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Autor Thema: Præludium Secundum: Lacus Brigantinus  (Gelesen 30183 mal)

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Ilael

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Præludium Secundum: Lacus Brigantinus
« Antwort #15 am: 31.10.2007, 10:18:37 »
Ilael war dem Gabrieliten ohne Worte gefolgt. Er hielt treu zu seinen Schargeschwistern, was der Scharführer sagte, wurde ausgeführt, selbst wenn er Zweifel hatte. Sereniel nun zu folgen, kostete ihn mehr Anstrengung, aber er äußerte sich dazu nicht. Der Nieselregen fühlte sich zwar unangenehm an, doch er dämpfte die Wärme, die in seiner leiblichen Hülle während des Fliegens aufstieg. Er schien etwas unruhig ohne Scharführer, vielleicht war es aber auch nur die Sorge, Sereniel könnte sich verflogen haben. Als der See in Sicht kam, genoss Ilael den Anblick. Er flog ein wenig schneller, ohne den Gabrieliten überholen zu wollen, der das wahrscheinlich eh nicht geduldet hätte. Wie hieß der See? Wie hatte Adomiel ihn genannt? Er wollte zuerst Sereniel fragen, aber er ließ es, er wollte dem Gabrieliten nicht seine Schwächen vor die Nase halten.

Sereniel

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Præludium Secundum: Lacus Brigantinus
« Antwort #16 am: 31.10.2007, 20:25:42 »
Beim Anblick des Sees konnte sich Sereniel ein Grinsen nicht verkneifen. Er mochte den Anblick von Wasserflächen. Dabei war es egal ob es sich um Flüsse oder Seen handelte. Obwohl er Regen nicht mochte hatten Wasserflächen etwas erheiterndens an sich - fand zumindest Sereniel.

Der Gabrielit blieb weiter auf dem von Adomiel beschriebenen Kurs und blickte immer wieder nach hinten um sicherzugehen, dass es Ilael gut ging. Schliesslich hatte er Azariel versprochen, dass er den Raphaeliten unversehrt zurückbringen würde. Sereniel hatte nicht vor dieses Versprechen zu brechen. Zwar hätte er es nie offen zugegeben, doch nicht nur das Versprechen und der Wunsch sich zu Beweisen waren Grund für seine Sorgfalt ... Sereniel hatte in der kurzen Zeit die er nun mit seiner Schar unterwegs war auch begonnen eine Art Beschützerinstinkt für seine Schargeschwister zu entwickeln. Zwar stichelte er gerne einmal die Anderen ... aber wehe jemand der nicht zur Schar gehört würde so etwas versuchen!

Tex

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Præludium Secundum: Lacus Brigantinus
« Antwort #17 am: 01.11.2007, 11:47:14 »
Tief unter den beiden Engeln befand sich die riesige graue Wassermasse des Sees. Der Regen, der nun schon den ganzen Tag über fiel, sorgte dafür, dass es recht diesig war, unten auf dem See bildeten sich große Nebelschwaden und es war allgemein nicht gerade einladend. Am Südufer tauchte plötzlich eine riesige Stadt auf, von vier gewaltigen Ringen einer Stadtmauer umgeben. Natürlich! Das konnte nur Genf sein, also waren sie hier über dem Genfersee. Wie Adomiel geraten hatte, machten die Engel einen großen Bogen um Genf, der Trutzburg des starrköpfigen Diadochen Sten, und hielten aufs Nordufer zu. Irgendwo dort musste Losann sein, ein kleines Fischerdorf, das trotz der Nähe zu Genf treu zum Orden der Heilenden Hände des Herrn stand. Adomiel hatte sie gewarnt, hinter dem Genfersee würde es nicht einfach werden mit der Orientierung, da dort die Alpen weit hinter ihnen lagen und das Rheinmeer noch weit entfernt war, und er hatte Recht behalten - natürlich, denn der Urielit war wie kein zweiter mit der Landschaft Europas vertraut und konnte sich fast instinktiv orientieren. Unter den beiden Engeln waren nur noch hügelige Landschaften zu sehen, große Wälder, ab und zu kleinere Dörfer, doch nicht mehr die markanten Punkte, die sie mit dem Westrand der Alpen zuvor gehabt hatten.
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Ilael

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« Antwort #18 am: 02.11.2007, 09:58:31 »
Ilael flog ein wenig langsamer und sah zu Sereniel hinüber. Wusste er noch, wo es lang ging? Er war unsicher, er konnte nichts tun, hatte er doch nicht aufmerksam auf die Worte des Urieliten gehört. Sereniel wollte der Anführer sein, so hatte er ihm diesen Posten gerne überlassen. Er wünschte nur, dass sein "wahrer" Scharführer jetzt hier wäre, Azariel hatte immer eine gewisse Ruhe ausgestrahlt.

Zum wiederholten Male fragte er sich, was sie wohl erwarten würde. Warum war der Bericht noch nicht angekommen? Gab es einfach nur eine kurze Verzögerung oder steckte womöglich etwas Anderes dahinter? Innerlich kämpfte er gegen den Gedanken an, dass es womöglich die Traumsaat gewesen sein könnte, die die rechtzeitige Ablieferung des Berichtes verhindert hatte. Er wollte zunächst noch darauf hoffen, dass es sich einfach um einen kleinen Amtsfehler handelte.

Tex

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Præludium Secundum: Lacus Brigantinus
« Antwort #19 am: 03.11.2007, 11:52:51 »
Sereniel hielt kurz inne, um sich zu orientieren. Unter ihnen erstreckten sich sattgrüne Wiesen, dunkle Wälder, Reisfelder, kleine Ortschaften...aber keine Punkte, die einem über längere Strecken Orientierung bieten konnten. Keine Berge, keine großen Städte, keine großen Seen. Doch so leicht wollte sich Sereniel nicht aufgeben, dazu war in ihm zuviel von dem typischen Stolz, den die Todesengel aus Nürnberg fast immer verinnerlicht hatten. Sereniel wählte einen freistehenden, uralten Baum aus in der Richtung, in die er meinte fliegen zu müssen und flog immer weiter in diese Richtung. Sicher, damit ging er ein Risiko ein, bestand doch die Gefahr, dass sie sich damit hoffnungslos verflögen, doch der Erzengel Gabriel belohnte Mut, und genau dessen bedurfte es in einer solchen Situation. Was hätten die beiden Engel auch sonst tun sollen?
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Tex

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« Antwort #20 am: 04.11.2007, 15:51:19 »
Eine ganz Weile lang flogen die beiden Engel schweigend nebeneinander her. Gegen Mitte des Nachmittages - der feine Regen hatte schon vor ein, zwei Stunden aufgehört, die Wolken waren aber immer noch genauso dicht wie vorher - stießt ihr auf einen gewundenen Flusslauf. Sereniel entschied, sich dem Fluss ein wenig zu folgen, um wieder einen Anhaltspunkt zu haben, und tatsächlich: Nach einer weiteren Stunde konntet ihr am Horizont eine geradezu riesige Wasserfläche ausmachen. Der Fluss, dem ihr gefolgt wart, musste also der Rein sein, und das Meer, in das er mündete, war folglich das Reinmeer, das größte Binnenmeer Europas, das westliche Ende Gabrielslands. Sereniel hatte also die richtige Entscheidung getroffen, und wie immer hatte Gabriel Mut und Risikobereitschaft belohnt. Jetzt galt es nur noch, Friburgum zu finden. Adomiel hatte irgendetwas von Ostufer gesagt...
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Ilael

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Præludium Secundum: Lacus Brigantinus
« Antwort #21 am: 04.11.2007, 16:35:47 »
Ilael betrachtete die Wasseroberfläche. In ihr schimmerten die grauen Wolken, die nun keinen Regen mehr auf sie hernieder gehen ließen. Er sah zu Sereniel hinüber, der schweigend neben ihm geflogen war. Hatte er den Weg also doch gefunden. Vielleicht hatte der Gabrielit ja Qualitäten, von denen er gar nichts wusste. Andererseits schien es ihm zwischenzeitlich, als hätte Sereniel den Weg nur geraten. So berief er sich in Gedanken auf ein altes Sprichwort mit einem blinden Huhn und senkte sich langsam nieder.

"Wir sollten vorsichtig sein, wenn wir runter gehen. Wer weiß, was sich dort unten verbirgt", bemerkte Ilael noch misstrauisch, bevor er diesmal voran flog.

Sereniel

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Præludium Secundum: Lacus Brigantinus
« Antwort #22 am: 05.11.2007, 20:29:02 »
"Sind wir das nicht immer?" Rief Sereniel seine Antwort über das Rauschen des Flugwindes seinem Scharbruder zu. Seine ansonsten finstere Miene zu einem seltenen, kindlichem Grinsen verwandelt. Serenie freute sich über seinen Erfolg. Gabriel hatte ihn belohnt und bald würden sie in Friburgum aufräumen. An seine finstere Todesmaske - wie er es für sich nannte - dachte er für den Augenblick nicht.

Auch dass Ilael sich an die Spitze setzte störte den Gabrieliten vorerst nicht. Erst im allerletzten Teil der Reise - kurz vor der Landung - würde Sereniel wieder darauf bestehen, vorne zu fliegen und als erster zu landen. Schliesslich konnte man nie wissen was einen erwartete sobald man gelandet war. Und Sereniel war fest entschlossen seinen Scharbruder so wenig Gefahren wie möglich auszusetzen - er hatte das Azariel versprochen. Mit diesen Gedanken verflog sein fröhliches Lächeln wieder und seine finsteren Blicke suchten die Umgebung nach möglichen Gefahrenquellen ab.

Tex

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Præludium Secundum: Lacus Brigantinus
« Antwort #23 am: 05.11.2007, 20:46:43 »
Nach einer Weile tauchte am Ufer des Meeres, am Fuße dichtbewaldeter Hügel - Adomiel hatte sie die "Breisgau-Hügel" genannt - eine kleine Stadt auf, die wohl Friburgum sein musste. Die Stadt war nicht sehr groß und wirkte recht... verschlafen - um es beschönigend auszudrücken. Die Stadtmauer war nichts weiter als ein Erdwall mit einem kleinen Mäuerchen oben drauf, keine Spur von den für Gabrielsland so typischen Festungswällen. An den beiden Stegen, die den Hafen der Stadt bildeten waren nur ein paar kleine Schaluppen festgemacht, mit denen die Bewohner wohl auf Fischfang gingen, sowie eine kleine Templergaleere, deren schwarze Segel ordentlich festgezurrt waren. Etwas von der Stadt entfernt konntet ihr eine große, freie Fläche in den dichten Wäldern ausmachen. Hier hingegen war schon aus der Luft rege Betriebsamkeit auszumachen: Beim Näherkommen waren viele Menschen zu sehen - viele davon in den leuchtendweißen Gewändern des Ordens des Heilenden Erzengels -, die im rechteckigen, von einer grauen Mauer umschlossenen Innenhof umherwuselten, von einem Gebäude ins andere, auf den kleinen Beeten arbeiteten oder kleine Tierherden in ihren Gattern versorgten. Das konnte nur das Raphaeliten-Kloster sein, das ihr gesucht hattet.
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Ilael

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Præludium Secundum: Lacus Brigantinus
« Antwort #24 am: 06.11.2007, 10:56:11 »
"Scheint, als sei soweit alles in Ordnung", bemerkte Ilael anhand der Regsamkeit, die sich vor ihren Augen auftat. Er bewunderte unterdessen die kleine Stadt Friburgum. Keine Festungswälle. Ein fast angenehmer, aber auch beunruhigender Anblick. Sie würden nicht genug geschützt sein, sollte die Traumsaat jemals über sie herfallen. Andererseits war die Idylle, die er hier fand, auch erholsam. Auf dem letzten Stück ließ er Sereniel überholen und flog langsamer, um den Anblick von der Luft aus, noch einen Moment länger zu genießen. Dann schloss er auf seinen Scharbruder auf.

"Es ist übrigens das erste Mal, dass ich dich hab lächeln sehen", meinte Ilael noch leise, bevor er wieder ein Stück zurück fiel, um dem Gabrieliten seinen Vorrang zu lassen, den er für gewöhnlich immer einklagte. Diesmal schien er sich aber direkt um Ilael zu sorgen, was den Raphaeliten deutlich verunsicherte.

Sereniel

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Præludium Secundum: Lacus Brigantinus
« Antwort #25 am: 06.11.2007, 11:15:47 »
Sereniel betrachtete Friburgum und das Raphaelitenkloster erst misstrauisch, dann enttäuscht. Irgendwie hatte er mit etwas anderem gerechnet. Hier schien alles so ... langweilig. 'Am Ende müssen wir doch nur einen lahmen Botengang übernehmen und gar nicht gegen Ketzer kämpfen.' Dachte der Gabrielit und merkte wie seine Enttäuschung sich zu Missmut und Groll wandelte. Zu Ilaels Bemerkung nickte er nur bevor er schnell und heftig auf der Landeplattform des Klosters landete.
Nach der Landung schaute er sich gereizt um, doch fielen ihm keine Gefahrenquellen auf. 'Auch gut.' Grimmig stapfte er zum Klostereingag. "Wenn wir schon Brieftaube spielen müssen, dann können wir das auch schnell hinter uns bringen." Meinte er gereizt zu Ilael während er nach einem Menschen ausschau hielt, der sie zum Abt führen würde.
Zwar hätte Sereniel es niemals zugegeben, doch er fühlte sich ohne den Rest der Schar nicht sonderlich wohl.

'Wenigstens ist Ilael auch hier...'

Tex

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Præludium Secundum: Lacus Brigantinus
« Antwort #26 am: 06.11.2007, 18:44:36 »
Nur kurze Zeit, nachdem die Engel auf der kleinen Landeplattform des Klosters gelandet waren, erschien ein rundlicher Mann in der Ordenstracht der Raphaeliten und begrüßte euch.

"Seid willkommen im Spital zu Friburgum! Was ist euer Begehr?"
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Ilael

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« Antwort #27 am: 06.11.2007, 19:19:23 »
"Wir sollen einen Bericht von Fra Valery abholen, der noch nicht eingetroffen ist." fasste sich Ilael so kurz es ihm nur möglich war, bevor er einen abschätzigen Blick an dem Mann herab gleiten ließ. Er zollte ihm nicht den Respekt, dem die anderen Buckler ihm zollen mochten, doch versuchte er sich Höflichkeit zu bewahren, auf die Azariel ihn schon mehrere Male hingewiesen hatte. Sie waren nun einmal die höhen Würdenträger, ihnen mussten sie gehorchen, so sehr Ilael das auch zu missfallen schien.

Tex

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« Antwort #28 am: 06.11.2007, 20:37:52 »
"Was für ein Bericht? Von Bruder Valery? Den habe ich schon lange nicht mehr gesehen, vielleicht ist ihm etwas zugestoßen?"

Das Gesicht des Monachen war von Sorge erfüllt.

"Ich sollte euch am Besten direkt zu Ab Theodor bringen.", verkündete der Monach dann und setzte sich sofort in Bewegung.

Der DIener Raphaels führte euch durch die weitläufigen Gänge des Spitals. Allesamt weiß getüncht und mit weißen Fliesen ausgelegt, bildeten die herrlichen Zeichnungen und Bilder an den Wänden einen schönen, stimmigen Kontrast. In den Gängen wuselten die Klosterbewohner umher. Viele hatten - wie Ilael erkennen konnte - das Zeichen der Menser auf ihren Roben, der Untergruppe der Heilenden Hände, die sich der Heilung des Geistes mit Hilfe diversester Tabletten, Pillen und Pülverchen verschrieben hatten. Es schien sich hier also um ein Menser-Kloster zu handeln, worauf auch die großen Beete für Heilpflanzen hindeuteten, die man durch die großen Fenster der Flure sehen konnte. Nach einer Weile blieb der Monach vor einer reich verzierten Tür stehen, an die er kurz anklopfte, bevor er sie öffnete. Hinter der Tür verbarg sich wohl das Arbeitszimmer des Abs des Spitals. Allerdings war es kaum das, was man von einem solch hochgestellten Würdenträger erwarten würde: Kreuz und quer verstreut lagen Papiere mit unverständlichen Piktogrammen, die Ilael jedoch als die Raphaelitische Ikons-"Schrift" erkennen konnte, mit der die Heilenden Hände ihre Arzeimittelrezepte für die Nachwelt festhielten, ohne gegen das göttliche Gebot der Schriftlosigkeit zu verstoßen und sich damit schwer zu versündigen. An einer langen Wand stand ein geradezu riesiger Schrank mit unzähligen Schubladen, von denen manche offenstanden. In fast jeder Ecke standen Tische, auf denen wild verstreut und ohne erkennbares System kleine Papierstücke lagen, auf denen einzelne Zutaten für Arzneimittel aufgehäuft waren. Hier ein Häufchen glitzerndes, weißes Pulver, dort ein paar Beeren, auf einem anderen Papier zwei kleine Steinchen. Mitten in diesem Chaos stand Ab Theodor an einem Tisch und war gerade mit einer goldenen Waage und ebenso goldenen kleinen Gewichten solche Zutaten am Abwiegen. Auf dem Tisch standen ebenfalls noch ein Mörser, eine Retorte, ein Kalzinierofen und unzählige klein Gläser, Fläschchen und Tiegelchen- kurz, alles, was man zum Herstellen von Medikamenten brauchte.

Als der Monach zusammen mit euch eintrat, blickte der Ab wie gebannt auf ein Glas mit einer violetten Flüssigkeit, in das er gerade eine Prise irgendeines weißen Pulvers streute. Sofort entwickelte sich ein bläulich-lilaner Rauch - anscheinend zur Unzufriedenheit des Abs, wie sein Gesichtsausdruck deutlich verriet. Er seufzte tief und wandte sich dann zu euch um.

"Ah, Guillaume, wen hast du mir denn da mitgebracht? Seid gegrüßt, Engel. Was kann ein bescheidener Diener des Herrn für euch tun?"

Die Bescheidenheit, die der Ab im letzten Satz äußerte, wirkte nicht im Geringsten aufgesetzt, sondern tief verinnerlicht, was auch dadurch zum Ausdruck kam, dass der Ab keineswegs die aufwändigen Prunkgewänder trug, die andere Äbte bevorzugten.
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Ilael

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Præludium Secundum: Lacus Brigantinus
« Antwort #29 am: 07.11.2007, 16:27:35 »
Ilael war erstaunt, als er das Arbeitszimmer des Abs betrachtete. Ein Chaos, das er selten in den Zimmern dieser Würdenträger gesehen hatte. Selten war wohl noch untertrieben. Eigentlich hatte er so etwas noch nie gesehen. Da er sich als Raphaelit mehr mit dem Orden verbunden fühlte, trat er vor, ohne auf Sereniels Führungsanspruch Rücksicht zu nehmen, wobei er jedoch kurz zu ihm sah, um ihn nicht zu verärgern.

Schließlich wandte er sich an den Ab: "Wir wurden geschickt, um einen Bericht von Fra Valery abzuholen, der ausgeblieben ist. Der Monach sagte uns bereits, dass Bruder Valery verschwunden sein soll oder er ihn zumindest schon längere Zeit nicht gesehen hat. Könnt Ihr uns wohl Genaueres dazu sagen?" Ilael versuchte, möglichst nicht zu neugierig ob des Chaos des Abs zu wirken. Auch wenn er sie verachtete, aber dieser Ab beeindruckte selbst ihn.

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