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Autor Thema: Kapitel 4: Der Geisterwald  (Gelesen 6326 mal)

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Mondragor

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #15 am: 16.08.2023, 23:39:07 »
Nachdem niemand der Anwesenden etwas erwiderte, wartete Chua geduldig, bis alle schließlich ihre Vorbereitungen abgeschlossen hatten. Denjenigen, die sich aus der bereitgestellten Kleidung bedienten, gab er einige Hinweise, wie die Gewänder zu wickeln und die Tücher zu binden waren, und nickte dann schließlich in jedem Fall zufrieden. Wer seine eigene Kleidung anbehalten wollte, musste sich kritischen Blicken stellen, denn jedes Bisschen Schmutz wurde von dem Haushofmeister - oder welche Stellung auch immer der Mann einnahm - angemahnt. Doch mit Hilfe von Solitaires Magie würden auch diese schließlich die Gnade eines Nickens erhalten, und so brach die Gruppe schließlich zu ihrer Audienz auf.

An zahllosen Wachen ging der Weg durch den Palast, bis sich plötzlich eine immense Halle vor ihnen erstreckte, die sicherlich hundert Schritte durchmaß. Es war ein surreales Erlebnis, denn die Helden wussten zunächst nicht, ob sie sich noch im Palast befanden oder schon wieder im Freien waren. Ein dampfender Teich bildete das Zentrum der Halle, der von Orchideenbeeten umringt war, und mehrere Kraniche stolzierten umher. Doch über ihnen spannte sich eine Decke, die fast vollständig von bunten Gebetsbändern vor ihren Blicken verborgen war.


Doch das womöglich Skurrilste an der Halle war der Thron des Herrschers selbst, zumindest für diejenigen, die einen Blick wagten, bevor sie von Chua energisch erinnert wurden, ihre Augen nicht auf den Herrscher zu richten. Am Rande des Teiches stand auf einem Podest ein riesiges Bett, garniert mit farbenfrohen Seidenstoffen und mehreren wunderschönen Frauen. Auf dem Bett saß ein voluminöser, lächelnder Mann, der nur knapp von einer Robe bedeckt war - offenbar der Prinz. Hinter diesem jedoch war der Gegensatz zu Prinz Batsaikhars Lächeln zu sehen, und die offensichtliche Drohung, was denjenigen blühen konnte, die den Prinz erzürnten: Eine große Gestalt in voller Samurai-Rüstung, die ein gigantisches Schwert gezückt hielt.

Garridan

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #16 am: 23.08.2023, 10:04:47 »
Garridan beäugte den Haufen Kleidung misstrauisch, aber er war auch neugierig. Warum nicht mal etwas neues ausprobieren. Außerdem waren die Kleidungsstücke frisch gewaschen. Also suchte er sich etwas aus, dass nicht zu bunt war, vielleicht etwas in eher dunklem Grün?

Als er fertig war sah er an sich herab und runzelte die Stirn. Shalelu hatte gerne Farbiges getragen, zumindest wenn sie zu Hause war. Warum also nicht. Er sah sich um, was die anderen sich ausgesucht hatten und irgendwann gingen sie dann los.

Er war beeindruckt von der Fremdartigkeit der Umgebung und hielt es für klug, sich hier eher anzupassen. Daher wollte er die Chuas Warnung ernst nehmen. Als sie dann aber in der Halle ankamen, war er zunächst völlig gefangen von dem Anblick und starrte erst einmal herum. Als sein Blick dann den "Thron" des Prinzen streifte erinnerte er sich aber wieder an die Worte und er senkte schnell den Blick und schwieg. Ein bisschen nach rechts und links ließ er seinen Blick aber noch wandern, so neugierig war er dann doch.

Mugin Sanderbarrel

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #17 am: 24.08.2023, 22:54:35 »
Mugin suchte sich ein paar Kleider aus die ihm gefielen. Möglichst bunt und extravagant sollten sie sein und gerne ließ er sich von Chua und den Dienerinnen beraten. Seinen Stirnreif und auch seine getönte Schutzbrille ließ er sich allerdings nicht ausreden.
Dem Eidolon ließ er auch ein paar der größeren Stoffe auflegen, befestigt an einigen ihrer Stacheln.

Als sie die Halle betraten war Mugin beeindruckt. Neugierig sah er sich um, aber hielt seinen Blick gesenkt als sie sich dem "Thron" näherten.
Mit ebenfalls gesenkten Kopf, schaute das Eidolon mit ihren pupillenlosen Augen allerdings in Richtung des Herrschers. So  erhaschte auch Mugin den Anblick des Prinzen durch ihre mentale Verbindung.

Solitaire

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #18 am: 27.08.2023, 13:13:50 »
Solitaire hatte nichts dagegen, sich an den bereitgestellten Kleidern zu bedienen. Bunt genug waren sie schließlich und mit vielen Tüchern, so wie es auch die Varisier mochten. Nachdem sie selbst und auch Chua zufrieden waren, ging es dann weiter. Sie war schon gespannt, was der Herrscher hier wohl für einer war, auch wenn sie nicht unbedingt einen positiven Eindruck erwartete.

An Reichtum mangelte es dem Prinzen sicherlich nicht. Aber viel mehr konnte die Varisierin auf Anhieb auch nicht entdecken, da sie sich an die Anweisungen hielt und daher in tief gebückter Haltung den Blick auf den Boden gerichtet hielt, abwartend wie es wohl weitergehen würde.

Phoebe war nicht zu sehen. Die Vogeldame hatte sich auf die Schulter der Zauberin zurückgezogen und war dort nur noch als Tätowierung zu sehen.

Mondragor

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #19 am: 27.08.2023, 15:43:37 »
Auch die anderen hielten sich an die Anweisungen, die Chua ihnen gegeben hatte, und so war es eine recht umfangreiche Gruppe von elf Personen, die sich nun auf Knien und gebeugten Hauptes dem Thron des Herrschers näherten: Mugin, Solitaire, Garridan, Kaschkas, Bard, Rumar, sowie Ameiko, Koya, Sandru, Shalelu und Cliff. Letzterer lag bäuchlings auf einer Art Brett mit Rollen und stemmte sich mit den Händen vorwärts, was auf dem ebenen Boden nicht einmal schlecht vonstatten ging - dennoch war die Art der Fortbewegung nicht gerade würdevoll. Ulf und die angestellten Fahrer der Karawane waren nicht unglücklich gewesen, dass sie als "Diener" nicht an dem Empfang teilnehmen durften. Und das Eidolon wurde als nicht mehr als ein Haustier wahrgenommen - ob es sich an die Regeln hielt, schien ohnehin niemanden zu kümmern.

Nur ein paar Meter jedoch mussten die Gäste sich auf dieser Art und Weise nach vorne bewegen, bis der Herrscher in die Hände klatschte und in der varisischen Allgemeinsprache rief: "Erhebt euch, liebe Gäste. Ich bin gespannt, eure Berichte und Erzählungen zu hören! Bringt Speis und Trank!" Er klatschte noch zweimal in die Hände, und mehrere Diener trugen Tische in die Halle, die sich unter der Last der auserlesensten Speisen bogen (oder zumindest nahmen die Gäste an, dass die Speisen auserlesen waren, denn sie dufteten herrlich. Auch Fässer mit verschiedenen Getränken sowie Bänke für die Besucher wurden herbeigetragen, während mit Ausnahme von Cliff alle vom Boden aufstanden und ihre verwunderten Blicke durch die Halle schweifen ließen. Der Halbling wiederum wurde erneut von Sandru zu einer der Bänke getragen - bis die Stimme des weiter lächelnden Prinzen wieder ertönte.

"Halt! Was ist mit diesem goldhaarigen Jüngling? Bring ihn zu mir!"
Sandru tat wohl eher aus Schock, wie ihm geheißen wurde, und für einen kurzen Moment herrschte Stille im Raum, als alle mit angehaltenem Atem der Dinge harrten, die folgen würden. Mehrere Diener sprangen eifrig und mit hoffnungsvollem Blick herbei, um Sandru den Halbling abzunehmen, und derjenige, dem dies tatsächlich gelang, ergriff den kleinen Mann mit triumphierendem Blick und trug ihn die letzten Stufen nach oben, um ihn auf das Bett des Herrschers zu setzen.
"Hier, neben mir. Richtet Kissen, so dass sein Rücken gestützt ist." Lächelnd wartete Prinz Batsaikhar ab, bis sein Diener alles nach seinen Vorgaben erledigt hatte, und wandte sich dann Cliff zu.
"Du, mein kleiner Freund, erhältst einen Ehrenplatz. Und wie ich sehe, bist du gar kein Jüngling, sondern ein erwachsener Mann!" Auch, wenn sich am Lächeln nichts änderte, schien der Prinz begeistert, diese Entdeckung gemacht zu haben. "Wie kommt es, dass du deine Beine nicht gebrauchen kannst? Ich werde meine Ingenieure anweisen, dir etwas zu konstruieren, womit du dich besser fortbewegen kannst als auf einem Brett mit Rollen."
Unvermittelt beugte sich der Prinz zu einem perplexen Cliff hinab und presste ihm einen feuchten Kuss mitten auf den Mund! Und während außer Cliff auch die anderen Gäste zwischen Überraschung und Entsetzen schwankten, schienen die umstehenden Diener, die ebenfalls den Atem angehalten hatten, allesamt angetan zu sein. Vereinzelt konnten die Gäste Tuscheleien wie "der Prinz ist gesegnet" vernehmen.

Als Cliff noch nach dem ersten Schock den Mund öffnete, um "Was zur ..." von sich zu geben und ihn dann schnell wieder zu schließen, war der Herrscher jedoch schon weiter.
"So lasst die Festivitäten beginnen! Esst, trinkt und fühlt euch wie zuhause. Doch bitte, erzählt mir alles von eurer Reise! Welche Abenteuer habt ihr unterwegs erlebt? Was führt euch den langen Weg in unser goldenes Land? Sprecht, sprecht!"

Solitaire

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #20 am: 29.08.2023, 15:28:44 »
Zumindest ist er großzügig, solange seine Laune gut ist... dachte sich Solitaire bei dem Schauspiel, was ihnen hier dargeboten wurde. Cliff tat ihr schon ein wenig leid, aber wenn die Ingenieure des Prinzen tatsächlich in der Lage waren, etwas für den Halbling zu tun, dann wäre das natürlich sehr erfreulich.

Spannende Geschichten von ihrer Reise wollte der Herrscher also hören. Nun, davon gab es sicherlich reichlich zu erzählen. Da sich niemand vordrängelte, gab Solitaire sich schließlich einen Ruck und stand auf.

Sie begann ihre Erzählung damit festzustellen, dass das Leben der Varisier vom Reisen geprägt war und sie aus reiner Reiselust in die weite Ferne reisten. Auch bunte Farben und fröhliche Feiern waren ihnen nicht fremd, aber es gab nichts, was sie allzu lange an einem Ort festhalten konnte, und sie folgten stets dem Ruf ihrer obersten Göttin, Desna, des Nordsterns, um immer wieder neue Länder kennenzulernen.

Dieses Mal hatten sie sich vorgenommen, das hohe Eis zu bereisen und zu sehen, was sich auf der anderen Seite befand. Und natürlich gab es zahlreiche Abenteuer auf der Reise zu bestreiten. Gleich zu Beginn schon fanden sie sich in der kleinen Stadt Iqaliat inmitten eines Komplotts verzettelt, denn der ortsansässige Schamane hatte große Pläne und war mit finsteren Kräften im Bunde. Unnatürliche Stürme peitschten über das eisige Land und sogar einen ausgewachsenen Drachen hatte er gegen die Bewohner der Stadt aufgebracht, indem er ihre Brut getötet hatte und dies den Einwohnern von Iqaliat in die Schuhe geschoben hatte. Hier gab es also bereits alle handvoll zu tun. Aber die findigen Varisier konnten den Schamanen durchschauen und schließlich auch stellen, um seinen Untrieben ein Ende zu bereiten.

Natürlich war Solitaire bemüht, ihre Erzählung von den Geschehnissen, die so auch wirklich stattgefunden hatten, besonders auszuschmücken und mit der entsprechenden Dramatik zu untermalen.

Garridan

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #21 am: 03.09.2023, 20:04:57 »
Der Eindruck, den Garridan auf dem Weg zum Thronsaal gewonnen hatte, passte zur Art, wie der Prinz sich verhielt. Er hatte zwar keine Gelegenheit darüber mit den anderen zu sprechen, aber spätestens nachdem sie gesehen hatten, wie er mit Cliff umgegangen war, hatten sicher alle eine Vorstellung davon, wie umfänglich der Prinz den Begriff Herrschaft verstand. Aber vielleicht hatte es am Ende auch etwas Gutes für Cliff zur Folge.

Garridan lauschte Solitaires Erzählungen neugierig und unterstützte sie zwischendurch durch nachdrückliches Nicken. Jedes Wort von ihm hätten ihrem Vortrag sicher nicht geholfen, also schwieg er. Er war gespannt auf die Reaktion des Prinzen. Da Solitaire eine exzellente Erzählerin war, machte sich Garridan keine Sogen, dass sie wegen einer langweiligen Geschichte geköpft werden würden. Aber Herrscher waren launig und wer konnte schon sagen, welche Art von Geschichte dem Prinz gefallen würden.

Also lehnte er sich zurück und wartete ab.
« Letzte Änderung: 25.09.2023, 09:46:00 von Garridan »

Mondragor

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #22 am: 14.09.2023, 00:47:16 »
Der Herrscher hörte Solitaires Geschichte aufmerksam und ausdauernd lächelnd zu, und auch Cliff schien sich irgendwann wieder einigermaßen gefasst zu haben und ergänzte die Erzählung gekonnt. Überhaupt schien der Prinz die ursprüngliche Faszination - oder was auch immer es gewesen war - für den Halbling verloren zu haben, war dafür aber immer fixierter auf Solitaire und unterbrach ihren Redefluss immer wieder, um ihr (wenn auch gesittete) Komplimente zu machen.

Als die beiden Varisier ihre Erzählung beendeten, klatschte der Herrscher vergnügt in die Hände, und fast konnte man auf die Idee kommen, er würde trotz seiner Masse aufspringen - was er dann jedoch unterließ.
"Hervorragend! Ihr MÜSST mir mehr erzählen, wenn auch zu einer anderen Zeit." Daraufhin erhob er seine Stimme ein wenig mehr und rief in einem offiziellen Tonfall: "Es sei allgemein bekannt gemacht, dass die Reisenden, die aus dem Norden zu uns kamen, hiermit offiziell den Status königlicher Gäste erhalten! Außerdem sollen ihnen zu Ehren an den nächsten fünf Abenden fünf Bankette stattfinden, fünf Feste von Hongal! Dort werdet ihr Vorführungen der begnadetsten Frauen und Männer des Landes, die feinsten Köstlichkeiten und die Großartigkeit Hongals erleben! Das erste Fest wird heute abend in diesem Palast stattfinden, und über die gesamten fünf Tage seid ihr Ehrengäste in meiner bescheidenen Behausung.

Doch nun ist es an der Zeit, dieses Mahl zu beenden; ich muss mich niederlegen, um meine Jugend und Schönheit nicht zu verlieren. Doch ich freue mich und bin gespannt auf den heutigen Abend!"


Damit war die Gruppe recht abrupt entlassen, doch plötzlich ertönte die Stimme Kaschkas zur allgemeinen Überraschung (und teilweise Entsetzen - würde der Herrscher eine solche Unterbrechung goutieren?):
„Eure Majestät, ich muss leider eine etwas unschöne Sache ansprechen: Ein Mitglied Eurer Familie hat, so schwer es mir fällt dies zu sagen, eine hohe Summe an Schulden bei meiner Familie angehäuft und ist dann geflohen, ohne diese zu begleichen. Ich habe ihn verfolgt, doch auf dem Weg wurde er von Yetis angegriffen und getötet.
Ich bin hier, um Euch einerseits über sein Ableben zu informieren und Euch seinen Besitz zu übergeben, andererseits jedoch auch, um eine Kompensation für das Gold einzufordern, das er mir und meiner Familie schuldet.“


Ein Moment unheilvoller Stille legte sich über den Raum, während der Prinz vor den Kopf gestoßen wirkte. Es kam sicherlich nicht oft oder eher niemals vor, dass er so angesprochen wurde, schon gar nicht von einem bürgerlichen Fremden. Doch zur allgemeinen Erleichterung schickte er nicht seinen Leibwächter, um dem ungeheuerlichen Halbork den Garaus zu machen, sondern winkte Chua herbei.
„Möge er prüfen, ob der Fremde die Wahrheit spricht.“

Damit war seine Aufmerksamkeit jedoch erschöpft, und eilig kamen Diener geeilt, um die Tafel abzuräumen und auch direkt aus der Halle zu tragen. Die Reisenden sammelten sich also recht schnell und verließen den Thronsaal, um zunächt wieder in ihre Gemächer zurückzukehren und das weitere Vorgehen hier in der Stadt zu besprechen. Mir Kachkas wurde von Chua gebeten, ihm zu folgen, um die Angelegenheit zu klären, die dieser gerade vorgebracht hatte.
« Letzte Änderung: 22.09.2023, 12:07:19 von Mondragor »

Solitaire

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #23 am: 02.10.2023, 16:39:37 »
Solitaire war froh, dass sie sich nun ersteinmal zurückziehen konnten. So sehr sich die Varisierin auch auf dem sozialen Parkett wohlfühlte, der Gedanke, was die Launen dieses Prinzen wohl noch so hervorbringen mochten, blieb stets erhalten. Solange sie ihn mit ihren Geschichten erfreuen konnten, war aber wohl wenig zu befürchten, und er würde sich hoffentlich von seiner besten Seite präsentieren. Die Eindrücke, die sie seit dem Eintreffen in der Stadt, gesammelt hatte, ließen allerdings auch wenig Zweifel daran, dass es auch andere Seiten gab. Davon zeugte auch die stets drohende Haltung des großen Leibwächters des Prinzen im Hintergrund.

"Eure Majestät, Ihr seid zu gütig. Wir freuen uns schon auf die sicherlich exquisiten Vorführungen der Talente Eures Landes."

Mondragor

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #24 am: 04.10.2023, 15:33:35 »
Doch Solitaires Worte hörte der Herrscher vermutlich bereits nicht mehr - oder verzichtete zumindest darauf, in irgendeiner Form zu reagieren. Die Gruppe kehrte also in ihre Gemächer zurück, in denen sie nun voraussichtlich die nächsten Tage hausen würden - doch in dieser Zeit würden sie auch Vorbereitungen für ihre Weiterreise treffen müssen. Denn so angenehm es war, nach der langen Zeit die Bequemlichkeiten der Zivilisation wahrnehmen zu können, so weit entfernt waren sie immer noch von ihrem Ziel.

Zunächst mussten sie also herausfinden, wohin sie als nächstes reisen mussten und welcher Weg dorthin führte. Denn niemand von ihnen, mit Ausnahme von Kaschkas, war jemals in Tian Xia gewesen oder hatte auch nur eine Karte dieses Kontinents gesehen. Ulf war zwar bereits mehrmals in Ordu-Aganhei gewesen, doch weiter als bis hierher hatte es ihn noch nicht verschlagen; und Kaschkas kam aus dem tiefen Süden des Kontinents und hatte zwar von Minkai gehört, doch das Land war selbst in seiner Heimat mythenumwoben.

Unwillkürlich mussten sie an Arashi denken, der sie von Avistan aus eine Weile begleitet hatte. Er stammte aus Minkai und sein Wissen hätte ihnen auf dem weiteren Weg sicherlich vieles erleichtert. Doch er hatte sich in Iqaliat zusammen mit Jehanna von der Karawane getrennt, und jeder der Reisenden hatte seine eigene Bewertung der Begründung, die die beiden damals geliefert hatten.[1]

Eine Dienerin hatte sie zurück zu ihren Gemächern begleitet und unterwegs mit einigen weiteren Informationen gefüttert: Zunächst einmal konnten sie sich frei im Palast und innerhalb der Stadt bewegen (sie konnten natürlich auch die Stadt verlassen, so sie das wollten, doch dort konnte für ihre Sicherheit nicht mehr garantiert werden). Doch es wäre eine tödliche Beleidigung des Prinzen, sollten sie nicht zu den abendlichen Festen erscheinen, die extra zu ihren Ehren veranstaltet würden. An jedem der nächsten fünf Tage (einschließlich heute) fände ein Fest im Palast statt. Zu jedem Fest gehörte ein Festmahl mit speziellen Köstlichkeiten aus Hongal und zu jedem Fest außerdem ein eigenes Unterhaltungsprogramm. Das heutige Fest bekam den Namen "Das Fest der Drei" und würde zum Sonnenuntergang im Palast beginnen.

Während die Gruppe noch dabei war, diese Informationen zu verdauen und zu beraten, was sie bis zum Fest tun wollten, betrat Kaschkas den Gästetrakt, der vorher zusammen mit Chua den Thronsaal in eine andere Richtung verlassen hatte. Der Ausgang des Gesprächs schien jedoch nicht ganz seinen Erwartungen entsprochen zu haben, denn er blickte etwas bedröppelt drein, als er den Raum betrat - gefolgt von einem finster dreiblickenden Menschen mit dunklem, schulterlangem Haar und einem gepflegten Bart, den man mit gutem Recht als auf eine raue Art gutaussehend bezeichnen konnte.

Als die neugierigen Blicke der Anwesenden sich auf die beiden gerichtet hatte, begann Kaschkas etwas zögerlich zu sprechen. "Das ist Sābanto. Er gehört jetzt mir ... also irgendwie." Er blickte unsicher auf Ameiko. "Also nein, so ist es nicht. Er ist kein Sklave ... denke ich. Oder doch irgendwie. Ich hab es nicht ganz verstanden. Sābanto, willst du es nicht erklären?"
Kaschkas zögerte kurz, ging dann die wenigen Schritte auf Ameiko zu und drückte ihr einen Ring in die Hand.
"Ich möchte das nicht, und ich denke, ich werde mich wieder auf den Weg in den Süden machen, sobald diese Feste vorbei sind. Wenn ich richtig verstanden habe, bist du von Adel. Nimm du diesen Ring, du kannst sicher besser mit einer solchen Verantwortung umgehen."
 1. Hier ein kleiner Versuch, das Kapitel "Jehanna" und "Arashi" zu schließen, denn mir ist aufgefallen, dass die beiden niemals in-game wirklich die Gruppe verlassen hatten. Sie waren bis Iqaliat noch dabei, danach hat man nie wieder von ihnen gehört. Sie sind also offiziell in Iqaliat geblieben, und jeder kann sich selbst überlegen, ob sie ihre ewige Liebe füreinander entdeckt haben und beschlossen haben, dort sesshaft zu werden und eine Familie zu gründen, oder aus welchem anderen Grund sie der Gruppe abhanden gekommen sind ;)

Solitaire

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #25 am: 04.10.2023, 21:49:35 »
Als sie ersteinmal wieder unter sich waren, schlug Solitaire vor, dass man in der Stadt - sofern es hier entsprechend wohlhabende Händler gab - einige ihrer Fundstücke veräußern könnte. Da gab es durchaus einiges, was vermutlich niemand in der Gruppe so richtig verwenden konnte. Und mit den sich daraus ergebenden Geldmitteln, konnten sie höchstwahrscheinlich mehr anfangen, beispielsweise magische Gegenstände erwerben, oder Materialien zur Herstellung selbiger[1].
 1. Schaut gerne auch nochmal in die Gruppenkasse rein, ob da etwas ist, was für euch sinnvoll wäre.

Sābanto

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #26 am: 06.10.2023, 15:06:55 »
Sābanto folgte Kaschkas ruhig in den Raum hinein. Er stand leicht versetzt hinter ihm, beim Laufen hielt er seine Hände vor seiner Körpermitte, die Handfläche seiner rechten Hand auf dem Handrücken der Linken  ruhend. Sobald sie zum Stehen kamen strich Sābanto mit einer Hand seine Kleidung glatt. Es war eine antrainierte Handlung, nichts durfte ihm im Notfall daran hindern seine Waffe zu ziehen; auch wenn hier im Palast vermeintlich keine Gefahr drohte.

Anscheinend kannte dieser Kaschkas diese Leute in dem Raum. Er musterte sie alle nacheinander kurz. Es dauerte einen kurzen Augenblick bis Sābanto realisierte, dass er angesprochen wurde. Wäre er nicht aus Tian wären ihm wohl die Gesichtszüge entglitten als der kleine goldene Ring zum zweiten Mal an einem Tag den Besitzer wechselte.

Als der Ring in Ameikos Hand lag kniete sich Sābanto auf den Boden, wobei seine Fußrücken gerade auf dem Boden lagen, seine Hände bildeten von seinen Knien ein Dreieck und seine Stirn lehnte auf den Fingerspitzen seiner Zeigefinger. Ein paar Sekunden verharrte der Mann in dieser Position, dann richtete er seinen Oberkörper wieder auf, wobei er Ameiko nicht direkt anschaute, sondern sein Blick auf den Boden vor ihm gerichtet blieb.

Mein Name ist Sābanto, Diener in eurer Sprache, Onna-Shujin[1]. Meine Ehre ist die eure, gebietet über mich.", anscheinend war er nicht gewillt weiter zu sprechen. Also wiederholte Ameiko die Aufforderungen die Situation zu erklären.

Für den Bruchteil einer Sekunde war Verwirrung auf Sābantos Gesicht zu erkennen. "Es gibt eine Ehrenschuld meiner Familie.", begann der Mann, ohne vom Boden aufzuschauen: "Bis diese getilgt ist besitzt, wer auch immer diesen Ring besitzt meine Ehre und ich diene dieser Person, euch Onna-Shujin."
 1. Tian für Herrin

Solitaire

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« Antwort #27 am: 06.10.2023, 15:50:56 »
Die haben hier schon sehr andere Sitten als bei uns... dachte sich Solitaire.

Würden sie dem Mann vertrauen können? Vor allem, wenn sie erst einmal wieder unterwegs waren. Das würde sich wohl zeigen müssen. Auf jeden Fall wirkte er kompetent.

"Und wie entscheidet es sich, wann Deine Schuld getilgt ist? Wer entscheidet darüber? Deine Herrin oder Dein Herr? Wenn dem so ist, müsste der- oder in unserem Fall diejenige doch auch wissen, was diese Schuld genau ist, oder? Um dies abzuwägen."

Die Worte fielen der freiheitsliebenden Varisierin nicht leicht, wenn es nach ihr ging, hätte man ihm gleich auf der Stelle die Freiheit geschenkt, doch wollte sie den Mann auch nicht beleidigen, dessen Familienehre ihm sicherlich außerordentlich wichtig war.

Sābanto

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« Antwort #28 am: 06.10.2023, 16:58:01 »
Sābanto schaute nicht auf als Solitaire sprach. Erst als Solitaire geendet hatte wanderte sein Blick etwas in Richtung Ameiko, sodass er ihr Gesicht im äußeren Blickfeld sehen konnte, ohne sie direkt anzuschauen. Nachdem Ameiko kurz genickt hatte wanderte sein Blick wieder auf den Boden.

"Mein Vater war Leibwächter. Er versagte. Seine Ehre war verloren, sein Leben verwirkt. Doch anstatt Seppuku[1] entschied er sich dafür zu fliehen. Nun schuldet die Familie Ehre. Meine Ehre wird wieder hergestellt sein, wenn meine Onna-Shujin[2] meinen Dienst als vollbracht ansieht. So lange gehört meine Ehre und mein Leben euch, Onna-Shujin."

Wieder erstarrte der Mann, fast einer Statue gleich.
 1. ritueller Selbstmord aufgrund von Pflichtverletzung
 2. Tian: Herrin

Mondragor

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Kapitel 4: Der Geisterwald
« Antwort #29 am: 07.10.2023, 14:05:32 »
Ameiko hatte geschwiegen, als Kaschkas ihr den Ring übergeben hatte, und auch den Worten Sabantos hatte sie schweigend gelauscht. Nun jedoch erhob sie das Wort: „Du stammst aus Minkai?“

Es schien eher eine Feststellung zu sein denn eine Frage - dennoch wartete sie auf eine Antwort.

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