Der Rest des Tages verlief erfreulich ruhig. Ein leichter Regen kam noch auf, doch war dieser eher erfrischend als unangenehm und hielt auch nicht allzu lange an. Die junge Frau namens Makae freute sich offenbar auf die Stadt - Eretria vermutete, dass es für sie wie ein neuer Abschnitt war, und das Betreten der Stadt für sie vor allem das Ende einer grauenvollen Reise war. Die Priesterin sah darin auch die Chance, später noch einmal mit Makae zu reden und vielleicht etwas tiefer in ihre Erinnerungen vordringen zu können.
Schließlich erreichte die Karawane die Große Feste. Die Stadt bot ein beeindruckendes Bild: Eine zehn Meter hohe Mauer aus strahlend weißem Marmor schien jeden finsteren Eindringling schon durch ihren Anblick fernzuhalten. Nur die Türme, jeder von ihnen gute zwanzig Schritt hoch, überragten die Mauer. Fünfzig kreisförmig in der Stadt angeordnete, steinerne Wächter, die wie Halbgötter über die Bewohner der Stadt zu wachen schienen, untereinander verbunden durch massive Brücken.
Auf diesen Brücken waren bewaffnete Wachen zu sehen, ein Bild, das insbesondere Milan ins Stocken brachte: So lange er lebte, hatte er noch nie einen Soldaten dort oben gesehen. Auch vor dem großen, hölzernen Stadttor waren ungewöhnlich viele Wachen postiert - gute zwanzig Soldaten standen dort und kontrollierten die wenigen Neuankömmlinge, die gerade in die Stadt wollten.
Nur eine kleinere Händlerkarawane wartete auf Einlass, und kaum, dass die Gruppe, deren Anführer Milan so unerwartet geworden war, das Tor erreicht hatte, verschwand die andere Karawane auch schon in der Stadt.
Einer der Soldaten, bewaffnet mit einer Hellebarde, musterte die Gruppe aufmerksam. "Willkommen in der Großen Feste", sprach er mit lauter Stimme. "Ich brauche die Namen, Herkunft und Grund der Einreise für jeden einzelnen von euch, außerdem müssen wir eure Wagen und Ausrüstung kontrollieren. Wer Waffen bei sich führt, hat diese bei Sergeant Wilkos hier links neben mir zu melden."
Auch dies war etwas, das Milan nicht kannte. Für die Einreise in die Große Feste hatte man zwar schon immer seinen Namen und den Grund der Anreise angeben müssen, aber damit war die Prozedur eigentlich abgeschlossen.