Autor Thema: Kleine Weisheiten  (Gelesen 8771 mal)

Beschreibung: Vorgeschichte Kira und Tibidoc

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Tibidoc Weißhorn

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Kleine Weisheiten
« Antwort #15 am: 14.08.2009, 20:19:02 »
"Hör mal, ich versuch dir hier zu helfen. Und du tust hier so, als wär ich ein Verräter." braust Tibidoc cholerisch auf, vielleicht ein wenig lauter, als eigentlich notwendig gewesen wäre Dann hält er inne, um etwas gezwungen, aber immerhin ruhiger weiterzusprechen.

"Aber wie du willst, das war nur ein Vorschlag. Wenn sie dich hier finden, bin ich eh am Arsch, ob Du nun hier oben oder da unten sitzt. Warte kurz hier, und ich hol dir von da unten was zu essen hoch. Und danach erzählst Du mir hoffentlich wenigstens, um was es hier geht. Ich hab wie gesagt keine Lust, dass mir irgendein Pascha seine Killer an den Hals hetzt, nur weil ich der falschen Person die falsche Frage gestellt habe."

Er verschwindet durch die Luke nach unten. Kira hört ihn für einen Moment herumrumoren. Dann erscheint eine Hand mit einem Tablett durch die Luke, auf dem ein Krug Wasser, einen halben Laib Brot und ein großes Stück Käse liegt, gefolgt von Tibidoc, der das ganze vor sie hinstellt und eine auffordernde Geste macht. "Da, lass es dir schmecken. Und dann erzählst Du mir, was Sache ist, ja?"

Seine Stimme ist wieder ganz freundlich, als hätte es den kleinen Ausbruch nie gegeben.

Takeo

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Kleine Weisheiten
« Antwort #16 am: 15.08.2009, 11:56:03 »
Kira beobachtet schweigend, wie Tibidoc das Essen nach oben bringt. Sie setzt sich in der Zwischenzeit auf den Boden, und lehnt sich dabei an die Wand. Die Position scheint für sie keinesfalls ungemütlich zu sein, ganz im Gegenteil, sie scheint sofort eine bequeme Position gefunden zu haben.

Schließlich atmet sie tief durch und nickt. Das Essen beachtet sie zunächst noch nicht.

"Ich habe für eine Weile bei einem reichen Mann hier in der Stadt gelebt, Govoan von den Silberfalken. Ich hatte kein Zuhause und wusste nicht, wie ich mein Geld verdienen sollte, und er hat mir beides gegeben. Er hat gut für mich gesorgt und mich auch gut behandelt, genau wie die anderen Frauen, die bei ihm lebten. Jedenfalls... dachte ich das."

Im letzten Satz wird Kiras Stimme plötzlich leiser, und die junge Gnomenfrau zieht ihre Beine nah an ihren Körper, und umschlingt sie mit den Armen.

"Heute morgen... ich kam an seinem Schlafzimmer vorbei, und hörte komische Geräusche. Etwas stimmte nicht. Ich öffnete leicht die Tür, und..."
Plötzlich schluchzt sie, und Tränen fliessen über ihr Gesicht. "Er hat sie umgebracht. Die Bettdecke... zusammengerollt... einfach erwürgt. Und er... er hat mich gesehen. Angesehen. Und dabei gelacht."
Nun zittert Kiras ganzer Körper, als hätte sie ein plötzlicher Frost erfasst. Die Frau wirkt auf einmal wie ein kleines Mädchen, verlassen, verloren, hilflos. "Ich bin gerannt. Hab mir ein paar Sachen geschnappt und bin gerannt. Er sucht mich. Nachdem ich das gesehen habe, kann er mich nicht leben lassen."
« Letzte Änderung: 15.08.2009, 11:58:29 von Kira Smaragd »

Tibidoc Weißhorn

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Kleine Weisheiten
« Antwort #17 am: 17.08.2009, 00:06:36 »
"Govoan." flüstert Tibidoc tonlos, dem bei der Nennung dieses Namens jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen ist. "Garls glitzerndes Goldspielzeug, wieso muss mir das passieren."

Jede Kraft scheint ihm aus den Gliedern gefahren zu sein, während er Kira mit einer schwer zu beschreibenden Mischung aus Mitleid, Hass und Todesangst anstarrt.

Takeo

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Kleine Weisheiten
« Antwort #18 am: 17.08.2009, 14:55:51 »
Kira beobachtet Tibidoc genau, und wischt sich dann ihre Tränen weg. Während sie aufsteht, erklärt sie: "Du musst mir nicht helfen, ich komme auch alleine aus der Stadt raus. Danke, dass du es zumindest bis hierher versucht hast."

Damit greift sie nach ihren Sachen und wendet sich der Tür zu.

Tibidoc Weißhorn

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Kleine Weisheiten
« Antwort #19 am: 18.08.2009, 23:45:37 »
"Warte!"

Im letzten Moment findet Tibidoc seine Stimme wieder. In seinen Augen steht aber nach wie vor der Schock geschrieben.

"Ich sitz eh schon bis über die Ohren in der Scheiße, wenn Du dich jetzt verdünnisierst, hilft mir das auch nicht mehr weiter. Wenn Govoan rauskriegt, dass ich dir geholfen, oder dich auch nur gesehen habe, lässt er mich dabei zusehen, wie er mir den Schwanz mit ner Kneifzange abreißt. Bevor er anfängt, mir Fragen zu stellen."

Der Gnom schlägt unwillkürlich die Beine übereinander. Dann springt er auf.

"Außerdem weiß ich was besseres, wie Du aus der Stadt rauskommst. Ich hab dir doch gesagt, dass ich da so meine Erfahrungen habe."

Der leise Anflug eines Grinsens zieht über sein Gesicht, schwindet aber auch sofort wieder.

"Und ich hab mir diese Hütte nicht umsonst ausgesucht. Da unten..." er weist auf die Falltüre, "gibts nicht nur ein Geheimzimmer. Da unten kommt man auch direkt durch die Stadtmauer nach draußen.

Während er so redet, hat er bereits seine Utensilien zusammengeraft und in einem kleinen Rucksack verstaut.

"Aso, ich komm übrigens mit."

Takeo

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Kleine Weisheiten
« Antwort #20 am: 23.08.2009, 01:17:38 »
Überrascht bleibt Kira stehen, und sieht Tibidoc zögernd an.

"Ich... es tut mir leid, ich wollte dich nicht in solche Probleme bringen. Ich hätte nie gedacht, dass Govoan..."
Als erneut Tränen in Kiras Augen schießen, reißt sich die junge Gnomin zusammen, und atmet einmal tief durch.

"Ich wollte doch nicht dein Leben hier zerstören. Ich wollte einfach nur weg, sonst nichts."

Tibidoc Weißhorn

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Kleine Weisheiten
« Antwort #21 am: 24.08.2009, 18:39:13 »
"He, kein Problem, Süße."

Tibidoc schien den Schock schon wieder überwunden zu haben.

"Das hier", er machte eine ausholende Bewegung, " ist eh nicht gerade das, was ich als erfülltes Leben ansehe. Vielleicht hast Du mir also nur zur rechten Zeit einen Tritt verpasst. Und ganz ehrlich, wenn ich Govoan damit eins auswischen kann, dass ich dich heil aus der Stadt bringe,  dann ist es mir das wert. Wir sollten halt nur zuschauen, dass wir Land gewinnen, bevor seine Leute deine Spur aufnehmen. Haste denn schon einen Plan, wo Du hinwolltest?"

In der Zwischenzeit war er schon halb die Leiter hinabgestiegen, hielt aber bei den letzten Worten inne, um Kira neugierig anzuschauen.

Takeo

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Kleine Weisheiten
« Antwort #22 am: 24.08.2009, 20:05:06 »
Unsicher schüttelt Kira den Kopf. "Ich habe keine Ahnung."

Leicht beschämt blickte sie zu Boden, und ergänzte mit leiser Stimme: "Von der Welt."

Tibidoc Weißhorn

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Kleine Weisheiten
« Antwort #23 am: 28.08.2009, 23:29:46 »
Tibidoc verdrehte die Augen. Auf was hatte er sich da nur eingelassen. Garl Glittergold hatte sich heute echt einen schlechten Scherz mit ihm erlaubt.

"Na, dann wirds aber Zeit." erwiderte er aufgesetzt fröhlich. "Komm mit, ich weiß, wo wir Reittiere herbekommen. Und vielleicht sogar einen Rat, wo wir uns hinwenden sollen."

Takeo

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Kleine Weisheiten
« Antwort #24 am: 30.08.2009, 12:38:42 »
Kira nickte nur, dann folgte sie Tibidoc die Leiter hinab. Unten angekommen, nahm sie sich die Zeit, den Raum genau zu inspizieren, und nach einem weiterführenden Weg Ausschau zu halten.

Tibidoc Weißhorn

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Kleine Weisheiten
« Antwort #25 am: 05.09.2009, 13:47:50 »
Der Raum war einfach, aber gemütlich eingerichtet. Links neben der Tür lud eine kleine Eckcouch dazu ein, sich auszuruhen. Der kleine Tisch davor trug eine Wasserschale und einen Teller mit ein paar Früchten. Auf der rechten Seite stand ein für einen Gnom überraschend großes Bett, dass durch einen Vorhang vom Rest des Raumes abgetrennt wurde. Links führte eine weitere Tür wieder aus dem Raum hinaus.

Tibidoc allerdings steuerte geradewegs auf den großen Wandschrank am gegenüberliegenden Ende des Raumes zu. Als er die Schranktüren öffnete, sah Kira, dass er voller Mäntel hing. Der leichte Geruch nach Mottenkugeln stieg ihr in die Nase und alles in allem sag der Schrankinhalt nicht so aus, als ob er allzu oft verwendet werden würde. Kein Wunder, denn das Klima in Calimshan lies keinen großen Bedarf nach wärmender Kleidung aufkommen.

Einladend winkte Tibidoc Kira zu. "Hier gehts lang."

Tibidoc Weißhorn

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Kleine Weisheiten
« Antwort #26 am: 24.09.2009, 21:11:24 »
Nachdem Tira an ihm vorbeigegangen war, betrat auch Tibidoc den Wandschrank. "Einfach weitergehen, keine Angst, Du kannst nicht gegen die Rückwand stoßen."

Es gab nämlich keine. Nachdem die beiden Gnome sich um Lagen über Lagen von Kleidungsstücken gewühlt hatten, merkte Tira plötzlich, wie sich der Boden veränderte. Das Holz des Schranks wich rauhem Stein, übersäht mit kleinen Geröllstückchen. Um sich heru m war alles schwarz, sie konnte Tibidoc eher erahnen als fühlen, aber weiter vorne schien es heller zu werden. "Da vorne gehts raus", bestätigte Tibidoc ihre Gedanken und tatsächlich hatten sie alsbald den Durchgang wieder ins Freie verlassen. Und damit die Stadt.

Vor ihnen erstreckte sich ein lichter, aber ausgedehnter Palmenwald. Zielstrebig ging Tibidoc los, Tira einen stummen Wink gebend, ihr zu folgen. Seine Lockerheit war plötzlich wie weggeblasen, er wirkte nervös, ja steif. Man hätte meinen können, er ginge einer unangenehmen Aufgabe entgegen.

Tibidoc Weißhorn

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Kleine Weisheiten
« Antwort #27 am: 05.10.2009, 11:43:20 »
Bald standen die Palmen so dicht beieinander, dass nur noch dämmriges, grünes Licht den Boden erreichte, über den die beiden Gnome sich bewegten. Obwohl es keinen wirklichen Pfad oder wenigstens sichtbare Wegzeichen gab, schien sich Tibidoc aber mit traumwandlerischer Sicherheit zurechtzufinden, auch wenn er die ganze Zeit leise vor sich hinzählte. Auf eine Frage Kiras hin schüttelte er nur den Kopf. "Nicht reden, muss mich konzentrieren, erklärs nachher".

Im Zickzack bewegten sie sich etwa eine halbe Stunde lang durch den Palmdschungel. Dann wurde es vor ihnen heller. Kira konnte durch die Bäume hindurch eine Lichtung erkennen, auf der eine einfache Blockhütte stand. Genau diese schien das Ziel Tibidocs zu sein, der inzwischen zu zählen aufgehört hatte. "Nur um dich vorgewarnt zu haben." wandte er sich an Kira. "Meine Eltern haben etwas merkwürdige Ideen, was mein Verhältnis zum weiblichen Geschlecht angeht. Wunder dich also nicht, wenn die beiden vorschnelle Schlüsse ziehen. Wahrscheinlich werden sie... warte!"

Plötzlich packte er seine Begleiterin an der Hand und zog sie nach unten ins hier noch etwas dichtere Unterholz hinein. "Irgendetwas stimmt hier nicht." zischte er leise. "Bleib hier, ich werd mir das mal alleine anschauen."

Takeo

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Kleine Weisheiten
« Antwort #28 am: 18.10.2009, 13:18:31 »
Kira hielt Tibidoc zurück. "Warte!" flüsterte sie. "Es gibt einen ungefährlicheren Weg."
In diesem Moment kam der Kopf der geflügelten Ratte aus Kiras Kleid hervor. Tibidoc wusste nicht, wo sich das Tier vorher versteckt gehalten hatte, jedenfalls hatte er es nicht bemerkt.
Nur einen Augenblick später tauchte auch die riesige Ratte wieder auf, die er schon in der Stadt bemerkt hatte. Sie war den beiden Gnomen offenbar gefolgt. Kira beachtete das Monstrum nicht weiter, und flüsterte der kleineren Ratte etwas zu.
"Sieh dich um. Aber sei vorsichtig. Wenn dich jemand entdeckt, komm sofort zurück. Versuche, rauszufinden, was hier nicht in Ordnung ist."

Dann setzte die Gnomin die Ratte auf den Waldboden, und ließ das Tier in Richtung des Hauses davon huschen.

Tibidoc Weißhorn

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Kleine Weisheiten
« Antwort #29 am: 18.10.2009, 22:21:21 »
Es roch vertraut, so ähnlich wie der kleine Mann, denn ihre Herrin gerade kennengelernt hatte. Vertraut, aber irgendwie älter, und der Geruch kam aus mehr als einer Quelle.

Neugierig huschte die Ratte durch den Türspalt ins Innere des Hauses, immer neue Eindrücke in sich aufnehmend. Das Haus hier roch bewohnt, warm, benutzt. Auch wenn aus der offenen Herdstelle nur noch der Geruch nach kalter Asche in ihre Nase zog.Vom Tisch aus zog dem Tier der um so verführerischere Duft nach Käse in die Nase und kaum konnte sie sich beherrschen, ihren Auftrag zu vergessen und sich stattdessen an dem gelben Gold gütlich zu tun, dass schon mehrere Tage alt sein musste und damit zur vollkommenen Reife gelangt war.

Stattdessen huschte sie weiter an der Wand entlang, immer wieder verharrend und witternd, um jede Anwesenheit einer vielleicht böse gesonnenen Person oder einer Katze, ihrem Erzfeind von alters her, frühzeitig zu bemerken.

Was gar nicht so einfach war, denn über allem lag der Geruch nach dickem,  geronnenem Blut, der aus dem kleinen Zimmer auf der anderen Seite des Raumes kam. Viel Blut, aus mehr als einer Quelle, und auch diesem haftete dieser vertraute Geruch an.

Die beiden Leichen auf dem Bett, ein Mann und eine Frau, brauchte sie nicht zu Bestätigung. Schon bevor sie in das Zimmer hineinschaute wusste sie, dass hier nur noch der Tod wohnte und dass jede Hilfe zu spät kommen würde.

Schnell huschte sie zu ihrer Herrin zurück.