Autor Thema: Gespräche II  (Gelesen 4302 mal)

Beschreibung: Mestrard und Ancrym

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Ancrym

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Gespräche II
« am: 12.03.2008, 18:46:33 »
Mestrard und Ancrym hatten den "Rostigen Drachen" verlassen und sich auf den Heimweg begeben. Unterwegs schüttete der Deputy seinem Freund sein Herz aus, der ihm aufmerksam zuhörte. Die Geschichte sprudelte förmlich aus Ancrym heraus, woran man erkennen konnte, wie sehr ihn, den sonst so beherrschten Krieger, das Ganze mitnahm.

"Das Ganze kommt so plötzlich, das macht mir einwenig Angst. Und ich müsste auch mein Wanderleben aufgeben und hier sesshaft werden, und überhaupt, ist eine Heirat mit einer Varisianerin nicht ein Verrat an meinem Volk?"
« Letzte Änderung: 14.06.2009, 19:38:47 von Eando Kline »
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Mestrard

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Gespräche II
« Antwort #1 am: 12.03.2008, 19:47:35 »
Mestrard ließ sich die Freude über Ancryms Bericht nicht anmerken, sondern lauschte der Geschichte aufmerksam  und gebannt. Er war froh, dass seine erste Vermutung mit dem Alkohol nicht zutreffend war und verstand die Sorge seines Freundes um seine Ehre ebenso gut, wie er dessen Anflug von Vorfreude und Aufregung wahrnahm.

"Ancrym, mein Bruder." Der Kleriker legte dem großen Mann die Hand auf die Schulter. "Ich freue mich, dass Du nicht betrunken warst. Zuerst erinnerte mich Dein Eintreffen an meinen Vater" Für einen Moment schwieg der Shoanti, dann fuhr er fort. "Ich glaube nicht, dass es Verrat ist. Eher ein Wink der Göttin. Du bist weit weg von deinem Stamm und wirst auch als Wanderer kaum zu ihm zurückkehren. Und hältst Du Belor nicht mehr für einen Shoanti, nur weil er hier sesshaft geworden ist?"

Mit Absicht führte Mestrard nicht sich an, denn er war hier zu Hause, als Wanderpriester jedoch nicht wirklich sesshaft. "Überlege Dir, ob Du sie magst und Dein Leben mit ihr verbringen möchtest. In Deinem Inneren! Ist es Dein Weg? Soll dies Dein Schicksal sein?! Und wenn nicht, welchen Weg stellst Du Dir vor?"

Nachdem sie eine Weile gegangen waren und Ancrym nachgedacht hatte, fügte Mestrard hinzu. "Deine Feinde will ich töten und deine Freunde ehren und verteidigen. Ich stehe Dir bei, wie auch immer Du Dich entscheidest."
Das menschliche Herz hat eine fatale Neigung, nur etwas Niederschmetterndes Schicksal zu nennen.

Ancrym

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Gespräche II
« Antwort #2 am: 12.03.2008, 20:09:01 »
Dankbar vernahm Ancrym die Worte des Priesters, auch wenn sie ihn noch nicht völlig beruhigen konnten. Sie machten ihn jedoch sehr nachdenklich, und so begann er in seinem Innersten zu überlegen, was er wirklich wollte und ob es wirklich eine Aussicht gab, je zu seinem Stamm zurückzukehren. Hatten die Clans der Shoanti nicht ihn verraten, indem sie ihn für díe Verbrechen seines Vaters bestraften, an denen er keinen Anteil hatte? Darüber würde er nachdenken müssen.

Gerade, als er Mestrard antworten wollte, erneuerte dieser seinen Treueschwur. Da wurde   Ancrym klar, dass er in Sandspitze nicht nur eine neue Familie, neue Heimat finden konnte, sondern auch bereits neue freunde gefunden hatte. Zumindestens einen. Und hatte Belor sich nicht seiner angenommen, fast wie ein Vater? Dieser Gedanke machte Ancrym neuen Mut.

"Deine Feinde will ich töten und deine freunde ehren. deine Worte machen mein Herz froh, ich werde in Ruhe darüber nachdenken, wie es sich für einen Krieger geziemt"Nach einigen Schritten fügte Ancrym hinzu: "Danke, Freund!"
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Mestrard

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Gespräche II
« Antwort #3 am: 12.03.2008, 23:37:38 »
Oh Pharasma, meine Göttin. Auch wenn er nicht an Dich glaubt, weise ihm einen guten Weg und ein erfolgreiches Schicksal. Es war Mestrards Absicht gewesen, den Krieger zum Nachdenken zu bringen und doch auch wieder nicht. Seine Freude über dessen Schicksal als Bräutigam einer so guten Partie und die Aussicht, ihn länger in Sandspitze zu wissen, erfüllte seine Seele mit Freude sowie mit der Ruhe  und der Zuversicht, die er so dringend gebraucht hatte. Ein fernes, sonderbares Lächeln erschien auf dem Gesicht des ernsten Klerikers. "Bruder"
Mestrard drückte den Unterarm des Barbaren fes,t als sie dessen Wohnstatt erreicht hatten. Er zögerte einen Moment und wartete, ob  dieser noch etwas erwidern wollte, bevor er sich auf den Weg zu Naffer und seiner Hütte machte.
Das menschliche Herz hat eine fatale Neigung, nur etwas Niederschmetterndes Schicksal zu nennen.

Ancrym

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Gespräche II
« Antwort #4 am: 13.03.2008, 10:35:03 »
Doch Ancrym hatte noch eine weitere Frage auf dem Herzen. "Bruder, ich fürchte mich ein wenig vor diesem Leben. Ich bin ja schon eine Zeit lang in Sandspitze, aber ich hatte immer vor, eines Tages weiterzuziehen. Kann man auf Dauer in einer Stadt leben und trotzdem seine Ehre bewahren?"
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Mestrard

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Gespräche II
« Antwort #5 am: 13.03.2008, 10:50:29 »
Mestrard blickt kurz in den dunklen Himmel und betrachtet die Sterne. "Bruder, der Himmel und die Sterne sehen überall gleich aus. Sieh hin. Wenn Du Deinem Herzen und Deiner Ehre folgst, wirst Du sie behalten, wo auch immer Du bist, von wo auch immer Du die Sterne betrachtest. Dennoch wirst Du Dich auch verändern. Das ist das Leben"
Das menschliche Herz hat eine fatale Neigung, nur etwas Niederschmetterndes Schicksal zu nennen.

Ancrym

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Gespräche II
« Antwort #6 am: 13.03.2008, 13:09:56 »
War das wirklich so? War eine Veränderung wirklich zwangsläufig? All das machte Ancrym Angst, war das Leben der Shoantis doch wesentlich einfacher und beständiger. Die einzige Veränderung im Leben der Shoantis war das Älterwerden und die damit verbundenen Änderungen. Aber während Ancrym nachdachte, wurde ihm endgültig klar, dass es für ihn niemals eine Rückkehr zu  diesem Leben geben würde. Also konnte er nichts anderes tun, als sein neues Leben mutig ihn Angriff zu nehmen und trotzdem niemals zu vergessen, was er seiner Ehre schuldig war.

"Du hast recht, Bruder, und ich danke dir. Deine Worte machen meine Seele frei. Mein Leben ist dein Leben."
Mit diesen Worten verabschiedete Ancrym sich von Mestrard, um sich zur Ruhe zu begeben und sich für den nächsten Tag zu erholen.
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Ocura Al Tenerat

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Gespräche II
« Antwort #7 am: 14.03.2008, 03:12:23 »
Schweigend war Ocura den beiden Shoanti gefolgt und hatte ihrem Gespräch gelauscht. Sie war den ganzen Tag, seit sie von ihrem Erkundungsgang zurückgekommen waren schon sehr still gewesen, doch sie wusste, dass sie nicht auf Dauer die Augen vor der Wahrheit verschließen konnte. Es war an der Zeit, sich ihren Fehlern zu stellen. Das Gespräch, welches sie mit angehört hatte, beruhigte sie allerdings ein wenig, zeigte es ihr doch, dass die beiden Männer offenbar gute Freunde waren und sie sich vermutlich keine Sorgen machen musste, wie auch immer Mestrards Entscheidung nun ausfallen würde.

Nachdem sich Ancrym verabschiedet hatte, trat Ocura vor Mestrard und räusperte sich, um sicherzugehen, dass ihre Stimme nach dem langen Schweigen noch sicher genug war. Zwar hielt sie die Augen auf den Boden gerichtet, doch widerstand sie dem Impuls, auf die Knie zu fallen, da sie mittlerweile wusste, dass dieser Kleriker das nicht gerne sah.

"Ich möchte mich entschuldigen.", begann sie und schluckte dann, als sie feststellte, dass ihre Stimme doch nicht so fest war, wie sie es erhofft hatte, "Heute habe ich versagt, euch zu beschützen, Herr, obwohl es meine Aufgabe gewesen war. Wenn Pharasma nicht ihre schützende Hand über euch gehalten hätte, dann hätte der Pfeil des Goblins euch verletzen oder sogar töten können. Und das alles nur, weil ich unachtsam gewesen bin. Ich hätte niemals erlauben dürfen, dass ein Feind so dicht an euch herankommt."

Ocura schwieg einen Augenblick um ihren ganzen Mut für das zu sammeln, was sie nun zu sagen hatte: "Ich habe versagt, und kann verstehen, wenn ihr mich nicht mehr in eurer Nähe dulden wollt, Herr. Aber ich möchte trotzdem um eure Vergebung bitten, auch wenn ich nichts getan habe, um das zu verdienen."

Mestrard

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Gespräche II
« Antwort #8 am: 15.03.2008, 00:02:56 »
Der Kleriker blickte seinem Freund beruhigt und mit einem leichten Lächeln nach Mein Leben ist Dein Leben die Worte erfüllten ihn mit tiefer Freude und er wäre wohl noch länger dort stehen geblieben, wenn ihn  Ocura nicht angesprochen hätte.

Ihre Worte, die eine bittere Selbstanklage ausdrückten trafen den Shoanti und er blickte die Kriegerin etwas verdattert an. "I.. Ich. Du" stotterte er kurz, fing sich jedoch recht schnell wieder. "Du musst nicht um Vergebung bitten, Ocura. Du hast keinen Fehler gemacht. Niemand ist für alles verantwortlich, was um ihn herum geschieht."
Mestrard berührte die Stammeskriegerin kurz an der Schulter, bevor er fortfuhr. "Ich müsste mich bei Dir entschuldigen. Du hast  Dir zur Aufgabe gemacht, mich zu beschützen und ich fühle mich sicher, wenn Du in der Nähe bist. Auch bist Du Pharasma gesegnet und ich würde Dir gerne beistehen, Dein Schicksal zu erfüllen. Was auch immer es für Dich bereit hält."

Wieder lächelt der ernste Mann. " Ich war so sehr mit  der Suche nach Antworten und jetzt mit Ancryms, sagen wir Blessuren beschäftigt, dass ich Dich noch nicht einmal gefragt habe, wo Du schlafen wirst."
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Ocura Al Tenerat

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Gespräche II
« Antwort #9 am: 15.03.2008, 04:19:14 »
Die Worte und das Lächeln des Priesters nahmen eine schwere Last von Ocuras Herzen. Zwar hatte er nicht wörtlich gesagt, dass er ihren Fehler vergab, doch wusste sie nun sicher, dass er sie nicht fortschicken wollte. Das konnte nur bedeuten, dass auch Pharasma wollte, dass sie weiter diesem Mann folgen sollte, denn wenn er, ein Kleriker der Göttin, dieser Meinung war, dann musste es wohl stimmen.

"Oh Pharasma, wie konnte ich nur jemals zweifeln?", schalt sie sich in Gedanken. Sie schämte sich fast, dass sie beinahe ihren Glauben an das verloren hatte, was man ihr seid ihrer Kindheit beigebracht hatte.

So sehr war sie mit den widerstreitenden Gefühlen in sich beschäftigt, dass sie fast vergessen hätte, Mestrards Frage zu beantworten, und sie errötete leicht, als sie zu ihm aufsah und bemerkte, dass er immer noch auf ihre Antwort wartete.

"Ich glaube, ich werde mir wieder ein Lager auf dem Friedhof machen. So habe ich vielleicht die Gelegenheit einen abermaligen Grabraub zu verhindern.", schlug sie vor, "Natürlich nur, wenn ihr es erlaubt, Herr."

Mestrard

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Gespräche II
« Antwort #10 am: 15.03.2008, 14:31:49 »
"Natürlich" erwiderte der Shoanti und bemerkte seine eigene Müdigkeit, "Lass uns zusammen dort hin gehen, vielleicht hat Naffer auch noch etwas zu berichten."
Schweigend gingen die beiden zum Friedhof. Dort angekommen segnete der Kleriker die junge Kriegerin und ihre Ruhe, um dann seinen Freund aufzusuchen und diesen nach seinem Wissen zu Tsuto und dem alten Priester und dessen Ziehtochter auszufragen.
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