Tephanos Wendehals
Aus dem Barden bricht ein lauter Schrei. Wut, Verzweiflung und Furcht wollen, kanalisiert in einem lauten ohnmächtigen Schmerzensschrei in den eiskalten Tag entweichen, doch seine eisigen, blutverkrusteten Lippen bringen nur mehr ein heiseres Krächzen hinaus.
Das einzige was ihn davon abhielt einfach den Kopf hängen zu lassen und sein Ende bzw den erlösenden Schlafestod des Erfrierens hinzunehmen, sind die Schmerzen im Rücken, die ihn bei jeder noch so kleinen Bewegung schmerzhaft an seinen Zustand erinnern und ihn penetrant davon abhalten einfach in den erlösenden ewigen Schlaf hinüberzugleiten.
Die Zeit der Selbstvorwürfe, die Phase des unbändigen Zorns über seine Naivität, selbst der kurze Zeitraum spontanen irren Gelächters ob der Situation, in die er durch eigene Leichtgläubigkeit geraten war, war längst vorüber.
Seine Gedanken schweifen ab, Gesichter seiner Liebsten steigen in ihm auf, zaubern einen kurzen Moment ein verzerrtes Lächeln auf sein geschundenes Gesicht. Sein Bruder Pagos, der nun wohl alleine nach den Wendehalsens suchen müsste. Sein Onkel Pagenius und seine Mutter, die sehnsüchtig darauf wartete, dass die fahrende Verwandtschaft sie aus ihrem bisherigen dörflichen Leben befreien würde und sie wieder mit den Wendehalsens musizierend durch die Welt streifen könne.
Sein Blick geht gen Himmel, doch auch Tymora würde heute wohl kaum der richtige Ansprechpartner sein. "Jeder ist seines Glückes Schmied", hatte ihm Meister Eilenstein beigebracht, da hatte er Recht. Doch damit war jeder auch seines eigenen Unglückes Schmied und diesmal hatte Tephanos allzu menschenfreundliche Art ihn den Schicksalshammer wohl etwas zu kräftig auf den falschen Amboß schlagen lassen.
'Pech gehabt', hallt es in seinem Kopf, 'aber richtig.'
Ein Husten schüttelt ihn und ein paar Brocken rotgefärbten abgehusteten Schleims fliegt ihm aus dem Mund und hinterlassen einen weiteren roten Fleck in dem glitzernden Neuschnee.
Da hört er zum ersten Mal das Wolfsgeheul, fast möchte er rufen:"Hier, beeilt euch, wenn ihr noch ungefrorenes Fleisch fressen wollt. Bald ist es zu spät, dann wirds wohl erst im Sommer was mit einer guten Mahlzeit..."