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Autor Thema: Kapitel 3: Freiburg  (Gelesen 11448 mal)

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Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #270 am: 18.02.2023, 15:08:34 »
Sein Gegenüber musterte Louis eine Weile schweigsam und schien darüber nachzudenken, wie er auf die Vorwürfe reagieren sollte. Dann schien er zu einer Entscheidung gekommen zu sein, denn er winkte mit einer knappen Handbewegung einen der beiden Schläger zu sich heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr, woraufhin dieser den Raum verließ.

"Nun, Monsieur! Ihr scheint sehr entschlossen, mein Haus nicht ohne eine Antwort zu verlassen. Und da ich ein Freund zivilisierter Gespräche bin, und Eure Freundin hier eher wirkt, als wäre sie das nicht, werde ich Euch Eure Frage beantworten. Mehr noch, aber habt einen Moment Geduld."
Es folgte eine kurze Periode des Schweigens, und gerade als Louis nachhaken wollte, wann von Fahrenbach sich nun endlich erklären wolle, öffnete sich die Tür erneut und eine junge Frau trat ein, gefolgt von dem Schläger, der sie geholt hatte.

Die Frau war ungefähr in Jelenas Alter, und mit etwas Willen konnte man eine leichte Ähnlichkeit zu ihrer verstorbenen Gefährtin erkennen; mindestens jedoch eine gewisse ostthéanische Exotik. Die junge Frau trug allerdings keinesfalls die aufreizende Kleidung, wie man sie bei den Damen eines gewissen Gewerbes erwarten würde, sondern eine bequeme und pragmatische Alltagskleidung, wie sie Frauen mittleren Standes trugen, die weder der täglichen Plackerei der Unterschicht ausgesetzt waren, noch dem Druck der reichen Damen, dem jeweils neuesten Modetrend folgen zu müssen.

"Darf ich vorstellen, meine Dame, meine Herren: Dies ist Valerija, eine meiner persönlichen Assistentinnen. Sie ist die einzige Valerija, die ich kenne, und sollte es diejenige sein, die Sie suchen, so dürft Ihr gewiss sein, dass sie keineswegs irgendwelchen Ungeheuerlichkeiten ausgesetzt ist. Nicht wahr, meine Liebe?"
Die Angesprochene zeigte ihr schönstes Lächeln und offenbarte dabei ein makelloses Gebiss, bevor sie selbstbewusst antwortete: "Ungeheuerlichkeiten, mein Baron? Es tut mir leid, aber ich kann nicht ganz folgen."

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #271 am: 21.02.2023, 16:39:20 »
Mit einer hochgezogenen Augenbraue beobachtete Louis das Tun des Hausherrn. "Je suis désolé, Monsieur," erwiderte er mit der Andeutung einer Verbeugung, "doch meine Ehre macht es mir unmögliesch zu gehen, ohne dass diese affaire geklärt wurde." Er fasste sich mühsam in Geduld, trommelte aber mit den Fingern auf den Knauf seines Degens, während sie warten mussten. Die junge Frau, die man ihnen vorführte, musterte er zunächst mit mildem Interesse, schien ihre Kleidung sie doch einem Stand zuzuordnen, der sie allenfalls zu einer Dienerin oder Assistentin für einen Kaufmann oder dergleichen machen könnte. Fahrenbachs Erklärungen allerdings ließen den Montaigner stehen wie vom Donner gerührt. Nun wanderten beide Augenbrauen in die Höhe, und zwar bis unter den Ansatz seines sorgsam ondulierten Haars.

"Mademoiselle sind..?! Aber das iest... das kann niescht..!" Eingehend musterte er die angebliche Valerija, suchte die Züge Jelenas in ihr wiederzuerkennen. Dann zupfte er heftig an seinem Spitzbart, ließ den Blick verblüfft zu seinen Kameraden wandern und brachte endlich heraus: "Aber wenn dem so wäre, und Mademoiselle iest wirkliesch... iesch meine, wir 'aben gänzliesch anderslautende Informationen." Schließlich warf er in einer Geste von Verärgerung – oder auch Verzweiflung – die Arme in die Luft und brummte: "Parbleu, iesch weiß niescht, was iesch glauben soll! 'abt Ihr eine Beweis dafür, dass Ihr mit Mademoiselle Schelena verwandt seid?" Der Musketier schien derart perplex, dass er für den Moment keine Worte fand. Auf alle Eventualitäten inklusive eines hitzigen Gefechts gefasst, sah er sich offenbar vor einer völlig unerwarteten Parade seines Kontrahenten.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #272 am: 23.02.2023, 23:12:56 »
Bei der Erwähnung des Namens 'Jelena' meinte Louis, kurz einen Ausdruck von Schmerz auf dem Gesicht der jungen Frau bemerkt zu haben. Dann jedoch fasste sie sich und blickte kurz zu von Fahrenbach, bevor sie den Mund öffnete: "Ihr kennt meine Cousine? Ist sie hier? Wie geht es ihr?"

Dann wurde ihr jedoch von ihrem Herrn das Wort abgeschnitten. "Nun, damit sollte das geklärt sein. Ihr seht also, es gibt keinen Grund zur Beunruhigung. Der Dame, die ihr suchtet, geht es hervorragend, womit der Zweck eures Besuches wohl erfüllt ist. Oder gibt es sonst noch etwas, was ich für euch tun kann?" fragte er mit einem schneidenden Unterton in der Stimme.

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #273 am: 03.03.2023, 14:46:48 »
Louis' Blick huschte zwischen Fahrenbach und der jungen Frau hin und her. Sichtlich verärgert zwirbelte er seinen Schnurrbart und erwiderte auf die Frage des Mannes: "Wenn dem so iest, muss iesch eine Ausdruck für meine tiefste Zerknirschung verlei'en, Monsieur – denn dann 'at man uns falsch informiert." Wer ihn genauer kannte, würde am Trommeln seiner Finger auf dem Degenknauf erkennen, dass er mitnichten zerknirscht war, sondern fast vor Wut darüber platzte, sich entschuldigen zu müssen, und sei es auch nur in Andeutungen.

An die Frau gewendet, die ihnen als Valerija vorgestellt worden war, meinte der Musketier mit einer kleinen Verbeugung: "Bedauerliescherweise können wir Eusch keine sehr gute Nachriescht überbringen, Mademoiselle. Je regrette, sie iest zwar 'ier, aber es geht ihr niescht sonderliesch gut. Doch möchte iesch Eusch niescht über die Gebühr beunru'igen – Euer... Dienst'err iest sehr um Euren Seelenfrieden besorgt, will mir scheinen. Mademoiselle – Monsieur... iesch denke, wir werden uns verabschieden." Womit er die Haken zusammenschlug und sich vor Valerija verbeugte, ihr dabei allerdings verstohlen einen Wink gab. Er hatte ihre Reaktion auf seine vage Andeutung über Jelenas Schicksal sehr aufmerksam beobachtet und hoffte nun, dass sie ebenfalls achtsam wäre.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #274 am: 05.03.2023, 19:09:28 »
Auch wenn Valerija nach außen hin kühl zu reagieren schien, fiel Louis eine gewisse Blutleere im Gesicht auf, als er davon sprach, dass es Jelena nicht gut ging.
"Ich bin sicher, Jelena wird überwinden, was immer ihr widerfahren ist. Sie war immer schon eine starke Persönlichkeit. Leider bin ich hier jeden Tag sehr beansprucht, und werde wohl kaum die Zeit finden, mich mit ihr zu treffen. Aber bitte, richtet ihr meine besten Wünsche aus."
Es war nur ein leichter Augenaufschlag während der Worte 'jeden Tag', der Louis und den anderen fast entgangen wäre, doch es schien ihnen, als ob die Frau ihnen damit etwas mitteilen wollte.

Nun war es allerdings an der Zeit, das Anwesen wieder zu verlassen. Irgendwelche Verhandlungen über das Abstimmverhalten von Fahrenbachs im Rat schienen kaum fruchtbar zu sein, solange sie ihm nicht irgendwelche Angebote machen konnten oder Druckmittel gegen ihn fanden. Und ihr Gastgeber war offensichtlich nicht gewillt, das Gespräch fortzusetzen.

Als sie das Anwesen verließen, war es immer noch früh am Tage, und erneut mussten sie entscheiden, welche Schritte sie nun unternehmen wollten, um ihrem Ziel näher zu kommen.

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #275 am: 08.03.2023, 09:05:56 »
Die Verabschiedung gestaltete Louis für seine Verhältnisse äußerst knapp, wenn er auch weder die leichte Verbeugung gegen Fahrenbach noch die galantere Version gegenüber Valerija vermissen ließ. "Es iest 'öchst bedauerliesch, Mademoiselle, dass wir unsere Gespräch niescht fortsetzen können, doch auch uns ruft die Pfliescht. Aber seht niescht schwarz, es gibt immer 'offnung, selbst in der finstersten Nacht" meinte er mit einem neuerlichen leichten Zwinkern bei seinen letzten Worten.

Nachdem man das Anwesen verlassen hatte, lenkte er seine Schritte zunächst in eine ruhigere Gasse, in der man sich ohne Ohrenzeugen unterhalten konnte. "Alors, mes amis, es scheint mir klar, dass Mademoiselle niescht wagt, offen zu spreschen, jedenfalls in die Gegenwart von Monsieur de Fahrenbach. Wir sollten die Anwesen 'eute Nacht unter Beobachtung alten – es könnte siesch eine interessante Gelegen'eit ergeben, meint Ihr niescht auch?"

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #276 am: 11.03.2023, 15:42:42 »
Da der Tag noch jung war und sonst gerade nichts anstand, entschieden sich die drei, dem letzten Vorschlag ihres ehemaligen Auftraggebers nachzugehen und sich den Händlern und Handwerkern anzunähern. Da sie das Handelsviertel bereits kannten und ein mittäglicher Besuch auf dem Markt allen als nicht die schlechteste Idee erschien, beschlossen sie, dort anzusetzen. Womöglich gab es dort auch noch die Möglichkeit, sich die Gaststätte etwas näher anzusehen, in der ihre Freunde Opfer eines Angriffes geworden waren.

So kamen sie also kurze Zeit später auf dem Marktplatz ab und beobachteten das lebhafte Treiben einige Augenblicke, bevor sie sich ihre nächsten Schritte überlegten.

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #277 am: 21.03.2023, 19:57:12 »
Louis fasste den Anschlag auf die Gaststätte nicht nur als eine beklagenswerte Tragödie für die Toten und Verwundeten, sondern auch als bösen Affront gegen sich auf, hatte er Jelena doch als unter seinem persönlichen Schutz stehend betrachtet, von le baron ganz zu schweigen. Daher schlug der Montaigner vor, sich in den Überresten des Gebäudes umzusehen. Dabei konnte er allerdings nur schwer verbergen, dass seine Musketierehre einen ganz wesentlichen Beweggrund für seinen Eifer darstellte. Es war offenkundig, dass seine Meisterschaft im Umgang mit der Klinge liegen mochte – ein begnadeter Schauspieler war Louis hingegen nicht. Den Zorn über einen Gegner, der sich nicht zum offenen, ehrlichen Kampf stellte, sondern aus dem Hinterhalt angriff – über eine solch unglaubliche Impertinenz – konnte man deutlich an seiner Miene ablesen.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #278 am: 25.03.2023, 00:28:15 »
Ihr Gasthaus war nicht allzu weit vom Marktplatz entfernt gewesen, daher hatte keiner der anderen etwas gegen Louis' Vorschlag einzuwenden. Seit dem Angriff und dem darauf folgenden Brand war jedoch einiges passiert. Die Leichen, die am Tage des Turniers noch die Straßen gepflastert hatten, waren weggeschafft worden, und eine provisorische Absperrung um die Ruinen des Gasthofs errichtet worden. Die Mauern des Gebäudes standen noch, doch der Dachstuhl war komplett zerstört worden, überall schwärzte Ruß die Überreste des Hauses.

Ein Soldat stand etwas verloren vor der Absperrung und schien dafür zu sorgen, dass niemand widerrechtlich das Gebäude betrat.

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