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Autor Thema: Kapitel 3: Freiburg  (Gelesen 20183 mal)

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Erich Janina Graustein

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #135 am: 09.02.2022, 09:46:57 »
Erich schaute die Frau an und meinte dann "Vielen Dank, du hast getan was du konntest. Ohne dich wäre unser Freund jetzt schon nicht mehr am Leben. Ja eine Trage wäre sehr hilfreich, wir kümmern uns dann um den Rest. Wir werden unseren Freund so schnell und so schonend wie möglich ins Krankenhaus bringen"

Erich nahm dann die Trage und legte den Körper von Tristan vorsichtig auf die Trage. Für Erich war es zum Glück kein Problem den schmalen Tristan an zu heben. Danach blicke er zu Louis "Bist du bereit? Kannst du vorne anheben? Ich nehme hinten. Und dann so schnell wie möglich ab zum Krankenhaus."
« Letzte Änderung: 09.02.2022, 09:47:38 von Erich Janina Graustein »

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #136 am: 09.02.2022, 09:54:11 »
"D'accord" stimmte der Montaigner dem Vorschlag der Frau zu und wandte sich an die Gefährten. "Ihr 'abt rescht, le tournoi iest ohne'in perdue." Was ihn maßlos zu ärgern schien, konnte man Erich doch nun nicht mehr auf ehrenhafte Weise zum Finale antreten lassen, sondern musste sich wie eine Bande 'alunken aus dem Wettkampf stehlen! Dennoch sah der Musketier wohl die Dringlichkeit der Sache ein, denn er ließ seinen Blick über das Chaos schweifen, das von dem Brand angerichtet worden war, und brummte schließlich unhörbar für entfernter Stehende: "Also lasst uns le baron schnell zu eine docteur bringen. Und dann werden wir uns kümmern um diese Monsieur Jagmande... iesch bin gespannt, was er zu sagen 'at."
« Letzte Änderung: 09.02.2022, 09:56:42 von Louis de Fromage Puant »

Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #137 am: 17.02.2022, 05:16:55 »
Noch immer konnte Friedrich nicht glauben, was passiert war. Die letzten Minuten waren für ihn wie ein Albtraum gewesen, aus dem er nicht mehr hatte aufwachen können. Wie ein gut geölter Mechanismus, einer Maschine gleich, hatte er den Leuten geholfen, die sich hatten retten können. Nun stand er einfach da, körperlich anwesend, aber geistig weit entfernt. Jelena und Hanna. Beide tot. Er konnte es immer noch nicht fassen, aber ihre Leichen hatten sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Ein Bild, welches er nie vergessen konnte. Friedrich ballte seine Hände zu Fäusten. Er konnte Louis Wut gut verstehen, fühlte er doch genauso. Wenn er diejenigen in die Finger kriegen würde, die das getan hatten... er wüsste nicht, was er tun würde, aber sicher war, dass es nicht angenehm werden würde.
Er brauchte Zeit, das gerade Erlebte zu verarbeiten. Nach viel zu langer Zeit brach er aus seinem geistigen Gefängnis aus und bewegte sich wieder. Hier herumzustehen oder zu trauern würde niemandem helfen. Tristan war verletzt und zumindest er konnte noch gerettet werden. Das musste nun die Priorität sein. Ohne viele Worte setzte sich der Kreuzritter wieder in Bewegung. Erst als er die Trage gegriffen hatte, sah er Erich und Louis ernst an. "Sie werden dafür büßen.", versprach er leise. "Aber ihr habt recht. Helfen wir dem Baron, denn ihn können wir noch retten." Und danach würden sie sich um diesen Werner Jagemann kümmern. Vielleicht war er nur zu einem falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen. Wenn er allerdings auch nur ansatzweise mit dem Tod dieser Leute in Verbindung stand, dann Gnade ihm Gott.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #138 am: 17.02.2022, 23:56:10 »
Nach kurzer Zeit wurde den dreien eine Trage zur Verfügung gestellt und unter Aufsicht der Frau hoben sie den Baron darauf. Sie sorgte noch dafür, dass er mit Schnüren daran fixiert wurde und gab den Männern ein paar Hinweise, wie sie für einen möglichst ruckelfreien Transport sorgen konnten, dann kümmerte sie sich auch schon um andere Verletzte.

Der Weg zum Hospital verging für die drei wie in Trance. Kaum ein Wort sprachen sie miteinander; ihre Gedanken waren immer noch mit Rachegelüsten gefüllt, und die wenige Konzentration, die sie aufbringen konnten, widmeten sie dem Manövrieren durch die sich langsam füllenden Straßen. Offenbar war soviel Zeit vergangen, dass viele Zuschauer die Arena verlassen hatten und sich nun auf dem Heimweg befanden. Der ein oder andere erkannte Erich, und gelegentliche Rufe wie "He, wohin bist du auf einmal verschwunden?" waren zu hören, doch Louis' antwortende Blicke waren derart tödlich, dass niemand sich traute, auch nur ein weiteres Wort zu sagen.

Die Universität hatten sie ja bereits besucht, und dabei waren sie auch an dem Hospital vorbeigekommen, das sich auf dem gleichen Gelände befand. So mussten sie nicht lange suchen, sondern eilten direkt durch das hohe, doppelflügelige Eingangstor in das Haus der Heilung. Drinnen standen sie in einer Art riesiger Aula und waren zunächst orientierungslos. Hie und da huschten Gestalten, teils mit weißen Kitteln, durch die Halle, und überall waren junge Menschen mit Stapeln von Büchern zu sehen - vermutlich Studenten.
Als sie dort etwas erschlagen standen, öffnete sich eine Tür seitlich von ihnen und ein älterer Mann mit einem leicht orientalisch anmutenden Aussehen trat heraus, umringt von einer Schar Studenten, die ihn mit Fragen zu bombardieren schienen.

Als der Mann, der in einen etwas altmodischen Anzug gekleidet war und keineswegs so aussah, wie die drei sich einen Arzt vorstellten, die drei Männer mit der Trage erblickte, hob er eine Hand, die sofort die Studenten innehalten ließ, und humpelte auf einen Stock gestützt auf Baron Tristan zu.
Ohne um Erlaubnis zu fragen, begann er damit, den jungen Verletzten abzutasten, hielt immer wieder inne, schien im Geiste zu zählen, und fragte schließlich niemanden im Speziellen: "Wer hat diesen Druckverband angelegt? Hat derjenige nicht die Stichwunde an der Leiste gesehen? Der Mann hätte ausbluten können."

Abrupt wandte er sich ab und begann, sich zu entfernen. Nach ein paar Schritten drehte er sich um. "Worauf wartet ihr? Kommt, ich muss operieren."

~~~

Werner war inzwischen in seine Herberge zurückgekehrt und versuchte sich, einen Reim auf die Geschehnisse des Tages zu machen. Es war definitiv ein ereignisreicher Nachmittag gewesen, und er war gespannt auf den Abend, der noch folgen würde. Hoffentlich würden die drei Männer seiner Einladung folgen.

Jetzt aber war etwas anderes Zentrum seines Interesses. Die ganze Zeit über hatte er die Tasche des Mannes an sich geklammert; nun wollte er auch wissen, was sich denn darin befand, was für den jungen Mann eine solche Wichtigkeit hatte, dass er selbst im Angesicht des Todes noch daran dachte. Etwas enttäuscht stellte er fest, dass nur ein Buch sich in der Tasche befand; allerdings schien es ein sehr alter Schinken zu sein, und oft genutzt. An etlichen Stellen lagen lose Blätter zwischen den Seiten, oder kleine Zettel markierten Seiten, die offenbar interessant waren. Der Titel war in Handschrift geschrieben: "Das Buch derer von Naumburg". Und auch der Inhalt war handgeschrieben - offenbar handelte es sich um so etwas wie ein Tagebuch. Doch entziffern konnte Werner zu seiner Enttäuschung nichts: Alles schien in einem Kauderwelsch verfasst worden zu sein, von dem der Jäger immer einmal wieder einzelne Worte entziffern zu können meinte; doch letztlich war alles Geschriebene für ihn völlig unverständlich, teilweise schien es sich nicht einmal um echte Schriftzeichen zu handeln.

~~~

Katharina erkannte wie die anderen Zuschauer auch irgendwann, dass das Turnier heute wohl seinen nicht sehr befriedigenden Abschluss gefunden hatte. Bis dahin hatte sie sich jedoch bereits durch die halbe Zuschauerschaft gefragt, um einen Hinweise auf den Verbleib Ratjoffs zu finden. Irgendjemand musste ja einmal etwas über den Mann wissen, und jemand tat das dann auch: Eine Gruppe Zuschauer erklärte der jungen Frau sehr überzeugend, dass Ratjoff seine Abende nach einem Kampf gerne in einer Taverne namens "Zum Schwarzen Raben" verbrachte und dort entweder seinen Kummer im Alkohol ertränkte oder seinen Sieg feierte. Was in diesem Fall zutraf, war wohl nicht ganz klar, doch die Chance war groß, dass er auch heute dieser Tradition folgen würde.

Erich Janina Graustein

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #139 am: 18.02.2022, 15:09:54 »
Erich brauchte einen Moment um sich in dem Gewusel des Krankenhauses zurecht zu finden. Er war daher sehr froh als dieser alte Mann auch sie zukam und sich daran machte sich um Tristan zu kümmern. Der Weg quer durch die Stadt war an Erich vorbei gezogen wie in einem unrealen Traum aus dem er allmählich wieder zu erwachen begann. Daher reagierte er auf die Aufforderung des alten Mannes etwas verzögert bis er ihm folgte um Tristan an einen anderen Ort zu bringen wo ihn der fremde Mann wohl operieren wollte "Der Verband wurde vor Ort  angebracht von einer fremden Frau. Ohne deren Hilfe wäre unser Freund vermutlich noch nicht einmal bis hier her gekommen. Was können wir jetzt tun? Wird er es überleben?"
Erich hatte als erfahrener Kämpfer schon viele Wunden gesehen, und es war ihm aufgefallen das Tristan viel Blut verloren hatte, von daher war er ernsthaft besorgt, denn er wusste zwar nicht viel von der Heilkunst, aber er wusste aus den Erfahrungen im Kampf das solche Wunden ganz schnell tödlich enden konnten

Katharina Anna Eisfeld

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #140 am: 18.02.2022, 15:15:28 »
Katharina war froh das es ihr endlich gelungen war den vermeintlichen Aufenthaltsort von diesem Ratjoff zu erfahren. Den Weg zum Schwarzen Raben kannte sie zum Glück, denn in diesem Gasthaus war sie auch schon das ein oder andere mal.

Als Katharina das Gasthaus betrat verschaffte sie sich erst einmal einen kurzen Überblick und schaute ob sie diesen Ratjoff direkt erblicken konnte, oder ob es zumindest irgendwo noch einen freien Platz gab von dem aus sie dann zumindest die Tür gut im Auge behalten konnte.

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #141 am: 18.02.2022, 15:55:58 »
In der Tat hätten die Blicke des Montaigners fast ebenso gut einen Mann aufspießen können wie seine jüngst erworbene Klinge. Louis vermochte den Zorn ob des absolut ehrlosen und verdammenswerten Vorgehens noch immer nicht ganz zu unterdrücken, das ein noch namenloser Gegner hier gezeigt hatte. Namenlos, da man es ja vorgezogen hatte, sich an dem allzu jungen Baron und den Frauen zu vergreifen, statt sich offen und ehrlich zum Kampf zu stellen, eine Herausforderung auszusprechen, kurz, sich wie Ehrenmänner zu verhalten – ein unerhörter Affront, der den Musketier nach wie vor zutiefst beleidigte. Dementsprechend war er auch auf dem Weg zum Hospital ganz gegen seine Gewohnheit sehr schweigsam. Grimmig starrte er jeden an, der in den Weg zu kommen wagte.

Erst in den ehrwürdigen Hallen der Universität fand er allmählich zurück zu der geschliffenen Etikette, die sonst so typisch für den montaignischen Edelmann war. Zwar hob er angesichts der mageren und sichtlich nicht kampfgestählten Jünglinge ein wenig die Brauen, die man hier zuhauf sah, deutete aber gegenüber dem älteren Herrn eine knappe Verbeugung an, da man an dessen Auftreten und dem respektvollen Verhalten der Studiosi doch erkannte, dass es sich um jemanden von Rang und Namen handeln musste. "Eine gefährliesche blessure..?! Dann vite, vite, Monsieur le docteur!" gab er zurück und drängte darauf, den Patienten eiligst zur Operation zu befördern.

Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #142 am: 27.02.2022, 03:57:18 »
Auch wenn Friedrich zumindest seinen Rachegedanken Ausdruck verliehen und versprochen hatte, dass die Angreifer für ihre feige Tat büßen würden, war er während des Wegs zur Universität sehr ruhig. So wie seine Freunde auch. Jeder war mit seinen Gedanken beschäftigt und die Sorge um die Gesundheit Tristans blockierte Friedrichs Denken. Es war ein schrecklich langer Weg, bis sie ihr Ziel erreicht hatten und dabei war die Zeit so kostbar.
Normalerweise würde der Kreuzritter und Akademiker sich hier sehr interessiert und voller Neugierde umgucken. Nicht häufig führte es ihn an einen Ort wie diesen und es gab vieles zu lernen. Doch im Moment suchten Friedrichs Augen den Raum nur nach einem Arzt oder irgendeiner anderen Person ab, die dem Baron helfen konnte. Zum Glück mussten sie nicht lange warten. Der Mann, der auf sie zutrat, sah zwar nicht aus wie ein klassischer Arzt, aber die vielen Studenten, die um ihn herumwuselten, bewiesen, dass der Mann ein hohes Tier hier war. Manche Menschen waren eben ein bisschen exzentrisch. Solange er helfen und Tristan retten konnte, würde es Friedrich einen feuchten Kehricht scheren, wie er aussah.
Auch seine schnellen Abtastungen zeigten, dass der Mann wusste, was er tat. Er wollte sofort operieren. Friedrich folgte ihm. "Wenn ich in irgendeiner Weise helfen kann, dann sagt mir bitte wie. Ich habe grundlegende Kenntnisse in der Medizin und Erster Hilfe." Das war zwar schon etwas länger her, dass er dieses Wissen auch eingesetzt hatte, aber das spielte jetzt keine Rolle. Er wollte unbedingt helfen. Tatenlos herumzustehen, war ihm zuwider.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #143 am: 28.02.2022, 23:56:46 »
Ohne sich umzudrehen, winkte der Mann Friedrich zu sich, während Louis und Erich mit der Trage folgten. "Wenn Ihr helfen wollt, kommt mit. Ihr könnt den Mann festhalten; manche haben die Angewohnheit, während der Operation aufzuwachen - und das ist vor allem für den Verletzten gefährlich."

Der Mann, dem sie folgten, schien tatsächlich einige Autorität zu haben; trotz seines fremden Aussehens und relativ starken Akzents öffneten sich Türen ihm, noch ehe er sie erreichte, und schnell fanden die vier sich in einem Raum wieder, der offenbar ein Operationszimmer war, wie Friedrich erriet. Auf einem Tisch an einer der Wände befanden sich zahlreiche Instrumente, deren Zweck Friedrich teilweise vielleicht noch raten konnte, während die anderen beiden völlig ahnungslos waren, wozu dies alles dienen sollte. In der Mitte des Raumes befand sich ein großer, polierter Holztisch, auf den Erich und Louis den Verwundeten nun sanft ablegten, während gleichzeitig eine junge Frau und ein Mann ähnlichen Alters einen Wagen mit sauberen Tüchern, Wasserschüsseln und Verbandsmaterial in den Raum fuhren und neben dem Tisch abstellten.
"Professor Ledovid," begann die Frau. "keiner der anderen Ärzte ist abkömmlich, und die Studenten sind alle aus dem ersten Semester..."
"Gut, gut. Schon verstanden." fiel Ledovid ihr ins Wort und wandte sich dann Friedrich zu. "Ich werde wohl doch Eure Hilfe brauchen, junger Mann. Und eure Freund werden das Festhalten übernehmen müssen."[1]
 1. OK, einer von euch muss den Arzt bei der eigentlichen Operation medizinisch unterstützen, dafür benötige ich von einem eine Verstand + Gelehrsamkeit Probe. Ein zweiter soll die Augen offenhalten und aufpassen, ob irgendetwas Unvorhergesehenes passiert, dafür Verstand und Wahrnehmung. Der dritte ist für das Grobe zuständig und würfelt Muskeln + Raufen. Wer was tut, bleibt euch überlassen. Ihr könnt Heldenpunkte ausgeben wie üblich, falls ihr das wollt. Wer einen Vorteil hat, der hier helfen könnte, kann ihn natürlich anwenden bzw. vorschlagen, in welcher Weise er ihn anwenden würde.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #144 am: 09.03.2022, 00:45:14 »
Viel mehr sagte der Professor nicht, bevor er auch direkt ans Werk ging. Er erteilte seinen drei Helfern präzise Anweisungen und es war allen von ihnen sofort ersichtlich, dass der Mann ein absoluter Profi war, der keine Zeit für überflüssige Erklärungen verschwendete. Obwohl der Baron bewusstlos war, hatte Erich alle Hände voll zu tun, denn kaum hatte Ledovid die Kleidung des Barons mit einigen Messerschnitten vom Körper getrennt und anschließend die Wunde ausgewaschen, begann er, Tristan in der Leistengegend mit einem scharfen, dünnen Messer aufzuschneiden - selbst in seinem halb ohnmächtigen Zustand begann der Verletzte, heftig zu zucken, was Erich nur unter Einsatz all seiner Kräfte verhindern konnte.

Friedrich musste dem Arzt auf andere, deutlich filigranere Weise assistieren. Ledovid war sich natürlich bewusst, dass der Mann über keine abgeschlossene medizinische Ausbildung verfügte, doch offenbar hatte er erkannt, dass er es mit einem gelehrigen und aufmerksamen Helfer zu tun hatte. Friedrich kam es zu, mit extra angefertigten Geräten den vom Professor angesetzten Schnitt offen zu halten, damit dieser dort operieren konnte, oder auch einzelne Blutgefäße abzudrücken und Aufgaben ähnlicher Art zu erledigen. Die Anspannung für Friedrich war entsprechend groß, denn ein falscher Griff konnte im schlimmsten Fall das Leben des Patienten kosten, doch behielt er, wenn auch mit Mühe, die Nerven.

Louis hingegen war hauptsächlich damit beschäftigt, durchgehend den Puls des Barons zu kontrollieren und sofort Alarm zu schlagen, wenn dieser zu schnell oder zu langsam wurde. Beides konnte zu großen Problemen führen oder Anzeichen dafür sein, dass etwas nicht in Ordnung war, arbeitete Ledovid doch an offenen Blutgefäßen.

Doch als Verbund zeigten die vier Männer in Anbetracht der vergangenen Ereignisse ihre Nervenstärke, und nach etwa einer Stunde konzentrierter und schweißtreibender Arbeit setzte der Professor einen letzten Stich beim Vernähen der Operationswunde und ließ den Faden von Friedrich abtrennen. Es war getan.
"Er wird durchkommen." stellte der Arzt nüchtern fest, nachdem er den Verletzten noch einige Minuten lang genau beobachtet und verschiedene Tests durchgeführt hatte. "Jetzt braucht er aber Ruhe. Gehen Sie nach Hause und kommen Sie morgen wieder, dann können Sie vielleicht schon wieder mit ihm sprechen."

Mit diesen Worten scheuchte der Mann sie mehr oder weniger aus dem Raum und "übergab" sie einer gerade den Gang herankommende junge Frau.
"Bringen Sie diese Männer nach draußen und achten Sie darauf, dass der Mann in diesem Zimmer nicht gestört wird."
Ohne weitere Verabschiedung ließ er die drei mit der Helferin stehen und verschwand in einen Seitengang. Ein merkwürdiger Mensch - darin waren sie sich einig. Doch womöglich hatte er gerade Baron Tristan das Leben gerettet.

Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #145 am: 09.03.2022, 06:07:15 »
Vielleicht hatte sich Friedrich etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt. Es war schon lange her, dass er seine Kenntnisse in der Medizin auch hatte anwenden müssen. Doch der Baron war in Gefahr und er würde alles tun, was ihm möglich war. Auch nachdem sich herausgestellt hatte, dass keine anderen Ärzte helfen konnten und die Studenten noch nicht genügend Erfahrung besaßen, blieb er dabei. Dann musste er eben doch aushelfen. Hoffentlich ging alles gut und er erinnerte sich noch gut an das, was er gelernt hatte. Die ganzen Geräte sagten ihm nur zum Teil etwas, aber solange ihn der Professor nicht überforderte, konnte er auch sicherlich mit denen umgehen. Es gefiel Friedrich gut, dass der Mann offensichtlich sehr professionell und konzentriert auf das Problem war. Kein Wort und keine Geste zu viel. Dieser Ledovid wollte Leben retten, nichts anderes. Es war sofort klar, dass er wusste, was zu tun war.
Trotzdem war die Operation sehr anstrengend und fordernd. Auch wenn er nur Assistenzaufgaben erledigte, fühlte sich Friedrich an seine Grenzen gebracht. Jeder noch so kleine Fehler konnte für den Baron gefährlich werden. Er durfte sich nicht erlauben, einen falschen Handgriff zu tun. Nach den ersten paar Minuten beruhigte sich der Kreuzritter etwas, auch wenn die Operation noch immer für Anspannung sorgte. Doch Professor Ledovid wusste, was er von Friedrich erwarten konnte und forderte ihn nicht zu sehr. Nach einer Stunde war es dann getan und genauso schnell wieder vorbei, wie alles angefangen hatte. Sie wurden quasi aus dem Operationssaal herausgescheucht und schon war der Professor wieder verschwunden. Noch nicht einmal eine Verabschiedung war drin gewesen. Er hatte sich noch nicht einmal bedanken können, so überrumpelt war er gewesen. "Was für ein komischer, aber sehr talentierter Mann." Er seufzte schwer. "Wir müssen ihm unbedingt unseren Dank zukommen lassen. Doch nun, lasst uns erst einmal zum Schwarzen Raben zurückkehren. Wir haben noch eine Verabredung mit diesem Werner Jagemann."

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #146 am: 10.03.2022, 15:51:35 »
Offenbar war es für Louis belastend, mehr oder minder untätig als Aufpasser dabeizustehen, während die Verwundungen des Barons behandelt wurden. Der Montaigner war nach der Stunde wie gebadet und wischte sich einige Schweißperlen von der Stirn. "Mon Dieu, professeur!" rief er sichtlich entnervt. "Niescht um alle Reischtümer von die Welt würde iesch mit Eusch tauschen! Lieber gegen eine artiste de combat antreten oder auch zwei, denn solsch eine operation!" Es sprach ebenso für seinen Respekt vor der ärztlichen Kunst Ledovids, dass er sich nicht heftig gegen den Hinauswurf verwahrte, so dezent er auch ausfallen mochte. Allerdings schnitt der Musketier vor dem Zimmer eine Grimasse. "Iesch weiß niescht, mes amis" brummte er nachdenklich. "Wäre es klug, le baron 'ier gänzliesch unbewacht zu lassen? Man 'at ihm bereits nach die Leben getrachtet!" Der Gedanke, Tristan allein zu lassen, behagte ihm offenbar ganz und gar nicht.

Erich Janina Graustein

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #147 am: 11.03.2022, 05:29:37 »
Erich war es durchaus gewohnt im Kampf seinen Gegner schwere Wunden zu zufügen oder auch selbst einiges ein zu stecken. Aber zu zusehen wie der Arzt da zusammen mit Friedrich in der Wunde arbeiteten und sehr schnell alles blutverschmiert war, das war dann doch noch einmal etwas ganz anderes. Und dann auch noch Tristan der sich vor Schmerzen windet wie ein wahnsinniger, Erich hätte nie gedacht dass dieser kleine Baron solche Kräfte entfalten kann. Die ganze Situation hat den gestandenen und erfahrenen Krieger doch auch etwas Blas um die Nase werden lassen, so dass er erst einmal einen Moment brauchte bis er auf Louis antworten konnte. Schwer atmend schaute er seine beiden Freunde an "Ihr habt beide recht. Wir sollten diesem Professor unseren Dank aussprechen. Aber es ist auch wichtig Tristan nicht alleine zu lassen. Ich weiß zwar nicht was dieser Fremde plant der auf uns im Gasthaus zum schwarzen Raben wartet. Aber ich glaube nicht das er so dumm ist euch dort an zu greifen. Ihr zwei seid sowieso eher für das Reden zuständig. Also übernehmt ihr doch die erste Befragung und verfolgt die Spur. Ich halte hier wache. Das sollte die meisten wohl davon abhalten hier etwas unbedachtes zu machen. Und sobald der Professor hier noch einmal vorbei kommt werde ich ihm unseren Dank aussprechen. Sobald Tristan wieder fit ist, oder ihr eine gute Spur habt treffen wir uns wieder. "

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #148 am: 13.03.2022, 18:08:47 »
Und so kam es, dass sich am gleichen Abend einige höchst unterschiedliche, aber durch das Schicksal scheinbar auf irgendeine Weise verbundene Gestalten im vollgepackten Schankraum des Schwarzen Raben einfanden. Katharina wartete dort bereits seit dem frühen Nachmittag und saß in einer möglichst ruhigen Ecke, während sie beobachtete, wie die anderen Tische sich nach und nach füllten. Auch Werner war bereits dort und hatte es sich an einem Vierertisch mit einem frühen Abendessen bequem gemacht - noch gab es genügend freie Plätze, dass niemand sich zu ihm setzte.

Als beinahe alle Plätze belegt waren, Werner mit dem Essen bereits fertig und Katharina langsam unruhig wurde, traten beinahe direkt nacheinander endlich auch Fridjoff Ratjoff und kurz danach Friedrich und Louis ein, die zuvor noch Zimmer für sich und Erich angemietet hatten. Eine leichte Überraschung zeichnete sich auf ihren Gesichtern ab, als sie vor sich den Halbfinalisten an einem bereits vollbesetzten Tisch Platz nehmen sahen, wo er fröhlich begrüßt wurde - doch sie hatten mit dem Mann nichts zu schaffen, und offensichtlich war dies hier ein gutbesuchtes Lokal; wieso sollte er also nicht hierher kommen?
Gleich darauf sahen sie dann auch Werner Jagemann, der es tatsächlich geschafft hatte, die freien Plätze zu verteidigen und sichtlich erleichtert schien, dass er den Kampf nun nicht weiterführen musste.

Katharina war ebenfalls überrascht: Ratjoff hatte sie erwartet, und auch sie war erleichtert, ihn zu sehen. Doch als direkt hinter ihm die Begleiter dieses Graustein eintraten, des Mannes, der vor dem Finale plötzlich verschwunden war, wurde sie doch misstrauisch. War das Ganze etwa ein abgekartetes Spiel, an dem auch dieser Graustein beteiligt war? Schließlich waren gleich zwei Skandale passiert: Zunächst das offenbar verschobene Halbfinale mit der Aufgabe Ratjoffs, dann die Absage des Finales, weil einer der Finalisten nicht angetreten war. Wenn jemand es darauf angelegt hatte, das ganze Turnier zu einem Desaster werden zu lassen, hatten ihm beide Ereignisse in die Karten gespielt.

Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #149 am: 14.03.2022, 09:04:31 »
Werner hatte es sich im Gastraum des Schwarzen Raben an einem Tisch in einer Ecke bequem gemacht und sich so gesetzt, dass er den Schankraum und die Tür im Auge behalten konnte, gleichzeitig aber einen freien Weg zum Hinterausgang hatte.
Als Friedrich und Louis an den Tisch traten, erhob er sich. "Guten Abend die Herren. Ihr gehört zu Herrn Graustein, richtig?" Er reichte jedem die Hand.
"Danke euch, dass ihr gekommen seid. Ich bin Werner Gabriele Jagemann, bite setzt euch."
Werner winkte eine Schankmaid herbei. "Ihr macht einen erschöften Eindruck auf mich, war wohl ein harter Tag für uns alle. Bitte, lasst mich euch einladen!" Nachdem alle etwas bestellt hatten, erzählte er:
"Ich stamme aus dem lieblichen Wald, welcher im Einflussgebiet von Roswitha von Wirsche liegt und bin wegen einer delikaten Angelegenheit nach Freiburg gewandert, die jetzt erstmal nichts mit euch oder diesem Turnier hier zu tun hat. Lasst uns später darauf zurückkommen, vielleicht könnt ihr mir dort weiterhelfen.
JEdenfals war ich glücklicher Weise zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um euren Freund das Leben zu retten.
Ich hoffe zumindest, dass man sich jetzt um ihn kümmert und er auf dem Weg der Besserung ist…?"

Werner schaute mitfühlend in die Runde und hörte sich die Schilderung der anderen an.

Dann hob Werner eine leicht angekokelte Ledertasche vom Boden und legte sie in die Mitte des Tisches - "Heißt euer Kamerad, zufällig Naumburg mit Nachnamen? Hier, diese Tasche war ihm sehr wichtig, scheinbar sogar wichtiger als sein eigenes Leben. Ich konnte sie mit Glückes Geschick ebenfalls aus den Flammen retten. Bitte, nehmt sie an euch.
Und, bitte, seid so freundlich und erzählt, was euch nach Freiburg brachte. Mit Herrn Graustein hatte ich ja bereits das Vergnügen. Wird er sich noch zu uns gesellen?"


Im Anschluß an die Vorstellungsrunde nahm Werner das Gespräh wieder auf, beugte sich vor und senkte seine Stimme:
"Erlaubt mir noch eine weitere Frage: Was habt ihr mit Heinrich Dray zu schaffen?
Der hatte mich mit einem Trupp Soldaten auf meinem Weg nach Freiburg überholt. Er schien es recht eilig zu haben - und als ich dann hier ankam und hörte, dass er an diesem Turnier teilnimmt, dachte ich, er wäre nur spät dran gewesen. Um so mehr war ich verwundert, als ich bemerkte, dass viele der vor eurem Gasthaus Gefallenen aus seinem Trupp stammten - und dort nicht in Uniform sondern in Zivil gekleidet lagen - das kann doch kein Zufall sein! Bitte, seid so freundlich und erklärt euch."


Nachdem Werner in der kurzen Zeit seit Eintreffen der Gruppe so viel geredet hatte, wie sonst in einer Woche nicht, ließ er sich zurücksinken, setzte sein Bier an und nahm einen äußerst großen Schluck. Er setzte den Humpen ab und schaute dann neugierig von einem zum anderen.

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