Die Augen noch fest geschlossen, streicheln die schwieligen Hände des muskulösen Orks liebevoll, sogar schon zärtlich über das Heft seines geölten Schwertes. Seine Stirn stark gerunzelt, versucht er sich an das Geschehene zu erinnern und einen Einstieg für seine Geschichte zu finden. Als er die Augen aufschlägt sind sie weiterhin auf Sylvester fixiert, ganz als ob er seinen Blick nie abgewandt hätte. Dem Blick Orrun-Pelors kann der kleine Halbling nicht standhalten. Dabei hat er doch nichts zu verbergen! Oder etwa doch? Wie ein Angeklagter, der seine Bürde nicht länger zu tragen weiss, wendet Sylvester den Blick zu Boden, obwohl er sich keiner Schuld bewusst ist.
Kräftig und fest ertönt Orrun-Pelors Stimme aus seinem schnauzenähnlichen Mund in den Hallen des Tempels. Beinahe ohne orkischen Akzent richtet er sein Wort an die gerechte Faust, während er beiläufig den Priestern zunickt, ebenfalls seiner Geschichte zu lauschen.
"Ich bin Orrun-Pelor. Hört aus meinem Mund, was mir auf der Jagd nach Ashardalon passierte. Möge Pelor mich auf der Stelle richten, sollte ich nur die kleinste Kleinigkeit beschönigen oder gar Unwahrheiten ersinnen!" Der Blick Orrun Pelors wandert umherschweifend und andächtig über die heiligen Symbole des Pelortempels bevor er seine Geschichte beginnt.
"Lasst mich damit anfangen, wie ich dazu kam, Ashardalon zu suchen. Es ist nun schon einige Monate her, da fiel mir bei meinen Studien alter Aufzeichnungen mehr durch Zufall, als dass ich danach gesucht hätte, die Geschichte von Dydd in die Hände. Ich war schon drauf und dran sie wegzulegen, als ich am Rande der Aufzeichnungen das hastig hingeschmierte Symbol für rote Drachen bemerkte. Offenbar hatte sich ein früherer Leser der Historie eine Notiz gemacht. Ich übersprang einige Absätze und las gefesselt die Beschreibung des Kampfes von Dydd gegen den Drachen. Die Liebesgeschichte von Dydd und Eco, einem Engel, interessierte mich nicht so sehr. Tatsächlich schafften die beiden es schliesslich den großen Roten zu bezwingen. Doch als ich den Namen des Roten, Ashardalons las, erinnerte ich mich an eine deutlich jüngere Aufzeichnung über diesen Drachen. Das weckte meine Neugier und ich begann nachzuforschen. Für einen Drachentöter wie mich gibt es kein höheres Ziel, den Ort ausfindig zu machen, wo sich die Ältesten der Drachen verkrochen haben. Nur wenige tyrannisieren, wie Jahrtausende zuvor die Gegend. Auch die Drachen sind alt geworden. Viele haben sich mit ihren Schätzen verkrochen, sind in Vergessenheit geraten und gestorben. Von anderen Drachen weiss man nur durch ihre Nachkommen, die sie immer noch in die Welt setzen, dass sie noch am Leben sind. Ihre Schläue rät ihnen, sich nicht offen zu zeigen. Eventuell sind sie auch einfach zufrieden mit ihren Schätzen und verspüren keine Gier mehr - auch wenn das nur schwer vorstellbar ist, wenn man das Wesen dieser Geschöpfe kennt.
Aber ich schweife ab. Um es kurz zu machen, reicht es zu wissen, dass meine Nachforschungen schließlich an einen Punkt kamen, wo sie mich nicht mehr weiterbrachten. Dennoch liess es mir keine Ruhe und wir konsultierten die Götter nach dem Aufenthaltsort von Ashardalon. Statt Antworten auf unsere Fragen zu bekommen, warfen die Antworten der göttlichen Aspekte Pelors weitere Fragen auf. Es gab herauszufinden, was es mit einem 'Bann der ungeborenen Seelen' auf sich hatte und wie es Ashardalon geschafft hatte, sich der Blicke der Götter zu entziehen. Ersteres ist uns immer noch ein Rätsel, aber der Hinweis, dass man durch die Hölle gehen musste, um zum Roten zu gelangen, lieferte eine erste Spur.
Letztendlich führte mein Weg in die Hölle. Demogorgon selbst sollte die Antwort auf den Verbleib Ashardalons wissen. Doch diesen traf ich nie. Gerüchte führten mich auf eine neue Spur, die mich schließlich auf eine andere Ebene brachten. Wie ich dort hinkam und unentdeckt blieb, soll vorerst mein Geheimnis bleiben. Nicht verschweigen will ich die traurigen Ereignisse, die mir den Tod brachten. Sie war es, die rechte Hand Demogorgons, die Cathezar, die meine Tarnung erkannte und mich dazu brachte, ihr entgegenzutreten. Das Glück meiner Reise durch die Hölle war, wie es den Anschein hatte, aufgebraucht. So dicht an meinem Ziel, gelang es mir nicht, den Kampf für mich zu entscheiden. Unter den Schlägen ihrer stachelbewehrten Ketten und meiner eigenen Unachtsamkeit, ging ich zu Boden.
Wo ich dann war? Ich weiss es nicht. Jedoch nicht in Pelors Reich. Vorhin habe ich mich mit den Priestern beraten, auch sie wissen keine befriedigende Antwort. Anscheinend ist es so, dass an diesem Ort die Seelen nicht entschwinden können. Entweder bleibt man an diesem Ort, einem Quell des Lichtes, gefangen bis man geborgen und an anderer Stelle wiederbelebt wird oder dieser unsägliche Ort zerstört wird und sie Seele entweichen kann. Zuletzt bleibt noch die rein theoretische Möglichkeit, dass die Seele von selbst ihren Weg zurück in den Körper findet und man einfach wieder erwacht.
Aber ich halte mich nicht mit Gedankenspielen auf. Mein Schwert gehört euch. Sagt was ihr vorhabt und ich werde euch unterstützen und beratend zur Seite stehen."
Mit diesen Sätzen beendet Orrun-Pelor seine Ansprache und aus seinen funkelnden Augen kann man seinen Tatendrang förmlich ablesen.