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IC (4): Intermezzo in Felbarr

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Radumar:
Die Sonne steht nur noch einen Fingerbreit über dem Horizont. Salif sitzt in der Nähe der Höhle, einen Becher heißen Wurzeltees in den Händen, eine Decke über den Schultern. Es ist kalt, aber er genießt den Augenblick, einen Moment in der Nähe Talirs, zu dem er in den letzten Tagen zu oft hatte Abstand wahren müssen. Die Eule hockt auf einem Felsen in der Nähe und macht sich über einen kleinen Schneehasen her. Für einen Moment konnte der Händler fast vergessen, dass er nicht allein war in dieser Einöde.
Doch dort über ihm war ein Posten, zurzeit besetzt von Zontwa. Der Barbarenjäger würde sie warnen falls Meliakkes Leute doch zurück kehren sollten. Auch wenn dies unwahrscheinlich war. Die freigelassenen Schläger hatten so schnell es ging das Versteck verlassen und waren in Richtung Süden aufgebrochen, weg von Felbarr. Salif, seine Freunde Tybrin und Fincayr, Zontwa und seine Begleiterin, die Goblins unter Führung ihres Schamanen, Jakob und Vern – ehemals Koch und Heiler bei Meliakkes – sowie ihre drei Gefangenen hatten unterdessen alles eingepackt was wichtig erschien und die letzten zwei Stunden Tageslicht genutzt um ein wenig Abstand zu gewinnen.
Ach ja. Und Hilda natürlich. Hilda Schwertfeger. Salif und die anderen hatten die Zwergin aus der Gefangenschaft von Meliakkes befreit, der ihre beiden Begleiter schon zum Opfer gefallen waren bei der Aufgabe die Fallen in der Grabkammer zu entschärfen. Im Gegensatz zu ihren beiden verstorbenen Begleitern war sie kein Technikus sondern Scout. Und auch wenn Salif der Gedanke an einen zwergischen Scout absonderlich erscheinen mochte, sie hatte Ahnung davon. Zügig und geschickt, immer mit einem Blick auf die unerfahrenen Mitreisenden, hatte sie die Truppe hierher geführt. Selbst Schwarzpelz, der mürrische Anführer der Goblinjäger hatte anerkennend genickt. Kaum angekommen brannte auch schon ein Feuer und nun genoss Salif diesen Tee. Nun ja, genoss war wohl das falsche Wort, aber er war warm und der Händler spürte förmlich wie seine durchgefrorenen Glieder auftauten und sich von dem Ritt erholten.
Morgen sollte es weiter gehen und wenn alles gut ging, würden sie in zwei Tagen Felbarr erreichen. Die Goblins würden natürlich vorher abdrehen. Auch wenn Hilda sich zusammen nehmen konnte, so würde das kaum für die anderen Zwerge gelten. 

Lizk:
Salif hält den Blick Richtung Sonne und umschließt mit beiden Händen den wärmenden Teekrug. Seine Gedanken kreisen um die Ereignisse der letzten Tage, um die Umstände, in denen er sich nun befindet und die Frage, wie es nun weitergehen sollte. In Felbarr würden sie die erbeuteten Schätze aufteilen. Immerhin hatten sie die Zusicherung von der Garnison, dass diese nicht konfisziert würden. Und dann? Sein Aufenthalt hier im Norden würde sich wohl doch etwas in die Länge ziehen. Salif würde es sich ein wenig heimisch machen. Ein paar vertrauensvolle Zwischenhändler für seine Waren suchen und Straphons Kontakte abklappern. Die Hand des jungen Mannes wandert unwillkürlich an seine Brust, wo unter dem dicken Pelz seines Mantels, die Seiten aus Meliakkes' Geschäftsbuch ruhen. Er würde sich mit einigen Leuten der Stadtverwaltung gutstellen müssen, Erkundigungen einholen. Jemanden mit Einfluss aus der Garnison, vielleicht diesen grimmigen Lieutnant. Und möglichst jemanden aus dem Rathaus. Für seine Geschäfte würde er etwas Rückendeckung brauchen...
"Oh, Myrzen... In was bist du da nur hineingeraten?" Salif lächelt nachsichtig und trinkt den letzten Schluck des immernoch dampfenden Tees. Er würde wohl bald mehr darüber erfahren.
Nach einem letzten Aufblitzen sinkt die Sonne hinter den Horizont und augenblicklich zieht ein kälterer Wind auf. "Bis morgen, Talir, flüstert der junge Mann und nickt dabei zu der Sperbereule hinüber. Dann erhebt er sich langsam und schlendert in die Höhle, um sich dort zur Ruhe zu legen.

Navun'Ylahc Vytharia:
Fincayr

Gedankenversunken starrt der Barbar neben Zontwa stehend die untergehende Sonne an. Die letzten Strahlen prickeln wohlig auf der wettergegerbten Haut des Nordmannes, während er die Arme vor sich verschränkt hält. Unwillkürlich muss er an die Erlebnisse der letzten Tage zurückdenken. Eine Herausforderung war es gewesen, ein Test, eine Aufgabe. Er hatte sie bestanden, so glaubt er zumindest.

Ruhig neben ihm liegt sein Freund Sarkoth. Ein kurzes Lächeln huscht Fincayr über das Gesicht, während er an die stille, aber doch immer fühlbare Unterstützung des Geisterwolfes denkt. Sarkoth stellt nichts in Frage und stellt sich ihm nicht entgegen. Er ist etwas wortkarg, ja, aber er ist einfach da, an seiner Seite.

"Ich sehe ihn zum tausendsten mal."
Den Blick nicht abwendend, scheint Fincayr mehr mit sich selbst, wie mit Zontwa zu sprechen.
"Aber ich kann mich nicht satt sehen."
Es bedarf nicht viel Auffassungsgabe, um zu verstehen, dass der Barbar über den Sonnenuntergang redet.

Sich endgültig von den letzten erhellenden Strahlen abwendend, blickt er seinen Schamanenbruder an.
"Es gäbe eine Frage, die ich gerne stellen würde. Du musst nicht antworten. Doch... wie war deine Prüfung?"
Er hatte damals seinen Mentor gefragt, vor Jahren, als er losgezogen ist. Es scheint ein anderes Zeitalter gewesen zu sein. Doch der hatte immer nur mit einem Lächeln geantwortet: "Jeder erlebt seine eigenen Abenteuer, so auch du. Gedulde dich."

Radumar:
Ja, es ist immer wieder schön. Unsere Heimat ist rauh und hart, aber ich möchte nirgendwo anders leben.
Als Fincayr ihn auf seine Prüfung anspricht, lächelt Zontwa traurig.
Du denkst zu hoch von mir. Meine schamanistischen Kräfte sind schwach, mein Blick in die Welt der Geister ist vernebelt. Ich bin mehr Jäger und werde nie ein wirklicher Schamane sein wie Randar. Oder wie es wohl Duja bevorsteht. Brantwig meint, dass Duja einmal eine wirklich große Schamanin werden kann.
Ob Duja gemeint war? Fincayr denkt an den Geist des Barbaren im Grab, an die beiden Amulette. "Gib sie den Kindern." Wer sollte sonst gemeint sein? Duja wohl. Und wer noch? Naleleth vielleicht? Das blinde Mädchen der Pilzbarbaren, das mehr "sah" als jeder andere? Noch nie hatte Fincayr jemanden getroffen der so klar Sarkoth wahrnehmen konnte. Die Art seine Totems spüren, ja, das schon. Aber sehen? Naleleth das Amulett zu geben würde schwierig sein.
Und dann war da noch Adriana Kupferhammer, die Enkelin des Zwergengeistes. Er hatte versprochen ihr zu helfen. Aber wie? Vielleicht sollte er einmal Hilda fragen, ob sie Rat wusste. Sie war zwar keine Priesterin oder Gelehrte, aber die einzig greifbare Zwergin. Und hoffentlich dankbar genug dass man ihr mit Fragen zu zwergischen Katakomben kommen konnte ohne mehr zu ernten als böse Blicke.

Navun'Ylahc Vytharia:
Fincayr

"Vielleicht werde ich Randar danach fragen. Danke."

Ein paar Momente später nickt er Zontwa verabschiedend zu und trabt gemächlich gen Höhle. Der eisige Wind der Nacht kommt auf und selbst dem abgehärteten Nordmann ist die Höhle lieber als der freie Himmel.
Gib sie den Kindern
Es würden wohl Duja gemeint sein, dessen ist er sich sicher, und Naleleth?  Neugierig holt Fincayr die beiden Amulette aus einer seiner ledernen Gürteltaschen hervor und hält sie abwiegend in beiden Händen. Ein paar mal umdrehend inspiziert er das Material und die Oberfläche. Was sie wohl bewirken? [Magie Entdecken]

Einen tiefen Zug frische Luft atmend, geht Fincayr schließlich in die Höhle und vergewissert sich, dass Wachposten eingerichtet sind. Notfalls würde er selbst auch eine Schicht übernehmen. Es dauert nicht lange, da übermannt ihn die Müdigkeit. Der Tag war anstrengend und gefährlich gewesen und beinahe hätte er ihn nicht überlebt. Eine Lektion hatte es ihm erteilt. So sehr er auch versucht, Geister zu verstehen, nicht immer kann man ihre Absichten wirklich begreifen. Von zornigen Geistern ganz zu schweigen...

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