Earis eilte sich, und sein Herz sprang voller Freude. Sophoni zur Frau nehmen! Sein Herr hätte ihm keine grössere Freude machen können. Und seine Aufträge, seine Worte in ferne Städte zu tragen: Earis fühlte tief in seinem innerem wie es ihn dorthinzog, schon seit er als Kind in das Haus des Priesters gekommen war. Konnte er von mehr träumen?
Einen Moment dachte er an das Mädchen, an ihren schlanken Körper den er in Gedanken schon oft einfach genommen und an die Wand der Küche gepresst hatte, an die Vorstellung ihres Atems nah des seinen wie er schnell und schneller ging. Ob sie sich wirklich danach sehnte? Die Vorstellung davon liess seine Lippen trocken werden, und seinen Geist zu ihr schweifen. 2 Jahre nur! Sein Herr war wahrlich voller Güte. Er hatte ihn alles gelehrt was Earis über Recht und Glauben wusste, all seine Treue gehörte ihm mit jeder Faser seines Körpers. Einst würde er bei ihm sein, wenn die Feder gegen das reine Herz seines Herrn aufgewogen wurde - dessen war sich Earis gewiss!
Heute würde er der Sänger des Sonnenliedes sein, im Tanz mit allen anderen Sklaven seiner Art Ra preisen und seine göttliche Macht. Earis beeilte sich, mehr noch als sonst in seiner Aufregung und Vorfreude. Die Maske der Bastet war sein Antlitz, von dunkler Verzierung neben dem Gold aus dem sie gemacht war wie um zu zeigen welcher Zeit des Tages sie entsprach.
Trombal würde die Weltenverschlingerin darstellen, gemeinsam mit anderen Tanzsklaven wie ihnen beiden. Doch heute würde nur Earis singen, und niemand sollte an seinem Glauben zweifeln! Der Tempelvorplatz war drückend voll gesäumt, und mit dem Blick zu seinem Eingang betrachteten die Gläubigen Earis und die anderen Tänzer. Sie alle waren kunstvoll gekleidet, Knaben deren Anmut und Schönheit sie zu jenem Schicksal gebracht hatte. Ihre Masken zeigten die Götter, und das Schauspiel wessen jeder Mann in Skuld täglich zu sehen bekam.
Den Kampf der Weltenverschlingerin gegen Ra, die unsterbliche Sonne. Still standen alle Tänzer, als Earis die Stimme erhob und seine Worte das Schauspiel zum Leben erweckten.
Dort im Dunkeln,
wo sie lauert,
und den Kopf zum Himmel streckt...
Fern der Sterne funkeln...
kauert,
hofft das das Licht sie nicht entdeckt...
Liegt verborgen,
auf der Jagd,
jede Nacht der Sonne Kind,
Wartend auf den Feind des Morgen
bis wenns tagt,
der Kampf beginnt....
Sein Körper begann sich zu bewegen, geschmeidig und im Rhythmus der einsetzenden Trommeln, liess die Katzengöttin im Tanz entstehen. Alle die seine Maske trugen machten es ihm gleich, wanden sich, schlichen - auf der Jagd nach dem was den Tag bedrohte. Die zwei Klingen in seiner Hand, lange spitze Dolche mit Seitenzacken waren in den Händen verborgen bis das Ziel seiner Jagd zum Vorschein kam. Trombal! Seine Maske zeigte Asep, die Weltenverschlingerin.
Earis sang von ihr, die stets nach Unheil strebend Ra verschlingen wollte noch bevor dieser auf der Sonnenbarke den Tag erhellen konnte, sang vom Kampf den Bastet in jeder Nacht ausführte um ihrem Vater Zeit zu verschaffen und gleichsam dem Naturschauspiel dass sich wie an jedem Morgen abspielte vermochte auch Earis in seinen Tanz und sein Lied all die Schönheit des Morgenrots einzuweben. Der Trommelschlag fuhr ihm ins Herz, im Rhytmus der Schläge, immer schneller immer wilder kämpfte er gegen Trombal hinter der Schlangenmaske. Seine Dolche fuhren herum, drehten sich so dass sie wie Krallen an dessen Haut vorbeijagden und sie beide wussten dass Fehler hier beim Tanz auch der Tod des anderen sein konnten.
Neben ihnen tanzten Nepharim und Akar, und hinter ihnen noch weitere Tanzsklaven doch Earis wusste auch ohne hinzusehen dass die Blicke auf seine und die Bewegungen Trombals gerichtet waren. Sie glichen sich wirklich wie Brüder, abseits der Masken war es unmöglich zu erkennen wessen Arm hervorschoss und die Dolchklinge des anderen abwehrte. Doch da war mehr...der junge Tanzsklave wusste das es seine Bewegungen waren, sein Lied dass alle umstehenden in den Bann zog wie von Zauberei. Earis drehte sich um Trombal herum, schlug seinen Ellbogen ihm in den Rücken und ging gleich wieder in die katzengleiche Haltung welche seiner Maske entsprach. Seine zwei Dolche drohten Trombal, doch dessen Bewegungen wanden sich sprunghaft nach vorn, drohten an Earis Klingen vorbei sich blitzschnell zur Kehle zu winden.
Da wurde plötzlich alles von hellem Licht überdeckt, strahlend und grell vom Sonnenspiegel am Tempel kommend in dem sich das Licht der aufgehenden Sonne brach. Dies war Ra! Sein Licht vertrieb die Ungeheuer! Trombal und die anderen Schlangentänzer wichen furchtsam zurück. Seht wie sie sich winden, wie ihr Unterfangen aufs neue abgewehrt wird von der Grösse und Macht der Sonne! Earis Lied hatte nur einen Moment ausgesetzt unter Trombals Attacken, doch nun liess seine Stimme wieder klar und rein die Ankunft und den Aufstieg der Sonnenbarke erwecken.
Der Morgen war da, und Nazim hinter der Maske des Ra würde den Glauben der gottesfürchtigen mit seinen Worten stärken.