"Vielleicht schockiert Euch das Ivana, dass ich denke, dass es die Göttin Shar höchselbst war, aber genau das tue ich, um offen zu Euch zu sein. Ihr fragt Euch sicherlich, warum sie Euch als Göttin nicht getötet hat oder auch sonst Schaden zugefügt hat. Das wäre ja für sie nicht weiter schwer gewesen als Gottheit. Nun die Antwort ist überraschenderweise ganz einfach: Sie hat einfach an dem, was sie getan hat, offenbar sadistische Freude. Von allen Schriften, die ich über sie gelesen habe, ist Subtilität genau ihr Weg.
Manches von dem, was ich sage, habt Ihr Euch womöglich schon so gedacht oder seid ähnlicher Meinung, aber manchmal hilft es Dinge ganz konkret und offen anzusprechen.
Ihr fragt Euch jetzt bestimmt, warum gerade Euch das Angebot gemacht worden ist. Shar kann sehr genau spüren, bei wem der Verlust am Größten wiegt. Immerhin ist es kein großes Geheimnis, dass dies eines ihrer Portfolios ist. Selbst wenn sie sich nicht direkt in diese Angelegenheit einmischen wird- wie uns zuvor mitgeteilt worden ist- ist nicht gesagt, dass sie sich nicht zumindest indirekt einmischen wird und auch kann.
Ihr müsst verstehen, dass es im Multiversum auch viel um Philosophie und Glauben geht: Wir kämpfen nicht nur einen Kampf mit bloßen sterblichen Hüllen, sondern auch einen viel größeren Kampf mit unserem Geist. Den letzteren Kampf zu verlieren, kann noch viel schlimmere Folgen haben, auch wenn Ihr Euch wohl nicht vorstellen könntet, was noch schlimmer sein könnte als die Zerstörung des Gewebes und eine blutige Tyrannei der Umbravar bei anderen Völkern, aber doch das ist denkbar. Wenn wir unseren Glauben und unsere Ideale verlieren oder gar verraten würden und in einen tiefen Abgrund dadurch fallen, würde das Shar mit ihrer Philosophie nur nützen und in die Hände spielen. Um so mehr Shars Glauben erliegen würden, um so finsterer würde die Welt werden. Es fängt im Kleinen an und hört im ganz Großen auf. Vielleicht haltet Ihr das nur für das hochtrabende Geschwätz eines Gelehrten, aber eines Tages werdet Ihr das verstehen Ivana, wenn das jetzt noch nicht der Fall sein sollte; glaubt mir.
Ich glaube Shar außerdem nicht. Wenn sie solche Dinge sagt, halte ich das für eine Lüge, dass eine Wiederbelebung Farions möglich wäre. Es kann Situationen geben, in denen eine Göttin sehr gut töten kann, so gut dass die jeweilige Person nicht mehr wiedererweckt kann, selbst von der Gottheit höchstpersönlich, die den Tod verursacht hat; also laut Shar angeblich Talona, deren Anhänger mit den Anhängern Shars meist übrigens sehr oft verbündet sind. Aber so wie es für mich als Priester den Anschein gemacht hat, Ivana, spricht einiges für einen natürlichen Tod von Farion; Oghma hätte mir womöglich Andeutungen gemacht in irgendeiner Form, falls es sich hierbei um eine göttliche Intervention gehandelt hätte, wenn ich so darüber nachdenke, könnte ich mir so etwas gut vorstellen.
Aber selbst wenn irgendetwas an den Worten dran wäre, was ich nicht glaube:
Shar könnte vielleicht auch einen falschen Farion schicken, der eine lange Zeit wie der Echte wirkt und sich Euch gegenüber zunächst gut benimmt, aber Euch dann irgendwann verrät und im Endeffekt nur ein Werkzeug Shars war. Oder Shar tötet ihn später sowieso durch eine Vision an ihre Anhänger und zwar genau dann, wenn viele Menschen durch die Zerstörung des Gewebes gestorben sind und dann wird Farion so getötet, dass seine Seele vollständig vernichtet wird und er nicht zu seiner Gottheit Tymora nach dem Tod kommen kann und seine Seele auf ewig verloren ist. Shar ist eine Verräterin, eine Lügnerin und ihre Angebote sind meist sehr tückisch. Ihre eigene Anhängerin konnte im schwarzen Buch nachlesen, wie sie sich wieder befreien konnte, doch durch die verderbte Magie des Buches konnte sie dies niemanden sagen und sie wird sich nie befreien können und ewige Qualen erleiden. Ihre eigene Gottheit lies das zu! Wenn sie mit ihren eigenen Anhängern so umspringt wie verlogen und bösartig mag sie wohl dann mit anderen Individuen umspringen. Selbst wenn es sich hierbei nur um eine Hohepriesterin Shars gehandelt hätte, wäre auch Ihr nicht zu trauen, wenn sie lieber solch einen subtilen Weg eingeschlagen ist und zuvor Erkenntnismagie an ihre Gottheit bemüht, um mehr über uns herauszufinden.
Bitte glaubt mir Ivana, Farion wird nun glücklich in den Reichen Tymoras sein und mit seiner Gottheit und vielen anderen Glaubensgenossen vereint sein. Er hat nicht seine Seele verloren, wie manch anderer leider aus dieser Gemeinschaft, er wurde mit Würde bestattet und verbrannt, auf dass er nie in einen Untoten oder dergleichen verwandelt werden kann. Ihm geht es bestimmt sehr gut Ivana und behaltet ihn gut in Erinnerung in Eurem Herzen. Kämpft für die Sache, für die er eingestanden hat und auch wir anderen aus der Gemeinschaft einstehen. Ich weiß, dass die letzte Tage sehr hart waren. Auch für mich selbst, auch wenn ich das manches mal nie so offen nach außen hin gezeigt habe, waren schwer für mich. Aber wir müssen einfach weiter kämpfen für das Andenken Farions und für all das, für was er eingestanden hat!"
Bei diesen letzten Worten nimmt Darvin Ivana freundschaftlich in den Arm und streicht mit seiner Hand symbolisch etwas über ihren Rücken, ganz so als ob dort keine Ritterrüstung wie momentan wäre, sondern nur ein einfaches Hemd.
Dabei flüstert ihr Darvin noch leise zu: "Wir werden gegen die Finsternis und ihre Schergen mit aller Kraft ankämpfen, für all das, an was wir glauben!"