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Autor Thema: Pars Prima: Urbs Sigena  (Gelesen 29958 mal)

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Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #135 am: 28.10.2007, 19:43:48 »
Navarìel hatte sich im Schneidersitz auf einem der Betten niedergelassen und ruhte sich aus, als Artael die Aufgaben verteilte. Sie teilte ihr Einverständnis mit einem kurzen Nicken mit und war froh, die erste Wache übernehmen zu können, sodass sie danach durchschlafen konnte.

Als die Mater eintrat, blieb Navarìel jedoch zuerst noch auf der etwas weichen Matratze sitzen und erst als Artael sich entschloss, der Frau zu folgen, stand Navarìel vom Bett auf und ging hinter der Michaelitin her, um in Richtung des kleinen Gotteshauses zu gehen. Nur kurz blickte sie sich um, ob die anderen ihr folgten, dann richtete sich ihr Blick wieder nach vorne, bis sie die Behausung verlassen hatten. Fortan wanderten ihre Blicke umher. Sie konnte das Interesse an den von Menschenhand gebauten Gebäuden nicht verleugnen. Ebensowenig, wie es offenkundlich war, dass sie sich sehr für das Wissen der Menschen interessierte.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #136 am: 28.10.2007, 21:44:21 »
Der Blick der Mater war nach Artaels Worten voller Unverständnis. "Wir halten alle unsere Gottesdienste zur Ehre des Herrn ab. Aber was könnte falsch daran sein, seine gesegneten Diener auf Erden besonders in die Gebete einzuschließen?"

Dann schob sie diese theologische Diskussion in ihren Gedanken etwas beiseite und widmete sich wieder praktischeren Gedanken. "Selbstverständlich, dann nur Wasser, wie ihr wünscht."

Dann eilte sie in Richtung Kirche, wohin auch schon vereinzelt weitere Dorfbewohner schritten, nicht ohne verstohlen zu jener Hütte zu blicken, in der die Engel untergebracht waren. Artael und die anderen Engel folgten der Mater zur kleinen, hölzernen Kirche in der Mitte des Dorfs. Die Kirche bot vielleicht Platz für fünfzig Menschen und war sehr spartanisch eingerichtet, dennoch zeugten die wunderschönen Bilder - die anscheinend größtenteils Heilige der Angelitischen Kirche zeigten - an den Wänden von einer tiefen Hingabe an den Angelitischen Glauben - wie sie typisch für Michaelsland war. Unzählige Kerzen erhellten das Kirchenschiff, und von draußen, von oben von dem kleinen, gedrungenen Kirchturm herunter, drang das einsame Schlagen der kleinen Glocke, die die Dorfbewohner in die Kirche rief.
And the rain tossed about us, in the garden of the world,
But a flame arrives to guide us, cast in gold between the anvils of the stars.
- Caliban's Dream

Artael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #137 am: 31.10.2007, 18:02:55 »
Artael folgte der Mater zur Kirche. Als sie das kleine Gebäude betrat, verspürte sie Ehrfurcht und auch ein wenig Rührung über den Glauben der Menschen. Auch wenn sie nicht viel Materielles besaßen, war es ihnen gelungen, eine würdige Kirche zu errichten. Die Michaelitin drehte sich kurz lächelnd zu ihrer Schar um, damit sie sehen konnte, ob es den anderen ähnlich erging.
Dann suchte Artael sich einen Platz am Rand und setzte sich. Fasziniert betrachtete sie die Bilder und nahm auch sonst alles mit großem Interesse auf. Ihr Blick schweifte immer wieder aufs Neue durch den Raum und wirkte dabei in keinster Weise gelangweilt. Schweigend, aber nicht ungeduldig, wartete sie auf den Anfang der Messe.

Camael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #138 am: 31.10.2007, 18:33:33 »
Camael ließ die Kirche auf sich wirken. Er hatte bisher vorallem die Kirchen aus dem Urielsland gesehen. Neugierig sog er alle Eindrücke, die er hier erhaschte. Während er neben seiner Schar herlief, betrachtete er verstohlen die anderen. Besonders Sanguiel schien doch schwerer verletzt zu sein, als sie zugab. Insgeheim machte er sich Sorgen um sie. Obwohl sie sich noch nicht sehr lange kannten, verspürte er schon ein großes Gemeinschaftsgefühl. Er würde sie später einmal darauf ansprechen, doch nun schenkte er dem Gottesdienst seine volle Aufmerksamkeit.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #139 am: 01.11.2007, 11:35:45 »
Die kleine Kirche füllte sich nur langsam, doch als dann schlussendlich alle Dorfbewohner versammelt waren - selbst diejenigen, die auf dem Floß verletzt waren und euch nun mit ehrfürchtiger Dankbarkeit in den Augen ansahen - begann die Mater mit dem Gottesdienst. Dieser unterschied sich deutlich von allem, was ihr bisher in euren Himmeln miterleben durftet. Nachdem die Mater die Dorfbewohner und insbesondere euch im Hause des Herrn begrüßt und den Anlass des Gottesdienstes herausgestellt hatte, begann die kleine Gemeinde ein Lied, das höchstens Sanguiel entfernt bekannt vorkam. Es schien uralt zu sein, war es doch in einem archaischen Dialekt des Common verfasst, doch den singenden Leuten schien das nicht aufzufallen. Als das Lied endete, begann die Mater ihre Predigt, in der sie noch einmal besonders auf die Geschehnisse des Tages einging und wie die Engel ihren Schäflein aus höchster Not geholfen hatten. Die Darstellung der Geschehnisse ging fast nahtlos in eine Geschichte über einen der zahllosen Heiligen der Angelitischen Kirche über. Höchstens Navariel, die während ihrer Ausbildung zahllose Bücher über die Heiligen lesen musste, erkannte den Heiligen, doch erzählte die Mater dessen Geschichte sehr lebhaft und verwies währenddessen ständig auf die bunten Bilder an den Wänden, um ihre Worte zu unterstreichen, so dass auch die anderen Engel der Geschichte gut folgen konnten. Die Geschichte handelte vom Heiligen Phillip, der - ebenso wie die Dorfbewohner - von einer Schar Engel vor dem sicheren Tod gerettet wurde und dann zum glühenden Beispiel von Ehrlichkeit und Aufopferungsgabe für seine Kirche heranwuchs. Nur zwei Jahre nach seinem Tod wurde er vom Pontifex Maximus Petrus Secundus heilig gesprochen und zum Schutzpatron der Beutereiter ernannt. Ihn, so sagte die Mater, sollten die Dorfbewohner als Beispiel dafür nehmen, wie sehr die Begegnung mit Engeln einen Menschen verändern kann - natürlich zum Positiven hin. Bemerkenswert an der Predigt war, dass die Mater anscheinend alles frei vortrug, ganz im Gegensatz zu den von Erzbischöfen und noch höheren Dienern Gottes zelebrierten Gottesdiensten in den Himmeln, die oft die bewundernswerte Glaubensstärke besaßen, aus Büchern die Geschichten vortragen zu können. Dieser Gottesdienst war anders, einfacher gehalten zwar, aber von der Mater mit einer solchen Inbrunst und Freude vorgetragen, dass in der Gemeinde eine ausgelassene Stimmung herrschte, in der sie immer wieder mit Liedern die Gnade Gottes priesen. Mit einem ebensolchen Lied endete auch der Gottesdienst, und nachdem die Mater die abschließenden Worte gesprochen hatte und den Segen des Herrn erteilt, stellten zwei der Söhne der Mater einen Weidenkorb mit kleinen Küchlein neben das hölzerne Portal. Von den Dorfbewohnern, die dann langsam aus der Kirche und in ihre Hütten strömten, nahm sich jeder eines, die meisten Kinder jedoch mehr, drei, vier, dazu noch eins direkt verzehrt, was aber natürlich toleriert wurde, nahmen doch die Kinder im Angelitischen Glauben einen besonderen Platz ein.
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Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #140 am: 03.11.2007, 23:26:21 »
Mit regem Interesse nahm Navarìel an dem Gottesdienst teil, saß dabei neben Artael und verfolgte jede Bewegung der Mater sowie der um die Engel sitzenden Menschen mit Begeisterung.
Endlich konnte sie vieles von dem, was sie bisher nur theoretisch unterrichtet bekommen hat, bei den Menschen erleben.
So war sie die ganze Zeit schweigsam, verfolgte den Gottesdienst aufmerksam und nahm sich wie all die anderen, die am Gottesdienst teilgenommen hatten, eines der kleinen Küchlein, obwohl sie es nicht aß.
Stattdessen behielt sie es in den Händen und steuerte auf ihre Unterkunft zu.
*Ich werde mich schon in die Unterkunft begeben.*, teilt sie ihr Vorhaben den anderen Engeln mit und machte sich sofort auf in die kleine Hütte.
Dort stellte sie das Küchlein auf einen kleinen Schemel, der umherstand und setzte sich auf eines der Betten, die umher standen.
So dachte sie über den eben erlebten Gottesdienst und das Leben der Menschen nach, bis die anderen ihrer Schar in ihrem Nachtquartier eintrafen.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #141 am: 04.11.2007, 11:44:29 »
*Ich werde mich auch schon in die Unterkunft aufmachen, um Sanguiels Wunden zu versorgen. Sie sind zwar nicht lebensbedrohlich, aber selbst Kleinigkeiten müssen gut behandelt werden, ansonsten kann sich so etwas ganz schnell verschlimmern*, erläuterte Elysehel und ging dann mit der schweigenden Sanguiel ebenfalls in die Hütte.
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Artael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #142 am: 04.11.2007, 18:45:19 »
Artael folgte dem Gottesdienst aufmerksam und es fiel ihr, trotz des aufregenden Tages, leicht, ihre Gedanken nicht abschweifen zu lassen, sondern nur auf die Bedeutung der Worte zu hören. Erst als sie aus der Kirche hinaus waren, dachte Artael über die Art des Gottesdienstes nach. Er war anders gewesen. Nicht so pompös, eher schlicht und lebendig. Die Mater hatte frei gesprochen. Was, wenn sie einmal eines der Worte falsch sagte? Nichts desto trotz hatte der Gottesdienst Artael sehr gut gefallen?
Zurück bei den Unterkünften fragt die Michaelitin die anderen:

*Wie hat Euch der Gottesdienst gefallen? Was haltet ihr von der Art, ihn so zu praktizieren?*

Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #143 am: 09.11.2007, 16:15:08 »
Gerade als Artael zur Tür hereinkommt, blick Navarìel von ihrem Bett auf und antwortet der Scharführerin:

*Mir hat er sehr gut gefallen. Eine schöne Art der Predigt, sie frei vorgetragen zu praktizieren. Und auch die Lieder klangen sehr schön. Es wird interessant werden, den anderen Wissenshütern davon zu berichten, wenn wir am Ziel unserer Reise ankommen. Ich denke, es ist auch gut, dass sich die Gottesdienste der einfachen Menschen von den unseren unterscheiden.*, antwortet Navarìel Artael, während man merkt, wie sie im Kopf nochmal den Gottesdienst durchgeht, und sichtlich damit zu Frieden ist, wie der Gottesdienst praktiziert wurde.
Dann stützt sich die Ramielitin mit den Händen nach hinten auf dem Bett ab und legt den Kopf zurück, um ein wenig zu entspannen.

Artael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #144 am: 14.11.2007, 18:34:14 »
*Wahrscheinlich hast du Recht.*, antwortete Artael zögerlich. Offensichtlich war sie sich der Sache doch noch nicht ganz so sicher. Die Michaelitin überlegte, die anderen - speziell Navarìel, die besonders gebildet war - an ihren Gedanken teilhaben zu lassen, entschied sich dann allerdings dagegen. Der Tag war ohnehin anstrengend genug gewesen und es war besser, Fragen, die nicht dringend waren, auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

*Nagut.*, sagte Artael schließlich und fuhr in freundlichem, fast schon sanftem, Tonfall fort: *Wir hatten einen anstrengenden Tag und sollten bald zu Ruhe kommen. Wir sollten morgen zeitig aufbrechen, falls ihr also hier noch etwas erledigen wollt, so tut das jetzt. Ich wünsche euch allen eine erholsame und ruhige Nacht.*

Camael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #145 am: 16.11.2007, 22:29:40 »
Camael genoss den Gottesdienst der anderen Art sichtlich, war in Gedanken allerdings immer noch bei dem Kampf, der ihm nun nachging.

*Welche Abarten der Traumsaat es da draußen wohl noch geben mag*, schwirrte ihm durch den Kopf. Als der Gottesdienst zu Ende war, begab er sich ebenfalls in die Hütte und ruhte sich für den näcshten Tag aus.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #146 am: 17.11.2007, 16:46:40 »
Erschöpft vom anstrengenden Tag versankt ihr fast augenblicklich in tiefe Meditation. Eine ganze Weile lang war nur das leise Atmen von fünf Engeln zu vernehmen. Der Mond schien durch ein kleines Fenster der Hütte und hüllte alles in ein sanftes, bläuliches Licht. Auch im restlichen Dorf war es still.

Plötzlich wurde die Stille jedoch jäh unterbrochen: Lautes Hufgetrappel dröhnte durch das Dorf, wie von etwa einem Dutzend schwer beladener Schlachtrösser. Dumpf drang eine tiefe, laute Männerstimme, vermutlich von einem der Reiter, an eure Ohren, während eure Nasen einen ungewohnten, öligen Gestank wahrnahmen:

"VERSAMMELT EURE KINDER!"
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Navarìel

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #147 am: 17.11.2007, 18:17:54 »
Navarìel, welche Wache gehalten hatte, drehte den Kopf herum, ebenso schnell reagierten aber auch die Anderen.
Was los war, wusste die Ramielitin nicht, doch sofort schwang sie ihre Beine vom Bett und ging in Richtung Fenster, um vorsichtig hinauszuspähen.

Dabei kam sie an Artael vorbei und legte ihr die Hand auf die Schulter.
"Artael. Schnell. Männer scheinen in das Dorf gekommen zu sein. Es klingt verängstigend."
Dann drehte sie sich wieder zum Fenster um, um hinauszublicken.

Tex

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #148 am: 17.11.2007, 18:22:58 »
Auf dem vom Mond beschienenen Dorfplatz vor der Kirche bot sich eine gespenstische Szenerie. Etwa ein Dutzend dick vermummter, schwarz gekleideter Männer auf ebenso pechschwarzen Pferden hatte dort Aufstellung genommen. Ihre schwarzen Mäntel glänzten im Mondlicht etwas. Vor der Reihe Reiter ritt ein weiterer, offenbar der Anführer, hin und her. Das Hufgetrappel dröhnte laut durch das kleine Dorf.

"BRINGT EURE KINDER HERAUS! IM NAMEN DER ANGELITISCHEN KIRCHE, DER ZEHNT IST FÄLLIG!"

Mittlerweile wagten sich auch schon ein paar Dörfler hinaus, in hastig übergeworfenen Kleidungsstücken, ihre noch halb im Schlaf versunkenen Kinder hinter sich her ziehend.
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Camael

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Pars Prima: Urbs Sigena
« Antwort #149 am: 18.11.2007, 11:06:48 »
Camael schreckte augenblicklich aus seiner Meditation auf. Während er den Schrei vernahm, packte er seinen Bogen, da er erst an Räuber dachte. Bei der Erwähnung der Kirche stutzte er:

*Warum müssen Sie ihre Kinder nach draußen bringen?*, fragte er die anderen.

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