Es wäre falsch zu behaupten, die Zeit, die ihr seit dem Tod des Seilers verbrachtet, wäre ruhig und erholsam gewesen.
Sowohl auf Reise, als auch verborgen in euren Zufluchten, wart ihr in ständiger Angst vor den Häschern der Inquisition und in letzterem Falle natürlich vor jenen, die ihr mit eurem Handeln verärgertet und habt so die vergangenen Wochen fast ungenutzt vorüberziehen lassen. Vor allem der Zwang der Nahrungsaufnahme, früher ein Akt körperlicher und geistiger Erneuerung und Freude ist zu einem hastigen Bluttrinken verkommen, stets beherrscht von der Sorge, von niemandem beobachtet zu werden und auf keinen Fall Hinweise zurückzulassen.
Langsam beginnt der quälende Hunger nach Blut sich tief in euch hineinzufressen, da es schon zu lange her ist, seit ihr euch das letzte mal so lange nähren konntet, bis ihr zur Gänze gesättigt wart. Doch auch Langweile drängt sich langsam durch den Mantel aus Vorsicht und Angst hindurch. Und stets lauerte das Tier, bereit, jeden noch so kleinen Moment der Schwäche auszunutzen und die Kontrolle über euch zu übernehmen.
Doch diesmal reißt William kein Bote mit schriftlicher Nachricht aus seiner Lethargie, sondern die sanfte Stimme von Beatrice d'Ouvron, die unmittelbar vor seiner Zuflucht auftaucht und vor dem strömenden Regen nur den Schutz ihres völlig durchweichten Umhanges besitzt. Und auch wenn sie nicht mehr friert, so tragen ihre Nervosität und ihre Unsicherheit dazu bei, dass sie fast einen durchfrorenen Eindruck macht, selbst wenn sie als Leiche derartige Probleme nicht mehr hat.
Verwaschene Spuren einiger blutiger Tränen sind die einzige Farbe in ihrem kalkweißen Gesicht und ihre Lippen beben vor Angst, als sie euch erblickt.
Ihre Stimme ist äußerst leise, wenn auch wunderschön und sicherlich könnte sie eine ausgezeichnete Sängerin werden, solange sie nur ihre Schüchternheit ablegen könnte.
"Ich bitte Euch, verzeiht mein Eindringen in Eure Zuflucht und Euer Leben... oh, ich meine... Verzeihung!
Bitte schickt mich nicht gleich wieder fort, ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden könnte. Und meine Erzeugerin darf nicht erfahren, dass ich allein fortgegangen bin."
Etwas abseits steht Stefan, versteckt hinter einer kleinen Holzhütte, als Beatrice vor Williams Zuflucht steht. Sie war ihm aufgefallen, als er sich herausgewagt hatte, um zu Trinken und war ihr gefolgt. Doch von dem Gespräch kann er aus seiner jetzigen Position nichts verstehen, zu sehr trommelt der Regen auf die Holzbretter der Hütte.