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Autor Thema: Kapitel 2: Morgensonne  (Gelesen 130150 mal)

Beschreibung: Die Geschichte geht weiter...

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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2280 am: 22.02.2014, 00:48:12 »
Carnazzo sah die junge Katzendame irritiert an. "Ich mag ein Meister des Mystischen sein, aber das sind Rätsel, die ich leider nicht für euch lösen kann. Es tut mir leid."

Doch Djarissa brauchte Carnazzo nicht. Aus den Tiefen der fremden Erinnerungen, die sie von den Geistern erhalten hatte, tauchte etwas auf... ein Gesicht. Ein Gesicht, das aus einem dichten, weißen Nebel zum Vorschein kam. Sie erinnerte sich an einen Namen. Maruiko.

"So, Maruiko, du kannst kommen", tauchte eine Stimme in ihrer Erinnerung auf. Ein Gespräch, zwischen dem Mann namens Milan - Eretrias Verlobter - und... dem Schild, den Djarissa mitgenommen hatte..? Ja, so war es, tatsächlich![1]

Dann wanderten ihre Gedanken noch weiter zurück. Sie wusste, dass die folgende Erinnerung noch weiter in der Vergangenheit lag. Sie sah einen Mann vor sich, jemanden von der Stadtwache in Himmelstor. Er erzählte etwas von einer Kreatur...[2]

Sie schlug die Augen auf, und Carnazzo sah sie fragend an. "Alles in Ordnung?" Doch sie kam nicht dazu, zu antworten, schon drängte die nächste Erinnerung an die Oberfläche.[3]

Dann, plötzlich, war es vorbei. Sie stand vor Carnazzo, der sie noch immer fragend ansah.
 1. Du erinnerst dich an dieses Gespräch zwischen Milan und Maruiko: http://games.dnd-gate.de/index.php/topic,5809.msg580853.html#msg580853
 2. Du erinnerst dich an dieses Gespräch zwischen Hauptmann Tryann, Eretria und Milan: http://games.dnd-gate.de/index.php/topic,4461.msg488307.html#msg488307  Und zwar bis hierher: http://games.dnd-gate.de/index.php/topic,4461.msg488765.html#msg488765
 3. Du erinnerst dich an das Gespräch zwischen dem Paladin Rocan von Tragesthar, Eretria und Milan: http://games.dnd-gate.de/index.php/topic,4461.msg494216.html#msg494216   und zwar bis hierher: http://games.dnd-gate.de/index.php/topic,4461.msg494851.html#msg494851
"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als Realismus." - Alfred Hitchcock

Djarrissa

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2281 am: 22.02.2014, 09:32:15 »
Es dauerte noch einen Augenblick, bevor Djarrissa etwas anderes tat als den Gnomen anzusehen. Es kostet sie Mühe, Haltung zu waren und sich nichts anmerken zu lassen. "Visionen als Antwort? Nein, es waren Erinnerungen. Wie immer, einfache Antworten geben die Geister nicht. Oh, Mutter, Schwester, ich bräuchte euren Rat! Ich darf nicht, die Geister prüfen mich, nicht meine Familie." Dann verzieht sich die Mundwinkel ihres Mauls ein wenig nach oben, ihre Haltung entspannt sich und ihre Lider senken sich leicht. "Es ist in Orrdnung, manchess ist mir bereits bekannt." Sie verstummte noch einmal, um ihre Gedanken zu sortieren und einen Plan zu fassen. "Was ich weiß, könnte ich dir nur unter dem Verschsprechen der Zurückhaltung verraten. Dazzu wäre ich bereit. Abgesehen davon brräuchte ich aber auf jeden Fall Hilfe: Gibt es hier Prriester außer Eretria oder mit den Geistern im Bunde schstehende? Wisst ihr, ob der edle Ritter Rrocan bereits wieder in Handelsfest weilt?" Sie würde sich Verbündete suchen und eine Jagd auf das Mädchen veranstalten, da war sie sich sicher. Und wenn Carnazzo mehr wissen wollte, würde sie in seiner Anwesenheit Maruiko rufen, sonst halt alleine. Selbst wenn sie auch nichts aus ihm herausbekam, einen Geist durch Ignoranz zu verärgern war ihr schon früh aberzogen worden.
« Letzte Änderung: 12.09.2014, 21:33:17 von Djarrissa »

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2282 am: 13.06.2014, 01:17:28 »
Doch Carnazzo war keine große Hilfe mehr für Djarissa. Er gab sich Mühe, aber außer den Informationen, die er ihr gegeben hatte, konnte er ihr keine weiteren liefern. Den Namen Rocan hatte er noch nie gehört, und auch von der Geisterwelt wusste er eher wenig.

Eine andere Informationsquelle aber offenbarte sich im Laufe der nächsten Stunden immer wieder. Die fremden Erinnerungen, welche die Geister ihr "geschenkt" hatten (oder war es doch eher ein Fluch?), traten immer wieder hervor. Teilweise waren es nur Momente, Gedankenfetzen, kurze Gespräche, doch Mosaikstein für Mosaikstein setzte sich ein Bild zusammen. Djarissa wusste, dass ihr noch vieles fehlte, um das gesamte Bild zu sehen, doch was sie bis jetzt verstand, gefiel ihr bereits nicht besonders.

Mit Hilfe des Schildgeistes Maruiko war die Gruppe um Eretria einem Mädchen auf der Spur gewesen, das man wohl guten Gewissens als das wahre Böse bezeichnen konnte: Sie war tot, und doch wandelte sie auf dieser Welt, und dabei machte sie Jagd auf die Lebenden. Die Geschichte Rocans wurde ergänzt durch Erinnerungen Milans an Maruiko, daran, dass der Schild offenbar einst dem Mädchen gehört hatte, und der Schildgeist sie noch immer spüren konnte, mit ihr verbunden war. Die Gruppe hat Maruiko als eine Art Kompass genutzt, um dem Mädchen zu folgen - und offenbar hatte es sie bis hierher geführt.

Doch die Erinnerungen offenbarten auch Hinweise darauf, wie das Mädchen - vielleicht - besiegt werden könnte. Gamael, einer der Narashi, hatte Eretria Ratschläge dazu gegeben. Djarissa erinnerte sich noch an die genauen Worte:

"Was das Mädchen angeht", setzte er dann fort, "solltet ihr nach der alten Yagmaril-Wurzel suchen. Der Legende nach stand dort vor Jahrhunderten ein Baumgeist, der sein eigenes Leben hingab, um einen sterbenden Elfen zu retten. Soweit wir wissen, ist die Legende wahr, und der Umkreis der alten Wurzeln ist heiliger Boden. Eine untote Kreatur dürfte hier ziemlich benachteiligt sein - sofern ihr sie dazu bekommen könnt, den Bereich überhaupt zu betreten. Eine andere Möglichkeit ist das Spielfeld - ein größerer, umzäunter Platz, auf dem diverse Geräte wie Kampfpuppen, Zielscheiben für Bogenschützen, Tore für sportliche Spiele und ähnliches stehen. Das ganze Chaos dort könnte bei einem Kampf für euch von Vorteil sein, wenn ihr euch vorher genau damit auseinandersetzt."

Als sich Djarissas Geist nach einiger Zeit endlich geklärt hatte, entschloss sie sich, den einzigen Ansprechpartner zu nutzen, der ihr noch blieb: Maruiko.

Sie war nervös, als sie den Namen des Schildgeistes rief. Sollte er nicht von böser Natur sein? Eretria hatte ihm nie vertraut, doch Milan hatte ihn sogar als Freund angenommen. Wer von beiden hatte Recht gehabt? Sie würde es nun wohl selbst herausfinden müssen... und hoffte nur, dass der seltsame Mann im Schild sie nicht verraten würde.

Maruiko war überrascht, ein fremdes Gesicht zu sehen. Die Katzenfrau erzählte ihm von den Geschehnissen, und davon, dass die Geister ihn ihr übergeben hatten. "Na toll", kommentierte der Schildgeist nur lapidar. "Es ist schön, wenn man als vollwertige Persönlichkeit angenommen wird, und nicht etwa wie ein Gegenstand hin- und hergereicht wird, ganz wie auf dem Kramermarkt. Die Götter mögen behüten, dass mir so etwas zustößt."

Sein Blick wanderte an Djarissa auf und ab. "Und dann noch das. Naja, versteh mich nicht falsch, du bist ganz schnuckelig... aber eben eher wie eine süße kleine Katze. Nicht wie... naja, weißt du, Mika und Eretria zum Beispiel, die hätten mich wirklich gereizt. Du hast einfach... zu viel Fell. Nicht böse gemeint."

Nach einigen weiteren Diskussionen schaffte Djarissa es, Maruiko wieder auf das ihr wichtige Thema zurückzuführen. Zu ihrer Überraschung war der Schildgeist tatsächlich bereit, ihr zu helfen. "Wer bleibt mir denn sonst noch?" war seine pragmatische Erklärung zu seiner Hilfsbereitschaft. Und es folgte eine weitere gute Nachricht: Er konnte die Anwesenheit des Mädchens noch immer spüren, und sie war noch immer in der Stadt.

Djarissa sah sich zunächst die Plätze an, die Gamael vorgeschlagen hatte, dann wollte sie sich auf die Suche nach dem untoten Mädchen machen. Doch auf dem Weg geschah etwas unerwartetes. Sie wurde von einem kleinen Jungen angesprochen, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt. "Das ist Maruiko, nicht wahr?" fragte er sie geradeheraus.

Der Junge trug einfache, hellgraue Leinenkleidung, und hatte schwarzes, leicht zerzaustes Haar. Seine Haut war von fast bronzener Farbe. Im Vorbeigehen hätte sie ihn für irgendein beliebiges Menschenjunges gehalten. Doch seine Augen ließen Djarissa innehalten. Irgendetwas an ihnen... sie konnte es nicht erklären, aber es schienen ihr nicht die Augen eines kleinen Jungen zu sein.

Er lächelte sie an. "Die Yagmaril-Wurzel ist eine gute Wahl. Ich werde dir helfen. Sei in einer Stunde hier. Halte dich versteckt." Dann fiel sein Blick auf Maruiko. "Und mache nicht den Fehler, ihn anzulegen."

Dann fiel sein Blick auf etwas hinter Djarissa. Er schien erschrocken, und die Katzenfrau sah sich schnell nach hinten um. Sie konnte nichts erkennen, wollte den Jungen fragen, was er gesehen hatte - doch als sie sich ihm wieder zuwandte, war er verschwunden.

Sie dachte lange darüber nach, was sie tun sollte. War es eine Falle? Oder eine Chance? Sie hatte sich auf ein gefährliches Spiel eingelassen, so viel stand fest. Doch jetzt war es zu spät, umzukehren. Sie entschloss sich, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen. Sie suchte sich ein gutes Versteck, und wartete auf dem heiligen Platz um die Wurzel herum.

Nach einiger Zeit - es mochte tatsächlich eine Stunde sein - betrat ein Mädchen den Ort. Sie sah unschuldig aus, ein verlorenes Kind, das nach etwas suchte - vermutlich seinen Eltern. Doch Djarissa ahnte, dass sich hinter dieser Maske etwas Schreckliches verbarg.

"Wo bist du? Brüderchen, wo bist du?" rief sie leise. Maruiko, den Djarissa herbeigerufen hatte, beobachtete mit ihr zusammen die Szenerie aus ihrem Versteck. "Das ist sie", erklärte er. "Dieses kleine Mädchen hat mehr Schrecken über diese Welt gebracht als der schrecklichste Mörder, der in irgendeinem Gefängnis einsitzt."

Djarissa bereitete sich auf einen Kampf vor. Sie hatte einen Priester aufgesucht, um ihre Waffe segnen zu lassen, und hoffte nun, dass dies reichen würde. Dass sie stark genug war, um gegen die Bestie zu bestehen. Doch gerade, als sie ihr Versteck verlassen wollte, tauchte der kleine Junge wieder auf. Er lief auf das Mädchen zu, langsam, und legte dabei seinen Finger an den Mund. "Psst, bleib dort", zischte er ihr zu. Von Djarissas Position aus war sie genau zwischen den beiden, nur durch einige Sträucher versteckt.

Er kam näher, und blieb dann direkt vor Djarissa stehen. Und wandte sich zu ihr um. "Du musst mich jetzt als deine Geisel nehmen. Sie wird alles tun, um mich zu beschützen."

"Brüderchen?" fragte das Mädchen. Djarissa blieb keine Zeit zum Nachdenken. Sie musste handeln, und so tat sie es auch. Sie kam aus ihrem Versteck hervor, und hielt dem Jungen ihre Handaxt an den Hals. "Bleib wo du bist, oder er stirbt!" rief sie.

Das Mädchen fauchte sie an, und mit einem Mal bröckelte ihre Maske: Ihr Gesicht zerfiel, die Haut wurde bleich und rissig, die Augen fahlweiß. Ihre Hände wurden zu Klauen, das Gebiss zu dem irgendeines schrecklichen Raubtiers. Im Bruchteil einer Sekunde war aus dem süßen Mädchen eine schreckliche Bestie geworden. Djarissas Hand zitterte, nicht nur vor Angst, sondern auch wegen der Kälte, die plötzlich aufgetreten war.

"Lass ihn gehen", zischte sie ihn an. Dann fiel ihr Blick auf Maruiko. "Und gib mir zurück, was mir gehört."

"Komm bitte zu mir, große Schwester", bat sie der Junge. Vorsichtig, Schritt für Schritt, kam das Mädchen näher. Was sollte Djarissa tun? Angreifen?

Irgendwann war sie nur noch zwei Schritt von Djarissa entfernt, sah sie aus den kältesten Augen an, die Djarissa je gesehen hatte. Plötzlich streckte der Junge seinen Arm aus, zeigte auf etwas hinter dem Mädchen. "Vorsicht!"

Sie drehte sich um. Der Junge berühte mit der anderen Hand Djarissas Axt, dann sah er zu ihr hoch. "Jetzt", flüsterte er. Djarissa reagierte. Sie schlug zu, und die Axt spaltete dem Mädchen den Kopf. Es ging so schnell, dass sie es selbst kaum glauben konnte. Was auch immer der Junge getan hatte, er hatte ihre Bewegungen so sehr beschleunigt, dass seine Schwester nicht einmal die Chance hatte, sich noch einmal umzudrehen. Die Klinge traf ihr untotes Fleisch, und ihr Körper begann zu glühen, zu brennen - und löste sich dann in einem sanften Zischen auf. Sie war fort, als wäre sie nie da gewesen.

Der Junge drehte sich zu Djarissa um. "So lange schon... viel zu lange. Sie wollte mich immer nur beschützen, aber ich will dieses Dasein nicht mehr. Ich bin so müde. Befreie mich, wie du sie befreit hast. Bitte."

Er lächelte ihr zu. "Als Dankeschön gebe ich dir noch etwas, wonach du glaube ich suchst. Es sind zwei Frauen, die uns zu dem gemacht haben, was wir sind. Ich weiß nicht, wie lange es schon her ist... viele, viele Generationen. Sie sind nicht wie wir, und doch sind sie seit damals keinen Tag gealtert. Ich kenne ihre Geheimnisse nicht, aber sie haben einen Plan. Einen Plan, der dieser Welt nichts Gutes verheißt. Meine Schwester... sie war nur ein kleiner Mosaikstein, glaube ich. Die beiden sind noch in der Stadt. Sie geben sich als Heilerinnen aus."

Damit setzte sich der Junge im Schneidersitz auf den Boden, und sah zu Djarissa. "Bitte. Du tötest mich nicht. Ich bin schon tot, sehr, sehr lange. Du befreist mich."

Und so entschloss sich Djarissa, dem Jungen, der ihr geholfen hatte, seine Schwester zu vernichten, die Freiheit zu schenken....
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Djarrissa

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2283 am: 13.06.2014, 20:53:24 »
Die immer wieder aufkommenden Erinnerungsfetzen erschwerten Djarrissa effektives Vorankommen. Aber sie lernte sehr viel, selbst wenn es ihr manchmal schwerfiel, fremde von eigenen Gedanken und Gefühlen zu trennen. Bei der Wahl des Kampfplatzes wusste sie, dass ihr eher der Übungsplatz lag, sie dort aber ohne eine große Anzahl Verbündete den Vorteil nicht ausspielen konnte. Umgekehrt war sie zwar keine Schamanin, hatte jedoch trotzdem das Gefühl, das die Geister ihr meist gewogen waren, womit die Baumwurzel das naheliegendere Ziel wurde.
Die Suche nach Verbündeten lief nicht gut, es fiel ihr schwer, Kontakte zu knüpfen, und sie konnte weder überzeugende Informationen noch viel Gold bieten. Selbst der Priester, dessen eigentliche Aufgabe sowas gewesen wäre, hielt sich selbst von der Konfrontation fern. Wenigstens stärkte er sie.
Das Gespräch mit dem Schildgeist, den sie zuvorkommend und ehrenbietig behandelte, ließ sie mit gemischten Gefühlen zurück. Er war auf der einen Seite unfreundlich, auf der anderen half er ihr. Die gegensätzlichen und starken Einstellungen der anderen machten es nicht einfacher.
Wenigstens fand sich ein, wenn auch wieder ungewöhnlicher Verbündeter. Einschätzen konnte sie ihn nicht, doch hatte sie nichts gegen etwas Nervenkitzel. Und sie war sich ihrer Schnelligkeit und Optionslosigkeit bewusst. Vor Ort wurde sie bald rastlos, was von Wut und Angst verdrängt wurde, als die beiden Kinder auftraten. Wahrscheinlich spielten wieder die anderen in ihr mit hinein, einen klaren Kopf behielt sie jedenfalls nicht. Mit der von ihm angeregten Strategie, ihn als Geisel zu nehmen, hatte sie wenig Probleme. Sie wich willkürlich etwas zurück, als das Mädchen zur Bestie wurde und näherkam. Als er ihr die Gelegenheit gab, schlug sie mit aller ihr zur Verfügung stehenden Kraft zu und war überrascht über das Ergebnis. So kräftig und schnell hatte sie sich nie eingeschätzt, der körperlich vorhandene Geisterjunge musste nachgeholfen haben. Seine weiteren Worte stimmten sie traurig, sie hätte den beiden Geisterkindern bessere Schicksale gewünscht. Seinen Wunsch würde sie nicht ausschlagen, nicht ohne sich jedoch vorher herzlich bedankt zu haben und in einer Verbeugung vor ihm zu fragen, ob er ihr noch etwas auf den Weg geben möchte. "Bevor ich euch eure gewünschte Ruhe gebe."
Sie hoffte, dass etwaige Beobachter vertsanden, was sie hier zu sehen bekamen. Als Kindsmörderin würde sie nicht mehr willkommen sein, als Heldin, die zwei Untote vernichtet hatte, umso mehr. Letzteres brauchte sie, um die Leute davon zu überzeugen, dem Fluch im Wald zuleibe zu rücken. "Und der ehrenwerte Schildgeist Maruiko wird sicher mit mir sprechen wollen. Ich sollte ihn baldmöglichst rufen."
« Letzte Änderung: 12.09.2014, 21:33:24 von Djarrissa »

Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2284 am: 15.06.2014, 13:48:33 »
Das Gespräch mit Maruiko verlief äußerst interessant. Er erklärte ihr, dass das Band zwischen ihm und dem untoten Mädchen nun zerstört war. Zum ersten Mal, seit er existierte, war er damit an niemanden gebunden. Wie es schien, genoss er diesen Zustand.

Doch das war nicht alles: Der Bericht des kleinen Jungen über die zwei Frauen hatte Maruiko nachdenklich gemacht. Er erklärte, dass sein Erschaffer Kontakt zu zwei Schwestern gehabt hatte. Er selbst hatte sie angeblich nie gesehen, doch mitbekommen, wie sein Schöpfer ein Treffen mit ihnen geplant hatte. Bei aller Macht, die dieser Mann hatte, schien er vor diesem Treffen wirklich nervös gewesen zu sein.

Als Djarissa dem Fluch im Wald nachging, stellte sich heraus, dass dieser wohl mit dem untoten Mädchen zusammengehangen hatte: Mit ihrem Tod hatte sich der Fluch aufgelöst, und alles war wieder in Ordnung gekommen.

So konnte sich die junge Katzenfrau auf die Suche nach den mysteriösen zwei Heilerinnen machen. Und tatsächlich fiel die Recherche leicht: Es gab zwei junge Frauen - zwei Schwestern -, die seit einiger Zeit in der Stadt waren und durch ihre Heilkräfte auf sich aufmerksam machten. Djarissa entschloss sich, die beiden aufzusuchen - doch erlebte sie eine Enttäuschung, als sie am Zelt der Schwestern ankam. Sie waren fort.

Als sie die Umstehenden befragte, zeigte sich allerdings, dass sie auf der richtigen Spur gewesen war: Offenbar hatten sich die Schwestern zur Abreise etwa zu der Zeit zur Abreise entschlossen, als Djarissa das untote Mädchen getötet hatte.

Leider wusste niemand, wohin die beiden nun gereist waren. Die Spur endete also zunächst hier, aber immerhin: Auch wenn Djarissa noch nicht wusste, wohin es sie nun führen würde, wusste sie zumindest, nach wem sie nun zu suchen hatte. Die beiden Schwestern waren ein, wenn nicht der Schlüssel für das Rätsel, dem sie auf der Spur war.

Sie würde nun also einen neuen Plan fassen müssen. Doch der Tag war lang gewesen, und so entschloss sie sich, zunächst einmal schlafen zu gehen. Morgen, mit frischer Kraft, würde sie entscheiden, wie es weiter ging.

Die Träume brachten neue Erinnerungen hervor... Erinnerungen Eretrias, wenn Djarisse sie richtig einordnete. Die Bilder waren schwach, verschwommen - verborgene Träume vielleicht, die Eretria selbst nur teilweise ins Bewusstsein gedrungen waren, die ihr beim Aufwachen wieder entglitten waren...

Sie erinnerte sich an die Sonnenpriesterin, die Eretria in einer früheren Zeit gewesen war. Den Konflikt zwischen ihr und dem Mann, der Milan einst gewesen war, und an ein großes Ritual, das für die Sonnenpriesterin von entscheidender Bedeutung gewesen war. Eine Gruppe Kinder spielte hier eine Rolle.

Sie sah die Kinder vor sich, gekleidet in einfache, hellgraue Leinenkleidung - Kleidung, die sie an das erinnerte, was der untote Junge getragen hatte. Die Sonnenpriesterin erklärte den Kindern, das sie die Ehre hatten, an einem großen Ritual teilzunehmen. Sie würden "gereinigt" werden, ihre Seelen von aller Finsternis befreit. Einige der Kinder fingen an zu weinen, doch die Priesterin tröstete sie. "Habt keine Angst. Was geschehen wird, ist etwas wundervolles. Ihr werdet neue, bessere Menschen sein."

Sie sah die Jungen und Mädchen an, eines nach dem anderen. Und Djarissa erkannte zwei der Gesichter. Es waren die beiden Geschwister, die sie am Tag zuvor vernichtet hatte - befreit hatte, wie der Junge es ausgedrückt hatte.

Dann kam eine andere Erinnerung hervor. Jemand berichtete ihr, dass zwei der Kinder geflohen waren. Die Sonnenpriesterin war erbost darüber, und enttäuscht, dass die Kinder nicht verstanden, welche Gnade und welches Glück ihnen zuteil wurde. Djarissa konnte sich denken, wer die entflohenen Geschwister sein mochten...

Doch die Träume gingen weiter. Djarissa erinnerte sich an eine Vision, die Eretria erhalten hatte. Sie sah sich als Eretria in einer Gaststätte sitzen, als sie die Vision plötzlich durchfuhr...[1]

Sie, Djarissa, erkannte nun die verzerrte Stimme der Vision. Es war die Stimme des Mädchens. War das untote Mädchen zurückgekommen, um sich an der Wiedergeburt der Sonnenpriesterin zu rächen? Doch noch etwas fiel Djarissa auf: Das Mädchen sprach nicht von den Schwestern. Die Botschat lautete: "ER ist hier"...

Mit diesem Gedanken wachte Djarissa auf.
 1. Siehe: http://games.dnd-gate.de/index.php?topic=4461.msg470525#msg470525 - ab "Nachdem die Kellnerin gegangen war..."
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Sternenblut

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2285 am: 15.06.2014, 14:49:38 »
Djarissa benötigte einige Zeit, um wieder klare Gedanken zu fassen. Die Flut der Träume belasteten sie, auch wenn sich auf diesem Wege Stück für Stück  ein klareres Bild ergab. Doch nachdem sie sich frisch gemacht und gefrühstückt hatte, fand sie noch etwas. Scheinbar hatten die Geister ihr nicht nur Maruiko mitgegeben, sondern auch noch dafür gesorgt, dass sie einige Aufzeichnungen der Gruppe in die Hände bekommen hatte. Genauer gesagt waren es Aufzeichnungen einer Frau namens Calfay, Aufzeichnungen über die Träume, die sie gehabt hatte.

Es war angenehm für Djarissa, diese Träume einmal schriftlich mitzubekommen, anstatt sie selbst zu erfahren. Neugierig las sie, was die Aufzeichnungen ihr mitzuteilen hatten...[1]

Garach? Das konnte doch nicht stimmen, oder? Er war nur ein Mythos, ein Schreckgespenst, auf keinen Fall etwas Reales...
 1. http://games.dnd-gate.de/index.php?topic=5101.msg625912#msg625912
« Letzte Änderung: 15.06.2014, 14:49:58 von Sternenblut »
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Djarrissa

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Kapitel 2: Morgensonne
« Antwort #2286 am: 24.06.2014, 22:43:33 »
Das zweite Gespräch mit Maruiko verlief besser. "Vermutlich war die Haltung des Geistes seiner Weitergabe geschuldet und nun hat er sich damit arrangiert.", vermutete Djarrissa. Dass das Wesen, das den Geist im Schild geweckt hatte, Respekt vor den zwei Heilerinnen hatte, machte sie misstrauisch. Wie mächtig würden diese wohl sein? Aber zunächst musste sie sich um anderes kümmern. Sie beschloss, noch einmal den Wald zu untersuchen, um beim Rekrutieren von Helfern, ihn zu reinigen, ein aktuelles Bild abgeben zu können. Zu ihrer Überraschung war jedoch alles in seine natürlichen Bahnen zurückgekehrt. Sie freute sich, geholfen zu haben, und schnitzte aus einem großen Ast eine einfache Holzskulptur. Darunter ritzte sie eine Dankeswidmung an die Geister des Ortes und eine Mahnung an Durchreisende, dass der Wald bewacht würde. etwas abseits vom Wege zum See hin stellte sie sie auf und kehrte nach Dämmerung ins Handelsfest zurück. Die Erkundung nach den Heilerinnen brachte keinen Erfolg, allerdings war sie auch ein wenig froh, sie noch nicht konfrontieren zu müssen. Ohne Spur würde es schwer werden, sie über gepflasterte Straßen zu verfolgen. Erschöpft sank sie in ihre Lagerstatt. Hoffentlich würde sie fürh genug am Morgen aufwachen, um den alten Lagerplatz der beiden Schwestern noch einmal gründlich zu untersuchen.
Die Erinnerungen Eretrias bereiteten ihr richtige Alpträume. Wie konnten Menschen ihrem Nachwuchs nur so etwas antun? Sie verstand auch nicht, was die Priesterin überhaupt vorgehabt hatte mit den Jungen ihrer Rasse. Die anschließende Vision mit den Skorpionen und der Mädchenstimme ließ sie fast krank werden. Unfähigkeit, etwas zu tun, war ihr ein Grauß. Und Gift etwas, dessen verherrende Wirkung sie kannte. Nach dem Aufwachen brauchte sie etwas, sich bewusst zu machen, dass keine Skorpione zugegen waren und das Mädchen entgültig tot. Hatte sie von ihrem Meister gesprochen? Da würde Maruiko eine Antwort wissen, sie fragte ihn.
Die gefundenen Aufzeichnungen ging sie auf dem Weg zum Zeltplatz durch, den sie noch einmal untersuchte und wo sie noch einmal nach Informationen über die Heilerinnen fragte. Der Inhalt der Papiere beeindruckte sie sehr. Jemand trug die ehemaligen Erinnerungen eines Drachen in sich? Und eines, der mit den mächtigsten Wesen seiner Zeit konferierte? Garach sagte ihr kaum etwas, aber was die Worte zwischen den Zeilen ausdrückten, ließen ihre Fellhaare aufrecht stehen. Was wollten die Geister nur von ihr?
Sie besuchte ein weiteres Mal ihre Bekannten in der Stadt und sah nach, das es ihnen gut ging. Sie traf Vorbereitungen zur Abreise, Dok'Hae nach Arkazhim hinterher, doch beeilte sie sich nicht. Sie wollte den Tag noch mit Ausruhen und Kräfte tanken füllen. Und sie musste ihre Gedanken ordnen. Sie beschloss, den Kindern eine weiter Holzfigur zum Andenken zu schnitzen und bei der Baumwurzel aufzustellen. Nichts Großes und nichts für die Ewigkeit, aber etwas, dass ihre Geister daran erinnerte, dass sie nicht vergessen waren.
« Letzte Änderung: 12.09.2014, 21:33:31 von Djarrissa »

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