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Autor Thema: Kapitel 3: Freiburg  (Gelesen 19399 mal)

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Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #270 am: 18.02.2023, 15:08:34 »
Sein Gegenüber musterte Louis eine Weile schweigsam und schien darüber nachzudenken, wie er auf die Vorwürfe reagieren sollte. Dann schien er zu einer Entscheidung gekommen zu sein, denn er winkte mit einer knappen Handbewegung einen der beiden Schläger zu sich heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr, woraufhin dieser den Raum verließ.

"Nun, Monsieur! Ihr scheint sehr entschlossen, mein Haus nicht ohne eine Antwort zu verlassen. Und da ich ein Freund zivilisierter Gespräche bin, und Eure Freundin hier eher wirkt, als wäre sie das nicht, werde ich Euch Eure Frage beantworten. Mehr noch, aber habt einen Moment Geduld."
Es folgte eine kurze Periode des Schweigens, und gerade als Louis nachhaken wollte, wann von Fahrenbach sich nun endlich erklären wolle, öffnete sich die Tür erneut und eine junge Frau trat ein, gefolgt von dem Schläger, der sie geholt hatte.

Die Frau war ungefähr in Jelenas Alter, und mit etwas Willen konnte man eine leichte Ähnlichkeit zu ihrer verstorbenen Gefährtin erkennen; mindestens jedoch eine gewisse ostthéanische Exotik. Die junge Frau trug allerdings keinesfalls die aufreizende Kleidung, wie man sie bei den Damen eines gewissen Gewerbes erwarten würde, sondern eine bequeme und pragmatische Alltagskleidung, wie sie Frauen mittleren Standes trugen, die weder der täglichen Plackerei der Unterschicht ausgesetzt waren, noch dem Druck der reichen Damen, dem jeweils neuesten Modetrend folgen zu müssen.

"Darf ich vorstellen, meine Dame, meine Herren: Dies ist Valerija, eine meiner persönlichen Assistentinnen. Sie ist die einzige Valerija, die ich kenne, und sollte es diejenige sein, die Sie suchen, so dürft Ihr gewiss sein, dass sie keineswegs irgendwelchen Ungeheuerlichkeiten ausgesetzt ist. Nicht wahr, meine Liebe?"
Die Angesprochene zeigte ihr schönstes Lächeln und offenbarte dabei ein makelloses Gebiss, bevor sie selbstbewusst antwortete: "Ungeheuerlichkeiten, mein Baron? Es tut mir leid, aber ich kann nicht ganz folgen."

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #271 am: 21.02.2023, 16:39:20 »
Mit einer hochgezogenen Augenbraue beobachtete Louis das Tun des Hausherrn. "Je suis désolé, Monsieur," erwiderte er mit der Andeutung einer Verbeugung, "doch meine Ehre macht es mir unmögliesch zu gehen, ohne dass diese affaire geklärt wurde." Er fasste sich mühsam in Geduld, trommelte aber mit den Fingern auf den Knauf seines Degens, während sie warten mussten. Die junge Frau, die man ihnen vorführte, musterte er zunächst mit mildem Interesse, schien ihre Kleidung sie doch einem Stand zuzuordnen, der sie allenfalls zu einer Dienerin oder Assistentin für einen Kaufmann oder dergleichen machen könnte. Fahrenbachs Erklärungen allerdings ließen den Montaigner stehen wie vom Donner gerührt. Nun wanderten beide Augenbrauen in die Höhe, und zwar bis unter den Ansatz seines sorgsam ondulierten Haars.

"Mademoiselle sind..?! Aber das iest... das kann niescht..!" Eingehend musterte er die angebliche Valerija, suchte die Züge Jelenas in ihr wiederzuerkennen. Dann zupfte er heftig an seinem Spitzbart, ließ den Blick verblüfft zu seinen Kameraden wandern und brachte endlich heraus: "Aber wenn dem so wäre, und Mademoiselle iest wirkliesch... iesch meine, wir 'aben gänzliesch anderslautende Informationen." Schließlich warf er in einer Geste von Verärgerung – oder auch Verzweiflung – die Arme in die Luft und brummte: "Parbleu, iesch weiß niescht, was iesch glauben soll! 'abt Ihr eine Beweis dafür, dass Ihr mit Mademoiselle Schelena verwandt seid?" Der Musketier schien derart perplex, dass er für den Moment keine Worte fand. Auf alle Eventualitäten inklusive eines hitzigen Gefechts gefasst, sah er sich offenbar vor einer völlig unerwarteten Parade seines Kontrahenten.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #272 am: 23.02.2023, 23:12:56 »
Bei der Erwähnung des Namens 'Jelena' meinte Louis, kurz einen Ausdruck von Schmerz auf dem Gesicht der jungen Frau bemerkt zu haben. Dann jedoch fasste sie sich und blickte kurz zu von Fahrenbach, bevor sie den Mund öffnete: "Ihr kennt meine Cousine? Ist sie hier? Wie geht es ihr?"

Dann wurde ihr jedoch von ihrem Herrn das Wort abgeschnitten. "Nun, damit sollte das geklärt sein. Ihr seht also, es gibt keinen Grund zur Beunruhigung. Der Dame, die ihr suchtet, geht es hervorragend, womit der Zweck eures Besuches wohl erfüllt ist. Oder gibt es sonst noch etwas, was ich für euch tun kann?" fragte er mit einem schneidenden Unterton in der Stimme.

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #273 am: 03.03.2023, 14:46:48 »
Louis' Blick huschte zwischen Fahrenbach und der jungen Frau hin und her. Sichtlich verärgert zwirbelte er seinen Schnurrbart und erwiderte auf die Frage des Mannes: "Wenn dem so iest, muss iesch eine Ausdruck für meine tiefste Zerknirschung verlei'en, Monsieur – denn dann 'at man uns falsch informiert." Wer ihn genauer kannte, würde am Trommeln seiner Finger auf dem Degenknauf erkennen, dass er mitnichten zerknirscht war, sondern fast vor Wut darüber platzte, sich entschuldigen zu müssen, und sei es auch nur in Andeutungen.

An die Frau gewendet, die ihnen als Valerija vorgestellt worden war, meinte der Musketier mit einer kleinen Verbeugung: "Bedauerliescherweise können wir Eusch keine sehr gute Nachriescht überbringen, Mademoiselle. Je regrette, sie iest zwar 'ier, aber es geht ihr niescht sonderliesch gut. Doch möchte iesch Eusch niescht über die Gebühr beunru'igen – Euer... Dienst'err iest sehr um Euren Seelenfrieden besorgt, will mir scheinen. Mademoiselle – Monsieur... iesch denke, wir werden uns verabschieden." Womit er die Haken zusammenschlug und sich vor Valerija verbeugte, ihr dabei allerdings verstohlen einen Wink gab. Er hatte ihre Reaktion auf seine vage Andeutung über Jelenas Schicksal sehr aufmerksam beobachtet und hoffte nun, dass sie ebenfalls achtsam wäre.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #274 am: 05.03.2023, 19:09:28 »
Auch wenn Valerija nach außen hin kühl zu reagieren schien, fiel Louis eine gewisse Blutleere im Gesicht auf, als er davon sprach, dass es Jelena nicht gut ging.
"Ich bin sicher, Jelena wird überwinden, was immer ihr widerfahren ist. Sie war immer schon eine starke Persönlichkeit. Leider bin ich hier jeden Tag sehr beansprucht, und werde wohl kaum die Zeit finden, mich mit ihr zu treffen. Aber bitte, richtet ihr meine besten Wünsche aus."
Es war nur ein leichter Augenaufschlag während der Worte 'jeden Tag', der Louis und den anderen fast entgangen wäre, doch es schien ihnen, als ob die Frau ihnen damit etwas mitteilen wollte.

Nun war es allerdings an der Zeit, das Anwesen wieder zu verlassen. Irgendwelche Verhandlungen über das Abstimmverhalten von Fahrenbachs im Rat schienen kaum fruchtbar zu sein, solange sie ihm nicht irgendwelche Angebote machen konnten oder Druckmittel gegen ihn fanden. Und ihr Gastgeber war offensichtlich nicht gewillt, das Gespräch fortzusetzen.

Als sie das Anwesen verließen, war es immer noch früh am Tage, und erneut mussten sie entscheiden, welche Schritte sie nun unternehmen wollten, um ihrem Ziel näher zu kommen.

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #275 am: 08.03.2023, 09:05:56 »
Die Verabschiedung gestaltete Louis für seine Verhältnisse äußerst knapp, wenn er auch weder die leichte Verbeugung gegen Fahrenbach noch die galantere Version gegenüber Valerija vermissen ließ. "Es iest 'öchst bedauerliesch, Mademoiselle, dass wir unsere Gespräch niescht fortsetzen können, doch auch uns ruft die Pfliescht. Aber seht niescht schwarz, es gibt immer 'offnung, selbst in der finstersten Nacht" meinte er mit einem neuerlichen leichten Zwinkern bei seinen letzten Worten.

Nachdem man das Anwesen verlassen hatte, lenkte er seine Schritte zunächst in eine ruhigere Gasse, in der man sich ohne Ohrenzeugen unterhalten konnte. "Alors, mes amis, es scheint mir klar, dass Mademoiselle niescht wagt, offen zu spreschen, jedenfalls in die Gegenwart von Monsieur de Fahrenbach. Wir sollten die Anwesen 'eute Nacht unter Beobachtung alten – es könnte siesch eine interessante Gelegen'eit ergeben, meint Ihr niescht auch?"

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #276 am: 11.03.2023, 15:42:42 »
Da der Tag noch jung war und sonst gerade nichts anstand, entschieden sich die drei, dem letzten Vorschlag ihres ehemaligen Auftraggebers nachzugehen und sich den Händlern und Handwerkern anzunähern. Da sie das Handelsviertel bereits kannten und ein mittäglicher Besuch auf dem Markt allen als nicht die schlechteste Idee erschien, beschlossen sie, dort anzusetzen. Womöglich gab es dort auch noch die Möglichkeit, sich die Gaststätte etwas näher anzusehen, in der ihre Freunde Opfer eines Angriffes geworden waren.

So kamen sie also kurze Zeit später auf dem Marktplatz ab und beobachteten das lebhafte Treiben einige Augenblicke, bevor sie sich ihre nächsten Schritte überlegten.

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #277 am: 21.03.2023, 19:57:12 »
Louis fasste den Anschlag auf die Gaststätte nicht nur als eine beklagenswerte Tragödie für die Toten und Verwundeten, sondern auch als bösen Affront gegen sich auf, hatte er Jelena doch als unter seinem persönlichen Schutz stehend betrachtet, von le baron ganz zu schweigen. Daher schlug der Montaigner vor, sich in den Überresten des Gebäudes umzusehen. Dabei konnte er allerdings nur schwer verbergen, dass seine Musketierehre einen ganz wesentlichen Beweggrund für seinen Eifer darstellte. Es war offenkundig, dass seine Meisterschaft im Umgang mit der Klinge liegen mochte – ein begnadeter Schauspieler war Louis hingegen nicht. Den Zorn über einen Gegner, der sich nicht zum offenen, ehrlichen Kampf stellte, sondern aus dem Hinterhalt angriff – über eine solch unglaubliche Impertinenz – konnte man deutlich an seiner Miene ablesen.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #278 am: 25.03.2023, 00:28:15 »
Ihr Gasthaus war nicht allzu weit vom Marktplatz entfernt gewesen, daher hatte keiner der anderen etwas gegen Louis' Vorschlag einzuwenden. Seit dem Angriff und dem darauf folgenden Brand war jedoch einiges passiert. Die Leichen, die am Tage des Turniers noch die Straßen gepflastert hatten, waren weggeschafft worden, und eine provisorische Absperrung um die Ruinen des Gasthofs errichtet worden. Die Mauern des Gebäudes standen noch, doch der Dachstuhl war komplett zerstört worden, überall schwärzte Ruß die Überreste des Hauses.

Ein Soldat stand etwas verloren vor der Absperrung und schien dafür zu sorgen, dass niemand widerrechtlich das Gebäude betrat.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #279 am: 19.06.2023, 21:18:47 »
Allerdings war ein Mann innerhalb der Absperrung unterwegs und betrachtete die Spuren des Unglücks, das hier stattgefunden hatte. Es war ein Mann in einem bereits etwas fortgeschrittenen Alter, oder zumindest deutete sein ergrauendes Haar darauf hin. Immer wieder einmal bückte er sich mühsam, um sich irgendwelche Details genauer anzusehen. Die Wache musste ihn entweder nicht bemerkt haben oder aber sie hatte ihn wissentlich hinter die Absperrung gelassen.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #280 am: 21.06.2023, 21:41:25 »
Valdas war am Vorabend erst nach langer Reise in Freiburg eingetroffen und hatte beim Abendessen in seinem Gasthof schnell die beiden Gesprächsthemen mitbekommen, die in Freiburg offenbar gerade in aller Munde waren: zum einen ging es um irgendein Turnier - ein Thema, das ihn eher weniger interessierte und bei dessen Details Valdas schnell abgeschaltet hatte - zum anderen jedoch über ein Unglück, oder einen Angriff? Die Gäste im Wirtshaus waren auch untereinander nicht einig gewesen, was tatsächlich geschehen war, doch dass es zahlreiche Tote und Schwerverletzte dabei gegeben hatte, darüber gab es keine unterschiedliche Meinung.

Valdas blieb zurückhaltend während der Diskussionen, allerdings ließ er sich erklären, wo denn dieses Unglück stattgefunden habe, und hatte sich vorgenommen, den Schauplatz einmal selbst zu begutachten - auch wenn er nicht mehr helfen konnte, irgendwelche Leben zu retten.

So stand er nun also am nächsten Tag vor dem ausgebrannten Gasthaus und stapfte im Staub der Straße zwischen seltsamen weißen Markierungen umher, die die Umrisse von Körpern darstellten. Eine solche Methode hatte er bisher noch nicht zu Gesicht bekommen, doch seine Reisen hatten ihn auch noch nicht oft in fremde Länder geführt. Er musste zugeben, dass sie recht hilfreich waren, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was hier geschehen war.
Dass er über eine Absperrung geklettert war, um hierher zu gelangen, hatte er in seiner Faszination gar nicht bewusst mitbekommen. Und als er nun aufsah, bemerkte er zum ersten Mal einen Wachmann, der jedoch scheinbar nicht besonders gut aufpasste, sonst hätte er Valdas wohl aufhalten müssen?

Hinter dem Wachmann, der in die von Valdas abgewandte Richtung blickte, näherten sich gerade drei Personen, eine junge Frau und zwei Männer.

Louis de Fromage Puant

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #281 am: 25.06.2023, 10:49:48 »
Louis' Miene war kaum weniger düster als die versengten Mauern, als man sich der Brandstelle näherte. Offenbar wühlte den Montaigner der Anblick des Desasters nach wie vor auf und schürte seinen Zorn, womöglich eben auch jenes Gefühl, einem Gegner nachzujagen, der sich feige versteckte und ihm darum die Möglichkeit nahm, in einem grandiosen Kampf Vergeltung zu üben. Kaum entdeckte er jedoch einen Fremden inmitten der Ruine, zogen sich die Brauen des Adeligen zusammen. In schneidendem Ton wandte er sich an den Wachsoldaten: "Hé, soldat! Wer iest diese monsieur dort? Was 'at er zu suchen in die Trümmer? Ist er eine officier, eine expert?" Die behandschuhte Linke des Musketiers klopfte ungeduldig auf den Knauf des Degens an seiner Seite, während er den alten Herrn mit misstrauischen Blicken beobachtete.

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #282 am: 25.06.2023, 13:18:18 »
"Kein Zutritt." kam die automatische, gelangweilte Reaktion des Wachsoldaten, der sich zunächst nicht einmal die Mühe machte, von etwas, das er versonnen in seinen Fingern drehte, aufzusehen. Erst nach einem kurzen Moment, die die Worte des Montaigners benötigten, zum Verstand der Wache durchzudringen, blickte er erst auf, dann hinter sich, um dann mit einer Mischung aus Schrecken und Zorn in der Stimme den Mann innerhalb der Absperrung anzugehen.
"Mann, was tun Sie hier? Sehen Sie nicht das Band? Kein Zutritt zum Schauplatz des Verbrechens - raus, raus hier, aber sofort!"

Mondragor

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #283 am: 25.06.2023, 13:56:27 »
Die Sonne hatte noch nicht den höchsten Punkt auf ihrer Tagesreise erreicht, als Allegra von ihrem Wagen aus den großen Turm erspähen konnte, von dem Guido ihr berichtet hatte, dass es der zentrale und höchste Punkt Freiburgs sei. Endlich war sie angekommen, nach einer für ihre Verhältnisse langen und vor allem anstrengenden Reise. Gut, sie musste bald feststellen, WIE hoch dieser Turm tatsächlich war und dass es noch einige weitere Stunden dauerte, bis sie schließlich das Tor in der kreisrunden Stadtmauer passierten. Die Anlage der Stadt war beeindruckend, so ganz anders als die natürlich gewachsenen Siedlungen, die sie gewohnt war.
Eine riesige, breite Straße führte schnurgerade auf den prächtigen Turm (oder Palast?) zu, während zu ihrer Rechten und Linken zwei Stadtteile aufragten.

"Erstaunlich, nicht?" schreckte Guido sie aus ihren Gedanken. "Früher nannte man es das Güldentor, es war einer der kaiserlichen Paläste. Bis vorm Krieg gab es drumherum nur ein paar Grünanlagen. Jetzt leben hier Zehn-, manche sagen Hunderttausende friedlich zusammen - weitgehend zumindest. Wo das hier noch vor wenigen Jahren eine lose Ansammlung von Veteranen- und Flüchtlingssiedlungen war, ohne Ordnung, ohne Struktur, in vielen Fällen mit dem Recht des Stärkeren. Nun ist es dank Niklas Träge eine blühende Stadt."
Allegra war überrascht, mit wieviel Stolz der Händler, der ihr während der Reise vor allem als kühl kalkulierender Geschäftsmann aufgefallen war, von Freiburg sprach.

"Links von uns ist das Goldviertel, dort befindet sich mein Handelskontor und auch mein Ziel. Zur Rechten ist das Greifenviertel - die meisten Besucher der Stadt lassen sich in einer der Gaststätten dort nieder; dort findet man auch alles, was man für das Leben und Überleben in der Stadt benötigt. Normalerweise würde ich dich dort abliefern - aber wir haben noch einen Handel offen, wie du weißt. Eine - ich nenne sie mal Bekannte von mir - lebt im Hochquartier; ihr Name ist Gitta von Castell. Zu ihr bringe ich dich, und sie wird dir sagen, wofür du deinen Degen einsetzen sollst. Aber keine Angst: Sie mag streng sein, aber eine ehrbare Adlige, was man nicht von allen hier sagen kann."

Valdas Jankauskas

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Kapitel 3: Freiburg
« Antwort #284 am: 26.06.2023, 20:58:51 »
Valdas blickte den Wachmann an, hob beschwichtigend die Hände und bewegte sich langsam wieder zurück hinter die Absperrung. "Ich wollte mir das nur mal aus der Nähe ansehen und keinen Ärger machen."

Allzu unrecht war es ihm nicht, dass er die Ruine verlassen sollte. Der Gedanke, dass hier vor so kurzer Zeit eine Feuersbrunst gewütet hatte, ließ ihm auch nach all den Jahren die Nackenhaare aufstellen.

Er warf einen Blick auf die sich nähernde Gruppe und versuchte sich einen Reim aus der seltsamen Zusammenstellung zu machen. Der Montaigner, der sich wie ein Pfau vor dem Wachmann aufgeplustert hatte, und der Eisenländer waren auf Grund ihres Auftretens leicht als Adelige zu erkennen gewesen. Die Frau allerdings schien aus einer gänzlich anderen Welt zu stammen, und doch schienen die Drei sich gut zu kennen und ein gemeinsames Ziel zu haben.

Kurz kam ihm der Gedanke in den Sinn, ob sie vielleicht deshalb so aggressiv auf seine Anwesenheit reagiert hatten, weil sie befürchteten, dass er in den Ruinen etwas finden könnte, was ihrer Meinung nach nicht gefunden werden sollte.

Dann besann er sich aber auf sein eigentliches Vorhaben, warum er hierher gekommen war und sprach den Wachmann an: "Könnt ihr mir sagen, ob es bei dem Brand Überlebende gab und wo sie medizinisch betreut werden?"

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