Autor Thema: Mentales Notizbuch  (Gelesen 6412 mal)

Beschreibung: Wichtige Aufzeichnungen und Notizen zum Spiel

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Sternenblut

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Mentales Notizbuch
« am: 29.03.2009, 10:47:06 »
Hallo,

in diesem Thread könnt ihr alles posten, was ihr euch an Notizen in bezug auf die Kampagne merken wollt. Neben Text-Notizen bietet es sich dabei auch an, den einen oder anderen Link auf wichtige Postings im Story-Thread hier zu speichern, um wichtige Beiträge schnell wieder finden zu können.

Dabei kann es übrigens gut sein, dass ich auch mal die eine odere andere Notiz hier einfüge.
« Letzte Änderung: 25.05.2009, 12:29:07 von Sternenblut »
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Sternenblut

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« Antwort #1 am: 07.04.2009, 13:01:54 »
Kapitel 1, Notizen Teil 1

Eine seltsame Gruppe kahlköpfiger, schwarzgekleideter Leute, die sich selbst "Die Ergebenen" nennen, üben Druck auf die Händler in der Stadt aus. Einige Händler haben deshalb schon die Stadt verlassen.
Offenbar gab es auch Entführungen und Ermordungen, aber es ist zunächst noch unklar, ob die Ergebenen damit zu tun haben.

Die Wahrsagerin Kay hat nur durch Handlesen herausgefunden, dass Calfay Rin eine Verbindung zu Drachen hat. Sie gab ihr außerdem die Warnung: "Der wahre Schrecken verbirgt sich im Tageslicht."

Die Bogenmacherin Quinta führt eine Gruppe von Händlern an, die mit den bisherigen Erfolgen der Stadtwache unzufrieden sind. Die Wut auf die Ergebenen ist unter diesen Händlern so groß, dass Hauptmann Tryann von der Stadtwache Selbstjustiz befürchtet.
Waldemar hat Kontakt zu Quinta aufgenommen. Quinta hat ihm angeboten, bei ihm zu wohnen, wenn er sich um die Ergebenen kümmert.

Während eine Gruppe der Ergebenen den Edelsteinhändler Dartan Delegoi, einen Verwandten von Beldins Meister Gerom, bedrängte, stürzte die Tochter des gnomischen Händlers, Lillah, aus dem Fenster. Die Spuren deuten auf jemanden, der gleichermaßen menschliche wie tierische Gestalt annehmen kann, da sowohl menschliche Fußabdrücke als auch Krallenspuren gefunden wurden. Außerdem scheint der Täter in einem Satz vom Boden zum Dach eines Hauses gesprungen zu sein.
Augenzeugenberichte deuten zudem auf ein unsichtbares Wesen hin.

Tryann hat der Gruppe angeboten, gegen Bezahlung die Ermittlungen gegen die Ergebenen bzw. um Lillahs Tod zu führen, da er glaubt, dass die Stadtwache mit ihren Methoden und Möglichkeiten in diesem Fall überfordert ist.
Laut Tryann kamen die Ergebenen etwa 30 Tage vor dem Mord nach Himmelstor. Vor 20 Tagen gab es die erste Entführung: Tugon Argaz, der Sohn einer wohlhabenden Familie von Pferdezüchtern.  In den folgenden fünfzehn Tagen sind vier weitere Leute verschwunden. In den letzten fünf Tagen sind auf einmal sieben weitere Personen entführt worden.
Zu den Entführten gehört unter anderem ein kleines Elfenmädchen, Ayla Nachtlied. Ihr Vater Shirion fand neben dem Bett seiner Tochter ein ausgerissenes Büschel roter Haare. Das spricht gegen die Ergebenen, denn diese haben keinerlei sichtbare Körperbehaarung.
Der Barde Sinthir Harfenspieler hat die Ergebenen mit spöttischen Liedern aufgebracht, und eines Morgens war er verschwunden.  In seinem Haus hatte es offenbar einen Kampf gegeben, seine Harfe war zerschmettert, und man hat einen abgebissenen Finger bei ihm gefunden, der wohl nicht zu Sinthirs Händen passt.

In Lillahs Zimmer fand Milan verschiedene Kinderzeichnungen, darunter eine, auf der die Ergebenen abgebildet waren, die bedrohlich ihren Vater umkreist hatten.
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Sternenblut

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« Antwort #2 am: 14.04.2009, 13:53:31 »
Kapitel 1, Notizen Teil 2

Solange, wie die Gruppe im Dienst der Stadtwache steht, ist Tryann persönlich für jede Straftat verantwortlich, die von den Mitgliedern der Gruppe begangen wird.Die Gruppe erhält für ihre Arbeit fünf Silbermünzen pro Person und Tag, sowie Unterkunft und Verpflegung.

Laut Tryann kommen seit dem ersten Eintreffen der Ergebenen vor ca. 30 Tagen immer wieder neue Mitglieder dieser seltsamen Gruppe in Himmelstor an. Dies macht auch die Überwachung schwierig: Die bereits vorhandenen Ergebenen werden genau beobachtet, doch keiner weiß, was die jeweils neuen Mitglieder der Gruppe vor ihrer Ankunft gemacht haben.
Nur einmal konnte Tryann eine kleine Gruppe der Ergebenen für eine Nacht einsperren, weil es Zeugen dafür gab, wie sie einen Händler so massiv bedrängt hatten, dass es als Störung der öffentlichen Ordnung galt. In den meisten Fällen gab es keine Zeugen - oder zumindest keine, die aussagen wollten.

Tryann wusste zu berichten, dass die Ergebenen sich meist an einem von drei Orten aufhalten: Einem Lagerhaus, das sie gemietet haben, eine ältere Stadtvilla in der Nähe, die sie gekauft haben, und im Wirtshaus Graustein, einer Gaststätte, die ansonsten eher dunklere Gestalten anzieht. Alle drei Gebäude stehen unter ständiger Beobachtung der Stadtwache, eine Durchsuchung ist jedoch nur erlaubt, wenn konkrete Beweise vorliegen.
In dem Lagerhaus lagern die Ergebenen Tücher und Stoffe, haben aber bisher wohl keinen einzigen Handel abgeschlossen.

Bei der Zeugenbefragung nach dem Angriff auf das Gnomenmädchen unterhielten sich Ronga und Eretria mit Elia Del’Arean, deren Familie angeblich sehr wohlhabend und bekannt in der Stadt ist.
Dabei offenbarte sich, dass Elias Tochter Airi die Gedanken (und vielleicht auch die Gefühle) der Personen/Wesen in ihrer Umgebung wahrnimmt. Das ist vermutlich auch der Grund, weshalb nur ihre Mutter mit ihr sprechen kann, und sie Angst vor allen anderen Leuten hat.
Airi hat aus den Augen eines Vogels beobachtet, wie sich die Tür in Lillahs Zimmer scheinbar von selbst öffnete, und das Gnomenmädchen anschließend angegriffen wurde.
Außerdem zeigte sich, dass Airi eine "unsichtbare Freundin" hat, die nur sie hören kann. Kari ließ Airi mitteilen, dass "heute keine Zufälle passieren", sowie: "Alles verändert sich heute, auch wenn vieles davon erst später zu sehen sein wird".
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Sternenblut

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« Antwort #3 am: 14.04.2009, 14:27:28 »
Kapitel 1, Notizen Teil 3

Waldemar verfolgte die Gruppe der Ergebenen, die nach dem Vorfall auf dem Marktplatz auf der Wache verhört wurden. Die Gruppe ging in die Gaststätte "Die springende Münze", die vor allem Kaufleute und deren Kundschaft als Gäste hat. Wie Milan, Eretria und Rin später herausfanden, waren die Ergebenen nur kurz dort, und haben die Gaststätte wieder verlassen, bevor ihr Essen gekommen ist.

Vom Straßenkünstler Irosh, der offenbar wie Ronga auch die Gedankensprache beherrscht (oder diese zumindest kennt), erfuhr Ronga, dass dieser sich geistig an viele verschiedene Orte von Thaikaris begeben hat.
Als Ronga ihn nach möglichen Gestaltwandlern in Himmelstor fragte, erwähnte er Druiden, Magiewirker und die Priester des Tempels von Malar, dem Gott der Jagd.
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Eretria

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« Antwort #4 am: 14.04.2009, 21:52:33 »
Kapitel 1: Eretrias Vision:

"Glaubst du wirklich, ihr könntet IHN aufhalten, Tochter der Sonne?"
Der Stachel des Skorpions hatte sie ganz unvorbereitet getroffen, und Eretria spürte, wie sich das Gift vom Nacken rasend schnell wie brennende Säure in ihrem Körper ausbreitete.
"ER ist hier, um euch zu holen, so wie es vorgesehen war! Alles fügt sich..."
Die Stimme, die entfernt an ein kleines Kind erinnerte, war grausam verzerrt, und hätte das Gift nicht ihren gesamten Körper gelähmt, hätte alleine die Unmenschlichkeit dieser Stimme ausgereicht, ein Schütteln durch den Körper der Priesterin zu jagen, ganz zu schweigen von dem schnellen, rhytmischen Klackern der Skorpione, die auf sie zukrabbelten...
"Gebt euch in SEINE gütigen Hände, und er wird alle belohnen, die stark genug sind... ihr müsst nur den Tod willkommen heißen..."
Die Welt wurde schwarz, und Eretria spürte, wie das Leben ihren Körper allmählich verließ.
"Ihr werdet die Stadt nicht verlassen!" hörte sie die Stimme wie aus weiter Ferne hysterisch schreien. "Wenn ihr die Stadt verlasst, erwarte ich euch schon. Und dann werdet ihr nicht SEINE Gnade erfahren!"

Eretria

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« Antwort #5 am: 14.04.2009, 21:59:12 »
Yika:

Yika gehört zu einem Gesamtkonzept alter Mythen, zu dem auch der von Beldin erwähnte Todesbote Rai und einige weitere mythische Wesenheiten gehören. Yika ist demnach die Schicksalsweberin, die das Leben eines jeden Sterblichen in das Gewebe der ganzen Welt einfügt, um so das beste sowohl für die Welt als auch für den Einzelnen zu schaffen.

Der Skorpion:

Soweit Eretria bekannt, steht der Skorpion in religiösen Symbolsprachen meist (aber nicht immer!) für Falschheit und Treulosigkeit. Sofern er als mythische Kreatur auftaucht, hat er meist die Rolle eines Dieners des Bösen.

Eretria

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« Antwort #6 am: 11.05.2009, 12:27:19 »
Energie des Todes:

Eretria hat in ihrer Ausbildung davon gehört, dass es verschiedene kosmische Energien gibt. Eine davon ist die "Energie des Lebens", die sich auch sehr stark im Licht von Mutter Sonne findet. Es gibt jedoch auch ein Gegenstück dazu, die "Energie des Todes".

Dass es diese Energie gibt, wird nicht angezweifelt.Die Priesterschaft streitet aber seit Generationen darüber, ob diese Energie einfach nur dafür verantwortlich ist, dass das Leben irgendwann endet, oder ob es theoretisch auch eine Art "Umkehrung von Leben" schaffen könnte - eine Art widernatürliches Spiegelbild des Lebens. Es gibt vereinzelte Gerüchte, dass Priester dunkler Religionen mit der Erschaffung solcher Wesen herumexperimentieren, doch Eretria ist nicht bekannt, ob jemals ein Beweis für die Existenz einer solchen Kreatur gefunden wurde.

Nach ihrem Wissensstand macht es allerdings Sinn, dass das Schwert des Paladins der Kreatur Schaden zufügen konnte - die positive, heilige Energie der Waffe steht im direkten Gegensatz zu der negativen Energie, die dem Wesen sein unnatürliches Leben verleiht.

Eretria

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« Antwort #7 am: 29.04.2010, 22:06:34 »
Eretria's Träume (Aliya's Erinnerungen):
I.
Der Wüstensand brannte heiß unter Eretrias nackten Füßen. Sie trug ein langes Gewand. Heute war der große Tag.
Die Belohnung für viele Jahre des Glaubens und der Hingabe. Die Hohe Weihe.
Sie blickte zur Sonne, die heiß auf ihr Gesicht brannte. Nun gab es nur noch eines, dass sie sich von Herzen wünschte: Nicht mehr allein zu sein...

II.
Lächelnd sah Eretria zu den Kindern. Es war so ein wichtiger Tag, für sie selbst ebenso wie für die Kinder. So viel würde geschehen, so viel würde sich verändern. Endlich würde alles seinen rechten Platz bekommen.
Es schien ihr, als würde die Wüste das Licht der Sonne heute besonders hell reflektieren. Vielleicht war es auch nur die normale Entwicklung, es war in den letzten Monaten immer heller geworden. Aber für sie passte alles zusammen. Ja, es war, als würde sogar die Natur die kommende Ordnung mit offenen Armen empfangen.
Sie sah sich um. Überall waren geschäftige Diener, doch sie hielten gebührenden Abstand zu ihr. Ein kurzer Stich zog durch ihr Herz. Selbst jetzt, selbst hier, war sie allein. Aber nein, daran wollte sie jetzt nicht denken. Heute war etwas anderes wichtig...

III.
"Hab keine Angst."
Die dunkle Stimme ihres Herrn berührte Eretria, tief in ihrem Innern. Alles, was er versprochen hatte, war auch eingetreten. Sie glaubte fest an jedes Wort, das er ihr sagte. Weshalb sollte sie auch nicht? Er war der Gesandte der göttlichen Mächte...
"Was auch immer passiert, meine Priesterin, es wird einen Platz für dich geben in der neuen Ordnung. Deine Taten werden nicht vergessen werden, und du wirst deinen Lohn in diesem und im nächsten Leben erhalten."
Sie zitterte, vor Aufregung. Ob nun auch die Einsamkeit enden würde?
"Es ist soweit. Das Ritual beginnt."

IV.
Sie sprach die rituellen Worte, die Einstimmung auf das Ritual der Hohen Weihe. „Im Namen der Sonne, ich höre den Ruf.“

Ein Mann trat neben Eretria. Er trug Gewänder, die den ihren ähnlich waren, aber doch einen anderen Status verrieten. „Im Namen der Sonne, ich höre den Ruf“, sprach auch er. Sie warf ihm einen Blick zu. Tellion, den sie seit ihrer Kindheit kannte, der ihr näher war als irgendjemand sonst. In den wenigen Momenten ihres Lebens, in denen sie nicht einsam war, war sie bei ihm.

„Das Feuer des Glaubens erfüllt mich“, fuhr sie mit dem Ritual fort. „Und ich schwöre, auf ewig…“

„Priesterin Aliya!“

Sie erstarrte. Wer würde es wagen, die Zeremonie zu unterbrechen? Sie wandte sich um. Ein Mann stand vor ihr, in der Kutte eines Tempeldieners. Wieso hatten die Wachen ihn nicht aufgehalten?

Dann zog er eine Klinge. Das Metall reflektierte das Licht der Sonne, blendete sie für einen kurzen Moment, dann wurde sie vom Schmerz überwältigt…

V.
Aliya lächelte Tellion zu. Bald war es so weit. Sie würden die Hohe Weihe erfahren, die sie in die höchsten Ränge ihrer Religion bringen würde. Seit über zehn Jahren hatte niemand mehr diese Ehre erfahren, und die wenigen, die die Hohe Weihe erfahren hatten und noch lebten, waren nicht an politisch bedeutsamen Positionen interessiert.

Sie und Tellion aber bekleideten schon jetzt die Positionen als Priesterkönigin und Oberster Prophet. Seit sieben Jahren herrschten sie über dieses Land. Sie waren viel zu jung gewesen, als man sie erwählt hatte, doch sie waren mit ihren Aufgaben gewachsen. Immer wieder waren sie kritisiert worden, weil sie die höchsten Ämter inne hatten, ohne die Hohe Weihe erfahren zu haben, doch das würde nun enden.

„Aliya.“ Tellions Stimme war sanft, wie immer, wenn er zu ihr sprach. Dennoch bemerkte sie die Dringlichkeit in seiner Stimme. „Es gibt ein Problem. Zwei der Kinder, die erwählt worden sind... sie sind verschwunden.“

Sie runzelte ihre Stirn. „Verschwunden? Was soll das heißen? Wer hat sie...“

Er schüttelte den Kopf. „Ich glaube, sie sind geflohen.“

VI.
"Oh, Tellion, ich freue mich schon so sehr. Das Licht der Sonne wird die Kinder erfüllen und sie von aller Dunkelheit reinigen. Und nach dieser Zeremonie folgt die Hohe Weihe. Danach... Tellion, wir werden eine neue, eine bessere Welt erschaffen. Gemeinsam."

Der Prophet sah sie mit einem mißmutigen Lächeln an. "Aliya, ich wünschte, ich hätte deinen Glauben. Es gibt einen Grund, weshalb du die Hohepriesterin bist und ich nur der unbedeutende Prophet."

Sie lachte. "Unbedeutend wohl kaum. Aber sprich... was macht dir Sorge?"

Er schüttelte den Kopf. "Nichts von Bedeutung. Die Kinder... einige unter ihnen wollen die Zeremonie nicht. Und es gibt Widerworte unter den Ammen. Sie wären zu jung, solche Dinge. Das Geschwätz der Unwissenden. Kümmere dich nicht darum, wir werden die Zeremonie wie geplant durchführen."

Aliya sah Tellion mit einem Blick an, der Enttäuschung ausdrückte. "Sie verstehen es einfach nicht... sie wissen nicht, wie es ist, gereinigt zu werden. Ihre Ängste sind so unbegründet. Sie werden bessere Menschen sein, wenn sie die Zeremonie hinter sich gebracht haben."

Tellion nickte. "Du weißt das, und ich weiß das. Viele aus dem einfachen Volk begreifen es nicht. Sie glauben, du würdest den Kindern etwas antun. Aber sorg dich nicht, ich nehme das in die Hand. Die Zeremonie wird wie geplant stattfinden."

Es klopfte an der Tür ihrer Gemächer. Heftig. Dringlich. "Herein!"

Eine Dienstmagd öffnete die Tür. Sie machte einen Knicks und sah zu Boden.

"Verzeiht die Störung. Es ist... wegen der Kinder. Zwei von ihnen... sie sind weggelaufen!"

Aliya stand erschrocken auf, und...
« Letzte Änderung: 07.11.2010, 16:06:27 von Eretria »

Eretria

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« Antwort #8 am: 30.05.2010, 15:29:49 »
Der Prophet hat Eretria Folgendes gesagt:
"Du erinnerst dich nicht." Die Enttäuschung in der Stimme des Mannes war deutlich.

"Ich verstehe deine Wut, Al... Eretria. Noch vor nicht allzu langer Zeit war ich ein einfacher Priester. Dann fingen die Visionen an, die sich nach und nach bewahrheitet haben. Ich habe nicht verstanden, was mit mir passiert ist, nur, dass etwas Großes im Gange war, das mein ganzes Leben umgekrempelt hat. So wie ich damals, fühlst du dich vermutlich heute."

Er kam noch näher zu ihr, und stand nun nur noch eine Armlänge von ihr entfernt. "Ich fürchte, ich kann nur einen Bruchteil deiner Fragen beantworten, weil ich selbst noch nicht allzu viel weiß. Aber ich kann dir eine Richtung weisen. Und ich hoffe... ich hoffe, wenn du die Wahrheit erkannt hast, werden wir Seite an Seite kämpfen."

Wieder kam der Mann einen Schritt näher, und stand nun ganz nah bei der Priesterin. Mit glänzenden grünen Augen sah er sie an. "Wie schon einmal, in einem früheren Leben, als dein Name Aliya war. Aliya, Priesterin des Sonnenfeuers. Und ich war Tellion, Hoher Prophet des Sonnenfeuers. Gemeinsam haben wir versucht, die Welt in ein neues, goldenes Zeitalter zu führen."

Gespannt sah er sie an. "Soll ich weiter erzählen, oder hältst du mich nun für einen Verrückten, dessen Worte für dich belanglos sind?"
Der Mann schüttelte seinen Kopf. "Ich weiß nichts von deinen Träumen. Aber... vielleicht erinnerst du dich doch. Vielleicht dringen die Erinnerungen deines vergangenen Lebens in den Träumen zu dir durch."

Dann erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht - ein Lächeln, das aber auch Trauer ausdrückte. "Wir waren nie Geliebte, falls du das dachtest. Und ich habe nicht vor, mich zwischen euch zu stellen." Dabei sah er in die Richtung, in die Milan und Calfay verschwunden waren.

Schließlich wanderte sein Blick zu dem Lager. "Es gefällt mir nicht, zu töten, Eretria. Aber ich bin gezwungen, aus einer höheren Perspektive zu denken. Es wird einen Krieg geben, einen gewaltigen, unvermeidlichen Krieg, und ich werde alles daran setzen, damit das Licht der Sonne auch nach diesem Krieg noch in den Herzen erstrahlen wird."

Nun nahm er ihre Hände, und hielt sie, wie man eine Geliebte halten würde. "Ich bin nicht böse, Eretria. Mein Ziel ist es, uns alle zu befreien. Glaube mir, mein Herz leidet mit jedem Tropfen Blut, der vergossen wird. Aber ich muss die Stärke haben, heute zu handeln, weil ansonsten das Böse diese Welt ergreifen wird."

Die Priesterin spürte, wie die Hände des Mannes leicht zitterten, und auch in seinen Augen standen Tränen, auch wenn er darum kämpfte, sie zurückzuhalten.
Der Prophet sah Eretria mit einem traurigen Lächeln an. "Wir haben in unglücklichen Zeiten gelebt. Wir... ich habe dich geliebt, Aliya. Ich habe es dir nie gesagt, weil ich wusste, dass du meine Liebe nicht teilst. Auch ich war unglücklich."

Er wandte seinen Blick nach oben, zur Sonne. "Dies ist ein neues Leben, und vieles wird anders werden. Aber unsere Seelen sehnen sich danach, das zu beenden, was sie einst begonnen haben. Du warst damals eine Sonnenpriesterin, und bist es heute wieder. Du hast damals für höhere Ziele gekämpft, und ich glaube, du tust es heute wieder. Es ist kein Zufall, dass du in diesen Zeiten geboren wurdest. Du entscheidest, welchen Weg du gehst. Aber das Ziel... du wirst niemals dein Glück finden, wenn du dich gegen das Schicksal sperrst, dass du aus deiner eigenen Seele heraus für dich bestimmt hast."

Wieder blickte er zu dem Lager. "Ich werde dir alles erklären, falls du dich entscheidest, an meiner Seite zu kämpfen. Solange ich mir dessen nicht sicher sein kann, kann ich dir nicht mehr erzählen, nur ein wenig den Weg weisen. Suche einen Mann namens Gazriel. Er kann dir dein Seelenlied zeigen. Und... halte dich fern von den Siddhai. Sie sind nicht, was sie vorgeben zu sein."

Er wandte sich von der Priesterin ab, und ging zurück zu seinem Worg. Bevor er sich wieder auf den Rücken des Tieres setzte, sah er sie noch einmal mit traurigen Augen an. "Ich bin kein Wegelagerer, Eretria, und ich bin kein Mörder. In diesem Lager ist keine Seele gestorben, die unschuldig war. Dafür habe ich mit meinem Handeln weit Schlimmeres verhindert."

Kurz zögerte er, dann setzte er noch einmal an. "Ich liebe dich noch immer, Aliya. Ich kenne deine Seele wie kein anderer. Aber solltest du dich gegen mich stellen... ich werde nicht zulassen, dass die Dunkelheit über diese Welt kommt."

Mit diesen Worten ritt er davon, in Richtung der Festung.

Eretria

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« Antwort #9 am: 23.07.2010, 12:58:25 »
Ich mache mich mal daran die 'Träume' der anderen Mitglieder der Gruppe so zu notieren, wie Eretrias.

Milans (Marushans) Erinnerungen:

I:
Ein Tropfen fiel zu Boden. Milan sah hinab. Das war es nun also.

War er glücklich? Nein. Aber befreit. Wenn nichts anderes, so hatte er zumindest sein Versprechen eingelöst. Das Versprechen, das er seiner Schwester gegeben hatte.

II.
Ein Tropfen fiel zu Boden. Milan sah hinab. Das war es nun also.

Alles würde sich von jetzt an ändern. Jedenfalls hoffte er das. Für sich, für seine Schwester, für alle.

War er glücklich? Nein. Aber befreit.

III.
Das helle Licht der Sonne reflektierte in dem kleinen Tropfen, der zu Boden fiel. Eine halbe Ewigkeit schien zu vergehen, bis der Tropfen den Boden erreichte und sich in einen kleinen, roten Fleck verwandelte.

Milan hatte es vollbracht. Der Feind war tot...

IV.
Ein Tropfen löste sich von seiner Klinge, und fiel wie in Zeitlupe zu Boden. Sie blickte ihn an, ungläubig. Die Mächtige, die Unangreifbare. Er hatte sie getötet, mit einem einzelnen Schlag. Die Herrschaft der Priesterin Aliya war gebrochen.

Er sah in ihr Gesicht, während sie zu Boden fiel. Sie war anmutig, jetzt, wo alle Härte aus ihrem Blick gewichen war. Kurz schien es ihm, als würde er ein anderes Gesicht in ihrem erkennen…

Eretria!

V.
Milan blickte in das Tal. Sein Volk hatte hunderte von Höhlen geschaffen, und aus der unbewohnbaren Wüste ein fruchtbares Reich geschaffen. In Jahrhunderten hatten seine Ahnen so viel erreicht, sie hatten dem Boden Leben entrungen, Pflanzen angebaut und Ziegen gezähmt. Sie waren ein friedliches Volk, dessen größte Erfüllung es war, etwas Schönes aus Nichts zu erschaffen.

Vor einem Jahr hatten sie ihn gewählt. Es hatte ihn völlig überrascht – natürlich, er war einer der besten Krieger im Tal, und er verstand sich mit jedem Einzelnen, doch er hatte nie geäußert, dass er ein Interesse daran hatte, sie anzuführen. Shahar und Kudra, das waren die Anwärter, diejenigen, die diese Macht unbedingt wollten. Arelia, die Schamanin, hatte ihm später erklärt, dass sie genau deshalb nicht gewählt worden waren.

Er wünschte, er müsste diese Verantwortung nicht tragen. Bis jetzt war alles in Ordnung gewesen, er hatte alle Aufgaben gemeistert... aber ein Krieg?

Man hatte ihre Nachbarn überfallen und brutal abgeschlachtet. Von den über dreitausend Qamaish gab es nur noch sieben Überlebende. Sieben. Die Qamaish waren ausgelöscht worden, ohne einen ersichtlichen Grund.

Shemiya war nun seine kleine Schwester. Er hatte sie aufgenommen in seine Familie, und kümmerte sich um sie, so gut er konnte. Sie drängte auf Rache, das wusste er. Doch Rache durfte kein Grund für einen Krieg sein. Aber es gab noch einen anderen Grund.

Wenn das Sonnenvolk die Qamaish ohne einen Grund auslöschte, dann würden sie es vielleicht auch bei seinem eigenen Volk tun. Er durfte nicht abwarten, bis es geschah. Er musste ihnen zuvor kommen, und den übermächtigen Feind besiegen, solange er nicht mit einem Angriff rechnete.

VI.
Das Klirren von Schwerten und Schilden, das Schreien sterbender Männer und Frauen und das Wiehern von panischen Pferden erfüllte die Stadt. Er hatte sein ganzes Volk in die Hauptstadt des Feindes geführt, sein Volk und deren Verbündete. Und in der Stadt hatte er sich weitere Verbündete gesucht, Widerständler, die sich gegen Aliyas Herrschaft entschieden hatten.

Aliya war tot. Doch ihre Anhänger hatten sich nicht so leicht ergeben. Sie kämpften, und er, Marushan, wusste, dass heute noch viele gute Männer und Frauen sterben würden. Doch er hatte keinen anderen Weg gesehen, so sehr er es auch in diesem Moment bereute.

"Shemiya!" rief er. "Hinter dir!"

Seine Schwester kämpfte gegen die verhassten Feinde, mit einer Wut, die ihre geringere Kraft um ein vielfaches ausglich. Die erfahrenen Soldaten Aliyas zogen sich angstvoll vor ihr zurück, nur die besten Kämpfer wagten sich überhaupt in ihre Nähe.

Doch in diesem Moment stürmte ein Mann von hinten an Shemiya heran. Er trug sandfarbene Kleidung, keinerlei Rüstung, doch seine Bewegungen verrieten, dass er so etwas vermutlich auch nicht brauchte. Und er war unglaublich schnell.

Shemiya drehte sich herum. Marushan rannte auf sie zu, auch wenn er wusste, dass er zu spät kommen würde. In dem Moment stach der Dolch in ihre Brust, stieß durch ihre Rüstung, als wäre sie überhaupt nicht vorhanden. Ein Schwall Blut stieß aus Shemiyas Mund hervor.

Sie fiel zu Boden, einfach so. Reglos. Tot.

Marushan starrte sie an. Starrte auf die Kämpfer um ihn herum. Welchen Sinn hatte dieser Krieg jetzt noch?
« Letzte Änderung: 07.11.2010, 16:09:15 von Eretria »

Eretria

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« Antwort #10 am: 23.07.2010, 13:06:20 »
Mikas Träume (Shemiyas Erinnerungen):

I.
Es war vielleicht das Irritierendste von allem. Sie träumte von dem jungen Mann namens Milan, der zu der seltsamen Gruppe gehörte, die sie heute kennengelernt hatte. Sie konnte sich nicht erinnern, was genau sie geträumt hatte, aber sein Gesicht, dass sah sie vor sich, so genau, als würde er vor ihr stehen...

II.
Vor sich erblickte sie das Gesicht von Milan. Wenn er doch nur wüsste, was sie wirklich für ihn empfand... doch sie war froh über das, was sie hatte. Er passte auf sie auf, wie sie es sich niemals zu hoffen gewagt hätte...

III.
Mika lächelte. Dort lag er und schlief, sanft wie ein kleiner Junge. Sie spürte, wie nervös sie war. Sie hatte Angst. Morgen war der große Tag. Gewiss, sie brachte sich auch selbst in Gefahr... aber vor allem fürchtete sie um sein Leben. Sie wünschte, es gäbe einen anderen Weg. Aber sie hatte lange darüber nachgedacht. Es ging nicht anders, die Priesterin musste sterben, sonst würden die Qualen nie ein Ende nehmen...

IV.
Mika sah, wie die Klinge den Leib der Priesterin durchbohrte. Die anderen Priester und die Wachen waren viel zu entsetzt, um zu reagieren. Und, natürlich, einige der Wachen gehörten zu ihnen.

Aliya fiel zu Boden. Sie wartete. Wartete auf das Glücksgefühl, das hätte kommen sollen. Die Befreiung, nachdem sie endlich ihre Rache bekommen hatte, Rache für ihr Volk, ihre Familie…

Es blieb aus. Die Priesterin war tot, doch ebenso fühlte sich Mika…

V.
Mika traute sich kaum, zu atmen. Regungslos lag sie da, seit Stunden, wie ihr schien. Sie hatte schon lange nichts mehr gehört, keinen einzigen Schritt... und keinen Schrei mehr. Es war dunkel geworden. Vielleicht konnte sie es nun wieder wagen, sich zu bewegen.

Zitternd schob sie den toten Körper, der neben ihr lag, ein wenig zur Seite. Alles geschah so mechanisch, sie hatte kaum das Gefühl, selbst ihren Körper zu steuern. Sie kämpfte sich nach oben, langsam, vorbei an den Leichen ihrer früheren Freunde und Nachbarn. Sie war unter ihnen begraben worden, nachdem einer der Angreifer ihr ein Schwert durch den Bauch getrieben hatte. Sie wäre selbst eine der Leichen, wenn sie nicht die Macht des Lebensliedes angerufen hätte. Sie hatte nicht gewagt, zu singen, doch die Melodie nur in ihrem Kopf hervor zu rufen, hatte zumindest genügt, um dem Tod zu entkommen.

Wie betäubt lief sie durch das niedergebrannte Dorf. Sie ahnte, dass es in den Nachbardörfern nicht anders aussah. Sie war dankbar, im schwachen Mondlicht nur wenig von den zerstückelten Leichen zu sehen, doch der Rauch der abgebrannten Häuser drang unvermindert in ihre Nase.

Sie wusste nicht, wohin sie laufen sollte, also lief sie einfach in irgendeine Richtung. Ihr Bauch schmerzte noch immer, und sie spürte die Narbe, wenn sie mit ihrer Hand darüber strich. Doch noch immer wagte sie nicht, zu singen. Wer wusste schon, ob die Angreifer nicht doch noch Wachen zurückgelassen hatten, für den Fall, dass jemand überlebt hatte?

Sie lief. Alles, was sie im Moment wollte war, das Dorf hinter sich zu lassen. Das Dorf, das seit sechszehn Jahren ihre geliebte Heimat gewesen war...

VI.
"Shemiya!"
Sie lächelte. Unael winkte ihr zu, von der Spitze des Felsens, den er erklommen hatte. Der Junge war kaum vierzehn Jahre alt, und jetzt schon davon überzeugt, dass er eines Tages als Held in die Geschichten eingehen würde. Und auch davon, dass Shemiya die Frau an seiner Seite sein würde.

Sie hatte ihm sanft, aber deutlich klar gemacht, dass sie kein Interesse hatte. Das hielt ihn nicht davon ab, zu werben, und sie störte sein Gehabe nicht weiter. Es war amüsant.

Sie wandte den Blick ab, sah auf den Steinbrocken in ihrer Hand. "Also, mein Freund, was möchtest du mir erzählen?"

Sie schloss die Augen. Eine Melodie erklang in ihrem Geist, und verließ kurz darauf ihre Lippen. Musik, die universelle Sprache. Die ganze Natur war erfüllt von ihr, wenn man nur zu lauschen wusste. Sie konzentrierte sich auf den Stein, auf sein Wesen, seine Form, seine Struktur, seinen Geist...

Ein sanftes, melodisches Brummen ertönte in ihrer Brust. Unwillkürlich musste sie an die Meditationen ihres Großvaters denken. Mühsam unterdrückte sie ein Kichern bei dem Gedanken, wie sie als Kind immer wieder versucht hatte, ihn zu stören. Er hatte es ihr nicht übel genommen, es als Herausforderung betrachtet. Und irgendwann hatte er das Licht gefunden...

"Die Geister des Lichts weinen."

Ihre Lippen hatten die Worte geformt, doch es war der Geist des Steins, der aus ihr sprach.

"Etwas Finsteres nimmt Besitz von beiden Welten, der Welt der Sterblichen und der Welt der Geister. Himmelssängerin Shemiya, bereite dich vor auf einen Krieg!"

VII.
Shemiya bemühte sich, sich zu beruhigen. Sie war ja froh, dass die reichen Adligen sich einen Doppelsarg leisten konnten, auch wenn Lochnar - so sehr sie ihn mochte - nicht der Mann war, mit dem sie eines Tages würde beerdigt sein wollen...

"Was ich dich immer fragen wollte..." Lochnar stockte. Er war einer der ältesten Freunde Marushans, und er schien fast immer die richtigen Worte zu finden.

"Was denn?"

"Versteh mich nicht falsch, ich finde richtig, was wir hier tun. Wir können dem Sonnenvolk nicht trauen. Wir müssen handeln, bevor sie es tun. Aber... du weißt, dass Marushan diesen Krieg für dich führt, oder? Er kann es nicht ertragen, dich leiden zu sehen. Er wünscht sich, dass du deinen Frieden findest. Dass du ihn findest, wenn du deine Rache bekommst. Das ist für ihn der wahre Grund, diesen Krieg zu führen. Ohne dich hätte die Schlacht, die uns bevorsteht, für ihn keine Bedeutung mehr."

Die Worte stachen Shemiya ins Herz, tiefer als es eine Klinge gekonnt hätte.

Nein, das konnte nicht sein. Der Krieg war nötig, er war...

Und doch, tief in ihrem Innern spürte sie es. Wie sehr sie Marushan gedrängt hatte. Er hatte den Krieg nicht gewollt. Viele Abende hatte sie mit ihm diskutiert, über die Gefahr, was passieren würde, wenn sie diesen Krieg nicht führten. Doch hinter den Worten, was hatte sie ihm da gesagt? Ich brauche meine Rache...

Sie schüttelte den Kopf. Das war Unsinn. Sie konnte, sie durfte solche Gedanken nicht zulassen. Marushan war ein erwachsener Mann, der Führer eines ganzen Volkes. Er hatte diese Entscheidung getroffen, weil es richtig war. Wäre dem nicht so, dann würde die Verantwortung für diesen Krieg bei ihr liegen, bei ihr ganz allein. Sie wäre es, die den Opfern dieses Krieges das Leben geraubt hätte, eine Diebin, die den Menschen die Zukunft stiehlt, eine Diebin des Lebens...

Sie schlug die Hände vor ihr Gesicht. Was waren das nur für Gedanken? Hatte sie diese Zweifel, weil sie jetzt so kurz davor stand? Nein, sie würde sich nicht ablenken lassen. Nicht jetzt.

Das Sonnenvolk würde büßen. Aliya würde büßen. Sie war es, die Schuldige, die Verantwortliche für diesen Krieg, und sie musste sterben für das, was sie getan hatte.

Shemiya traf keine Schuld, sie hatte keine Verantwortung für das, was geschah. Sie, eine Diebin. Eine Diebin, die den Menschen das Leben stiehlt. Diese Gedanken waren lächerlich.

"Du denkst zu viel nach, Lochnar", antwortete sie schließlich. "Marushan ist ein erwachsener Mann. Er tut, was er tut, weil er es für richtig hält."

Nein, sie, Shemiya, traf keine Schuld...

VIII.
Lachend lief Shemiya über den Sand. Ihr älterer Bruder jagte sie, Tlendrae. Sie wusste, dass er extra langsamer lief, um sie entkommen zu lassen. Wenn er es wollte, könnte er sie jederzeit einholen, so wie er es am Ende immer tat...

Sie rannte zu dem Baum, ihrem Lieblingsbaum, und blieb dort erschöpft stehen. Tlen hatte sie ihn getauft, nach ihrem Bruder, weil er so groß und mächtig war. Das war inzwischen drei Jahre her, und Shemiya war seitdem ein gutes Stück gewachsen, aber auch, wenn der Größenunterschied geschwunden war, kam ihr Tlendrae noch immer groß und mächtig vor.

"Hab dich!" rief er, als er schließlich bei ihr ankam. Sie lachten beide, und nahmen sich dann kurz in den Arm.

"Großer Bruder, es ist so schön zu wissen, dass du immer auf mich aufpassen wirst", lächelte sie ihn an.

Er schüttelte den Kopf. "Nicht für immer, nein. Irgendwann wirst du selber fliegen müssen. Und dann, wenn du alt genug bist, wirst du jemand anderen finden, der auf dich aufpasst."

Sofort wurde sie wütend. Sie war vierzehn! Sie wollte keinen anderen Jungen, der auf sie aufpasste. Auch nicht später, nein, niemals. Sauer funkelte sie Tlendrae an, und wandte sich dann dem Baum zu. "Hallo Tlen. Du verstehst mich wenigstens. Du wirst immer für mich da sein, oder?"

So lange, bis das große Feuer kommt.

Erschrocken machte sie einen Schritt zurück. Dann sah sie zu Tlendrae. "Wie hast du das gemacht?"

Ihr Bruder sah sie verwirrt an. "Was gemacht?"

Ich bin der, den du Tlen nennst. Dein Bruder kann meine Stimme nicht hören. Du aber hast dich über all die Jahre hinweg auf mich eingestimmt. Du hörst den Gesang, die Melodie der Welt. Es ist an der Zeit, dass du den Weg deiner Bestimmung gehst.
« Letzte Änderung: 09.02.2013, 19:47:40 von Eretria »

Eretria

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« Antwort #11 am: 23.07.2010, 13:12:30 »
Calfays Träume:

I.
Warm... ja, es war sogar sehr warm. Gewöhnlich war es um diese Jahreszeit schon etwas kühler. Sogar hier oben fühlte sich der Wind noch warm an, wie er um ihren Körper strich.

Sie blickte auf die Landschaft unter sich. Am liebsten hätte sie die Welt angehalten, oder besser noch, alles rückgängig gemacht. Sie hatte es gesehen, aber viel zu spät gehandelt. Es lag in ihrer Natur, erst einmal abzuwarten. Diesmal jedoch war es ein Fehler gewesen.

Ob es noch Hoffnung gab? Wer wusste das schon? Auf keinen Fall war sie bereit, einfach aufzugeben. Aber sie würde Verbündete brauchen. Sie wusste, das eine Suche vor ihr lag, die nicht einfach werden würde.

II.
Calfay starrte den grauen Fels der Höhle an, in die sie sich zurückgezogen hatte. Sie hatte gewusst, dass es nicht einfach werden würde... aber das hatte sie nicht erwartet. Als wäre die Welt mit einer Krankheit infiziert worden, die nicht den Körper, sondern die Herzen angriff.

Eine Spur aber gab es noch. Ein Mensch, gesucht von den Häschern seiner eigenen Art. Sie würde ihn finden, auch wenn sie dazu ein ganzes Meer überqueren musste...

III.
Endlich... endlich! Calfay war nicht mehr allein. Ein anderer Drache, an ihrer Seite, einer, der die alten Werte noch achtete. Ein Gefährte.

Durch ihn hatte sie den Magier gefunden, in den sie alle Hoffnungen gesetzt hatte, und ihr Hoffen war bestätigt worden. Der Mensch hatte einen Plan. Er war verrückt, und es blieb viel zu wenig Zeit - kein Drache hätte sich jemals einen solchen Plan ausgedacht. Und doch, es könnte funktionieren. In jedem Fall war es den Versuch wert.

Und nun war sie hier, mitten über dem Ozean, auf dem Weg zu jenem einen Ort, den jeder Sterbliche, sogar jeder Drache, unbedingt meiden sollte. Sie war unterwegs zu Garachs Höhlen...

IV.
Dies war er also, der Ort, den sie gesucht hatten. Die Höhlen des Garach, des Seelenlosen. Und sie würden hinein gehen. Sie hatte Macht, mehr als die meisten Wesen dieser Welt, und doch hatte sie Angst.

Es war absurd… Garach, der größte Schrecken dieser Welt, war nun ihre letzte Chance. Sie wusste nicht einmal, ob sie mit ihm reden konnte. Aber erst einmal musste sie an den Verlorenen vorbei…

V.
Die Dunkelheit war allumfassend. Es war nicht einfach nur der Mangel an Licht... mit ihrer Magie war es ihr durchaus möglich, zu sehen. Doch diese Höhlen strahlten eine Dunkelheit aus, die selbst dann bleiben würde, wenn man die Sonne selbst hier herein brachte.

Sie sah zu ihrem Gefährten. In elfischer Gestalt wanderten sie durch die Höhlen von Garach, auf der Suche nach... nun, nach ihm. Sie blieb stehen. „Was machen wir hier eigentlich?“

Feodor sah sie sie überrascht an. „Was meinst du?“

„Garach... ich meine, glaubst du ernsthaft, dass er uns auch nur zuhören wird? Er wird... ich glaube, er wird unsere Seelen verschlingen, und das war es dann. Er...“

Ihr Gefährte kam näher, legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Hab keine Angst. Ich weiß, der Plan ist... nun ja, es ist ein Plan, den sich nur ein Mensch ausdenken konnte. Aber du und ich, wir kennen diesen Menschen. Er ist nicht gewöhnlich. Er ist vielleicht der größte Magier, den diese Welt je gesehen hat, erfüllt von einer Macht und einem Verständnis für den Lauf der Dinge, dass selbst wir Drachen vor Neid vor ihm erblassen. Vertrauen wir seinem Instinkt. Ich glaube, dass es funktionieren wird.“

Sie schüttelte den Kopf. Vielleicht gab es eine winzige Chance... aber was, wenn sie sich irrten? Vielleicht würden sie sterben, wenn sie es nicht versuchten, doch zumindest würden ihre Seelen nicht von Garach verschlungen werden.

„Alles in mir schreit danach, umzukehren, Feodor. Ich möchte...“

Sie hielt inne. Gute zehn Schritt von ihnen entfernt hatte jemand den Höhlengang betreten. Der Mensch war bleich, seine Kleidung zerrissen, die Augen mit tiefen Rändern unterlaufen. „Ich... ich suche meine Schmiede. Sie muss hier irgendwo sein.“

Mit leeren Augen sah er sie an. „Oh, Kunden. Ich grüße euch. Seid ihr auf der Suche nach einer neuen Rüstung?“

Ein Verlorener. Sie hatten das Reich der Verlorenen erreicht. Es war nicht mehr weit bis zu Garachs Thron...

VI.
Er war groß. Ja, natürlich, sie hatte gerade elfische Gestalt angenommen, und aus dieser Position musste ihr jeder Artgenosse groß erscheinen. Doch das war es nicht... selbst in ihrer wahren Gestalt wäre Zareoxfeodorazix'azzeraz weit größer gewesen als sie. Seiner Gestalt nach musste er an die tausend Jahre alt sein.

Sie reckte den Kopf hoch, um ihm in die Augen zu sehen. "Ich habe nach dir gesucht."

Ihr Gegenüber sah sie ausdruckslos an. "Und ich habe dich erwartet. Doch was soll die Maskerade?"

Sie lächelte. "Bis vor etwa einer Woche hat man mich verfolgt. In dieser Gestalt bin ich, nun, weniger leicht zu entdecken."

Die silbernen Schuppen im Gesicht des Drachen bewegten sich leicht, als der Gigant seine Augen zusammenkniff. "Die Häscher des roten Königs? Haben sie..."

Sie schüttelte den Kopf, noch immer lächelnd. "Ich habe einige Jahrhunderte mehr Erfahrung als sie. Und nachdem ich ihre Magier und Priester ausgeschaltet habe, stellen sie keine wirkliche Gefahr mehr dar. Ich wollte trotzdem kein Risiko eingehen."

Der Drache erhob sich. Vorsichtig breitete er seine Flügel aus. "Lass uns reden. Doch nicht hier... dort, wo nur unsereins Zugang hat."

Sie nickte, und mit einem einzigen Gedanken gab sie die Magie auf, die ihr die fremde Gestalt verliehen hatte. Sie verwandelte sich, spürte die silbernen Schuppen, die sich auf ihrer Haut ausbreiteten, die Flügel, die aus ihrem Rücken wuchsen, spürte, wie sie größer wurde und Klauen und Fangzähne zurückkehrten...

Wenige Minuten später flog sie mit Zareoxfeodorazix'azzeraz durch die Wolken, Flügelschlag um Flügelschlag. Es waren nur wenige Tage gewesen, die sie darauf verzichtet hatte, doch sie hatte das Gefühl vermisst.

"Es ist gerade einmal drei Jahre her, dass sie die Jagd eröffnet haben. Und doch ist kaum einer von uns übrig. Überall auf der Welt haben sich die Sterblichen gegen uns gewandt, und plötzlich wissen sie sehr genau, wie sie gegen uns vorgehen müssen. Irgendjemand oder irgendetwas hat sich gegen uns verschworen. Wenn wir nicht handeln, wird bald keiner von uns mehr übrig sein."

Sie sah ungläubig zu ihm hinüber. "Das kann nicht stimmen. In Rashedoc herrscht unsere Art seit über fünftausend -"

"Herrschten. Ein neuer König hat die Macht ergriffen. Ein uralter menschlicher Magier, der das Leben längst hinter sich gelassen hat. Ein Leichnam. Er... er tötete die alten Herrscher und machte ihre Leichname zu seinen Sklaven."

Für einen kurzen Moment sackte sie nach unten ab. Sie hatte vergessen, mit ihren Flügeln zu schlagen. Das konnte nicht sein!

"Bist du ganz sicher? Die Macht von Azrai-izzariex'lok'thaz ist legendär. Es heißt, dass ihn sogar die Götter achten."

Eine ganze Zeit lang starrte ihr Gesprächspartner geradeaus. Schließlich antwortete er, widerwillig. "Ich war dort. Ich habe es gesehen. Der Thron des Leichnams... ist das Skelett von Azrai-izzariex'lok'thaz."
« Letzte Änderung: 07.11.2010, 16:12:32 von Eretria »

Eretria

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« Antwort #12 am: 23.07.2010, 13:19:11 »
Waldemars Träume:

I.
Es war ein klarer, heller Tag. Hier oben auf dem Felsen konnte er die ganze Landschaft des Tals erblicken, die sich versammelnden Armeen, die zahllosen Banner, die symbolisch in die Höhe gehalten wurden. Er fragte sich, wieviele wohl überleben würden. Sein Herz verlangte von ihm, den Blick abzuwenden, doch sein Geist wusste, dass er hier bleiben musste, beobachten musste.

Eigentlich wusste er gar nicht genau, worauf er wartete. Sein mysteriöser Informant hatte ihm lediglich gesagt, dass diese Schlacht ihm etwas offenbaren würde. Er war sich nicht einmal sicher, wie diese Aussage gemeint war: Würde er etwas sehen, das ihm half, die Ereignisse der letzten Jahre zu verstehen? Oder würde die Schlacht ihm etwas über sich selbst sagen?
"Wer weiß", flüsterte er zu sich selbst, "vielleicht beides."

Er würde ausharren, bis es vorbei war. Er war weit genug von der Schlacht entfernt, um nicht in Gefahr zu geraten. Und sollten tatsächlich einzelne, versprengte Gruppen ihren Weg in seine Richtung finden, würde er sich zu wehren wissen. Fest hielt er den Bogen in der Hand, dieses vor Magie vibrierende Meisterwerk, das er in jahrelanger Arbeit aus dem Holz der mystischen Silberfichte geschaffen hatte.

Ruhig setzte er sich hin. Es würde ein langer Tag werden...

II.
Waldemar sah den mysteriösen Fremden eine ganze Zeit lang schweigend an. Schließlich stand er von dem kleinen Baumstumpf auf, und räusperte sich. "Ich soll euch also vertrauen, ohne dass ihr mir irgendetwas über euch erzählt. Woher weiß ich, dass das keine Falle ist?"

Der Magier lächelte. "Ihr wisst es nicht. Was auch immer ich für einen Beweis zu erbringen versuchte, könnte nur wieder Teil eines größeren Plans sein. Und weil ich weiß, dass ihr weise genug seid, das zu erkennen, spreche ich euer Herz an, nicht euren Kopf."
Er trat einen Schritt näher. Sein dunkles blondes Haar war kurz geschnitten, die Kleidung edel. "Seht in meine Augen. Das ist der Beweis, den ich euch bieten kann."

Fast war er gewillt, dem Magier zu glauben. Hoffnung... er hatte es so lange nicht mehr gefühlt...

III.
"Was soll das heißen?" fragte Waldemar in scharfem Ton. "Ihr habt mich gebeten, euch zu vertrauen, und jetzt..."
"Auch ich bin nur ein Mensch", erklärte der Magier. "Aber es ist noch nicht alles verloren. Ich -"
"Ach, nein? Habt ihr nicht gerade gesagt, dass sie sterben werden? Was, bitte, ist denn noch nicht verloren, wenn sie alle sterben?"

Er bemerkte, wie sich seine Stimme überschlug, wie sein Herz aufgeregt in seiner Brust pochte. Das durfte doch nicht der Wahrheit entsprechen!

"Jedes Ende", erklärte der Magier, "ist auch ein Neuanfang. Das dürft ihr nie vergessen."

Waldemar schlug die Augen auf. Er war schweißgebadet. Nur noch schwach erinnerte er sich an die letzten Sekunden seines Traums...

IV.
„Was ist, wenn sie scheitern?“
Der Magier schüttelte den Kopf. „Das wird nicht geschehen. Sie werden-“
„Es KANN geschehen! Und wir sollten darauf vorbereitet sein. Also, was ist, wenn sie scheitern?“

Isha stand auf. Sie blickte Waldemar fest in die Augen. „Wir werden einen anderen Weg suchen. Aber… ich glaube nicht, dass wir einen finden. Wenn sie scheitern, dann… können wir nur noch hoffen, dass zumindest wir irgendwie überleben.“

Der Magier nickte. „Ich habe einen Notfall-Plan. Einen… Ausweg.“

Waldemar sah ihn irritiert an. „Einen Ausweg aus der Welt?“

V.
Waldemar hielt den Silberbogen noch eine Weile in der Hand. Er würde seine Waffe vermissen. Doch die Waffe nun fort zu geben, war für ihn ein Symbol der Hoffnung. Was auch immer geschah, selbst wenn er nun sterben würde, er sollte die Gelegenheit bekommen, zurück zu kehren. Und dann würde sein Bogen auf ihn warten, versteckt an einem Ort, an dem nur er ihn finden konnte.

Er sah den Magier an. Obwohl er an den Erfolg glaubte, musste er fragen. „Seid ihr sicher, dass ich ihn zurück bekomme?“

Der Magier lächelte. „Der Bogen wird auf euch warten. Alles geht seinen Weg. Wir haben vielleicht eine Schlacht verloren, doch den Krieg haben wir gewonnen.“
« Letzte Änderung: 23.07.2010, 13:30:38 von Eretria »

Eretria

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« Antwort #13 am: 23.07.2010, 13:33:12 »
Beldins Erinnerungen:
Bei Beldin sind es nur vier Erinnerungen.

I.
Er fühlte, was Jarek fühlte, spürte, was Jarek spürte. Als ihn die Klinge in den Rücken traf und alles schwarz wurde. Als seine Geliebte starb. Als er den ersten Mord beging. Als der seltsame Magier zu ihm kam, und ihn bat, aufzuhören. Diese Mischung aus Wut, Hoffnung, Sehnsucht und Angst, die ihn beinahe zerrissen hätte. Doch er konnte nicht aufhören, konnte die Welt, wie sie war, nicht akzeptieren.

Vermutlich war es ohnehin nur eine Falle gewesen. Ein hinterlistiger Plan der Blutpriester oder einer der anderen Machtgruppen.

Und dann traf ihn wieder die Klinge in den Rücken, und die Träume fingen von vorne an....

II.
Beldin war verwirrt. Er wusste, er durchlebte wieder einmal einen Traum, in dem er nicht er selbst war. Doch etwas war anders.

Er sah sich um. Er befand sich in einer einfachen Hütte - seiner Hütte. Er lebte hier.

Die Tür öffnete sich, und eine junge Frau kam herein. Sie lächelte ihn an, und er spürte, wie die Liebe zu ihr in ihm aufflammte. Und er spürte noch etwas anderes. Eine Verbundenheit, die tiefer war als...

Lhaya. Chai’va. Und nun...

Es war die selbe Seele. Und sie war immer wieder zu ihm zurückgekehrt...

III.
Jarek betrachtete den Mann nachdenklich. „Und was ist das für ein anderer Weg?“

„Es… ich weiß, es wird nicht ganz leicht sein, das anzunehmen. Aber ich spreche vom Frieden. Davon, die…“

Jarek lachte auf. „Frieden, aber natürlich. Das ist doch lange vorbei. Die Blutpriester, die… ach, verdammt. Ihr kennt selbst die Namen jener, die dafür verantwortlich sind.“

Der Fremde lächelte. „Nein, das stimmt nicht. Denn um ehrlich zu sein, ich glaube, die, die ihr hasst, sind selbst in gewisser Weise Opfer.“

Jareks Augen verengten sich. „Das höre ich mir nicht länger an. Ich habe… heute noch etwas zu erledigen…“

IV.
Beldin saß vor seiner Hütte... nein, er war nicht Beldin. Sein Name war Limoren. Er erinnerte sich. Er war schon immer sehr zurückgezogen gewesen. Vielleicht war es seine Abstammung... halb Elf, halb Mensch, gehörte er zu keiner der beiden Kulturen. Er hatte es immer darauf geschoben.

Doch dann war sie gekommen. Mirela, eine wunderschöne junge Menschenfrau, die sich in ihn verliebt hatte. Er hatte bis heute nicht verstanden, was sie in ihm sah, doch er war dankbar für das Glück, dass die Götter ihm zuteil werden ließen.

Obwohl sie – ganz im Gegensatz zu ihm – lebenslustig und gerne unter Menschen war, war sie mit ihm in den Wald gezogen. Sie hatte gesagt, dass sie einfach jeden Tag in die Stadt wandern würde. Er wusste, sie hatte darauf gehofft, dass er sie begleitete. Und das tat er auch.

Sie hatte noch etwas anderes gesagt. Schon vor einigen Jahren, lange, bevor sie hierher gezogen waren. Er trug eine Schuld in sich, eine Schuld, die einen Schatten über sein ganzes Leben warf. Er hatte sie gefragt, von welcher Schuld sie sprach. Sie hatte nur geantwortet, dass sie das nicht wissen könne, weil das in einer Zeit vor ihr geschehen war. Aber er solle nicht in seinen Gedanken suchen, nicht einmal in seinem Herzen... sondern in seiner Seele.

Er ahnte, dass sie Recht hatte. Und er suchte. Doch bis heute hatte er es nicht gefunden. Er spürte, dass es da war, doch es war, als wolle etwas in ihm selbst die Wahrheit vor ihm verbergen. Er hatte Zeit. Mirela war bei ihm, und welche Dunkelheit auch immer sein Leben überschatten mochte, sie brachte ein Licht in sein Herz, dass selbst die finstersten Dämonen vertreiben konnte.

Er lächelte. Er hätte nie geglaubt, jemals eine solche Liebe empfinden zu können. Sie war alles für ihn, und er würde sie mit seinem Leben vor allen Gefahren beschützen. Niemals, das hatte er sich geschworen, würde er zulassen, dass ihr etwas geschah.

Eretria

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« Antwort #14 am: 07.11.2010, 16:14:04 »
Arues Träume:
I.
Sie lief am Strand eines Ozeans entlang. Blauer Himmel und blaues Meer erstreckten sich scheinbar in die Unendlichkeit. Arue hatte nie wirklich einen Ozean gesehen, und doch konnte sie das Salz auf ihrer Zunge schmecken, die einzigartige Luft riechen...

Dann sah sie es. Ein Körper wurde vom Wasser an den Strand gespült. Es war ein Mensch, die Kleidung zerrissen. Nur die Wellen bewegten den Körper noch.

Dem Leichnam folgte ein weiterer, und noch einer, und noch einer. Ihr Blick suchte den Horizont ab. Dann erblickte sie die brennenden Schiffe, Hunderte, Tausende. Ohne zu wissen warum, war ihr klar, dass niemand auf den Schiffen überlebt hatte.

Jemand legte eine Hand auf ihre Schulter. "Wir müssen gehen."

II.
"Ich habe mein Versprechen gehalten."

Die finstere Stimme erzeugte bei ihr eine Gänsehaut. "Ja, das hast du. Du willst deinen Lohn einfordern, richtig?"

"Ein Handel ist ein Handel. Doch... deine Augen verraten mir, dass du etwas anderes willst. Sprich."

"Die Angreifer sind getötet worden. Doch wo sie her kamen, sind noch weitere. Ich will den Ursprung des Bösen finden... und vernichten."

Ein finsteres, gemeines Lachen erklang. "Du hast große Pläne, kleine Hexe. Aber gut, ich werde dich unterstützen. Doch der Preis erhöht sich..."

Die Stimme flüsterte etwas, und sie erschrak...
« Letzte Änderung: 07.11.2010, 17:29:48 von Eretria »