Soweit Arion erkennen konnte, gab es nur diesen einen Weg, den sie von ihrem derzeitigen Standpunkt aus gehen konnten. Fabulon konnte auch keine weiteren, womöglich versteckten Zugänge finden, allerdings bemerkte er in dem erdigen Boden wiederum einige Stiefelabdrücke, die noch recht frisch zu sein schienen. Wer auch immer da vor ihnen hier gewesen war, hatte sich scheinbar einige Male im Kreis bewegt, an dem Punkt, an dem auch sie jetzt gelandet waren, bevor er sich in Richtung Norden begeben hatte. An den Wänden ließ sich dagegen nichts entdecken, außer der Tatsache natürlich, dass sie vollkommen aus Erde waren, aber dennoch sehr stabil wirkten, ohne irgendwie gestützt zu werden. Als er mit der Hand ein wenig darüber streifte, bröckelten kleine Erdklümpchen ab, aber ansonsten schien die Erde sehr hart zu sein. Allzu bald würde der Gang hoffentlich nicht einstürzen.
5. Eleint 1374 TZ, Vormittag, Unter der Erde, Tia'Nal (Anzeigen)Er hatte das Gefühl, dass die Luft stickiger wurde, je länger er an diesem Ort verweilen musste. Die kleine Lichtkugel über ihm spendete zwar etwas Helligkeit, aber nicht soviel wie er gewöhnt war und liebte. Seine Reise bis hierher war schon beschwerlich genug gewesen und nun schien sein Weg noch steiniger zu werden. Aber er musste ihm helfen. Dazu war er schließlich hierher gekommen. Zwar wollte er ihn eigentlich in den arkanen Künsten unterrichten und nicht unbedingt in einem Tempel suchen müssen, aber er hatte eine Verpflichtung gegenüber seinem Verwandten eingenommen.
Wiederum schwenkten seine Gedanken zu dem Tempel und den Dingen, die er über ihn erfahren hatte. Es war eigentlich reiner Zufall gewesen. Nach seinem Verwandten suchend war er vor einigen Tagen in Marsember gewesen und hatte dort in einem Gasthaus einen ziemlich betrunkenen Matrosen angetroffen. Obwohl es nicht in Tia'Nals Natur lag, sich mit solchen Menschen abzugeben, hatte er dem Gesäusel des Mannes eine Weile zugehört und so erfahren, dass es einen Tempel der Mystra unweit in einer Stadt namens Weloon gebe. Das war genau die Stadt, in die sein Verwandter, soweit er wusste, aufgebrochen war. Doch die Worte des Mannes gingen noch weiter. Er sagte, dass zwei seiner Freunde da an einem Ritual teilgenommen hätten und nicht wiedergekehrt seien. Als er erfahren wollte, wo sie abgeblieben seien, hatte man ihm angeboten, doch auch das Ritual zu machen, doch er hatte abgelehnt und dann war sein Schiff, auf dem er angeheuert hatte, einfach weiter gefahren und er hatte mitgehen müssen. Die letzten Worte des Mannes wurden von Tränen und einem weiteren Krug Bier erstickt. Besorgt war Tia'Nal kurz darauf nach Weloon aufgebrochen. Und wie es seine schlimmsten Vermutungen bestätigten, konnte er seinen Verwandten dort nicht finden. Von einem älteren Mann, der seinem Verwandten Unterschlupf gewährt hatte, erfuhr Tia'Nal, dass dieser an dem Ritual teilnehmen wollte, weil er sich von der Mutter der Magie Rat für seine arkane Ausbildung holen wollte und es ja nicht schaden konnte, vorher ihren Segen einzuholen. Natürlich hatte sich der Sonnenelf sofort auf den Weg zum Tempel gemacht, aber da wollte angeblich niemand seinen Verwandten gesehen haben. Erst überlegte Tia'Nal, ob er dem Angebot des recht freundlichen Priesters Shan Thar nachkommen und an dem Ritual teilnehmen sollte, doch die Erzählungen des Matrosen in Marsember hatten ihn davon abgehalten. Nein, er war niemand, der schnell verzweifelte, aber er wusste sich keinen Rat mehr, bis er diesen grünen Ort, den man Rathools Teich nannte, erreichte und dort das Gespräch zweier Angler belauschte, die von einem Gang sprachen, der angeblich früher angelegt worden war, damit die Bewohner einer ehemaligen Zitadelle ungesehen in die Stadt kommen könnten. Als Tia'Nal kurz nachfragte, erfuhr er, dass der Tempel der Mystra auf den Grundmauern der Zitadelle erbaut worden war. Einen Moment keimte Hoffnung in ihm auf, die aber nur solange dauerte, bis sich die Angler über den Gang, die Zitadelle und einen alten Kauz namens Tunaster Dranik lustig machten, der wohl herum erzählte, dass mit dem Tempel was nicht stimmte. Da sich ansonsten jede Spur seines Verwandten hier in Weloon verlor, musste Tia'Nal davon ausgehen, dass er wirklich an dem Ritual teilgenommen hatte und dass an den Worten des Matrosen etwas dran war. Also machte er sich auf die Suche nach dem geheimen Gang - noch nicht einmal genau wissend, ob er wirklich existierte. Dabei erfuhr er von anderen Anglern und Besuchern am Teich, dass es unterschiedliche Gerüchte über die Zitadelle gab, die sich allesamt gegenseitig widersprachen.
Es kostete den Sonnenelfen ohne Führer ganz drei Tage, bis er endlich den gesamten Teich abgesucht hatte und auf diese riesige Eiche stieß. Es war purer Zufall, dass er den Zugang zu dem Gang entdeckte. Als er sich, von der Suche ausruhend, auf einen großen Steinbrocken, versteckt im hohen Gras, gesetzt hatte, war er plötzlich von Wurzeln ergriffen worden. Sanft hatten sie ihn schließlich unterirdisch abgesetzt und eine kleine Lichtkugel war über ihm erschienen. Diese Lichtkugel folgte ihm nun schon eine halbe Stunde und doch hatte er das Gefühl nicht weit gekommen zu sein, denn er bewegte sich vorsichtig weiter und kam so nicht gut voran. Zu allem Überfluss spaltete sich der Weg vor ihm nun auch noch und er wusste nicht, welchem Gang er folgen sollte. Beide Wege führten weiter nach Norden, doch sollte er den linken oder rechten Weg wählen?