Milan beobachtete das Gespräch zwischen Moandor und Eretria sehr ruhig. Seine vorherige Eifersucht konnte er aber auch jetzt nur sehr schwer in Grenzen halten. Trotzdem riss er sich zusammen, auch wenn seine Finger ab und an unruhig zuckten. Er verabschiedete den Major mit aller Förmlichkeit und hoffte, seine Wachen würden wirklich dazu in der Lage sein, seine Mutter zu beschützen. Aber ihm blieb wohl auch nicht viel anderes übrig, als sich darauf zu verlassen.
Da Moandor langsam, aber sicher zugänglicher wurde, begann Milan seine Abneigung ebenfalls ein wenig abzulegen. Erst als das Gespräch zurück auf seinen Vater kam und Moandor ihm den Umschlag überreichte, verkrampfte sich Milan wieder. "Ich fürchte, ich kann Euch nicht sagen, wann er wieder zurück kehren wird. Das wissen wahrscheinlich nur Mutter Sonne und die zwei Monde." Milan wandte sich kurz mit schmerzerfülltem Gesicht ab. "Und wahrscheinlich nicht mal sie..." Dann gab er Moandor den Umschlag zurück. "Ich vermute, ich kann Eure Schrift sowieso nicht entziffern. Es ist kein besonders gutes Gefühl, zu wissen, dass man beschattet wurde, aber die Informationen auch noch zu lesen, halte ich für vollkommen unnötig. Ihr könnt ohnehin kaum etwas heraus gefunden haben, was ich nicht schon längst über meine Familie weiß." Mit diesen Worten versuchte Milan vor allem eines deutlich zu machen: Dass er trotz seiner Abwesenheit über die Belange und Geschäfte seiner Familie informiert war, auch wenn das nur bedingt der Wahrheit entsprach, wenn er sich seine Überraschung über den Fortgang seines Vaters und den gesundheitlichen Zustand seiner Mutter wieder in Erinnerung rief.
"Ich denke, der Major hätte Euch auch ohne unser Zutun frei gelassen, Moandor. Von daher schuldet Ihr uns rein gar nichts. Aber vielleicht könnt Ihr trotzdem etwas für uns tun. Ihr habt zwar schon zum Ausdruck gebracht, dass Ihr nichts über Eure Auftraggeber preis geben könnt, doch wir lasen auf dem Zettel einen Namen, der uns vertraut ist. Ich nehme an, dass es sich dabei um den wirtschaftlichen Kontakt handelt, an dem Eure Freunde interessiert sind. Und wir haben ebenfalls reges Interesse an ihm. Daher wäre es für uns sehr wichtig, mehr über diesen Mann zu erfahren und warum Eure Freunde an ihm interessiert sind."
Milan blieb vor der Tür des Zimmers stehen, in dem ihre Gefährten warteten. "Aber das lasst uns am besten gleich mit unseren Freunden besprechen. Und bevor ich gänzlich meine Manieren und meine Pflichten als Hausherr vergesse, biete ich Euch natürlich auch noch einmal an, mit uns zu speisen, wie es Eretria bereits getan hat." Es schien Milan wichtig, die Einladung zu wiederholen. Es gab ihm irgendwie das Gefühl, den Platz seines Vaters zunehmend einzunehmen und sich wieder heimischer zu fühlen, was Eretria, wie Milan erfreut feststellte, wesentlich besser gelang.