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Autor Thema: Pars Prima: Urbs Sigena  (Gelesen 29900 mal)

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Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #165 am: 01.12.2007, 11:49:51 »
Die Mater wirkte etwas verwundert ob der Fragen, die Navariel ihr stellte.

"Der Zehnt? Er wird schon seit jeher gefordert. Er ist eine der Grundfesten, auf denen die Kirche steht. Es wundert mich, dass das nicht Teil eurer Ausbildung war. Als ich in Nürnberg auf meine jetzige Aufgabe vorbereitet wurde, war klar, dass ich den Eltern der mitgenommenen Kinder Trost spenden würde müssen."

Als die Sprache auf ihre eigenen Kinder kam, stockte sie kurz.

"Zwei meiner eigenen Kinder haben die Beutereiter mitgenommen. Ich erinnere mich noch genau, es war eine dunkle Nacht wie diese, und der Komtur- nicht derselbe, der heute die Aufgabe wahrnimmt - wählte ohne zu zögern meine beiden Zwillinge aus. Es war der einzige Tag, an dem mir selbst Zweifel kamen, doch habe ich es überwunden, in der Gewissheit, dass es ihnen als Monachen und Beginen im Dienst der Kirche weitaus besser geht als hier. Wiedergesehen habe ich aber keinen von beiden."


Bei den letzten Sätzen wurde die Stimme der Mater zittrig, und Navariel konnte eine einzelne Träne in ihren Augen entdecken.

Währenddessen hörte man den Komtur der Rotte wieder laut lachen.

"Meinen Namen willst du wissen? Massimo di Firenze. Zufrieden? Oder willst du noch die Namen eines jeden einzelnen aus meiner Rotte?"
, antwortete er Artael zunehmend ungeduldiger.

Ohne eine Antwort abzuwarten fuhr er fort:
"Ich wäre sehr dankbar, wenn du meine Rotte weiter ihre Arbeit machen lassen würdest. Wir haben in dieser Nacht noch zwei weiteren Dörfern unsere Aufwartung zu machen."
And the rain tossed about us, in the garden of the world,
But a flame arrives to guide us, cast in gold between the anvils of the stars.
- Caliban's Dream

Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #166 am: 02.12.2007, 12:57:08 »
Mit einem Nicken nahm Navarìel die Erklärung der Mater hin, auch als sie von ihren eigenen Kindern erzählte.

Dennoch wandte sie sich in Gedanken an Artael:
*Seit jeher, Artael. Schon immer kamen die Männer der Kirche und holten die Kinder. Auch die Kinder der Mater gingen einst mit ihnen.*

Trauer klang in den Gedanken Navarìels mit, die erkannte, dass das Leben der Menschen viele Entbehrungen beinhaltete und dass sie selbst noch viel lernen musste.

"Ich danke euch, Mater, für eure ehrlichen Worte." Ein Nicken zurücklassend, drehte sich Navarìel um und ging langsam in Richtung ihrer Schar zurück.
'Sie mussten die Kinder wohl gehen lassen.', dachte der Engel.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #167 am: 15.12.2007, 10:11:59 »
Froh, nicht weiter von den Engeln belästigt zu werden, fuhr der Beutereiter weiter in seinem Tun fort. Nach einer Weile hatte er anscheinend genug Kinder ausgewählt, und ließ seine Rotte wieder aufsitzen. Die ersten Reiter preschten schon los, als der Anführer der Reiter sein Pferd nocheinmal umwandte und Artael ansah. Der Zorn, der eben noch in seinem Gesicht stand, war verflogen, stattdessen sah er den Engel nachdenklich an.

"Lasst mich euch noch einen Rat geben: Vertraut nicht allzu sehr darauf, dass die Welt so ist, wie es euch beigebracht wurde. Möglicherweise findet ihr Wahrheiten, die euch nicht gefallen. Lebt wohl."

Mit diesen Worten trieb er seinem Pferd die Hacken in die Flanken und ritt davon, in die Dunkelheit. Nach einer Weile war nur noch das entfernte Trappeln der Hufe zu hören sowie das leise Wimmern der Mütter, deren Kinder die Beutereiter mitgenommen hatten.
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Artael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #168 am: 15.12.2007, 12:51:50 »
Artael blickte den Männern noch eine Weile hinterher. Sie hatte sich nicht durchgesetzt und fühlte sich deswegen ein wenig gedemütigt. Doch die Trauer um die Kinder und der Zorn über diese Ungerechtigkeit überwiegten eindeutig. Schlecht gelaunt drehte sie sich um, um ins Innere der Hütte zu gelangen. Dabei teilte sie den anderen noch mit:

*Wir wissen, zu wem die Kinder gebracht werden und wir werden bei den entsprechenden Stellen nachfragen, ob das soweit rechtens ist. Wir haben schon mehr als genug Zeit verloren und nachdem wir jetzt alle wach sind, können wir auch gleicht weiter reisen. Viel Schlaf werden wir heute ohnehin nicht mehr finden. Ich gehe hinein und packe unsere Sachen, es wäre sicher nicht schlecht, wenn derweil jemand die Menschen tröstet und ihnen mitteilt, dass wir aufbrechen.*


Artael war sich darüber im Klaren, dass letzteres eigentlich mit zu ihren Aufgaben gehörte. Doch sie wollte jetzt erstmal alleine sein und hoffte, bald durch die Luft fliegen zu können und die kühle Nachtluft auf ihrem Gesicht zu spüren.

Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #169 am: 20.12.2007, 13:26:43 »
Mehr gleichgültig als interessiert nahm Navarìel das Abziehen der Männer hin, als Artael ihre Worte an die Schar übersandte.

Dann nickte sie ihr zu und ging sogleich in ihre Unterkunft. Dort griff sie schnell nach dem Beutel und ihrem Stab, welche bereits beide vorbereitet auf ihrer Schlafstätte lagen, dann drehte sie sich um und verließ das Haus wieder mit den Worten, der Mater des Dorfes ihren Aufbruch anzukündigen.

Eiligen Schrittes ging sie wieder auf den Dorfplatz, wo sie die Dorfvorsteherin beim Trösten der Menschen und zerrissenen Familien vermutete.
Sie ließ der Frau noch genügend Zeit, einer schluchzenden Mutter über den Verlust ihres Kindes hinwegzutrösten, bevor sie sich an sie wand:
"Mater? Nur einen Augenblick. Meine Schar bedankt sich von ganzem Herzen bei eurem Dorf. Habt Dank für die Schlafstätte und den Gottesdienst, welcher mir sehr gefiel. Bleibt im Glauben an Gott so stark wie bis jetzt. Doch wir müssen aufbrechen."

Aus dankbaren Augen blickte die Ramielitin die Frau an, eine Hand den Stab haltend, die andere an ihrer Seite baumelnd.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #170 am: 21.12.2007, 16:23:52 »
Die Mater wandte sich gerade von der schluchzenden Mutter ab, als sie Navariels Anwesenheit bemerkte.

"Ihr wollt bereits aufbrechen? Obwohl es finsterste Nacht ist? Naja, ich denke, ihr werdet wissen, warum. Lasst mich euch noch einmal meinen Dank aussprechen. Ohne euch wären wir verloren gewesen."


Der Blick der Mater sprach Bände, wenn ihr kein Engel gegenübergestanden hätte, wäre sie Navariel wohl vor Dankbarkeit um den Hals gefallen, so jedoch sah sie, leicht betreten, zu Boden.
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Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #171 am: 22.12.2007, 13:08:11 »
"Ja, wir müssen weiter. Führt eure Gemeinde weiterhin so gut und seid ihr ein Trostspender wie bisher, Mater."
Ein aufmunterndes Lächeln begleitete die Worte der Ramielitin.

Nickend wandte sich Navarìel von der Dorfvorsteherin ab, jeden zweiten Schritt mit ihrem Stock begleitend, ging sie schließlich zu ihrer Unterkunft zurück, um vor der Hütte auf das Heraustreten der anderen Engel zu warten, um mit ihnen weiter auf ihrer Reise zu ziehen im Nachthimmel.

Artael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #172 am: 23.12.2007, 10:44:08 »
Als Artael ihre Sachen gepackt hatte, trat sie wieder hinaus in die Nacht. Sie wirkte immer noch bedrückt, doch strahlte ihr Gesichtsausdruck auch Entschlossenheit aus. Nachdem sie sich kurz umgeblickt hatte, schritt sie auf die Mater zu. "Wir werden nun aufbrechen. Ich danke Euch vielmals für Eure Gastfreundschaft. Bahaltet Euren starken Glauben und führt Eure Gemeinde weiterhin so gut. Gott legt uns viele Prüfungen auf, doch wer seinen Glauben behält, kann sich auch seiner Hilfe gewiss sein., sagte sie zu der Mater. Dass sie vorhatte, sich wegen den Kindern zu erkundigen, ob dies rechtens sei, verschwieg sie um der Frau keine Hoffnungen zu machen, die womöglich nicht erfüllt würden. Zum Abschluss lächelte sie der Mater noch einmal aufmunternd zu und wandte sich dann ihrer Schar zu. *Lasst und aufbrechen!*

Artael stieß sich kräftig vom Boden ab und flog einige Meter nach oben. *In welche Richtung müssen wir?*, erkundigte sie sich, während sie die kühle Nachtluft genoss.

Camael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #173 am: 29.12.2007, 22:26:01 »
Camael beobachtete die gesamte Szenerie, ohne ein Wort darüber zu verlieren. Er sprach selten über seine Gefühle und auch im Trösten der Menschen hatte er kein besonderes Händchen dessen war er sich sicher.

*Wohin bringt uns unsere Reise nun? Nach Genova oder nach Urbs Sigeria?, fragte er Artael.

Artael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #174 am: 31.12.2007, 18:52:42 »
*Nach Urbs Sigeria.*, antwortete Artael knapp, begründete ihre Antwort nach einer kurzen Pause jedoch noch: *Wir haben versprochen, uns so schnell wie möglich dort hinzu bewegen und wegen dem Bischof aus Genova sollten wir ohnehin nicht auf eigene Faust agieren, sondern zuerst mehr darüber erfahren und hohen Würdeträgern von unserem Erlebnis berichten.*

Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #175 am: 02.01.2008, 11:04:00 »
Kurz blickte Navarìel den beiden Engeln nach, wie sie sich vom Boden abstießen, nickte dann noch einmal aufmunternd in Richtung Mater, welche zufällig das Starten der Engel mit anblickte, dann erfolgte auch ein kräftiger Flügelschlag der Ramielitin und sie erhob sich in die Lüfte, um Artael und Camael einzuholen.

*Es heißt Sigena*, meint Navarìel mit einem Lächeln, als sie Artael und Camael eingeholt hat. Dann bereitete sich auf einen weiteren, langen Flug vor.

Camael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #176 am: 02.01.2008, 13:23:48 »
* Wir fliegen von hier aus nun weiter nach Bergamo, wo wir an unsere ursprüngliche Route anknüpfen werden und dieser folgen werden. Also müssen wir nach Norden fliegen.*
Camael wartete auf das Nicken von Artael, bevor er seine Flügel ausbreitete, kurz in der Luft absackte, um dann wenige Sekunden später wieder in luftige Höhen aufzusteigen. Er orientierte sich schnell und flog dann Richtung Norden. Er schaute öfters nach hinten, um sich zu vergewissern, dass seine Schar noch hinter ihm war.

Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #177 am: 07.01.2008, 01:36:57 »
Navarìel versuchte, so gut sie konnte, sich an die Fersen Camaels zu heften, um möglichst gut mit dem flinken Engel mitzuhalten. Ab und an fiel sie zwar einige Meter zurück, jedoch verlor sie nie den Anschluss an die Schar. Ansosnten war die Ramielitin während des Fluges recht ruhig, zu viel ging wohl im Kopf des jungen Engels vor, während unter ihr die Felder und Äcker dahnzogen.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #178 am: 07.01.2008, 17:31:58 »
Eintönigkeit machte sich unter der Schar breit, während sie viele, viele Kilometer ohne bedeutende Ereignisse zurücklegten. An ihnen zogen schneebedeckten Gipfel der Weißalpen Raphaelslands vorbei, die grünen Hänge des Schwarzwalds, die blauen Weiten des Rheinmeeres.

Einzig das Wetter bildete eine unangenehme Konstante. Stetig prasselte der Regen aus dicken, grauen Wolken auf die Erde, ganz so als hätte Gott die Schleusen des Himmels geöffnet um eine weitere Flut hervorzurufen. Das war natürlich Unsinn, wusste doch jeder, dass Gott die Engel auf die Erde geschickt hatte, um die Menschen genau vor diesem Schicksal zu bewahren und sie auf den rechten Weg zurückzuführen. Dennoch konnte man sich beim Anblick des nassen Landes, der unzähligen kleinen Seen, unterbrochen von sumpfigen Feldern und schlammigen Wegen, dieses Eindrucks kaum erwehren. Auch die Engel waren von Kopf bis Fuß bis auf die Knochen durchnässt. Schwer klebten die vollgesaugten Waffenröcke an ihren Körpern, die Haare hingen in schweren Strähnen an ihnen herab, versperrten die Sicht, das Wasser lief in Bächen an ihnen herunter. Keine gute Zeit, eine solch weite Reise zu unternehmen, doch hatten sie eben genau diesen Auftrag bekommen...
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Camael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #179 am: 07.01.2008, 17:44:45 »
Immer wieder wischte sich Camael das Regenwasser aus dem Gesicht, dass seine Sicht trübte. Lange dürfte unsere Reise nicht mehr dauern, dachte er sich. Wenn das Land unter ihm mal wieder nicht mehr als Eintönigkeit preisgab, musste er an den Gottesdienst der Mater denken, der so anders, als alles bisher erlebte war.

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