Es war immer noch Vormittag, als die Dreiergruppe das Anwesen von Fahrenbachs erreichte - sie konnten es auch kaum verfehlen: Im Hochquartier, ohnehin schon Heimat der Adligen und der Reichen, gab es wohl kaum ein anderes Haus, das größer und prächtiger gewesen wäre als das seinige. Die Gerüchte, die sie bisher über die Macht und den Einfluss von Fahrenbachs gehört hatten, waren wohl nicht übertrieben gewesen, denn hier lebte nicht nur jemand, der offensichtlich reich war, sondern auch jemand, der sich nicht zu schade war, dies auch zu zeigen, ungeachtet der sonst in der eisenländischen Oberschicht eher verbreiteten zumindest nach außen aufgetragenen Bescheidenheit.
Trotz der Lage mitten in der Stadt war dies hier nicht nur ein wenn auch luxuriöses Stadthaus, sondern eine ganze Anlage inmitten eines akkurat angelegten und gepflegten Gartens, ja eigentlich Parks. Der Klingelzug, den Louis betätigte, befand sich neben einem massiven Eisentor, das den Eintritt in diesen Park versperrte, und erst nach einem kurzen, aber von Louis überzeugend geführten Wortgefecht konnten die drei die Anlage betreten.
Während Katharina, Friedrich und Louis von einem Lakaien durch den Park in Richtung des Haupthauses geführt wurden, erkannte der Montaigner (mit unfreiwilliger Anerkennung), dass die Anlage mit ihren Grünflächen, Wegen und Wasserspielen stark an montaignische Schlossparks angelehnt war. Überall waren Angestellte unterwegs, schnitten hier eine Hecke oder bepflanzten dort eine Lücke in einem Beet - von Fahrenbach musste ein Vermögen allein für den Erhalt dieser Parkanlage ausgeben. Außer dem Haupthaus gab es im Garten noch mehrere weitere Gebäude, von denen eins als Kapelle zu erkennen war, andere mochten Gästehäuser sein, oder womöglich (Louis schoss der Gedanke durch den Kopf, den er sogleich zu verdrängen suchte) traf sich der Hausherr dort mit manchen seiner weiblichen Angestellten?
Am Haus angekommen, führte der Livrierte die Gäste direkt in einen Empfangssalon, wo sie einige Zeit hatten, sich die Einrichtung anzusehen, die Louis ebenfalls an montaignische Schlösser erinnerte - während Louis und vor allem Katharina zwischen Abscheu ob des zur Schau gestellten Reichtums und Belustigung schwankten. Katharina widmete einige Zeit der Inspektion der Marmorstatue eines Nackedeis und musste sich fragen, ob der Hausherr hiermit wohl etwas kompensieren wollte, während Friedrich verzweifelt versuchte, Anzeichen eines Bücherregals oder irgendetwas anderem zu finden, was auf Bildung hindeutete, doch neben Gemälden, Statuen, Sitzmobiliar und anderem, wenn auch prächtigen Tinnef, gab er schließlich enttäuscht auf und nahm auf einem der Canapes Platz.
Schließlich, nach einer Zeit, die genau berechnet war, um den Gästen zu vermitteln, dass ihr unerhörtes Eindringen als Frechheit aufgefasst wurde, während sie dennoch gerade noch den Höflichkeitsrahmen einem Adligen gegenüber einhielt, trat der Hausherr ein, gefolgt von zwei weiteren livrierten Dienern, die jedoch eher den Eindruck erweckten, als wären sie nicht wegen ihrer makellosen Manieren angestellt, sondern vielmehr um unangenehme und gegebenenfalls auch nicht ganz astreine Dinge zu erledigen, die vor allem Muskeln und einen üblen Charakter verlangten.
Von Fahrenbach grüßte seine Gäste mit einem knappen Kopfnicken, wobei er Katharina ausführlich musterte, was einem Ehrenmann mit Sicherheit nicht würdig war.
"Guten Tag." begann er mit einem Lächeln, das sich nicht auf die Augen erstreckte. "Meinen Namen kennen Sie ja bereits, da Sie mich aufsuchen. Ich die Ihrigen nicht. Ich muss gestehen, ich war versucht, Sie hier hochkant wieder herauswerfen zu lassen, doch die Neugier, was einen montaignischen Adligen in ungewöhnlicher Begleitung zu mir führt, hat mich dann doch nicht losgelassen. Also dann: Zeit ist Geld, wie die Vesten sagen, oder besser Tijd is Geld. Was führt Sie her? Doch hoffentlich keine Bittstellerei?"