Während Jethro zu sprechen beginnt, sieht er ein spöttisches Lächeln auf den kantigen Zügen des Edelmanns aufblühen. Dieses Lächeln gefriert allerdings bald, aks das Gesicht des Petenten steinern ernst wird. Zum Staunen der übrigen Wartenden, die das Spektakel aus Langeweile betrachten, öffnet sich der Mund des noblen Herrn, um dem Karrn seine Zustimmung zu geben:
"Nun, da führt Ihr einen sehr guten Punkt an, Herr ir'Reklan. Es ist unverzeihlich von mir, dass ich es selbst nicht bedacht und in die Wege geleitet hatte. Etwas Druck auf Ramil Weißholz könnte durchaus dienlich sein. Hier, nehmt die Nummer, mein Herr, und erwähnt bitte
beiläufig, dass Ihr zu den Interessenten des Blauranke-Bundes gehört und die Verzögerungen in Hiberné
zutiefst bedauert. Das dürfte diesem Sturkopf von Verwalter zu denken geben."
Vorsichtiges Getuschel setzt im Hintergrund wieder ein, an dem sich nunmehr auch der bärtige Mann beteilgt. Lange muss sich Jethro jedoch nicht damit abfinden, denn die innere Tür öffnet sich in wenigen Minuten. Der vorrige Besucher, ein einfach gekleideter Bürger, tritt hindurch, verabschiedet sich mit einem Nicken von der Sekretärin und verlässt das Gebäude.
"Nummer drei!," tönt eine kräftige Männerstimme von irgendwo jenseits der Innentür.
Die Ermittler folgen dem Aufruf und gelangen zunächst in einem kleinen Zwischenflur an, mit einem hölzernen Treppenhaus zur Linken und einer Nische zur Rechten, in der zwei Stadtgardisten hocken und sich leise unterhalten. Geradaus findet sich eine weitere wappenverzierte Tür, die einen Spalt breit offen steht. Hinter dieser befindet sich das Büro des Bürgermeisters, ein kleinerer, sonnendurchfluteter Raum. An den Wänden reihen sich Aktenschränke und -regale, bis auf die Westwand, an der zwei überkreuzte, fein geschmiedete und gravierte Säbel hängen.
Der Großteil des Raumes wird von dem sperrigen u-förmigen Tisch aus rötlichem Holz eingenommen, hinter dem sich der oberste Verwalter des Städtchens Hiberné befidet - Ramil Weißholz, ein wohlgenährter, längst nicht mehr junger Mann mit etwas sprödem weißem kurzem Haar, bartlosem, rundlichem Gesicht und geschäftigem Ausdruck der grauen Augen. Seine saubere, perfekt passende Kleidung unterstreicht seinen Status, ebenso wie es der siberne Siegelring an seiner rechten Hand tut.
Der Bürgermeister bedenkt Caelaral eines müden Blickes und lehnt sich etwas in seinem Sessel zurück, dann mustert er den anderen Petenten. "Guten Morgen, was kann ich für euch tun?," grüßt er die beiden nicht unfreundlich, aber auch nicht sehr elanvoll. Mit einer Hand weist er auf die zwei Stühle, die ihm gegenüber vor dem Tisch stehen. "Solange euer Anliegen nicht dasjenige ist, das unser valenarischer Freund mir bereits mehrmals hat vortragen dürfen - setzt euch ruhig. Was Euch angeht, Herr Caelaral, kann ich Euch nur abermals versichern, dass wir gegenwärtig nichts für Euch tun können," wehrt des höchste Amtsträger dieses Thema schonmal im Vorfeld ab.
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Der pflichtbewusste Gardist führt die Verhafteten schnell über die flache Steinbrücke mit dem niedrigen Geländer und durch das bewachte, aufgezogene Gittertor ins Innere des Burghofes. Hier geht es ähnlich geschäftig zu wie auf der anderen Seite des kleinen Flusses; Boten, Gesinde und Gardisten sind überall anzutreffen und gehen ihren zahlreichen Tätigkeiten nach.
Das Ziel der unglückseligen Prozession ist das lange, zweistöckige Gebäude an der westlichen Mauer des Komplexes, vor dem ein kleiner Trupp junger Rekruten gerade exerziert. Der Ordnungshüter zerrt seinen Fang in eine der offenen Türen, nachdem er Alek und Eberk hineingewiesen hat, und die vier verschwinden aus der Sicht Uliris, der gerade erst den Burghof betreten hat.
"Was haben wir denn da?," wird der Wachmann von einem älteren Kollegen begrüßt, der im Flur an einem einfachen Holztisch sitzt und im trüben Licht kleinerer Kaltfeuerlaternen eine Pfeife raucht. "Einen dreckigen kleinen Taschendieb und wahrscheinlich seinen Hintermann. Und einen Gottesmann, der unbedingt mit wollte," erklärt der Angesprochene und weist den anderen an: "Mach' mal ein
Zimmer auf, Gleb, dann hole ich eben Rigo."
Krächzend erhebt sich der ältere Gardist und klappert mit dem Schlüsselbund, den er von seinem Gürtel nimmt. Mit einem der beinahe gleich aussehenden Schlüssel schließt er die nächste hölzerne Tür auf, die in einen kargen Raum mit nichts mehr darin als einem Tisch und fünf Schemeln führt - wenn man das kleine in den Hof weisende Gitterfenster nicht zum Möbliar zählt. Dort hinein werden die 'Gäste' der Stadtwache befördert, bevor die Tür hinter ihnen verriegelt wird. "Entschuldigt die Unannehmlichkeit, Herr Priester, aber wir dürften keine Risiken eingehen, Ihr müsst zusammen mit Euren... Schützlingen warten," tönt hinter der hölzernen Barriere die Stimme des Wächters, bevor sie verstummt und immer leiser werdende Schritte erklingen...