Endlich! Die Stimmung mag feierlich sein, große Taten mögen in unmittelbarer Vergangenheit liegen, Stoff für Legenden und Lieder, so kostbar, dass Geschichtenerzähler und Liedermacher sich erbittert streiten könnten derowegen - was Moe ir'Vanu, bekannt als Moe Frühlingswind jedoch vor allem verspürt, ist Erleichterung. Und gewissen Stolz und Selbstzufriedenheit ebenfalls.
Als verzweifelte Söldnerin hat sie angefangen, und nun hat sie als eine der wenigen überlebt, die den Frieden in Khorvaire verteidigen durften. Die Hexenmeisterin kann nicht umhin, sich in Überheblichkeit zu suhlen. Trotz der Schmerzen besucht sie allerlei angesehene Heiler mit hoch erhobenem Haupt, gekleidet in neue, farbenprächtige Roben - die vom Kapitän d'Lyrandar erbetenen drei Tage Bedenkzeit lässt sie nicht ungenutzt verstreichen.
Verwunderlich wirkt es allerdings kaum, als die junge rothaarige Frau am Mittag des dritten Tages an Bord der 'Golden Dragon' auftaucht, sich uneiligen Schrittes, an den alten Wanderstab gestützt zur Brücke begibt und den Kapitän zu sprechen verlangt.
"Sir d'Lyrandar, ich denke, ich habe mich entschieden. Ich möchte Euer freundliches Angebot annehmen und meine arkanen Künste zum Wohle der alten Lady einsetzen."
Wirklich, irgendwer sollte auf dieses Ding aufpassen, und vor allem auf das Personal - die Zauberin ist davon überzeugt, genau die Richtige für diese Aufgabe zu sein. Auch wenn sie sich abermals bei hochnäsigem Gebaren ertappt.
Der Vertrag ist bald unterschrieben, und der viel versprechenden Weltreise steht nichts mehr im Wege! Nur noch eine Kleinigkeit erledigt Moe, bevor sie sich bereit erklärt, Sharn wieder zu verlassen: aus den besten Salons der höheren Gesellschaft beschafft sie sich Neuigkeiten aus Aundair, genauer gesagt, von einer gewissen Landadel-Familie. Zwar erwartet sie nicht, daheim vermisst zu werden, ein wenig bitter wird es ihr jedoch schon zumute, als sie erfahren muss, dem sei offenbar so.
Nur keine Sorge, Klein-Moe wird euch früh genug besuchen kommen!, fühlt sie ihren auf Xen’drik noch gefassten Entschluss bestärkt. Als sie das nächste Mal an Bord der ‚Golden Dragon’ geht, hat die Hexerin die Stadt der Türme bereits satt und ist bereit für eine Fahrt in die Ferne - vor allem nach Valenar. Getrieben nicht nur vom Bedürfnis, ein wirksames Heilmittel zu finden, zu dem ihr ein Valenarelf den Vorgeschmack gegeben hat, sondern auch von der puren Faszination von diesen grazilen Wesen, träumt sie von einem unfernen Aufbruch.
Sie träumt nun öfter, nicht mehr so arg von Schwäche, Fieber und Husten geplagt wie einst.
Sie träumt, erfüllt von der Kraft ihrer geheimnisvollen Ahnen und des altehrwürdigen Erben Xen’driks.
Sie träumt nicht immer glücklich, auch die toten Gesichter ihrer kurzzeitigen, doch so leidenschaftlich kämpfenden Gefährten finden sich ihren Weg in Moes Träume.
Sie träumt dennoch, voller Zuversicht, dass ihre Zeit bald kommen würde.
Solange ich lebe, wünsche ich mir meinen schönen Ort in der Welt zu finden…