Autor Thema: Akt 3: Willkommen in der Stadtwache  (Gelesen 40029 mal)

Beschreibung: Im Dienste der Stadt unterwegs

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Eando Kline

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« am: 01.10.2009, 21:25:22 »
Geschehen in Korvosa, am 16. Pharast im Jahr 4708 AK (Absalom-Kalender)

Es regnete Bindfäden. Wren konnte durch das Fenster des "Tanzenden Mädels" kaum die Straße erkennen, die sich sicherlich bereits in eine schlammige Masse verwandelt hatte. Das einzige Gute, was man über das Wetter sagen konnte, war, dass auch alle aufrührerischen Elemente (oder Freiheitskämpfer, je nachdem, wen man fragte) bei diesem Wetter lieber zu Hause blieben, statt die Unruhen zu schüren, die auch fast einen Monat nach dem Tode Eodred II. Bestand hatten. Die Gerüchte hielten sich hartnäckig, dass er keines natürlichen Todes gestorben sei. Dass kurz nach seinem Ableben das spurlose Verschwinden des Seneschalls von Schloss Korvosa, Neolandus Kalepopolis, festgestellt worden war, hatte dazu geführt, dass alle sich wenigstens in einem einig waren, nämlich dass hier irgendjemand ein Komplott zum Abschluss gebracht hatte. Viele glaubten, dass die ungeliebte Königin die Urheberin sei, andere vermuteten eine der großen Adelsfamilien als Drahtzieher hinter dem nach wie vor offiziell abgestrittenen Mord. Sogar der so beliebte Seneschall wurde hinter den Vorgängern vermutet, obwohl man sehr vorsichtig sein musste, zu wem  man sich so äußerte, da die meisten Korvosaner diesen Vorwurf sehr persönlich nahmen, als ob man sie selbst beleidigt hätte.

Gedankenverloren ließ die junge Bardin den Ring durch die Finger gleiten, der einst angeblich ihrer Mutter gehört hatte, und den Jal ihr in die Hand gedrückt hatte, bevor er seinen letzten Atemzug tat. Es war sie gewesen, für die der Pfeil bestimmt gewesen war, den ein nationalistischer, chelischblütiger Korvosaner auf sie abgeschossen hatte. Jal hatte ihn für sie abgefangen und sie hatte hilflos zusehen müssen, wie er verblutete, da niemand in dem Chaos, das an jenem Tag geherrscht hatte, Zeit für einen verletzten Soldaten gehabt hatte. Die Sicht durch das Fenster schien bei diesem Gedanken schlechter zu werden und verstohlen wischte sich Wren eine Träne aus dem Auge. Sie würde seine Tapferkeit nicht entehren, in dem sie um ihn weinte wie ein altes Waschweib.

Am Nebentisch wurde Gelächter laut. Anscheinend hatte Onkelchen eine seiner lustigen Anekdoten erzählt, die meistens etwas makaberer Natur waren, aber dafür um so lustiger waren. Melan lachte besonders laut, aber auch der ernstere Cassim konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sie konnte es ihnen nicht verdenken, auch wenn sie gerade nicht in der Stimmung war. Aber an Igor Saprowski, hier von allen anderen Stammgästen im "Mädel" nur Onkelchen genannt, war ganz sicher ein Barde verloren gegangen. Auch wenn Marcellus nur missbilligend die Stirn runzelte. Der junge Adelige saß ihr gegenüber am Tisch, offenbar unzufrieden mit dem Freigang, den die kleine Gruppe heute bekommen hatte. Er schien nur an der Waffe richtig glücklich zu sein, für die Belustigungen des einfachen Volks schien er wenig übrig zu haben. Wer weiß, vielleicht hätte auch Zurisatro nicht gelacht, der ernste Druide, der sie damals verlassen hatte und von dem sie seitdem nichts mehr gehört hatte. Oder Astennu, der bald nach Jals Tod zur Schwarzen Kompanie versetzt worden war, wo man seine Fähigkeiten nutzbringender eingesetzt sah. Sopor, der Seltsame, hätte bestimmt nicht gelacht, sondern einen seiner merkwürdigen Sprüche losgelassen, die keiner verstand. Aber auch er war ja nicht mehr da, war eines Tages verschwunden gewesen, und galt nun offiziell als Deserteur, auch wenn niemand sich große Mühe gegeben hatte, seine Spur aufzunehmen.

Es hatte sich einiges geändert in den letzten Wochen und nicht ohne Wehmut dachte Wren an die alten Begleiter zurück. Auch wenn ihre Gruppe neuen Zuwachs bekommen hatte. Cassim und Melan, das merkwürdige Bruderpaar, Valeria, die das war, was Wren erst noch werden wollte, eine Expertin im Legen der Karten.

Wieder wurden ihre Gedanken von Gelächter unterbrochen. Onkel Igor, der sie schon als kleines Kind auf seinem Schoß gehalten hatte, und der in der letzten Zeit wieder häufiger im "Tanzenden Mädel" auftauchte, grinste spitzbübisch, während dem losprustenden Melan der Wein aus der Nase lief, was das Gelächter der anderen Gäste nur noch steigerte.

Melan

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #1 am: 02.10.2009, 21:49:18 »
Mit einem kräftigen Schnauben befreite der Barbar seine Nase von dem Gesöff, dem er schon reichlich zugesprochen hatte.  "Nu trink auch!" sprach er seinen Halbruder erstaunlich artikuliert an.
Er konnte einiges vertragen, das hatten seine neuen Gefährten schon bemerkt,  die direkte und wenig respektvolle Aufforderung an Cassim zeugte jedoch davon, dass er schon ein Glas zu viel hatte.
Sonst respektierte er die Lebensweise des Paladins, auch wenn er ihn gelegentlich damit aufzog.  

"Los, noch ne Geschichte Onkelchen. Von einem Drachen!"

Die merkwürdigen Augen des Halbelfen leuchteten wie meistens, wenn er von  Drachen spricht und er bleckte seine großen Zähne zu einem Lächeln. Dann fiel sein Blick auf Wren. Die junge Varisianerin, die er erst seit kurzem kannte, schien in sich selbst versunken und merkwürdig abwesend. Er hob sein Glas erneut, prostete den Lachenden zu  und blickte wieder zu dem lustigen Magier. Trübe Gedanken passten nicht zu einem solchen Tag. 'Feiern heute, sterben morgen' hätten die wilden Shoanti gesagt, wenn sie da gewesen wären. 
« Letzte Änderung: 02.10.2009, 23:42:30 von Melan »

Taysal

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #2 am: 06.10.2009, 01:55:57 »


Wren steckte den Ring mit einem traurigen Seufzer zurück in ihre Innentasche und nippte an ihrem halbleeren Kupferbecher. Der Wein schmeckte leicht säuerlich und sie verzog kurz den Mund. Dann stellte Wren den Becher zurück und blickte zu Marcellus hinüber.  "Willst du lieber gehen? Ich weiß das Onkelchen schnell anstrengend wird. Als Kind habe ich seine zauberhaften Scherze geliebt, doch nun kann ich ihnen kaum etwas abgewinnen."
« Letzte Änderung: 14.10.2009, 10:15:52 von Taysal »

Valeria Leurong

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #3 am: 13.10.2009, 16:48:54 »
Valeria sitzt gerade in einer der hintersten Ecke der Taverne und wollte sich wegen etwas 'spirituellem' in dieses 'einsame Eck' zurückziehen. Valeria holt ihre Turmkarten hevor, als sie an dieser Stelle Platz genommen hat. Doch aus einiger Entfernung sieht man bei dem Licht einer kleinen Kerze die junge, schlanke Frau mit der anmutigen, schwarzen Kleidung nicht mehr wirklich gut und was sie zur Zeit so tut. Vorallem weil sie mit den Rücken zu den anderen sitzt. Valeria atmet tief durch und für einen kurzen Augenblick sind ihre hellgrünen Augen einzig auf ihre Turmkarten fixiert. Für einen Moment scheint sie die Außenwelt um sich herum völlig zu vergessen. So sehr ist sie auf ihr Tun konzentriert.Gespannt zieht sie dann eine Karte aus dem Harrow Deck.

Valeria bekommt allerdings ganz weite Augen, als sie die Karte im Kerzenlicht näher betrachtet: "Der Hasen-Prinz! . Valeria runzelt etwas die Stirn. "Hmm... willst du mir damit subtil zum Ausdruck bringen Pharasma, dass es schlimmer und blutiger werden könnte, wenn man nicht aufpasst? Dass sich diese Situation unter Umständen in einen Konflikt anarchischen Ausmaßes hochschaukeln könnte? Ich sollte aufpassen, was in nächster Zeit mit der Königin und dem Adel so vor sich geht. Wenn die anderen und ich geschickt vorgehen, wird hoffentlich nix schlimmes passieren und wir können dem Chaos Einhalt gebieten."

Schweigsam schaut Valeria noch einige Zeit die Karte an, welche vor ihr auf dem Tisch liegt.
 

Dr. Igor Sapkowski

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #4 am: 13.10.2009, 17:07:47 »
Der fidele Magier geht nach seiner letzten Anekdote schnell zum Tresen, lässt sich zwei Becher mit Glühwein reichen und wendet sich Valerias Tisch zu.

"Störe ich gerade, oder darf ich mich setzen", fragt er und setzt sich mit einem Grinsen auf den Lippen, "Hier, ich habe dir einen Glühwein mitgebracht - du siehst so bedrückt aus und ein heißer Wein dürfte deinen Körper und deine Stimmung aufglühen lassen...", er zwinkert mit einem Auge und lächelt sie schelmisch an, blickt auf das Harrow und meint, "...und? Was sagen die Karten?"

Valeria Leurong

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #5 am: 13.10.2009, 22:09:26 »
"Ich denke, Du hast eine Antwort auf deine erste Frage gefunden wie mir scheint.", ein ganz leichtes zusammenkneifen der Augen bei Valeria und ein kurzzeitig schelmisches Grinsen ist auf ihrem Gesicht zu sehen bis von der ein auf die andere Sekunde wieder hinfortgespült ist. "Und ich hoffe mal, dass ich nicht zu stark glühen werde, ich bin mir nicht sicher, ob irgendwelche rötlichen Backen so gut zu meinem schwarzen Kleid passen.", Valeria hält dabei ein kleines Lächeln zurück, auch wenn man es durchaus andeutungsweise sehen konnte, wenn man genau hinsah.

Vielleicht sucht selbst so eine- ansonsten doch immer recht ernste- Frau wie Valeria am heutigen Abend etwas Ablenkung bei den gefährlichen und turbulenten Zeiten, die noch vor ihnen liegen könnten, dass sie solch leicht witzig gemeinten Bemerkungen von sich gibt.

"Aber um mal ernsthaft zu bleiben: Danke, dass Du mir etwas zu trinken vorbeigebracht hast und Dir offenbar Sorgen um mich gemacht hast. Ich bin auch schon mit meinem kleinen Ritual fertig. Leider kam ich heute erst später als gedacht dazu. Die letzten Tage kündten allesamt von Zeiten, die sehr unheilvoll werden könnten. Großes Chaos und Anarchie, dass ausbrechen könnte. Was wir tun in diesen Zeiten muss mit Geschick und Vorsicht getan werden. Ich habe zwar gerade bloß eine einzige Karte gezogen und keine längere Kartenlegung gerade eben vollzogen, aber schon diese eine Karte ist recht bezeichnend für das, was Korvosa künftig bevorstehen könnte, wenn man nicht entsprechend einschreitet.", dabei deutet Valeria auf die Hasen-Prinz Karte, die vor Ihr auf dem Tisch liegt. 

Melan

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #6 am: 13.10.2009, 22:34:25 »
Etwas missmutig blickt Melan dem Magier hinterher, der wieder einmal nicht auf ihn reagiert. "Lackaffe!" dann nimmt er einen tiefen Schluck und poltert schon wieder mit einem breiten Grinsen im Gesicht, das seine großen Zähne freilegt, los. "Aber erzählen kann der, was! Prost Onkelchen."
Nach einem erneuten Schluck ist sein Kelch leer und auch der große Halbelf geht  zur Theke und lässt nachfüllen. "Du auch, Cassim? Ach ja. Und ein Glas für die junge Dame, wirds bald!" treibt er den Wirt an, um anschließend ein Glas Rotwein zu Wren zu balancieren. "Bitteschön, Wren. Das vertreibt den Kummer." Ohne zu merken, dass er vielleicht  stört, lässt  sich Melan gegenüber von Wren und Marcellus nieder. "Prost."
Der arrogante Adlige war in seinen Augen zwar keine gute Gesellschaft in der Kneipe, wohl aber im Kampf. Daher respektiert der Drachenblütige den Mann. Als er ihn ansieht und an den letzten Kampf denkt, in dem Marcellus Kaltblütigkeit wieder einmal aufgeblitzt war, hebt er unwillkürlich anerkennend die Augenbraue.

Taysal

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #7 am: 14.10.2009, 10:16:35 »


"Danke, aber ich habe noch." Wren lächelte Melan gedankenverloren an. Ihre Gedanken kreisten um die letzten Ereignisse, Jal und das, was noch vor ihr lag. Ihr und den anderen.
« Letzte Änderung: 14.10.2009, 10:16:55 von Taysal »

Marcellus

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #8 am: 14.10.2009, 11:58:05 »
Marcellus hatte seinen Becher mit dem, was sie hier Wein nannten, noch fast unangetastet vor sich stehen gelassen. Die Küchenmädchen seiner Eltern würden dieses Zeug nicht einmal als Essig verwenden. Aber der junge Adlige hatte gelernt, dass es müßig war, auf solche Mängel hinzuweisen und so hatte er sich darauf beschränkt, aus Höflichkeit einmal an der Brühe zu nippen und dadurch seine Übung, einen neutralen Gesichtsausdruck zu wahren, auf eine harte Probe zu stellen.

Während er wartete und sich langweilte, beobachtete er seine neuen Begleiter. Sicherlich war diese Gruppierung eine Verbesserung gegenüber dem Haufen Leute, die zuvor dabei waren. Andererseits sollte man vielleicht eher sagen, sie sind weniger anstrengend als die zuvor. Zwar war der mordlüsterne Wilde nun wieder in seinen Wald verschwunden oder wohin auch immer, dafür war da nun dieses Halbblut, das auch nicht viel zivilisierter wirkte. Immerhin schien der Paladin, Marcellus meinte sich daran zu erinnern, dass er Cassim hieß, diesen Barbaren die meiste Zeit über halbwegs unter Kontrolle zu halten. Dieser kleine Magier, der sich aus irgendwelchen Gründen versuchte als Arzt zu tarnen - oder glaubte er vielleicht selbst, er sei ein Arzt? - schien zumindest eine halbwegs vernünftige Erziehung genossen zu haben. Dann war da noch Tholath der Mann war schwer einschätzbar, aber immerhin achtete er auf ein gepflegtes Äußeres. Nicht zuletzt war unter den neuen Begleitern auch noch eine Klerikerin. Sie diente der Pharasma, meinte Marcellus sich zu erinnern, aber es war ihm relativ egal, welchem Gott die Frau diente während er gerade versuchte sich vorzustellen, wie sie wohl ohne ihr schwarzes Kleid aussah.

Von der ursprünglichen, wild zusammengewürfelten Truppe waren nur noch er und Wren übrig, mit der er jetzt gemeinsam am Tisch saß. Sein Blick wanderte wieder zu der jungen Tänzerin, deren Anmut er nun schon häufiger genießen durfte. Er hatte bisher noch keine Schritte unternommen, sich ihr zu nähern, schließlich war sie eine Gemeine und ihrem Körperbau und Gesichtszügen nach zu schließen sogar noch eine Varisianerin. "Haltet Euch fern von den Varisianern.", hatte ihm sein Vater immer gesagt, "Besonders von den Frauen. Sie werden sich Euer Vertrauen erschleichen wenn Ihr es am wenigsten erwartet, werden sie Euch hintergehen." Marcellus fragte sich, ob er diese Worte seines Vaters nicht als Anlass nehmen sollte, genau das Gegenteil zu tun.

Erst jetzt bemerkte der Adlige, dass besagte Varisianerin ihn abwartend ansah. Schnell versuchte er sich zu erinnern, was sie ihn wohl gefragt haben könnte, da polterte auch schon der barbarische Halbelf an den Tisch und hatte ganz offensichtlich schon zu tief ins Glas geschaut. Andererseits kam Marcellus die kleine Unterbrechung ganz recht, gab sie ihm doch Gelegenheit, seine Gedanken wieder auf das hier und jetzt zu fixieren. Geübt überspielte er seine Verlegenheit dadurch, dass er seinen Becher hob und Melan zuprostete, ohne es jedoch zu wagen, noch einmal seine Lippen mit dem furchtbaren Getränk zu benetzen. Dann wandte er sich wieder an Wren:

"Ihr 'Onkelchen' ist eigentlich sogar recht amüsant." gab er zu, "Wegen meiner muss diese Lokalität also nicht verlassen werden. Wenn sie es jedoch bevorzugt, ein anderes Etablissement aufzusuchen, werde ich ihr gerne Gesellschaft leisten."

Wren mochte zwar eine Bürgerliche sein, aber Marcellus war dennoch Kavalier genug, dass er wusste, dass man in einer solchen Gegend eine Frau nicht alleine lässt.
Wolf, Schaf oder Leichnam - was bist du?

Cassim von Sturmfels

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #9 am: 14.10.2009, 22:51:45 »
Cassim saß kerzengerade auf seinem Stuhl und beobachtete das rege Treiben um ihn herum. Soviel Lebhaftigkeit und Chaos hatte er selten erlebt in den letzten Jahren. Doch wie es schien, musste er sich damit arrangieren. Denn die Städter waren anders, als seine Familie oder gar die Leute in der Kathedrale. Und so fing er an, sich einzufühlen in die Lebensweise der Anderen.
Nie hatte er gedacht für eine Denk- und Lebensweise, wie die seines Halbbruders, jemals Verständnis zu haben. Doch sein Horizont hatte sich in den vergangenen Wochen um ein vielfaches erweitert. Hoffentlich eröffne auch ich ihm den einen oder anderen neuen Blickwinkel!
Mit seinen Gedanken still am Tische sitzend, beobachtete er also die anderen Gefährten. Allesamt interessante und vielschichtige Persönlichkeiten. Es war an der Zeit sie besser kennen zu lernen.
Seinen gepflegten und gestutzten Kinnbart mit einer Hand massierend, einen Finger an die Lippen gelegt, wurde er durch die Ansprache seines Halbbruders aus seinen Gedanken gerissen. Sichtlich erschrocken ob seiner Unachtsamkeit, schalt er sich innerlich einen Denker und Philosophen und grinste unwillkürlich. Seinen hölzernen Kelch zum Gruße erhoben, prostete er Melan zu und schenkte seinem neu gewonnenen Bruder ein aufrichtiges Lächeln.
Dabei wirkte er lange nicht so offen und entspannt, wie Melan oder die Anderen. Jedoch zeigte er deutlich mehr Regungen und Emotionen, als der junge Adelige aus dem Hause Liktenborn, den er eine längere zeitlang angeschaut hatte.
Das junge Mädchen bedurfte eindeutig jeder Menge Schutzes. Und er würde nicht zögern, für diesen zu sorgen. Auch Valeria, eine Bekannte der Familie, war da. Gut zu wissen, dass jemand mit der besonderen Gabe des Sehens anwesend war. Und als sie ihre Karten legte, bemerkte er ihre kleine, kaum wahrnehmbare Regung um die ansehnlichen Lippen sofort. Auch wenn er seitlich von ihr saß.
So ließ seine Aufmerksamkeit augenblicklich ab von dem Gelage und Valeria rückte in seinen Fokus. Wie auch in den des 'Onkelchens'. Warum auch immer man ihm diesen Namen gegeben hatte. So stand er also auf begab sich zu Valeria, seinen Krug mit dem Wein aus regionalem Anbau noch immer in der Hand haltend.
Beipflichtend nickte er zu der Frage des 'Onkelchens' und hörte ihren Ausführungen aufmerksam zu.
"Mache Dir keine Sorgen, Valeria. Pharasmas Wille ist zwar nicht jederzeit und offen erkenntlich. Aber unser Weg ist der Gerechte und wir werden in ihrem Angesicht nicht versagen."
Seine schwere, ausnahmsweise nicht panzerbewehrte Hand ruhte derweil auf ihren zarten Schultern.

Valeria Leurong

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #10 am: 14.10.2009, 23:50:51 »
Als Cassim seinen Vortrag hält und mit seiner Hand ihre Schulter berührt, steckt Valeria erst einmal die Karten in aller Ruhe weg, wärmt sich ihre bleichen, kalten, aber auch zarten Hände an ihrem Glühweinbecher. Sie nimmt einen kleinen Schluck daraus und stellt den Becher daraufhin wieder hin auf den Tisch. Offenbar scheint Valeria ihre Gedanken und Worte zu sammeln.

"Die Karten sind nur ein kleiner Ausblick wie sich die Zukunft möglicherweise entwickeln könnte und wie man die Gegenwart und die Vergangenheit interpretieren könnte in Bezug auf bestimmte Thematiken. Doch nur die Göttin selbst weiß, wie das wahre Schicksal von uns allen tatsächlich aussieht. Man sollte bei den momentanen Ereignissen auf jeden Fall nicht die Hände in den Schoss legen. Ich selbst bin in meinem Herzen davon überzeugt, dass man noch viel verändern kann in Zeiten wie diesen. Eine Anarchie wäre nämlich etwas Schreckliches innerhalb Korvosas. Selbst wenn die Zeiten einmal hart und undurchsichtig sind, vertraue ich darauf, dass hinter allem ein größerer Sinn steckt, den man mit dem bloßen Auge eines Sterblichen nicht zu erkennen vermag. Du brauchst Dir keine Sorgen zu machen, Cassim, dass ich in Zeiten wie diesen verzage; egal wie düster manche Aussagen von mir auch zunächst einmal klingen mögen.", gibt Valeria ihm gegenüber mit ernster Stimme und einem Hauch von Mystischem wieder. Sie schaut dabei Cassim direkt in dessen Augen. Wenn man kurz zur Seite gesehen hat, hätte man aus dem Augenwinkel allerdings das Gefühl haben können, dass Valerias Geburtsmal Pharasmas an ihrer rechten Hand kurz in hellem Blau aufgeleuchtet hätte bei ihren Worten.

Cassim von Sturmfels

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #11 am: 18.10.2009, 10:24:18 »
"Deswegen sind wir ja hier, Valeria." Mit einem Seitenblick schaute Cassim kurz zu seinem Halbbruder. "Wir werden nicht zulassen, dass diese Stadt in Anarchie versinkt. Und nein, ich glaube nicht, dass Du verzagst. Eigentlich habe ich nur laut formuliert, was uns alle angeht. Wir sollten uns zusammenreißen und etwas tun. Es kann nicht weitergehen, wie bisher.
Die Stadtwache ist eine gute Anlaufstelle, um erstmal im Kleinen etwas zu bewirken, was meinst Du? Wie der Lauf der Dinge dann meist ist, verselbstständigen sich die Dinge und Pharasma wird unsere Schritte schon lenken."
Mit einem letzten, kräftigen Druck nahm er seine Hand von Valerias Schulter und schaute sich die illustre Runde nocheinmal genau an. Auch wenn er noch nicht jeden kannte, so war er sich sicher, dass diese Gruppe Möglichkeiten hatte. Vorausgesetzt, dass keine Streitereien aufkamen. Man würde sehen.

"Was meinst Du Bruder..." mit ein paar schweren Schritten stand Cassim neben Melan "...oh verzeiht, ich wollte nicht stören."
Als Cassim den Gesichtsausdruck von Marcellus bemerkte, schien er erst zu registrieren, dass er eine private Unterhaltung störte.

Melan

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« Antwort #12 am: 18.10.2009, 12:40:25 »
Der Halbelf bemerkte die Zurückhaltung des Adligen nicht, jedenfalls schien sie ihn nicht weiter zu stören.  "Hier ist es doch schön." entgegnete er auf den Vorschlag, das Gasthaus zu wechseln, zumal ihm Wrens Eltern ebenso sympathisch waren wie das Umfeld hier.
Als sein Halbruder an den Tisch trat, blickte Melan auf und seine Miene wurde sofort ernster und eine Spur nüchterner.  Seitdem der Paladin ihn befreit hatte war seine Achtung vor dessen Kampfkunst, vor allem jedoch vor dessen Lebensweise sichtlich gestiegen, auch wenn er sie oft nicht verstand. Der Mann war integer und hatte um der Gerechtigkeit Willen sogar seiner Familie entsagt. Allein die Tatsache, dass er ihn, den Bastard,  mit Bruder ansprach, berührte den Barbaren immer wieder. "Cassim. Was wolltest Du fragen?" 

Cassim von Sturmfels

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #13 am: 18.10.2009, 13:04:05 »
"Verzeiht, Edler," wendete er sich zuerst an Marcellus, um die Etikette zu wahren "ich unterbreche nur äusserst ungern."
Dann wendet er sich nach einer kurzen, angedeuteten Verbeugung an Melan.
"Was meinst Du Bruder, sollten wir uns nicht alle zusammensetzen und gemeinsam unser Vorgehen für die nächsten Tage besprechen? Denn sobald wir unseren Dienst bei der Wache wieder antreten, sollten 'Dinge' vorher geklärt sein. Und bevor wir alle in Einzelgesprächen enden oder gar einige von uns das Etablissement verlassen, schlage ich vor, dass wir erstmal einen Plan ausarbeiten. Ich bewege mich ungern in Gefahren, ohne wichtige Themen im Voraus abgeklärt zu haben."
Dabei schaute er auch die anderen Anwesenden an. Man merkte sofort, dass es ihm wichtig mit dem Thema war.

"Es geht schließlich um die Rettung der Stadt, die uns allen aus unterschiedlichen Gründen am Herzen liegt. So wäre es also förderlich, wenn wir unsere Kräfte bündeln und gemeinsam arbeiten!"

Der letzte Satz war aufrichtig und vor allem an alle Anwesenden gerichtet. Cassims Körperhaltung spiegelte seine Anspannung, aber auch seinen Eifer wider.

Melan

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Akt 3: Willkommen in der Stadtwache
« Antwort #14 am: 18.10.2009, 14:12:14 »
Melan merkte, dass es Cassim sehr ernst war und so schluckte er eine launige Bemerkung herunter,  nickte er knapp und trug rasch ein paar Stühle an den Tisch, damit alle Platz hätten.

"Ein Glas Wasser noch" rief er im Vorbeigehen dem Wirt zu und als es bereit gestellt wurde, schüttete sich der Halbelf das ganze Glas über die langen, zerzausten Haare und schüttelte sich, so dass die Tropfen in alle Richtungen flogen. "Besser!" wieder konnte man die großen Zähne des muskelbepackten Mannes sehen, der sich mit Schwung auf den Stuhl neben seinem Bruder fallen ließ. "Also?"  
« Letzte Änderung: 18.10.2009, 14:12:25 von Melan »