Milan runzelte die Stirn, als Mika so augenscheinlich sofort zum Tisch des Händlers trat und ihn völlig aus dem Spiel nahm. So sehr er auch für Hilfe dankbar war, so gefiel ihm ihre Art der Hilfeleistung nicht wirklich, abgesehen davon, dass er den Eindruck hatte, dass Mika wie immer nur darauf wartete, ihn möglichst in den Hintergrund zu verfrachten und ihre eigenen Überzeugungen durchzusetzen, ihren eigenen Weg zu gehen. Entsetzt horchte er auf, als sie von dem untoten Mädchen erzählte.
'Wenn Acqueas bis jetzt nicht gewusst hat, wer wir sind, oder dass wir mehr oder minder gegen ihn sind, so weiß er es doch jetzt, wenn er wirklich etwas mit dem Mädchen zu tun haben sollte oder mit den Räubern. Verflucht! Wieso frage ich sie auch?'Dieses Verhalten würde für Milan Konsequenzen haben. Er verschränkte die Arme vor der Brust und schloss die Augen, um seinen aufkommenden heftigen Puls irgendwie zu unterdrücken und sich wieder zur Ruhe zu rufen. Ruhe war etwas, was sie in letzter Zeit zu wenig hatten und was ständig dazu führte, dass sie vorschnelle Entscheidungen trafen oder hitzige Diskussionen führten, die nichts brachten. Acqueas alles zu erzählen, wenn auch ihr eigentlicher Auftrag recht unerwähnt blieb, war wohl eine dieser hitzigen Entscheidungen, die sie nur weiter rein reiten konnte. Er wog sehr genau ab, ob sie einen solchen Auftrag annehmen konnten. Ihm war das Gold egal, dass Mika darauf ansprang, auch wenn er nicht wusste, ob es hauptsächlich für sie um diese große Menge ging oder nicht, überraschte ihn nicht. Sie war in ganz anderen Verhältnissen aufgewachsen. Er wusste ja nicht viel über sie und dass sie schon einmal Ärger mit der Stadtwache hatte, irritierte ihn kurz, aber er ahnte zumindest, dass sie für Gold anfälliger war, und er nahm an, dass sie auch deshalb oft so aufbrausend war und sich durchsetzen wollte, weil sie sich hatte immer durchbeißen müssen und das wahrscheinlich häufig allein.
"Wenn die Reise wirklich soweit ist und schnellstens durchgeführt werden müsste, fürchte ich, dass ich für meinen Teil nicht annehmen kann. Unsere Aufgabe hat höchste Priorität. Danach wäre ich bereit, mich dem Auftrag zu widmen, solange er nicht dafür sorgen wird, dass wir im Gefängnis der Großen Feste oder einer anderen Stadt verrotten. Unser Auftrag ist momentan mir aber am wichtigsten." entschied sich Milan nun doch, weil er so eine Entscheidung nicht gegen Eretria, Calfay und Moandor treffen wollte, die immerhin nicht anwesend waren, und weil er zu der Überzeugung gelangt war, dass auch die Auftragsannahme nichts bringen würde. Damit blickte er auf Mikas Rücken und hoffte, dass der letzte Satz auch sie wieder ein wenig zu ihrer hochgeschätzten Vernunft bringen würde.
'Sehr schön, das Gespräch hat uns nicht im Mindesten voran gebracht und das alles nur, weil ich nicht auf den Stellvertreter von Vater warten konnte. Du bist so ein Idiot, Milan! Aber es muss ja auch immer alles schnell gehen. Nur frage ich mich, ob es viel gebracht hätte, wenn ich diesem Mann Brief und Siegel hätte vorzeigen können. Seine Worte scheinen einleuchtend, aber ob man ihm wirklich vertrauen kann. Worte können immer mehr Schein als Sein sein.'[1]Milan versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn frustrierte, was er soeben gehört oder auch nicht gehört hatte. Er sah zu Arue, die immer noch völlig vertieft nach vorne schaute und fragte sich, was sie wohl dachte. Ob das Gold auch für sie wichtig sein würde oder ob sie sich wie er dafür entschied, diesen Auftrag nicht anzunehmen.