27. Marpenot, 1372 DR
früher Abend
Quamara, Morn, Llandor, Fiona, Targo
Auf der Straße von Schattental nach Voonlar:
Erschöpft aber zufrieden reitet ihr bereits den ganzen Tag durch die bunte herbstliche Hügellandschaft der Dalelands, golden scheint euch die Abendsonne vom Westen her ins Gesicht. Für diese Jahreszeit ist es erstaunlich warm und fast könnte man meinen, es sei noch immer Spätsommer. Getragen auf dem Rücken eurer Reittiere hängt jeder seinen Gedanken nach, beobachtet die Landschaft oder träumt einfach nur vor sich hin.
Vor zwei Tagen habt ihr euren Auftrag erfolgreich erledigt – ein Grüner Drache aus den Wäldern von Cormanthor, östlich von Voonlar, der die Bevölkerung terrorisiert hatte, sollte zur Strecke gebracht werden. Es war kein leichter Kampf und nur sehr knapp konntet ihr den Sieg davontragen. Vermutlich wärt ihr alle gestorben, wenn nicht zufällig kurz vorher unterwegs ein wandernder Elfenmagier namens Llandor Tiriandell zu euch gestoßen wäre, der euch dann im Kampf gegen den Drachen unterstützt hat. Llandor wollte eigentlich in eigener Sache weiterziehen, doch der Fairness halber habt ihr beschlossen, die Belohnung gerecht zu teilen, schließlich hatte der Sonnenelf mit seiner Magie einen nicht unerheblichen Anteil zum Sieg gegen das Monster beigetragen. Da in der letzten Nacht eure zur Verfügung gestellten Pferde von Unbekannten gestohlen wurden, hat sich die arkane Kunst des Elfen erneut bezahlt gemacht, denn er konnte heute morgen auf magische Weise neue Pferde beschwören.
Einen Tag habt ihr anschließend komplett mit Rasten verbracht, und am Vormittag des nächsten – des heutigen – Tages seid ihr schließlich in Richtung Norden aufgebrochen.
Nach einem kurzen und beschwerlichen Ritt durch den Wald, habt ihr schließlich die Straße erreicht. Und auf dieser befindet ihr euch nun schon seit geschlagenen sieben Stunden, ohne eine Rast eingelegt zu haben: Ihr wollt nämlich unbedingt noch heute Abend Voonlar erreichen, eure Belohnung vom Bürgermeister einstreichen und euch dann im Gasthaus zum "Pfeifenden Magus" nach einem ausgiebigen heißen Bad am prasselnden Kaminfeuer satt essen und euer aktuellstes Abenteuer den staunenden Dorfbewohnern zum Besten geben. So oder so ähnlich jedenfalls mag sich der eine oder andere von euch den kommenden Abend vorgestellt haben.
Doch noch habt ihr einen zweistündigen Ritt vor euch und langsam dämmert es schon...
Phelix, Durin
Unterdessen in besagter Taverne in Voonlar:
Die Stimmung im "Pfeifenden Magus" ist heute Abend sehr trüb. Die meisten Leute - Bauern, Handwerker, einfaches Volk - sitzen alleine an den kleinen, runden Tischen und starren schweigend in ihre Bierhumpen oder vergraben ihr Gesicht in den Händen. Hinter der Theke steht ein hagerer siebzehnjähriger Bursche, der unsicher einem kräftigen Zwergen dabei zusieht, wie er gerade ein Fass aus dem Keller hochschleppt. Besagter Zwerg, den man im weiteren Umkreis auch als "den Freund der Wirte" kennt, ist eigentlich heute Abend nach Voonlar und in das für sein gutes Bier berühmte Gasthaus gekommen, um einen ausgelassenen Abend zu verbringen. Stattdessen fand er das gesamte Dorf in Alarmbereitschaft. Dunkelelfen hatten in der vorigen Nacht das Dorf überfallen und über die Hälfte der Dorfbewohner dahingeschlachtet. Es musste ein zweiter Friedhof im Süden des Dorfes angelegt werden, da die ganzen Leichen keinen Platz mehr fanden und der Gestank von Blut und Tod liegt immernoch in der Luft.
Und auch Agdol, der herzliche Wirt des Pfeifenden Magus, ist diesem Anschlag zum Opfer gefallen, zusammen mit seiner Frau. Agdols Sohn hat das Gasthaus nun viele Jahre früher als erwartet geerbt, und dementsprechend unbeholfen verrichtet er seine Arbeit. Durin befand also, dass der Junge eine helfende Hand gebrauchen könnte, insbesondere, da sich das Gasthaus durch den Anschlag der Drow in desolatem Zustand befand.
Ferner geht das Gerücht um, dass es in jener Nacht auch an anderen Orten Überfälle von Drow gab, hauptsächlich im Dolchtal, welches im Westen liegt.
An einem der Ecktische im Pfeifenden Magus hat vor etwa einer Stunde ein junger Edelmann Platz genommen. Jedenfalls macht er den Eindruck, als sei es ein Edelmann. Phelix, so heißt er, hat gerade ein Päckchen abgeliefert für die Organisation, für die er arbeitet, und hat jetzt ersteinmal viel Zeit und wenig Pflichten. Er ist gerade erst in Voonlar angekommen und hat auch sogleich vom nächstbesten Passanten von dem schrecklichen Gemetzel erfahren. Und auch wenn ihn die Tatsache, dass soviele Unschuldige ihr Leben ließen innerlich etwas betrübt, so wittert er hier und jetzt die Gelegenheit auf einen lukrativen Auftrag - denn die Dörfler sehen nicht so aus, als ob sie alleine mit diesem Problem fertig würden.
Mit einem geräuschvollen "Bumm" stellt Durin das Bierfass auf den Boden - endlich fertig! Er hat den ganzen Nachmittag geholfen, das verwüstete Gasthaus wieder auf Vordermann zu bringen und ist nun ziemlich erschöpft, und dankbar, dass alles getan ist, und er sich nun dem angenehmen Teil des Abends zuwenden kann.