Wenn wir schon dabei sind, möchte ich gleich auch mal mein Wissen als angehender professioneller Autor (ja, daran arbeite ich immer noch *g*) einbringen.
Ein wirklich mitreißender, faszinierender Held (oder Antiheld) einer Geschichte wird immer definiert durch eine beherrschende Leidenschaft.
Man könnte das als sein "Thema" bezeichnen, aber es ist noch mehr: Es ist ein Thema, das den Charakter in den Tiefen seines Selbst anrührt, etwas, das für ihn so essentiell ist, dass er es niemals aufgeben könnte, ohne sich selbst dabei aufzugeben.
Um das Ganze etwas deutlicher zu machen, mal ein paar Beispiele:
- Jack Bauer aus der Serie "24" hat die beherrschende Leidenschaft, sein Land und die unschuldigen (und größtenteils wehrlosen) Menschen in diesem Land zu beschützen. Er hasst seinen Job eigentlich, aber er hat die Erfahrung gemacht, dass keiner diesen Job so gut macht wie er - und deshalb macht er ihn weiter, auch wenn er selbst dabei vor die Hunde geht. Er opfert sich selbst für seine Leidenschaft.
- Carrie Bradshaw aus "Sex and the City" hat die große Leidenschaft, dass sie die Liebe ihres Lebens finden will. Über Jahre hinweg erlebt sie unzählige Pleiten, macht einige riesengroße Fehler und wird auch selbst einige Male übelst behandelt. Trotz alledem verliert sie nie den Glauben daran, irgendwann den "Einen" zu finden, und sie ist bereit, sich trotz aller emotionaler Wunden immer wieder und wieder auf das Abenteuer Liebe einzulassen, um ihr Ziel - ihre beherrschende Leidenschaft - zu erreichen.
- Dr. House hat die beherrschende Leidenschaft, Krankheit, Tod und Unwahrhaftigkeit zu überwinden. Es geht ihm dabei nur zweitrangig (wenn überhaupt) um die Menschen, es ist eher wie bei Captain Ahab und dem Wal Moby Dick: Die Prinzipien von Krankheit, Tod und Unwahrhaftigkeit sind der "Moby Dick" von Dr. House. Er ist bereit, alles zu tun, um diese Dinge zu besiegen, obwohl er genau weiß, dass es ein endloser Kampf ist, denn er niemals endgültig gewinnen kann.
Diese drei Serien sind allem voran deshalb so erfolgreich, weil die beherrschende Leidenschaft der Hauptcharaktere - der Helden - so groß ist, dass sie einen einfach mitreißen. Alle drei sind auf ihre eigene Weise "emotionale Übermenschen" - theoretisch kann es solche Menschen natürlich geben, aber in der Praxis würden die meisten von uns viel früher aufgeben als es ein Jack Bauer oder Dr. House tut, die meisten würden nach all den schlechten Erfahrungen irgendwann den Glauben an die Liebe verlieren.
Ähnlich ist es auch bei unseren Charakteren: Die beherrschende Leidenschaft ist zwar noch bei kaum einem Charakter besonders gut zu erkennen, aber man kann bei jedem einzelnen erahnen, dass es da etwas gibt.
Ugnor z.B. will, wenn ich ihn richtig verstehe, zivilisiert und gebildet sein, ohne dabei aber seine barbarische Herkunft aufzugeben. Seine beherrschende Leidenschaft ist, sein barbarisches Erbe mit seinem zivilisierten Selbst zu vereinen - eine, wie ich finde, durchaus heroische Aufgabe, auf ganz eigene Art und Weise.
Yuki will, wenn ich das richtig interpretiere, die eigenen Ängste überwinden: Es ist gezeichnet von den Schrecken seiner Vergangenheit, aber statt sich diesen Ängsten hinzugeben, kämpft es dagegen an, und versucht, obwohl es (scheinbar) klein und schwach ist, ebenso mutig und stark zu werden wie ein halborkischer Barbar es sein kann.
Und Reina - ja, das ist die Frage. Was ist ihre beherrschende Leidenschaft?