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Autor Thema: Kapitel 2: Morgensonne  (Gelesen 131976 mal)

Beschreibung: Die Geschichte geht weiter...

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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #450 am: 28.05.2010, 11:46:49 »
Die Räubergruppe ließ sich auf ihrem Weg Zeit - es schien, als wollten sie durch ihre fast schon gemütliche Reitweise ihre Unangreifbarkeit darstellen. Schließlich kam die Gruppe auf gute zwanzig Schritt an Eretria, Milan und Calfay heran.

Sechs der Räuber saßen auf Pferden, darunter auch der Mann, der Waldemar auf sein Pferd gehievt hatte. Dem Waldläufer waren inzwischen die Hände gefesselt worden - ein gutes Zeichen, dass er wohl zumindest noch lebte.

Der siebte Mann, ein schlanker, hochgewachsener Mensch mit kurzen, schwarzen Haaren, saß auf einem Tier, das ebenso groß war wie die Pferde, aber eher an einen monströsen Wolf erinnerte. Glühendrote Augen starrten die Abenteurer an. Gefährliche Reißzähne und Pranken machten deutlich, dass diese Bestie ein nicht zu unterschätzender Gegner war.

Der Reiter des Worgs - darum musste es sich wohl bei dieser Bestie handeln - musterte die Abenteurer interessiert. Er trug einen schwarzen Umhang und einen ebenso schwarzen Brustpanzer aus Leder, auf dem das Symbol einer roten Sonne zu sehen war.

"Ihr dürft euch entscheiden, was euch wichtiger ist: Eure gesamte Ausrüstung, oder das Leben eures Freundes. Legt alles, was ihr habt, zu Boden, dann bekommt ihr euren Kameraden -"

"Sei still", unterbrach der Worg-Reiter den Mann, der Waldemar auf seinem Pferd trug. Mit seinem Blick fixierte er Eretria, als habe er etwas wie sie noch nie zuvor gesehen. "Aliya. Du bist es. Du bist es wirklich."
« Letzte Änderung: 28.05.2010, 13:48:52 von Sternenblut »
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Calfay Rin

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #451 am: 28.05.2010, 15:48:23 »
Es wäre gelogen gewesen zu behaupten dass die Arroganz der Räuber Rin nicht ärgerte, doch äusserlich bemerkte man davon nichts. Sie hielt weiterhin ihren Speer in der Hand, auch als die Forderung kam die Waffen abzulegen, im Austausch für Waldemar. Stattdessen starrte sie die Männer auf ihren Pferden (und dem Worg) so düster an dass es auch den wildesten Barbaren in Besorgnis versetzt hätte.[1]
Das unerwartete Benehmen des Worg-Reiters überraschte sie allerdings, so sehr dass sie ihren Blick von den Gegnern nahm um Eretria anzusehen. Würde sie das Missverständnis aufklären, oder den Kerl im Glauben lassen seine Bekannte zu sein? Lange würde es so oder so nicht gutgehen, immerhin wussten sie nicht mal wer diese Aliya war. Trotzdem wollte Rin diese Chance nicht wegwerfen indem sie laut kund gab dass diese Frau eine Priesterin war und Eretria hieß.
 1. Cool tun (Bluff: 23) und Böse gucken ò_ó (Einschüchtern: 20)
Wobei mir einfällt dass ich besser meine Aura auf Presence ändere (wäre +1, wenn das einfach so geht).

Milan

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #452 am: 28.05.2010, 16:21:09 »
Milan war entsetzt von dem Verhalten der Reiter und ihrem vermeintlichen Angebot.  Er hatte nicht vor, seine ganzen Sachen hinzuwerfen, aber er würde vermutlich einiges dafür tun, um Waldemar zu retten. Als dann aber der Worg-Reiter Eretria mit einem ganz anderen Namen ansprach, zeigte sich sichtlich Verwirrung in Milans Gesicht. Er blickte zu seiner Freundin und zurück zu dem Mann auf dem Worg, bevor er sich zwischen die beiden schob. "Ich wäre eher dafür, dass ihr uns unseren Freund auf der Stelle und ohne große Diskussionen wiedergebt." Milan sah sich die Reiter an, blieb mit seinem Blick sehr lange an dem Worg hängen und überlegte, wie er es anstellen konnte, hinter den Reiter zu kommen und ihn von seinem Tier zu holen, das ihm weitaus gefährlicher erschien als der Mann, der darauf saß. Wenn Waldemar bei Bewusstsein gewesen wäre, hätte er ihnen sicher sagen können, wie man so ein Tier schnell und ohne große eigene Blessuren tötete. Und dass sie es töten würden und sogar mussten, stand fest. Gleichzeitig fragte er sich, wieso der Mann Eretria mit einem anderen Namen ansprach. Ihm kam ein merkwürdiger Gedanke in den Sinn, der vor allem mit Beldins Erlebnissen zu tun hatte. Auch er hatte einmal ein anderes Leben geführt, wie es schien. War das bei Eretria auch möglich? Gab es womöglich sogar einen seltsamen Zusammenhang zu Mikas Träumen? Er machte sich schon wieder zuviele Gedanken. Er musste sich auf einen möglichen Kampf vorbereiten.
Wenn der Glaube vorhanden ist, kann man selbst einen Heringskopf anbeten.

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #453 am: 28.05.2010, 18:49:03 »
Der Anführer der Räuber sah Milan ernst an, und stieg von seinem Reittier ab. Dann lächelte er.
"Euer Freund interessiert mich nicht."

Mit einem Nicken bedeutete er seinen Leuten, Waldemar vom Pferd zu holen. Als diese zögerten, blickte er sie grimmig an. "Na macht schon", erklärte er.

Die Männer blickten irritiert zwischen ihrem Anführer, Eretria und Milan hin und her. Allem voran aber sahen sie immer wieder zu Calfay, ganz so, als wäre die junge Frau die größte Bedrohung in dieser Situation.

"Holt euch euren Freund", forderte der Anführer Milan auf. "Alles, was ich dafür will, ist mit ihr zu reden."

Dabei blickte er direkt zu Eretria.
« Letzte Änderung: 30.05.2010, 15:20:19 von Sternenblut »
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Eretria

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #454 am: 29.05.2010, 22:29:00 »
Als sie beim Näherkommen zunächst sah, dass Waldemar möglicherweise seine Stellung würde halten können war Eretria froh. Doch schneller als befürchtet, hatte sich das Glück gewendet. Als sie dann mit Milan und Calfay näher kamen und auch die Räuber offensichtlich  verhandeln wollten, war die Priesterin überrascht. Wenn sie auf das Lager zurückblickte, wirkte das Massaker dort nicht so, als würden die Räuber jemals verhandeln wollen.
Völlig irritiert wurde die Priesterin dann durch das Verhalten des Anführers. Doch bevor sie überhaupt etwas sagen konnte, schien die ganze Geschichte sich in eine Richtung zu entwickeln, die ihr noch seltsamer erschien, als einiges, was sie bisher erlebt hatte. Eretria trat neben Milan und legte ihm beruhigend die Hand auf den Unterarm. Sie fixierte den Fremden fest, als sie sprach:
"Ich bin bereit mit euch zu sprechen, doch wäre es mir lieber, wenn wir dies nicht in einer Situation machen, in der wir uns so gegenüberstehen und jeden Augenblick Blut fließen könnte, weil einer unserer Begleiter etwas falsch versteht oder falsch reagiert." Ein leichtes Lächeln umspielte die Lippen der blonden Frau und es war klar, dass die Priesterin dabei alle Begleiter meinte. Nicht nur die Leute des Räubers, sondern auch Calfay, Waldemar und Milan waren gemeint.
"Ich schlage vor, dass wir beide uns hier unterhalten, aber unsere Begleiter diesen Ort vorher verlassen. Wenn eure Leute am Turm sind und meine Begleiter in unserem Lager können wir reden."

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #455 am: 29.05.2010, 22:57:54 »
Der Anführer der Räuber überlegte einen Moment, dann nickte er. "Gut, ich bin einverstanden. Ihr könnt euren Freund mitnehmen."

Einer der Räuber, der Waldemar von dem Pferd geholt hatte und noch neben ihm stand, sah seinen Anführer entsetzt an. "Aber Prophet, wir können doch nicht -"

Mit ernstem Gesichtsausdruck wandte sich der Anführer an den Mann und unterbrach ihn. "Ihr habt mich darum gebeten, die Führung zu übernehmen. Jetzt solltet ihr auch meinem Urteil vertrauen. Lasst den Gefangenen liegen und reitet zurück zur Festung. Ich komme nach."

Dann wandte er sich an Milan. "Keine Angst. Ich habe nicht vor, deiner Freundin auch nur ein Haar zu krümmen."
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Calfay Rin

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #456 am: 29.05.2010, 23:34:25 »
Rin war nicht sicher ob es so eine gute Idee war dass Eretria ganz alleine mit dem Anführer dieser Bande redete. Wenn alle anderen im Lager waren konnte er sie in ein löchriges Sieb oder einen Pfannekuchen verwandeln ohne dass jemand ihr helfen konnte... blieb zu hoffen dass ihm nicht der selbe Gedanke kam.
Für den Moment beschloss sie dem Plan der Priesterin zu folgen und nahm Waldemar entgegen, wobei sie den Räubern einen letzten vernichtenden Blick zuwarf bevor sie sich[1] zurückzogen.
 1. hoffentlich

Milan

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #457 am: 30.05.2010, 01:11:00 »
Als Eretria dem Mann vorschlug, allein mit ihm zu reden, verdunkelte sich Milans Gesichtsausdruck merklich. Er hatte nicht vor, seine Freundin einfach so zurück zu lassen. Andererseits rückten diese Räuber Waldemar mehr oder minder freiwillig wieder heraus - nachdem sie ihn fast getötet hätten - und anscheinend war der Mann mit dem Worg ernsthaft an Eretria interessiert und zwar nicht in der Art, als wolle er sie sofort umbringen. Trotzdem behagte ihm die Vorstellung überhaupt nicht, sie mit ihm allein zu lassen. Doch da Calfay Waldemar ergriff und ihn fortschaffte, wandte sich auch Milan um. "Pass auf dich auf, in Ordnung? Wir bleiben in der Nähe." Milan sah Eretria besorgt an, ging dann vorüber und folgte Calfay, wobei er ihr helfen würde, wenn sie ihn brauchte. Dabei sah er jedoch ständig wieder zurück zu Eretria und dem Fremden. "Hoffentlich geht das gut", meinte er an Calfay gewandt.
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #458 am: 30.05.2010, 09:21:34 »
Widerwillig zogen sich auch die anderen Reiter zurück. Der Anführer der Gruppe blickte zu seinem Worg, und machte eine knappe Handgeste. "Mach Platz."

Mit einem gefährlich klingenden Knurren legte sich die Bestie auf den Boden, und starrte dabei Eretria aus seinen unnatürlich wirkenden Augen an.

Nachdem alle anderen einen gewissen Abstand hatten, kam der Mann mit einem Lächeln auf Eretria zu. "Nun habe ich dich also gefunden. Weißt du noch, wer ich bin?"
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Eretria

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #459 am: 30.05.2010, 11:42:54 »
Die Priesterin lächelte Milan an, als dieser sich verabschiedete.
"Mutter Sonne und die Zwei Monde werden mich beschützen. Unser Weg wird hier nicht enden." Eretrias Worte klangen fest. Sie schien überzeugt zu sein, dass ihr weniger Gefahr drohte, als es tatsächlich den Anschein hatte. Lange sah sie den beiden Gruppen nach, die sich aus unterschiedlichen Gründen sehr widerstrebend zurückzogen. Als der Abstand schon ein ganzes Stück betrug, wandte sie sich dem Mann zu, der unbedingt mit ihr sprechen wollte. Die Priesterin schaute dem Fremden offen an und tatsächlich war etwas wie Bedauern zu erkennen.
"Seid ich Himmelstor betreten habe, geschehen schreckliche Dinge, die meinen Weg begleiten. Ein Kind stirbt in meinen Armen, ein Geist dringt in den Körper eines Freundes ein und ein 'Mädchen' trachtet mir nach dem Leben. Nun kommt ihr hinzu und sprecht mich an mit einem Namen, den ich nicht kenne. Ich bin es müde mit Rätseln gequält zu werden. Warum fangt ihr nicht an, mir zu sagen wer ihr seid und warum ihr mich Aliya nennt? Denn wisst, mein Name ist Eretria, Geweihte von Mutter Sonne und den Zwei Monden!"
Die Stimme der Frau war merklich fester geworden, je mehr sie gesprochen hatte. Es war offensichtlich, dass sie ein gehöriges Maß Wut in sich trug. "Und wenn ihr mir erzählt, wer ihr seid und was ihr glaubt in mir zu sehen, dann könnt ihr gleich fortfahren und mir erklären, was für Barbaren und Feiglinge ihr seid, dass ihr eine hilflose Karawane überfallt und niedermacht. Ich bin gespannt, ob eurer Ausführungen."
Obwohl die Frau möglicherweise sich in großer Gefahr befand, hatte sie sich in Rage geredet und ihre Worte waren fast gesprochen, als wäre sie die Richterin dieses Mannes.

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #460 am: 30.05.2010, 12:03:25 »
"Du erinnerst dich nicht." Die Enttäuschung in der Stimme des Mannes war deutlich.

"Ich verstehe deine Wut, Al... Eretria. Noch vor nicht allzu langer Zeit war ich ein einfacher Priester. Dann fingen die Visionen an, die sich nach und nach bewahrheitet haben. Ich habe nicht verstanden, was mit mir passiert ist, nur, dass etwas Großes im Gange war, das mein ganzes Leben umgekrempelt hat. So wie ich damals, fühlst du dich vermutlich heute."

Er kam noch näher zu ihr, und stand nun nur noch eine Armlänge von ihr entfernt. "Ich fürchte, ich kann nur einen Bruchteil deiner Fragen beantworten, weil ich selbst noch nicht allzu viel weiß. Aber ich kann dir eine Richtung weisen. Und ich hoffe... ich hoffe, wenn du die Wahrheit erkannt hast, werden wir Seite an Seite kämpfen."

Wieder kam der Mann einen Schritt näher, und stand nun ganz nah bei der Priesterin. Mit glänzenden grünen Augen sah er sie an. "Wie schon einmal, in einem früheren Leben, als dein Name Aliya war. Aliya, Priesterin des Sonnenfeuers. Und ich war Tellion, Hoher Prophet des Sonnenfeuers. Gemeinsam haben wir versucht, die Welt in ein neues, goldenes Zeitalter zu führen."

Gespannt sah er sie an. "Soll ich weiter erzählen, oder hältst du mich nun für einen Verrückten, dessen Worte für dich belanglos sind?"
« Letzte Änderung: 30.05.2010, 13:10:36 von Sternenblut »
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Eretria

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« Antwort #461 am: 30.05.2010, 12:43:00 »
Eretria betrachtete den Mann mit einem erstaunten und dann tatsächlich ängstlichen Blick. Sie schüttelte leicht den Kopf und der Mann konnte sehen, dass Tränen in den Augen der jungen Frau standen. Trotzdem blieb der Blick hart. Wie zur Abwehr hob sie ihren Arm und legte die Hand auf die Brust des Mannes.
"Ihr seid die Stimme in meinen Träumen? Wenn dies je passiert ist, wird es nicht noch einmal geschehen. Ich bin eine Priesterin von  Mutter Sonne und den Zwei Monden. Ich bin nicht einsam. Ich bin nicht allein." Die Frau blickte hinüber zu ihren Freunden, zu Milan den Mann den sie in ihr Herz geschlossen hatte. Obwohl die Tränen ihr weiter in den Augen standen, schaute sie wieder auf den Mann vor sich.
"Ich bin nicht diejenige, die ihr in mir sehen wollt, Prophet Tellion. Mein Weg ist mit jemanden anderes verbunden." Einen Augenblick schien die Frau, den Mann ihr gegenüber gar nicht mehr wahrzunehmen, doch dann blieb ihr Blick an dem Symbol auf dem Gewand des Mannes hängen.
"Niemand wird durch seine Träume zum Handeln gezwungen! Jeder Mann oder jede Frau entscheidet selbst, was sie tut. Niemand wird durch einen Traum zu dem was er ist." Die Worte klangen weniger entschlossen, als sie wirken sollten. Eretria war bewusst, dass dies schon die zweite Person war in kurzer Zeit, die dies behauptete. Was war, wenn der Prophet und Mika recht hatten? Um nicht völlig hilflos zu wirken, stürzte sich die Frau auf etwas, was ihr handfester erschien.
"Warum das Morden? Ist dies auch eine Vision? Tötet alle die hier lagern? Schlachtet sie ab und verstümmelt sie?" Die Wut hatte die Frau wieder sicherer gemacht, auch wenn die Tränen in den Augen blieben.

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #462 am: 30.05.2010, 12:55:42 »
Der Mann schüttelte seinen Kopf. "Ich weiß nichts von deinen Träumen. Aber... vielleicht erinnerst du dich doch. Vielleicht dringen die Erinnerungen deines vergangenen Lebens in den Träumen zu dir durch."

Dann erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht - ein Lächeln, das aber auch Trauer ausdrückte. "Wir waren nie Geliebte, falls du das dachtest. Und ich habe nicht vor, mich zwischen euch zu stellen." Dabei sah er in die Richtung, in die Milan und Calfay verschwunden waren.

Schließlich wanderte sein Blick zu dem Lager. "Es gefällt mir nicht, zu töten, Eretria. Aber ich bin gezwungen, aus einer höheren Perspektive zu denken. Es wird einen Krieg geben, einen gewaltigen, unvermeidlichen Krieg, und ich werde alles daran setzen, damit das Licht der Sonne auch nach diesem Krieg noch in den Herzen erstrahlen wird."

Nun nahm er ihre Hände, und hielt sie, wie man eine Geliebte halten würde. "Ich bin nicht böse, Eretria. Mein Ziel ist es, uns alle zu befreien. Glaube mir, mein Herz leidet mit jedem Tropfen Blut, der vergossen wird. Aber ich muss die Stärke haben, heute zu handeln, weil ansonsten das Böse diese Welt ergreifen wird."

Die Priesterin spürte, wie die Hände des Mannes leicht zitterten, und auch in seinen Augen standen Tränen, auch wenn er darum kämpfte, sie zurückzuhalten.
« Letzte Änderung: 30.05.2010, 12:58:42 von Sternenblut »
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Eretria

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #463 am: 30.05.2010, 13:39:35 »
Eretria hörte aufmerksam zu, was der Prophet ihr sagte. Dann lächelte sie traurig.
"Wenn meine 'Träume' tatsächlich 'Erinnerungen' sind, weiß ich bereits, dass wir vielleicht Freunde waren, aber sicherlich nicht mehr. Das würde in einem tieferen Sinn vieles erklären." Die Priesterin wirkte einen Augenblick so, als wäre sie in den Träumen gefangen, die für den Propheten Erinnerungen waren. Dann schaute sie den Mann an. "Wenn ich richtig verstehe, was mir meine Träume erzählen, war  Aliya nie glücklich, sondern einsam. Was auch immer ihr für sie wart, würde ich vermuten, dass sie darüber nicht glücklich war. Ich werde nicht ihren Fehler begehen."
Einen Augenblick suchte der Blick der Frau die Gruppe auf ihrer Seite nach Milan ab und folgte ihm ein wenig mit ihrem Blick. "In gewisser Weise bin ich euch dankbar, weil ihr Zweifel von mir genommen habt, die mich beschäftigten. Danke daher für eure Worte." Dann beugte sich die Frau kurz entschlossen vor und gab dem Mann einen freundschaftlichen Kuß auf die Wange. Doch als sie sich wieder von ihm abwandte, war alle Freundlichkeit aus ihrem Gesicht gewichen.
"Doch wir leben nicht in der Vergangenheit, sondern hier und jetzt. Ich kann eure Entschuldigung für dieses Handeln nicht akzeptieren, Prophet! Erklärt mir was für ein Krieg es sein soll, dass ihr unschuldige Frauen tötet? Mir sieht dies nur nach Wegelagerei aus. Ich habe schon an anderen Orten gegen Räuber und Halsabschneider gekämpft und jeder hatte eine Entschuldigung für sein Tun parat. Es stünde euch gut zu Gesicht, wenn ihr ehrlich wärt. Was für ein Krieg soll es sein, der das Töten von Reisenden rechtfertigt?"
Eretria trat zwei Schritte zurück, um wieder etwas Abstand zwischen sich und den Mann zu bringen. Sie hatte ein bitteres Lächeln aufgesetzt. "Erklärt es mir von dort aus. Eure Nähe verwirrt mich nur."
« Letzte Änderung: 30.05.2010, 14:27:35 von Eretria »

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #464 am: 30.05.2010, 14:16:49 »
Der Prophet sah Eretria mit einem traurigen Lächeln an. "Wir haben in unglücklichen Zeiten gelebt. Wir... ich habe dich geliebt, Aliya. Ich habe es dir nie gesagt, weil ich wusste, dass du meine Liebe nicht teilst. Auch ich war unglücklich."

Er wandte seinen Blick nach oben, zur Sonne. "Dies ist ein neues Leben, und vieles wird anders werden. Aber unsere Seelen sehnen sich danach, das zu beenden, was sie einst begonnen haben. Du warst damals eine Sonnenpriesterin, und bist es heute wieder. Du hast damals für höhere Ziele gekämpft, und ich glaube, du tust es heute wieder. Es ist kein Zufall, dass du in diesen Zeiten geboren wurdest. Du entscheidest, welchen Weg du gehst. Aber das Ziel... du wirst niemals dein Glück finden, wenn du dich gegen das Schicksal sperrst, dass du aus deiner eigenen Seele heraus für dich bestimmt hast."

Wieder blickte er zu dem Lager. "Ich werde dir alles erklären, falls du dich entscheidest, an meiner Seite zu kämpfen. Solange ich mir dessen nicht sicher sein kann, kann ich dir nicht mehr erzählen, nur ein wenig den Weg weisen. Suche einen Mann namens Gazriel. Er kann dir dein Seelenlied zeigen. Und... halte dich fern von den Siddhai. Sie sind nicht, was sie vorgeben zu sein."

Er wandte sich von der Priesterin ab, und ging zurück zu seinem Worg. Bevor er sich wieder auf den Rücken des Tieres setzte, sah er sie noch einmal mit traurigen Augen an. "Ich bin kein Wegelagerer, Eretria, und ich bin kein Mörder. In diesem Lager ist keine Seele gestorben, die unschuldig war. Dafür habe ich mit meinem Handeln weit Schlimmeres verhindert."

Kurz zögerte er, dann setzte er noch einmal an. "Ich liebe dich noch immer, Aliya. Ich kenne deine Seele wie kein anderer. Aber solltest du dich gegen mich stellen... ich werde nicht zulassen, dass die Dunkelheit über diese Welt kommt."

Mit diesen Worten ritt er davon, in Richtung der Festung.
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