gefühle ein jeder von uns empfindet, während wir ihn töten?" fragte Milo. "Und so wie du redest, könnte man meinen, es sei gut, Kranke und Schwache zu töten. Sieh, bei uns Menschen... und Elfen... und allem dazwischen... und ich denke, ich darf auch die Halblinge einfach mal so mit einschließen... da gelten Kranke und Schwache sogar als schützenswert. Zudem verschweigst du auch, wer zu den Schwachen zählt, die in der Natur so gerne von Raubtieren gejagt und gefressen werden: Jungtiere. Sollen wir uns also nach dem Vorbild der Natur richten? Andererleuts Kinder töten, bloß weil man Hunger hat? Nein, also da bin ich nicht deiner Meinung. Das sollte man doch lieber nicht tun.

Im übrigen töten auch Tiere aus Eifersucht. Und aus Habgier. Nimm einen der großen Affen. Der will das Weibchen von einem anderen haben, also haut er den erst einmal tot. Und dann haut er auch die Kinder des Vorgängers tot. Und das Weibchen nimmt er sich, ob sie ihn will oder nicht. Abermals: kein gutes Vorbild für uns, diese Natur, von der du sprichst.

Und wie bewertest du töten für Geld? Ist das verwerflich oder ganz natürlich? Schließlich benötigen die meisten von uns, die wir keine Tiere sind, Geld zum Überleben.

Aber zum Schluss argumentierst du gar, dass wir den Eber auch nicht töten sollen, um unseren Proviant aufzustocken. Wie? Wir dürfen also nicht töten, weil wir Hunger haben – das sei böse, wenn wir es tun, weil... nur Tiere dürfen das?"


So sprach ausgerechnet der, den noch keiner der Anwesenden ein Stück Fleisch hatte essen sehen, sondern lediglich Brot, Käse, Früchte, Kräuter...

"Tut mir leid, da misst du mit zweierlei Maß. Die Gründe und Zusammenhänge bei uns Nicht-Tieren sind nur komplexer, nicht weniger dringlich als bei den Tieren. Dazu ist deine Argumentation höchst inkonsequent."

Was er von dem seltsamen Schwur halten sollte, den der Fremde dann plötzlich herausstammelte, obwohl er alle Befürworter der Wildschweinjagd gerade erst als böse diffamiert hat, wusste Milo nicht, deshalb ließ er ihn unkommentiert. "Aber Quälerei liegt keinem von uns, in der Hinsicht brauchst du dich nicht zu sorgen."

Er stutzte kurz. "Wobei ich mich jetzt sorge, ob du mir nicht eines Nachts im Schlaf, sauber und schnell und ohne unnötige Schmerzen, die Kehle durchtrennst, weil du mich für böse hältst..."

Clarabella Grüntee

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #769 am: 16.11.2023, 16:20:03 »
Clarabella verfolgte den weiteren Wortwechsel mit gerunzelter Stirn. Mehrfach setzte die kleine Frau an: "Aber hört mal... könnte man nicht... wie wäre es denn, wenn..." Leider, leider waren die großen Leute mit einiger Leidenschaft in ihre Argumentiererei vertieft, und es fiel einfach nicht leicht, die allgemeine Aufmerksamkeit zu erringen, wenn man anderen allenfalls bis zur Hüfte reichte. Es sei denn, sie hätte schreien wollen, worauf die Klerikerin allerdings mit einem leichten Seufzen und einem Augenverdrehen verzichtete. Sie schonte für den Moment lieber ihre Stimme – was ihr sehr, sehr schwer fiel – und übte sich in Geduld. Endlich ergab sich eine Lücke im Gespräch, in die sie mit einem für ihre Verhältnisse lauten Räuspern eindrang. "Ähem – es gibt doch keinen Grund, sich zu streiten, mh?" meinte sie mit strahlendem Lächeln und einem Ton, der wohlwollend und mütterlich gewirkt hätte, wäre da nicht das winzige Faktum gewesen, dass sie so nahe an der Gruppe den Kopf in den Nacken legen musste, um zu den Streithähnen hinauf zu spähen.

"Seht mal, wir könnten uns doch erst einmal auf den Weg machen und schauen, wie es mit diesem Eber ist. An Ort und Stelle zu entscheiden, was zu tun ist, wird sicherlich auch noch ausreichen, meint ihr nicht auch?" Sie breitete die Hände in einer Geste aus, die alle einschloss. "Also ich persönlich darf wohl behaupten, dass ich neugierig bin, ob sich das Problem anderweitig lösen lässt – wenn unser neuer Begleiter einen Weg dazu weiß?" Sie blinzelte fragend in Lugeiros' Richtung. "Tja, und wenn das nicht fruchtet und wir uns ohnehin wehren müssen, wird bestimmt niemand widersprechen, dass es für beide Seiten das beste ist, wenn es schnell und ohne viele Schmerzen abläuft." Sie hatte schon Geschichten gehört, was ein gereizter weil verwundeter Eber anrichten konnte. Insofern fielen hier die Vermeidung von Grausamkeit und die Schonung der eigenen Gesundheit praktischerweise zusammen. "Damit könnten wir doch alle leben, oder?" erkundigte sie sich und tätschelte ihrem neuen Bekannten beruhigend das Knie. Dass ihr unwillkürlich ein köstliches Familienrezept für Schmorfleisch mit Zwiebeln eingefallen war und sie zu gern probieren würde, ob es sich auf Wildschwein übertragen ließe, nur im Fall der Fälle, verschwieg sie ihm lieber...
~ Never say die! ~

Varis Larenthanil

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #770 am: 16.11.2023, 17:32:52 »
Varis beobachtete die Landschaft und versuchte sich ein Bild von der Gegend zu machen. So weit war er ja beim letzten mal nicht vorgedrungen. Er beobachtete die Gruppe, denn er kannte ja einige der Mitreisenden noch nicht näher und als sie dann die Spuren des alten Wildschweins fanden, geschah genau das, was er befürchtet hatte.

"Es tut mir leid, Lugeiros, aber so sind sie. Sobald sie etwas sehen, was sich nicht fügt, wollen sie es töten. Sie dringen in den Lebensraum der Tiere ein und wenn diese es dann wagen, sich nicht zu verkriechen, dann nennen sie es Problem-Schwein oder Killer-Eber und schon haben sie einen Grund, es zu töten. Aber wir werden sie nicht ändern, aber ich werde daran auch nicht mitwirken. Ich wäre dafür, einfach weiter zu gehen, fürchte aber, dass sich diese Meinung nicht durchsetzen wird."

Er klang dabei nicht anklagend oder Vorwurfsvoll, eher resignierend. Er hatte es schon zu oft erlebt, um sich Illusionen über die Natur der Menschen zu machen. Aber das machte sie auch so erfolgreich, es war ihre Natur und die konnten auch seine Worte nicht ändern, da war Varis sicher. Also seufzte er und wartete ab. Er wollte sich nicht streiten, aber die seltsamen Begründungen für das Töten des Ebers wollte er nicht unkommentiert lassen.

Clarabella versuchte wieder, die Spannung der Situation mit ihrem Lächeln zu lösen. Ihr Vorschlag klang gut, allerdings war es der erste Schritt zum Ende des Ebers. Er zuckte mit den Schultern und seufzte noch einmal.

Victor Yevgenov

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #771 am: 16.11.2023, 22:24:47 »
Das Gespräch bewegte sich in eine Richtung, die Victor überhaupt nicht gefiel. Ja, das kleine Grüppchen, dass sich damals in Restov auf den Weg zu Olegs Handelsposten gemacht hatte, war immer schon heterogen gewesen, und es gab schon einige Momente, in denen die unterschiedlichen Ansichten der einzelnen Leute zu Spannungen geführt hatte. Doch jetzt drohte ein Riss durch die Gruppe zu gehen, der sich womöglich nicht mehr kitten ließ - und Victor war sich nicht sicher, ob es sich überhaupt lohnte, ihn zu kitten.

Doch was ihn wirklich ärgerte, was ihn sein ganzes Leben lang bereits zur Weißglut gebracht hatte, war es, wenn andere in seinem Beisein in der dritten Person über ihn sprachen, als sei er gar nicht da. Er war kurz davor zu explodieren, schaffte es aber immerhin, sich soweit zu beruhigen, dass sich seine Stimme nicht überschlug, als er Varis ansprach:
"Ich bin übrigens hier. Wir sind alle hier."
Er hatte mit einer ruhigen, fast sanften Stimme gesprochen und machte eine kurze Pause, bis Varis realisiert hatte, dass Victor mit ihm sprach.

"Ich kann mich noch erinnern, als wir uns kennenlernten, damals auf der Straße von Restov zum Grüngürtel. Du klangst damals gar nicht so moralisch wie jetzt, sprachst von deinen Künsten mit dem Bogen und dem Lesen von Tierfährten. Wozu, frage ich mich, folgt jemand Tierfährten, wenn er sie nicht jagen will? Und auch beim Kampf gegen die Banditen schienst du keine allzu großen Gewissensbisse zu haben. Sind nicht auch Banditen fühlende Wesen, die letztlich nur eine andere Auffassung von Eigentum haben als du und ich?

Letztlich jedoch haben wir beide den Auftrag der Schwertjunker angenommen, dieses Gebiet zur späteren Besiedlung zu erforschen und vorzubereiten. Was, dachtest du, beinhaltet diese Aufgabe? Denkst du, die Anwesenheit eines gewalttätigen Ebers ist vereinbar mit einem Bauernhof in der Nähe? Dir musste doch klar gewesen sein, dass zahllose Tiere und andere Waldbewohner nicht gerade kompatibel mit einer Besiedlung durch Menschen sind. Was hat dich denn dazu bewogen, diesen Auftrag anzunehmen?"


Victor war nicht laut geworden, sondern hatte weiter mit ruhiger, eher leiser Stimme gesprochen. Doch das Unverständnis, dass mit Varis jemand den moralischen Zeigefinger über ihn hielt, der in seinen Augen keinen Anspruch darauf erheben konnte, besser zu sein als er selbst, war ihm deutlich anzumerken.

"Ich behaupte nicht, dass ich moralische Ratschläge verteilen kann. Im Gegenteil, ich habe in die niedersten Abgründe der Menschen geblickt und mein eigenes Spiegelbild darin gesehen. Ihr wisst, dass ich aus Ustalav stamme, doch ich habe euch nie von meiner Jugend dort erzählt. Und ich werde auch jetzt nicht ins Detail gehen, doch ich habe gestohlen, ich habe Leute betrogen, Karrieren vernichtet, und das alles, um einen ruchlosen und gewalttätigen Mann zu Macht und Reichtum zu bringen. Nur eins habe ich nie getan, und zwar getötet - bis zu dem Tag, an dem mein Herr durch meine Hand fiel.
Aber lass mich erzählen, wie die Gesellschaft in Ustalav funktioniert: Die Adligen, die Reichen und Mächtigen lassen keine Gelegenheit aus, um sich durch Ränkespiele, Betrug und Gewalt einen Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten zu verschaffen. Allianzen sind kurzlebig und fragil, denn kaum hat man das gemeinsame Ziel erreicht, ist man schon wieder Konkurrent und stößt sich gegenseitig den Dolch in den Rücken.
Doch dreimal dürft ihr raten, wer die eigentlichen Leidtragenden dieses Spieles sind! Woher sollen wohl die Mittel kommen, um seinen Gegner zu überrumpeln, wenn sie nicht aus der eigenen Bevölkerung gepresst werden? In einer Gesellschaft, in der es nur um Machtspiele geht, wen bestraft und erniedrigt man wohl, wenn man selbst sich einem anderen beugen musste? Du kannst es sicher erraten. Und der Bauer, der in dieser Woche schon zum zweiten Mal ein Schwein von einem lachenden Edelmann aufgespießt und gestohlen bekam, an wem lässt der dann die aufgestaute Wut aus? Nun, er hat ja noch Frau und Kinder.

So ist das Leben in Ustalav, man könnte es einen Kreislauf der Natur nennen, wenn es nicht so makaber wäre. Doch seit ich dem Land den Rücken gekehrt habe, gebe ich mir Mühe, es besser zu machen, mich von den Sünden meiner Vergangenheit zu lösen.
Und nun kommst du, und wirfst mir Verdorbenheit vor, weil ich ein Schwein töten möchte, das nicht der wertvolle Besitz eines armen Bauern ist, sondern allen Aussagen nach ein bösartiges, gewalttätiges Monster.

Ich kann nur noch eins zu dir sagen, Varis Larentanil: Ich freue mich für dich, dass dies scheinbar das höchste Maß an Verderbtheit ist, dass du in deinem Leben kennengelernt hast: Dass Menschen sich gegen wilde Tiere wehren, die ihnen an den Kragen wollen. Und rate dir: Wenn du einmal in die Nähe von Ustalav kommen solltest: Mach einen weiten Bogen um das Land. Und das kann ich euch nur allen raten."

Miloslav Illjitsch

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #772 am: 17.11.2023, 09:58:14 »
Auch Milo ärgerte sich über die arrogante Rede des Elfen. Wie er sich selbst und allen Elfen hier moralische Überlegenheit andichtete. Überhaupt, von welchen "Menschen" redete er hier, davon gab es genau einen! Gut, wenn man Elfen in einem Wort zusammenfassen wollte, so war dies sicherlich "Arroganz". Elfen verkrochen sich lieber in ihrem Wald und taten nichts. Ließen niemanden rein, halfen niemanden.

Bei den Elfen, so hätte er dem Firbolg gerne erklärt, hätte man ihn gar nicht erst angehört, geschweige denn sich dazu herabgelassen, ihm zu helfen. Hau bloß ab, hätte man ihm gesagt, und nicht einmal ein Stück Brot oder Auffüllung des Wasserschlauchs angeboten. Soll er doch verhungern, wenn er nicht genug Proviant für Weg zur nächsten menschlichen Siedlung eingeplant hat! Elfen mögen keine Nicht-Elfen. Oder Halb-Elfen. Oder Elfen, die sich mit Nicht-Elfen eingelassen haben. Nein, willst du Hilfe haben, wende dich an Menschen. Oder unter Menschen Aufgewachsene. Da wirst du schon solche Dummbatzen finden, die mal eben alles stehen und liegen lassen, um irgendwelche spinnerten Gerüchte zu untersuchen, die du gehört haben willst und die dir Sorge bereiten.

Ob ich auch so geworden wäre, wenn die Elfen Mutter und den siebenjährigen Sohn damals nicht so grob abgewiesen hätten?

Nichts davon sprach er aus. Das hätte nichts dazu getan, die Situation zu retten. Man war mitten im Wald, man brauchte einander.

Ein praktisches Problem entstand allerdings aus Varis' unerwarteter Haltung.

"Elfen hingegen schweigen gerne stille bei der Besprechung, wohin sich die Gruppe als nächstes wenden solle. Sie lassen ihre nicht-elfischen Mitstreiter tagelang durch den Wald trapsen, um dann, am Zielort angekommen, zu verkünden, dass sie bei der Aufgabe, die es dort zu erledigen gilt, nicht helfen werden. Und das, obwohl sie der einzige unter uns sind, der sich mit Fährtenlesen und Wildschweinjagd auskennt."

Er holte seine Karte hervor und studierte sie kurz.

"Aber gut, dann lassen wir das Wildschwein Wildschwein sein. In dem Fall schlage ich vor, wir wenden uns nach Südwesten, erforschen das Waldgebiet hier, wenden uns danach aber nach Osten, erforschen die Ebene hier, dann nach Nordosten, um das Gebiet zu beiden Seiten des Flusses zu kartografieren, und dann sollten wir in schnellst möglichem Marschtempo am Waldrand entlang zu Olegs Handelsposten zurück[1], denn mein Proviant ist schon fast zur Hälfte aufgebraucht[2] und wir dürfen ja keine Tiere jagen. Oder wäre Fischen OK? Das könnte ich zur Not sogar selbst. Also zumindest theoretisch weiß ich, wie's geht, kann ja nicht so schwer sein. Ansonsten bleibt uns nur noch: Vorräte rationieren und sich auf Olegs Gulasch freuen!"
 1. Also links von E, dann E, Q, und über L und G zu Oleg zurück.
 2. Mehr Proviant als für 7 Tage kann Milo nicht schleppen, ist mir von der Char-Erschaffung noch im Kopf. Eine Nicht-Jagen Policy könnte unsere Bewegungsweite also ziemlich einschränken.
« Letzte Änderung: 17.11.2023, 10:04:55 von Miloslav Illjitsch »

Lugeiros Veydria

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #773 am: 18.11.2023, 11:17:06 »
Von der Reaktion war er mehr als überrascht. Vor allem von der von Milo. Diesem war er intellektuell-rhetorisch nicht gewachsen.

„Nein,….!“
...
„Ich wollte, … ich hab nicht …!“
„Aber so war das nicht….!“

Er war sehr verunsichert und wusste nicht was er antworten sollte. Er hatte nichts gegen das Jagen als Nahrungssuche gesagt oder es zumindest nicht gemeint.

„Nein, keine Kinder. So hab ich das nicht gemeint!“

Er kam sich so vor, als wäre alles was bisher weiß war jetzt schwarz.

„Ja, man muss doch essen. Aber das war doch nicht das Thema, oder?“

Claras Berührung bekam der Große nicht mit, sie aber spürte dass er zitterte.

Und wie kam Milo jetzt darauf, dass er sie umbringen wollte. Er hatte doch seine Hilfe angeboten…. Versprochen. Wieso verstanden sie ihn nicht? Waren Menschen so anders? Oder war er es, der hier nicht den Durchblick hatte? War er mehr ein Tier, das die Menschen auch verdrängen würden? War es so, dass die Gruppe den Auftrag hatten hier aufzuräumen? Davon wusste er nichts. Wollte er das? Sie hatten doch gesagt, dass sie ihm helfen wollten? Und jetzt? Sein Herz wurde schwer. Es fühlte sich richtig an, was er meinte, aber er hörte, dass es den anderen dabei nicht gut ging.

Dann sprach Varis zu ihm und damit hatte dieser den Unmut der beiden Menschen auf sich gezogen. Das hatte Schumm nicht gewollt, er wollte doch keinen Streit innerhalb der Gruppe auslösen. Varis hatte wohl zugesagt ihnen zu helfen und dieser Victor und Miloslav nannten ihn scheinheilig. Sie behauptete alle Elfen wären schlecht. Auch das fühlte sich falsch an, auch das hatten die Ältesten anders erzählt. Elfen waren auch anders und das durfte man doch, solange man niemand damit schadete. Die wenigen Filborgs die zu den Elfen Kontakt hatten, waren mindestens neutral behandelt worden, hatte er gehört.

Victor hatte seine Jugend kurz beschrieben. Sie machte Lugeiros traurig. So wuchsen Mensch also auf. Damit wurde einiges erklärbarer. Damit konnte man vieles nachvollziehen. Leichter machte es das nicht. Bei den Menschen ging es also immer nur ums Überleben?! Und das wohl auf Kosten von anderen?! Schwächeren?! Das war wirklich traurig. Man musste ihnen helfen, zumindest Milo und Victor. Vielleicht ließen sie es zu und konnten lernen, dass es auch Alternativen gab. Das man Zufriedenheit auf anderen Wegen erreichen konnte. Aus Liebe, Freundschaft, Gemeinschaft, Leben etc.

„Lass gut sein. Sie wissen es nicht besser. Wir müssen ihnen den Weg zeigen!“[1] sagte Lugeiros zu Varis.

„Stop! Bitte! Ich will keinen Streit! Ich will nur nicht, dass getötet wird, des Töten Willens. Aus Spass! Wir können jagen, für Fleisch und fischen und Beeren sammeln und Obst pflücken. Ich möchte doch nur, dass wir nicht alles horten, sammeln, zusammenraffen. Mehr als wir brauchen. Und auch der Eber kann dazu beitragen, euer Leben und eure Aufgabe zu erfüllen. Und ich möchte euch dabei helfen, wenn ihr mich noch lasst. Ich …. Finde es … nur komisch, den Eber zu töten, weil ein anderer euch dazu auffordert. Das fühlt sich komisch an. Und….. nein! Das zählt nicht für die Monster des Waldes. Drachen oder tollwütige Bären, alles was das Gleichgewicht stört, soll und muss getötet werden.“

Er atmete tief ein und hoffe dass er dieses Mal richtig verstanden wurde.

Damit würde er aus dem Weg treten und Milo andeuten sie zu führen, da er diese Papier hatte, diese Karte oder dass derjenige welcher auch immer die mehr als deutlich ersichtlichen Spuren des Ebers weiter folgen würde. Zumindest für ihn waren sie deutlich erkennbar.[2]
 1. in Sylvian gesprochen
 2. Survival-Probe 15

Victor Yevgenov

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #774 am: 18.11.2023, 14:00:17 »
Natürlich. Natürlich waren seine Worte die falschen gewesen. Er hatte nicht vorgehabt, Milo anzustacheln, wollte nicht noch mehr Unfrieden in der Gruppe säen. Es war irgendwie ironisch, dass er, der Zeit seines Lebens die Gabe beherrscht hatte, Menschen um den Finger zu wickeln, nun scheinbar nie die richtigen Worte finden konnte, wenn er keine Rolle spielte, sondern es Ernst meinte.

"Milo, ich ..." begann er, und stockte dann wieder. Was wollte er sagen? Dass gerade Milo, der doch bisher vordergründig eine solche Frohnatur darstellte, derart getroffen zu sein schien - wahrscheinlich war Victor nicht der Einzige, der den anderen Geheimnisse vorenthielt.
"Milo, ich wollte nicht noch mehr Unfrieden säen. Und Varis, es tut mir leid, meine Worte waren unbedacht. Wahrscheinlich ist es meine eigene Zerrissenheit, die vielen Entscheidungen, die hier getroffen werden müssen, die vielen moralischen Dilemmata. Ich sehne mich nach Einfachheit, einer Zeit, in der nicht jede Entscheidung, die man zu treffen hat, hochkomplexe Nebenwirkungen hat.

Helfen wir den Kobolden? Dann sterben womöglich Winzlinge, wenn nicht durch unsere Hand, dann durch die anderer Leute. Gehen wir gegen Wilderer vor, verdammen wir diese womöglich zu Armut und Hunger. Des einen Schurke ist des anderen Held.

Schumm, Varis, wie macht ihr das? Sicher gibt es auch unter Elfen und unter Firbolgs Verbrechen, oder herrscht in euren Völkern immer Einigkeit? Sicher gibt es auch im Tierreich solche, die brutal sind, aggressiv, die andere unterdrücken? Wie trefft ihr Entscheidungen, wem ihr helft und wem nicht? Oder haltet ihr euch einfach immer raus, so wie Milo das andeutete?
In den meisten Menschenreichen gibt es weise Männer und Frauen, manchmal werden sie Richter genannt, manchmal anders, die sich mit solchen Fragen beschäftigen. Mancherorts ist aufgeschrieben, was erlaubt ist und was nicht, andernorts gibt es unausgesprochene Absprachen. Und überall gibt es Strafen für diejenigen, die sich nicht an die Absprachen halten.
Hier sind wir nun irgendwie in die Rolle gestolpert, diese Regeln aufzustellen und ihre Einhaltung zu überwachen. Ich gebe zu, es ist keine Rolle, die mir behagt. Doch ohne uns sind es solche wie dieser Hirschkönig, die die Regeln aufstellen. Oder es sind diejenigen, die einfach Fallen im Wald auslegen, die darüber bestimmen, welche Tiere elendig verrecken.

Mein Vorschlag ist, dass wir den Spuren des Ebers folgen und selbst sehen, wie er sich verhält. Und sicher, wenn einer von euch mit dem Tier sprechen kann, so soll er das gerne tun. Aber wenn wir erkennen, dass er für seine Umgebung eine Gefahr darstellt, dann müssen wir auch so konsequent sein, über das Tier zu richten. Und zwar unabhängig davon, ob es in seiner Vergangenheit Unrecht erfahren hat. Die meisten Mörder unter den Menschen sind in ihrer Kindheit misshandelt worden. Bewahrt sie das vor Strafe?"
« Letzte Änderung: 18.11.2023, 14:01:27 von Victor Yevgenov »

Katharina

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #775 am: 18.11.2023, 18:44:16 »
Katharina hörte sich lange die Streitigkeiten zwischen den Männern an die zwischendurch doch einen sehr rauen Ton angenommen hatte, doch dann stand sie auf und stellt sich mitten zwischen die Männer "So haben die Jungs hier nun endlich ihren Streit beendet und geklärt wer hier der größte ist? Können wir uns nun wieder auf das wesentliche konzentrieren? Wir sind hier her gekommen um uns dieses Wildschwein an zu sehen und herauszufinden was an dem Wildschwein so besonders ist. Dazu müssen wir es aber zuerst finden und beobachten. Wenn wir die Möglichkeit haben mit dem Wildschwein zu reden macht das unsere Aufgabe nur um so leichter. Aber sollte sich herausstellen das es eine Gefahr für uns und alle in seiner Nähe darstellt, dann werden wir die Gefahr neutralisieren, genau wie wir es mit den Banditen gemacht haben. Aber zuerst müssen wir das Wildschwein finden und dann spontan entscheiden welche Optionen wir haben. Also holt jeder jetzt einmal tief Luft und dann konzentrieren wir uns wieder auf unseren Auftrag. Wir haben schließlich schon mehr wie genug Probleme, also müssen wir uns nicht selbst noch welche machen. Also Jungs jetzt packt eure Sachen und dann lasst uns weiter ziehen, Varis und Lugeiros ihr übernehmt die Führung und zeigt uns den Weg. Milo und Victor ihr sichert unseren Rücken, nicht das uns das Wildschwein doch noch von hinten überrascht. Clarabella und ich bleiben zwischen euch damit ihr euch nicht doch noch gegenseitig an die Kehle geht und wir halten die Flanken im Auge. Los jetzt, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit! Oder hat jemand doch noch Fragen?"[1]Ihr Ton wurde dabei immer strenger, aber stehts ruhig und die letzte Frage war rein rhetorisch und ließ eigentlich keinen Widerspruch zu.
 1. Überzeugen 15
« Letzte Änderung: 18.11.2023, 18:54:18 von Katharina »

Varis Larenthanil

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #776 am: 21.11.2023, 08:31:28 »
Da hatte er ja etwas los getreten, aber etwas nicht auszusprechen, nur weil es Widerspruch auslösen würde, war auch keine Lösung. Sie waren einfach sehr unterschiedlich und das würden sie bleiben.

"Nun, ich wollte weder streiten noch euch vorschreiben, was ihr tun sollt. Wir werden bei vielen Themen nicht alle einer Meinung sein und die Sicht auf die Welt unterschiedet sich einfach sehr stark zwischen den Völkern. Und es ist natürlich etwas anderes, ob gejagt wird, um zu überleben oder zum Spaß. Und nur weil einige, die zum Spaß jagen, ihre Beute danach auch Essen, bleibt es eine Jagd zum Spaß. Bei meinem Volk spricht man Dinge an, die unterschiedlich gesehen werden, denn wir finden es wichtig, die verschiedenen Meinungen zu sehen. Und das ist keine Sache, die nur die Männer betrifft. Aber genug davon, finden wir den Eber und dann sehen wir, was sich ergibt."

Er nickte Victor, Schumm und Miloslav einmal zu um deutlich zu machen, dass für ihn die Sache erledigt war.

Miloslav Illjitsch

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #777 am: 21.11.2023, 09:48:34 »
"Es gibt hier genau einen Menschen und einen Elfen, und diese beiden Individuen sind unterschiedlicher Meinung", entgegnete Milo. "Und es wäre schon viel geholfen, wenn man dieser Tatsache einfach ins Auge sehen würde und dazu steht, anstatt sich hinter ganzen Völkern zu verstecken. Es lässt sich der eigenen Stimme nicht einfach mehr Gewicht verleihen, indem man erklärt: alle Mitglieder meines Volkes sind ebenfalls meiner Meinung! Ich habe daher recht! Kennst du wirklich die Herzen eines jeden Elfens, hast du hineingeschaut, Varis, und weißt genau, was sie bei der Jagd empfinden? Also lasst uns in Zukunft doch einfach darauf beschränken, den Konflikt in unserer kleinen Gruppe zu lösen – ohne dabei einen Völkerstreit heraufzubeschwören. Wir sind sieben Leute mit sieben unterschiedlichen Meinungen, da ist es anstrengend genug, einen Kompromiss zu finden. Aber ganze Völker miteinander versöhnen zu wollen ist ein hoffnungsloses Unterfangen."

Nach diesen Worten ordnete Milo sich, Katharinas Anweisung folgend, in der Marschordnung hinten ein. (Wohin hätter er auch sonst wollen? Nach vorn zu dem seltsamen Neuling oder dem arroganten Elfen?)

Als der kleine Trupp sich dann endlich in Bewegung setzte, fiel ihm allerdings noch etwas auf. Das war ja höchst seltsam. Oder erinnerte Milo sich falsch? Er ging noch einmal ganz genau in Gedanken durch, was er vorhin gesagt hatte. Nein, er war sich sicher, er hatte diesen Gedanken nicht laut ausgesprochen, dass Elfen sich fein in ihrem Wald verkrochen und lieber gar nichts taten, lediglich moniert, dass dieser Elf hier geschwiegen hatte, als man bei Oleg beschloss, auf Wildschweinjagd zu gehen, und hier angekommen plötzlich nicht helfen wollte. Wie also kam Victor dann zu der Frage: "Oder haltet ihr euch einfach immer raus, so wie Milo das andeutete?"

Ein misstrauischer Blick ging in Victors Richtung. Konnte der Mann Gedanken lesen?

Oder hatte er bloß richtig geraten, was hinter Milos Stirn vorging, weil Milo eine ähnliche Meinung bereits einmal geäußert hatte, am Lagerfeuer abends, als Varis noch nicht wieder dazugestoßen war... Hm. Jetzt, wie er so darüber nachdachte... Ja, das könnte passen... Hatte Katharina ihn nicht eines Abends mal ein wenig ausgefragt, von welcher Seite er "es" denn hätte, der Mutter oder dem Vater? Bei welchem der beiden er aufgewachsen sei? In diesem Zusammenhang könnte Milo durchaus erwähnt haben, wie seine Mutter mit ihm, als er sieben Jahre alt war, den Vater verließ und in der eigenen Heimat Zuflucht suchen wollte, aber die Elfen hatten sich in ihrem Wald verschanzt und die Rückkehrerin nicht reingelassen... erst dreizehn Jahre später, und dann auch nur, weil sie ein kostbares Elfenrelikt gefunden hatte, doch der halbblütige Sohn war, das hatten sie klargestellt, auf keinen Fall willkommen, nein, diese Kreatur wollten sie niemals wiedersehen...

Ja, daraus konnte man sicherlich den Schluss ziehen, dass Milo keine hohe Meinung von Elfen hatte...

"Ich jedenfalls schäme mich meiner menschlichen Seite nicht", schnaubte er. "Es ist die umgänglichere der beiden."

Zunächst mit verkniffenem Gesicht marschierte er an Victors Seite, doch seine Miene hellte sich bald auf, bis er plötzlich sogar grinste.

"Ha, das wäre eine feine Entschuldigung für alles!" rief er aus. "So wird's gemacht. Wenn ich das nächste Mal irgendwas sage oder tu, das dir nicht passt, Victor, dann sag ich einfach: das war meine elfische Seite! Da kann ich nichts für! Elfen sind schließlich in dieser Sache immer anderer Meinung als Menschen!"

Er lachte. Dann schnitt er eine Grimasse. "Wobei es mich ja doch ärgert, bei dieser ganzen Völkerfrage, diesem ganzen: Elfen sind dies, Menschen sind das – wo bleiben wir da, Katharina und ich, die irgendwo dazwischen sind? Uns will keiner der beiden Seiten haben. Sollen wir uns in der Mitte auseinander reißen?"

« Letzte Änderung: 21.11.2023, 14:19:17 von Miloslav Illjitsch »

Victor Yevgenov

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #778 am: 21.11.2023, 15:01:33 »
"Mathematisch gesehen gibt es zwei Menschen und zwei Elfen - einen kompletten von jeder Sorte und dann nochmal jeweils zwei Halbe. Aber ich vermute, so würdest du das nicht sehen, Milo?"
Auch Victors Stimmung hatte sich wieder beruhigt, die Sonne auf ihrem Marsch tat ihres dazu. Wieso hatte er seine Heimat eigentlich immer als neblig und trüb in Erinnerung, obwohl das von der Realität gar nicht gedeckt war?

Was genau in Katharina gefahren war, verstand Victor allerdings immer noch nicht. Ja, es gab einen Streit, aber die Wortwechsel waren dennoch auf einer zivilisierten Ebene abgelaufen, und schließlich ging es um durchaus berechtigte moralische Fragen - das als Vergleich bestimmter männlicher Geschlechtsmerkmale abzutun, fand der Mensch ein wenig arg vereinfacht. Und positioniert hatte die Halbelfin sich auch nicht wirklich.

Er hatte auf eine Entgegnung verzichtet; wenn die Frau meinte, soviel besser zu sein als die dummen Männer, war dies nicht der beste Zeitpunkt, das auf die Probe zu stellen und weiteren Streit zu provozieren. Zurück in Olegs Handelsposten, soviel hatte Victor sich vorgenommen, würde er sich die Zeit nehmen, einmal tief durchzuatmen und über seinen momentanen Lebensweg nachzudenken. So zerstritten, wie ihre kleine Gruppe gerade war, war er nicht besonders hoffnungsvoll, dass sie hier irgendetwas Produktives erreichen würden.

Nun waren sie immerhin wieder unterwegs, und die Position am hinteren Ende der Gruppe fand Victor recht entspannend, musste er doch keine Energie aufwenden, um den richtigen Weg zu finden. So konnte er sich etwas vertiefter mit Milo unterhalten, und bald lagen einige Meter zwischen ihnen und den vor ihnen Laufenden.

"Die Antwort hast du dir doch schon selbst gegeben: Wo bleibt das Individuum, wenn wir uns ausschließlich über unser Menschsein, unser Elfsein oder unser Halbsein definieren? Und was solle Clarabella dann machen? Du bist immerhin noch halb Mensch, halb Elf. Nach der gleichen Logik ist sie halb Mensch, halb Ling - aber hast du schon einmal einen Ling getroffen? Woher soll sie wissen, wie die sich zu verhalten haben? Und überhaupt, was wären deine Kinder, wenn du sie mit einer Menschenfrau zeugst? Viertelelfen? Und mit einer Elfin dann ein Dreiviertelelf? Dabei fällt mir ein, wie spät ist es eigentlich?"
Victor kicherte über seinen eigenen Scherz, und merkte erst dann, wie lang es her gewesen sein musste, als er das letzte Mal derart albern war. Sicherlich noch, bevor er nach Brevoy gekommen war, noch bevor die Sache mit Bolibar passiert war.

"Ich jedenfalls habe unter den Menschen alle Ausprägungen erlebt: Von brutalen Sadisten bis zu tugendhaften und wirklich freundlichen Menschen gibt es alle Schattierungen. Zumindest bei den Menschen führt es in eine Sackgasse, sie alle über einen Kamm zu scheren. Und auch wenn ich nicht besonders viel Erfahrung mit anderen Völkern habe, bin ich doch überzeugt, dass es dort ebenso ist. Warum? Weil sie alle einen freien Willen haben. Da wird es immer unterschiedliche Meinungen geben. Sicherlich ist ein Teil meiner Einstellungen von meiner Herkunft, meiner Erziehung geprägt. Aber ich zumindest habe mich aus eigenem Willen entschlossen, meine Vergangenheit hinter mir zu lassen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es bei den Elfen, den Firbolgs und anderen nicht auch Individuen gibt, die das gesamte Spektrum an Meinungen vertreten."

Dann jedoch reichte es auch ihm, über dieses leidige "Mein Volk - Dein Volk" Thema noch länger zu sprechen.

"Was ist denn deine Geschichte, Milo? Man hört heraus, dass du den Elfen - immerhin einem Teil deiner Abstammung - nicht allzu wohlgesonnen bist. Was ist passiert? Oder willst du lieber nicht drüber reden?"

Miloslav Illjitsch

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[IC] Kapitel 1: Geraubtes Land
« Antwort #779 am: 21.11.2023, 16:32:32 »
"Du hast den Fall vergessen, dass ich Kinder mit einer Halbelfe zeuge, was wären die dann? Jeweils eines ein ganzer Mensch, das nächste ein ganzer Elf, und immer so abwechselnd?" überlegte Milo, nicht weniger albern. "Aber bei den Halblingen irrst du. Da bezieht sich das halb nämlich auf die Größe, nicht auf eine gemischte Abstammung. Wenn ich das richtig verstehe, nennen sie selbst sich auch ganz anders, aber was sollen sie dagegen tun, wenn der gesamte Rest der Welt, mit Ausnahme der Gnome vielleicht, sie nun einmal gern die "Halbhohen" nennt? Es wäre ein hoffnungsloses Unterfangen, den Rest der Welt davon abzubringen, und so müssen sie wohl gute Miene zum Spiel der Spötter machen."

Nach seiner Geschichte gefragt, zuckte Milo mit den Achseln. "Ach, du würdest mich auslachen, nachdem was du aus deiner Heimat erzählt hast. Aber ich war ein Kind damals. Und Kinder nehmen derlei Kränkungen schwer. Aber das Leben war gut in Osirion, ich möchte es nicht eintauschen gegen ebensoviele Jahre im Elfenwald! Und mein Vater, wenn ich ehrlich bin, hat mir keinen wesentlich freundlicheren Empfang geboten, als ich ihn nach so langer Zeit aufsuchte. Dachte tatsächlich, ich wolle irgendwelche Ansprüche geltend machen, auf Titel oder Erbe. Aber weißt du was, beide Vorfälle liegen in der Vergangenheit, der eine 27 Jahre, der andere ein paar Wochen. Gleich sollten mir beide sein. An die Zukunft sollte ich lieber denken, da gibt es genug zu tun. Da hat mein Meister mir ja gerade ins Gewissen geredet und mir gesagt, ich bräuchte einen neuen Plan, beim alten wolle er mir nicht weiter helfen."

Milo seufzte schwer. "Es ist ja nicht so, dass er nicht recht hätte mit seinem Hinweis, wie denkbar ungeeignet ich zum Schwertkampf sei. Aber ob mir sein Gegenvorschlag gefällt, das weiß ich noch nicht... Sieh, er meinte, ich solle es doch so machen wie er: mir ein kleines Helferlein an die Seite rufen. Wäre das wirklich besser? Ein Schwertkämpfer bin ich nicht, aber auch kein Djinn! Wäre es nicht genauso lächerlich für mich zu versuchen, Lehrlinge um mich zu scharen, so wie er es tut? Wer bin ich denn? Wer würde mir folgen wollen? Das sei nicht schwer, behauptet er. Ja, wenn man Nubnefer Amenemhet Efni Senaaib Sahathor Amenophis hotep-Re heißt, dann vielleicht! Einem solchen mangelt es zu keiner Zeit an Dummköpfen auf dieser Welt, die seinen Namen rufen, sich vor ihm in den Staub werfen und flehen: bitte, bitte, nimm mich als dein Lehrling auf! Gern will ich dir dienen, mit Leib und Seele, wenn du mich nur ganz fein mächtig machst!"

Milo erschrak. Das war vielleicht keine vorteilhafte Darstellung von Nubnefers Lehrlingen, von denen er selbst ja einer war... Was sollte Victor da von ihm denken!

"Also, bei mir war das anders. Ich bin völlig zufällig über ihn gestolpert... in einer Notlage... ich hatte keine Wahl..." stotterte Milo errötend. "Aber im Ernst: wer würde mir schon folgen wollen? Wer den Namen Miloslav Illjitsch Orlovsky anrufen, oh Meister, bitte erhöre mich!

Wobei, so wie Nubnefer die Sache formulierte, also ähm, ich musste da gleich an Perlivash denken."


Nubnefers genaue Worte – Such dir doch auch so einen bunten Vogel, wie du selbst einer bist! – verschwieg Milo lieber. (Das hatte man davon, dass man stets in seinem besten Gewand vor den Lehrmeister trat, nicht in seiner gar nicht so bunten Alltagskleidung.) Oder etwas, das alles ist, was du nicht bist. Zum Beispiel furchteinflößend...

"Es möge doch bitte jemand sein, der uns bei der Erkundung dieser Gegend helfen könne... der bei den anderen Kreaturen hier bekannt und halbwegs beliebt sei oder als neutral anerkannt würde... der vermitteln könnte, wo wir alleine nicht weiterkämen..." Oder jemand, der alle einschüchtern konnte, so die vorgeschlagene Alternative, aber die gefiel Milo gar nicht. Einen kleinen Dämon oder ein Teufelchen wollte er nicht auf der Schulter sitzen haben, der ihm irgendwas einflüstern wollte – wie konnte der Meister nur so etwas vorschlagen?

"Also so für sich genommen klingt die Idee ja wirklich nicht schlecht, nur stelle ich mir das nicht so einfach vor, einen solchen Gefährten zu finden. Perlivash wird wohl kaum von seiner Freundin Tyg-Titter-Tut fort wollen, aber vielleicht kennt er jemanden, der einen Freund sucht? Der noch etwas lernen muss und es bei mir vielleicht könnte? Mir wäre es nämlich schon wichtig, dass ich eine freundliche Kreatur fände, wenn es denn schon sein muss. Deshalb würde ich auf dem Rückweg zu Oleg tatsächlich gerne bei Perlivash vorbeischauen und ihn fragen. Ja, das ist zumindest mal ein Plan! Hoffentlich kann ich genügend der anderen zu dieser Route überreden, sonst muss ich halt noch einmal allein los... so weit weg war's ja nicht von Oleg, das Feennest..."

Zum Schluss schien Milo wieder mehr mit sich selbst zu beratschlagen, als tatsächlich mit Victor zu reden. Als ihm das selbst auffiel, klappte er den Mund zu, schluckte ein paarmal, und wechselte dann ungeschickt das Thema: "Und, was sind deine Pläne hier in den Raublanden, Victor?"
« Letzte Änderung: 21.11.2023, 18:05:13 von Miloslav Illjitsch »

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