Nachdem die beiden Wanderer geklärt haben, dass sie beide Diener der Natur sind und der Erdmutter anhängen, nicht dem neuen Gott, den seine Anhänger "den Einen" nennen, läuft es sich doch schon gleich entspannter nebeneinander her. Das Bild ist dasselbe wie am Vortag: kein Mensch zeigt sich auf den Felder oder auf der Straße, kein Vieh ist auf den Weiden. Kurz nach dem ersten Abzweig, den sie unbeachtet ließen, denn er führt zum Gut des Fürsten, kommen die beiden an einem weiteren Hof vorbei, das Haus nur wenig größer als Gudfasts und Karlas, doch auch hier regt sich nichts. Gerissene Schafe liegen fliegenumschwärmt im Gras, die Tür zum Haus ist zerschlagen. Ein Blick hinaus bietet Grausliches: eine Familie wie jene, die Wulfgar und Arnvidh retten konnten, Eltern, ein Großmütterchen, zwei etwas ältere Kinder, tot und zerfleischt. Die Familie vom erwähnten "Nachbars Sohn"?
Den restlichen Weg legen die beiden schweigsam zurück, in ihren eigenen Gedanken versunken.
Während Arnvidh noch die Bilder verarbeitet, kommen ihm Zweifel, ob seine erste Einschätzung nicht voreilig war. Vor zehn Tagen hatte, laut Karla, das Unglück hier in der Gegend seinen Anfang genommen. Die Warenlieferung aber, deren Ausbleib er aufklären soll, ging vor nicht ganz zwei Monaten verloren. Im Heumond also, muss er sich klar machen. Nicht allzu lange nach Mittsommer. Ach herrje. Manchmal kommt es ihm vor, als sei sein Zeitgefühl völlig durcheinander geraten. Sich über die Jahreszeit behelfen zu müssen, um die Spanne von zwei Monaten zu begreifen! Denn die Jahreszeiten bereiten ihm keine Probleme. Da kann er genau sagen: es war im frühsten Sommer, als ich dies oder jenes tat, es gab schon Bärlauch im Wald. Oder: der Winter war gerade angebrochen, als dies oder jenes sich ereignete: die Wälder waren golden. Aber eine Aussage wie: vor zwanzig Jahren... früher hätte er kein Problem gehabt zu begreifen, wie lange das her ist, aber heute? Er bekommt es nicht zu packen. Wie alt war er vor zwanzig Jahren? Was hat er so getrieben, vor zwanzig Jahren?
Endlich kommen die ersten Häuser von Ansdag in Sicht. Die beiden Wanderer atmen auf – einerseits. Sie haben den Ort ohne weiteren Zwischenfall erreicht. Doch wie wäre hier ihr Willkommen?
Ein Blick, noch aus der Ferne, zeigt auch hier: menschenleere Gassen. An den Häusern sind Tür und Fenster verrammelt. Der Weg zur Heilerin führt entweder quer durch den Ort, oder man müsste einen Bogen um den Ort machen, um sich von der anderen Seite wieder zu nähern.