Er glitt über den Markt Nerils und bewegte sich, als sei er immer in Schatten gehüllt, obwohl es auf dem Platz so gut wie keine gab. Trotz des schlechten Wetters, drängten sich auf dem offenen Markt Menschen, Zwerge und weitere Halblinge - so wie immer. Schreiende Händler feilschten mit ihren Kunden lautstark um jedes Kupferstück. Diebe schoben sich an die besten und belebtesten Stellen, wo sie, ohne bemerkt zu werden, die Haltebänder von Geldbörsen durchschneiden und in einer wogenden Masse leuchtender Farbe und flatternder Mäntel untertauchen konnten.
Ferrus machte die Diebe mit Leichtigkeit aus, schließlich hatte er selbst einmal damit angefangen. Mittels eines Blickes erkannte er, wer zum Einkaufen hier war und wer zum Stehlen, und er wich letzterer Gruppe nicht etwa aus, sondern wählte seinen Weg ganz im Gegenteil absichtlich so, dass er in der Nähe eines jeden Diebes gelangte, den er entdeckte. Er schob seinen dunklen Umhang zurück, sodass der prall gefüllte Geldbeutel an seiner Seite sichtbar wurde -
- und gleichfalls seine kunstvoll verzierten Dolche, der seine Börse und sein Leben vollständig beschützte. Die Dolche waren sein Markenzeichen und mitunter gefürchtete Klingen in all den gefährlichen Straßen Nerils.
Ferrus genoß den Respekt, mit dem die jungen Diebe ihm begegneten, und mehr noch: Er forderte ihn nachgerade. Er hatte seinen Ruf als Auftragsmörder schon über vier Jahre hinweg errungen, doch auch er veränderte sich und verlor möglicherweise seinen besonderen Funken an Brillanz. Und so trug er eine freche Sorlosigkeit zur Schau - weit mehr, als er es in früheren Tagen getan hatte - und forderte sie alle heraus, es mit ihm aufzunehmen.
Er überquerte die belebte Straße und ging auf eine kleine Taverne zu. Das Lokal wimmelte von Leuten, doch Ferrus entdeckte sofort seinen Kontakt, den leicht untersetzten Halbling Jeril mit dem unvermeindlichem breitem Grinsen. Ferrus steuerte direkt auf ihn zu, blickte ihn dabei starr an und stellte fest wie unbehaglich der Halbling stehts wirkte.
"Was hälst du von einem neuen Auftrag?" fragte Jerill scheinheilig, während sein schon breites Grinsen noch breiter wurde. Als Ferrus das Wort Auftrag hörte, kniff er seine grünen Augen zusammen und legte seinen Kopf schief: "Auftrag? Welcher Art?" Er hatte schon seit längerer Zeit keinen, einen, seiner Würde entsprechenden Auftrag ausgeführt. Auch wurde schon langsam sein Vermögen knapp. "Das wirst du wohl selbst herausfinden müssen" entgegnete ihm Jerill geheimnisvoll. "Ich habe mitbekommen, wie drüben im goldenen Krug, jemand ein paar Leute angeworben hat, es soll dabei eine ganze Menge Geld 'rausspringen." Bei dem Wort "Geld" zwinkerte er Ferrus wohlwissend zu. "Eine Menge Geld sagst Du? Und wie viel ist eine Menge?" entgegnet ihm Ferrus zweifelnd. "Doch nicht dasselbe Fiasko, wie beim letzten Mal, oder? Weißt Du eigentlich, dass ich für drei Goldstücke fast meinen Kopf und Kragen riskiert habe?! Da hast Du auch von einer 'lukrativen Beute' gesprochen."
Jerill, ein wenig eingeschüchtert: "Nein, diesmal ist alles anders. Dieser Riese sprach von einer vierstelligen Summe"...tief im Gespräch versunken merkte er gar nicht wie spät es wurde. "Sag' mal wann sollte denn das Treffen stattfinden?" Jerill ausweichend: "Naja...so um die zehnte Abendstunde." "Heute abend zur zehnten Stunde?" verärgert springt der Habling auf und stürmt aus der Taverne um den Auftraggeber noch zu erreichen.
Im goldenen Krug angekommen, findet er keinen Riesen, der auf die Beschreibung Jerills passt, und nach einigen Fragen bekommt er heraus, dass er mit fünf anderen die Taverne vor einer guten Zeit verlassen hat. Sichtlich enttäuscht bestellt er sich ein Met, als er sieht wie ein Hühne die Taverne betritt. Er winkt ihn zu sich...