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Autor Thema: Shigerus Prolog: Der Mond wirft einen neuen Schatten.  (Gelesen 6182 mal)

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Däny

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Shigerus Preprolog: Der Mond wirft einen neuen Schatten.
« Antwort #45 am: 05.06.2013, 19:37:27 »
Amüsiert über die Verschrobenheit des alten Fälscher, muss Shigeru unwillkürlich den Kopf schütteln. Im Alter zeigen sich viele Charaktereigenschaften verstärkt und die Menschen bemühten sich weniger sie versteckt zu halten. Doch Sadao-san ist selbst in Shigerus Erfahrungsschatz einzigartig mit seinem Verhalten. Woran andere vielleicht Anstoß nehmen würden, lässt den Shosuro nur warmherzig nicken. Vielleicht würde es ihm auch gelingen eine Ecke der Welt zu finden, oder gar sich selbst zu schaffen wo andere seine Spleens akzeptieren müssten und dabei noch geduldig Lächeln. Wenn das kein würdiges Ziel war... nur ob er selbst alt werden wird, ist bei seinem angegriffenen Gesundheitszustand fraglich. Doch ein fernes Ziel ist besser als nur vom Schicksal davon getragen zu werden und dabei nicht zu wissen in welche Richtung man das Ruder werfen soll.

Meister Masuyos wertvollen Schlaf nicht mit Kleinigkeiten wie einem gebührenden Abschied unterbrechend, verneigt sich der Shinobi noch einmal vor dem Handwerker und verlässt den Raum. Ein einzelnes Malzbonbon bleibt inmitten der tausend Utensilien des Meisters liegen. Ob Mann oder Tier den Leckerbissen zuerst finden wird er wohl niemals erfahren.

Ermüdet durch die vielen Begegnungen mit den alten Bekannten - und den Skorpion nicht zu vergessen - lehnt sich der Bushi gegen einen Türrahmen und atmet mehrfach durch, ehe er schlussendlich an der Türe der alten Ayano anklopft. Es vergehen einige Herzschläge ehe Shigeru die schlürfenden Schritte vernimmt die sich langsam der Türe nähern. Ein Schlüssel wird im Schloss gedreht und von Innen ist das schwere Atmen einer alten Person zu hören. Unter einiger Anstrengung gelingt es Ayano die Tür zu öffnen. "Shigeru-san?" ist zunächst alles was Ayano dem vier Köpfe größeren Mann sagt, während sie sich bucklig auf einen Bambusstab stützt. "Oyasumi, Ayano-san. Erinnert ihr euch an mich? Ihr habt mir einstmals einen prächtigen Blau-Weißen Hakama für meine Reise gen Osten gefertigt. Oft wurde ich in Daidoji-Uji gefragt woher er den stamme."

"Nein, ich kann mich nicht an Euch erinnern. Wann sagt ihr, ward ihr im Dojo gewesen? Ja?" Beinahe großmütterlich beginnt sie Shigeru zu betätscheln, noch ehe dieser überhaupt den Fuß über die Schwelle gesetzt hat. "Hm, aber eure Statur kenne ich Junge!" Sie kratzt sich mit einem ihrer schrumpeligen Finger unterm Auge, kneift die Augen zusammen und lehnt sich weit vor um Shigeru besser erkennen zu können. Die Hand auf ihrem Gehstock beginnt dabei gefährlich zu wackeln.

Dann richtet sie sich auf und stemmt die freie Hand in die Hüfte. "Mach bitte die Tür zu. Ich will nicht das mir die Ratte noch ein Mal an die Kleider geht! Reicht schon wenn sie immer meint an der Tür kratzen zu müssen. Elendiges Mistvieh! Pah! Masuyo.. eine Ratte mit einem Namen! Solche Albernheiten gehören bestraft." Energisch klopft sie mit ihrem Gehstock auf dem Boden, wobei sie wohl mit dem Klopfen eher Schläge andeuten möchte, doch dazu fehlt der alten Frau schlicht und einfach die notwendige Kraft. "Shigeru-san, sag mir welches Kleidungsstück soll die alte Ayano für dich fertigen? Hm?!"

Nachdem er wie gewünscht die Türe geschlossen und hinter sich versperrt hat, riskiert der Ende Zwanzigjährige Shigeru seinen Blick umher wandern lassend und ein Sitzkissen zu erspähen um seine müden Beine und Füße zu entlasten.

"Ein Reisekimono für einen gealterten Meister des Pinsels soll es werden, Ayano-san." beginnt Shigeru seine Ausführungen, während er von der Alten aufgehalten und weiter abgetastet wird. Seine Wünsche genauer bekundend, erinnert der Shosuro an sein Daisho, die bereits genannte Reisetauglichkeit, aber auch an den respekterzeugenden Prunk den er sich wünscht. Gut angezogen zu sein ist oft schon genug um niedrige Geister ruhig zu stellen. Ein Bonus den er nicht leichtfertig vergeben möchte. Dann formuliert er weitere Wünsche: Fächer für einen schnellen Zugriff für die Shuriken, eine Tarnung für die Kote, eine exquisite, aber bereits abgegriffene Tasche für sein Shodo-Werkzeug und vieles, vieles mehr führt Shigeru an. Wünsche anderer Shinobi, Verbesserungsvorschläge und Kritiken der alten Schneiderin beherzigt er gerne.

Ginsengsei

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Shigerus Preprolog: Der Mond wirft einen neuen Schatten.
« Antwort #46 am: 13.06.2013, 14:56:29 »
Ayano nickt mehrmals um zu signalisieren, dass sie alle Wünsche vernommen hat und wackelt dann hinüber zu den Kleidungsstücken und Stoffen. Ihr Augenlicht scheint nicht mehr das beste zu sein denn immer wieder tastet sie sich wahlweise mit ihrem Gehstock oder mit der anderen freien Hand nach vorne um nicht gegen irgendetwas zu stoßen oder gar selbst um zu fallen. Nachdem sie eine weile in den Schränken gestöbert hat, kehrt sie zurück um erneut des Shosuros Maße ab zu nehmen. Leise murmelt sie die Zahlen vor sich hin und verschwindet dann wieder zwischen den Stoffen. Es dauert eine Ewigkeit und als sie wieder hervor kommt und zu ihrem Nähplatz schlürft und dabei Shigeru fast um rempelt wirkt sie sehr erschrocken. "Ihr seid ja immer noch da! Habe ich nicht gesagt, dass ihr mir einen Skorpion melken sollt!" Sie schüttelt ihren Kopf und macht ein klackerndes Geräusch mit ihrer Zunge und zieht ein Stück Stoff zurecht. Dann setzt sie sich davor, nimmt eine Nadel in die Hand und betrachtet das Material. Sie nimmt die Nadel von der Hand in den Mund und lässt sie zwischen den Lippen wandern. Mit dem Zeigefinger spielt sie an ihrem grauen Haar, seufzt schwer und steht wieder auf. "Wenn ihr schon noch da steht dann lasst mich noch mal Maß nehmen." sagt sie läuft in wackeligen Schritten zu Shigeru. Die Nadel hat sie dabei noch immer im Mundwinkel geklemmt und so nimmt sie erneut des Shosuros Maße ab. "Hm, hm.. so müsste es passen." sie geht wieder zurück an ihren Arbeitsplatz und überlässt den Shosuro sich selbst.
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Däny

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Shigerus Preprolog: Der Mond wirft einen neuen Schatten.
« Antwort #47 am: 21.06.2013, 12:47:57 »
Der geschäftigen Handwerkerin stumm zusehend, werden Shigerus Augenlider mit der Zeit müde und der Shinobi bemerkt wie die Anstrengung bleiern in den Körper kriecht, um seine Glieder schwer und taub zu machen. Mit der abschließenden Bitte ob sich vielleicht nicht noch ein passendes Set an Pinseln für Meister Kanuske aufreiben lässt, verschwindet der Shosuro und überlässt Ayano endgültig ihrer Kunst.

Zielstrebig durch die vertrauten Gänge huschend, findet Shigeru problemlos den Raum der für Gäste vorgesehen ist und schließt hinter sich die Türe. Eine der gestapelten Futonmatratzen auf den Tatami ausrollend, schlüpft der Samurai aus seinem Obi und lässt sich zufrieden auf die bequeme Schlafstätte sinken. Die Türe weiter zu versperren macht keinen Sinn, da jeder Deshi des Verborgenen Mondes leichtes Spiel mit den Möglichkeiten hat, die Shigeru hier zur Verfügung stehen. Deshalb versteckt er - so wie jede Nacht - einen Aiguchi unter dem Kopfstück des Futons und drapiert sein Daisho griffbereit neben sich.

Die waagrechte Körperposition lässt ihn mehrmals hustend aufschrecken, aber mit diesem Ärgernis hat sich der Skorpion schon vor vielen Jahren abgefunden und so entgleitet er bald in einen dämmrigen Ruhezustand und entlässt die Gedanken aus seinem bewussten Zugriff. Akanes grazile Schultern und ihr filigraner Hals sind das Letzte woran er sich erinnert ehe die Müdigkeit endgültig siegt.

Ginsengsei

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Shigerus Preprolog: Der Mond wirft einen neuen Schatten.
« Antwort #48 am: 14.07.2013, 16:19:56 »
Als Shigeru am nächsten Morgen erwacht reibt er sich verwundert die Augen und schaut sich um. Ihm ist als ob Akane eben hier gewesen war oder hat er das nur geträumt? Mühsam rappelt er seinen schwachen Körper auf und rollt die Matratze wieder ein. Seine Anwesenheit im Schlafraum schien nicht unbemerkt geblieben zu sein und so wartet ein kleiner hölzerner Eimer mit Wasser, Seife und einem Tuch zum Abtrocknen auf ihn.

Vor dem Schlafzimmer der Gäste huscht ein junger Schüler vorbei. Er hat die undankbare Aufgabe, in mit Schellen versehenen Tabi die Gänge entlang zu eilen und dabei so wenig Lärm wie möglich zu machen. Das Klingeln der Schellen ruft die Schüler des Dojos zum gemeinsamen Frühstück. Schafft der Schüler mit den Schellen Tabi es nicht rechtzeitig die Weckstrecke zehn mal zu durcheilen ehe alle Schüler am Tisch sitzen, so wird er vom Frühstück ausgeschlossen.

Shigerus Körper kennt noch immer den Rhythmus des Dojos und so steht er rechtzeitig vor der Schiebetür, bereit das Gästezimmer zu verlassen und sich in den großen Speiseraum zu begeben. Als er jedoch die Schiebetür öffnet, sieht er davor ein Paket liegen. Da er der einzige Gast im Dojo ist und auch kein Name darauf steht, trägt er es herein und öffnet es. Darin befindet sich ein hochwertiger Kimono aus feinem Stoff. Die Grundfarben sind schwarz und rot, die Verzierungen sind in weiss gehalten. Vorsichtig faltet Shigeru das Kleidungsstück auf.  Die Tabi Schellen sind nun bereits das siebte mal vor seiner Tür vorbei geeilt. Wenn er wirklich seine Kleidung wechseln möchte dann hat er noch drei Runden Zeit um nicht zu spät an den Tisch zu gelangen.

Der Shosuro entscheidet schnell. Eilige entkleidet er sich und legt seine alte Kleidung säuberlich auf einen Stapel. Dann beginnt er nach und nach sich in den neuen Kimono zu schälen. Das Kleidungsstück scheint für ihn gemacht worden zu sein denn alles passt ausgezeichnet. Nur als er den Obi verknoten möchte fällt ihm auf, dass dieser ihm zwar problemlos passt aber im Vergleich zum Standard Maß etwas kürzer ausfällt.

Die Tabi eilen ein neuntes Mal an seiner Tür vorbei. Shigeru richtet sich auf, öffnet die Schiebetür und schliesst sie hinter sich. Dann geht er erhabenen Schrittes in Richtung des Speiseraums.
« Letzte Änderung: 15.07.2013, 00:21:01 von Ginsengsei »
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Ginsengsei

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Shigerus Preprolog: Der Mond wirft einen neuen Schatten.
« Antwort #49 am: 01.08.2013, 01:21:37 »
Das Frühstück in den Reihen der Schüler erinnert Shigeru an alte Zeiten und er ist dankbar, dass er diesen Lebensabschnitt lange hinter sich hat. Denn die eiserne Disziplin, welche jedem kleinsten Teil im Tagesablauf des Dojos von den Schülern abverlangt wird, beginnt seinen geschwächten Körper bereits in den Morgenstunden zu ermüden.
Während die Schüler nach dem Ertönen des Gongs in großer Eile die Schüsseln zum Reinigen bringen, um danach sofort in Trainingsräume des Dojos zu entschwinden, kann sich Shigeru etwas mehr Zeit lassen. Gekonnt rollt er mit zwei Stäbchen eine Reiskugel und dippt diese in eine kleine Schale brauner Soja Sauce. Während er den Anblick genießend, die Kugel zum Mund führt vernimmt er hinter sich leise Schritte, doch als er sich umdreht ist niemand zu sehen.
"Der Geist des Dojos.. ich sollte ihm noch eine Gabe bringen ehe ich mich auf die Reise mache!" dann isst er in Ruhe seinen Reis und steht ebenfalls auf.
Auf dem Weg zur alte Ayano fällt ihm wieder die Bitte von letzter Nacht ein. "Was will die alte Frau mit dem Skorpion Gift?!" fragt er sich und überlegt wie er wohl am einfachsten an eine Dosis kommen kann. Er könnte Akane fragen oder selbst den schwarzen Skorpion melken. Allerdings ist er sich nicht sicher ob er dafür das passende Handwerkszeug hat oder ob er sich das noch besorgen muss.[1]
 1. http://www.zdf.de/Terra-Xpress/Spinnenfarm-in-Arizona-6625050.html
« Letzte Änderung: 01.08.2013, 06:51:36 von Ginsengsei »
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Ginsengsei

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Shigerus Preprolog: Der Mond wirft einen neuen Schatten.
« Antwort #50 am: 26.09.2013, 22:18:06 »
Nachdem sich der Shosuro geschworen hat sich nicht erneut mit dem Skorpion anlegen zu wollen und weil er sich auch nicht wirklich sicher ist ob ihm der mögliche Einsatz des Gifts gefallen würde, beschließt er mit Hilfe Akanes sein eigens Giftsüppchen zu brauen und der alten Ayano statt dessen zu geben.
Doch als Shigeru sie in ihren Räumlichkeiten aufsuchen will, öffnet ihm nur einer von ihren Schülern. Aufgrund seines Status hat Shigeru jedoch ausreichende Befugnisse um auch in den Lehrräumen der Yogo Meisterin seine eigenen Experimente durch zu führen und so setzt er sich daran ein Gift zu mischen, welches zwar dem eines Skorpions ähnelt jedoch keine tödliche Wirkung hat. Es dauert einige Fehlversuche bis das Ergebnis seinen Ansprüchen und Vorstellungen entspricht und als er schliesslich gegen Abend mit dem fertiggestellten Gift zu Ayano eilt um seine Sachen ab zu holen, hat er trotzdem noch Zweifel, ob seine Täuschung nicht auffallen wird.
« Letzte Änderung: 04.10.2013, 12:47:56 von Ginsengsei »
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