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Autor Thema: Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...  (Gelesen 26387 mal)

Beschreibung: Cyparus` Ankunft

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Ansuz

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Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...
« Antwort #240 am: 25.09.2010, 16:03:43 »
Shadi nickt traurig. Sie scheint mit den Gedanken woanders, gefangen in geistigen Sphären, in die Cyparus nicht vordringen kann, die sein Gott aber umso besser kennt. Sie berührt ihn nur leicht, nicht einmal mit ihren Händen, sondern mit dem Stab – und nichtsdestotrotz fühlt er sich wie zum Abschied umarmt.
Wenn es Gerechtigkeit in der Welt gibt, wird er sie wiedersehen. Bis dahin kann er sich nur erinnern und hoffen, dass sie sich mit der Zeit sowohl körperlich als auch seelisch erholt. Sollte sich Lomasi von ihrer Dienerin abwenden, ist alles vorbei.
Der Tunnel wirkt ungleich länger als sonst. Cyparus fühlt sich verändert, als er aus dessen Schatten heraus schwimmt. Draußen bietet sich ihm ein spektakulärer Ausblick auf die Feste Qioaah. Obwohl das Wasser ungewöhnlich klar ist, kann er nicht viel von den Feldern und Weiden, die der Stadt vorgelagert sind, sehen. Dennoch reicht es aus, um ihm eine ungefähre Vorstellung ihrer Einwohnerzahl zu geben[1].
Er steigt ein wenig höher, um näher an die Locatha zu kommen, die sich über ihm tummeln. Am Grund haben sich überall wimmelnde Schulen von Fischen versammelt, die die am Vorabend zu Boden gesunkenen Essensreste gierig vertilgen. Sonst gibt es keine Spuren, die auf das Geschehene schließen lassen könnten. Es ist, als sei alles ein Traum gewesen. Die Fischmenschen gehen ihren Angelegenheiten nach, als ob nichts geschehen wäre.
Leider sieht er kein bekanntes Gesicht unter ihnen, obschon er sie inzwischen zu unterscheiden weiß. Anfangs musste er sich auf ihre Stimmen verlassen, um sie identifizieren zu können. Der intensive Kontakt hat dafür gesorgt, dass er ein Gespür für ihre Art bekommen hat, das darauf nicht mehr angewiesen ist.Vielleicht kann er sich einfach einen Führer oder zumindest Wegweisenden suchen[2].
Ein Rundblick führt ihn nicht weiter. Keiner der Felsen erscheint spektakulärer als sein Nächster. Die eigens aus den Klippen geschlagenen Gebäude weit oben bieten den einzigen möglichen Hinweis auf den Standort der Halle. Bis dorthin ist es ein gutes Stück, aber verglichen mit ihrer Flucht kaum mehr als ein Katzensprung.
 1. Schätzen, wenn Du magst
 2. Informationen sammeln, SG10

Cyparus

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Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...
« Antwort #241 am: 27.09.2010, 19:27:59 »
Der beeindruckende Anblick der Feste lässt Cyparus ziemlich unberührt. Er weiß jetzt, daß diese Stadt nicht das Ende seiner Reise ist, sondern nur eine kurze Zwischenstation. sollte es hier zu einem Kampf kommen wäre er nicht in der Verantwortung. Dementsprechend macht er sich wenig daraus die Anzahl der Bewohner abzuschätzen und gegen die zu erwartende Zahl der Feinde abzuschätzen. Stattdessen sucht er sich einen Locatha der möglichst freundlich wirkt und ihm den Weg zu Halle der Wellen weisen wird.[1]
 1. Schätzen: 5, Informationen sammeln: Natural 20

Ansuz

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Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...
« Antwort #242 am: 09.10.2010, 12:10:12 »
Es bedarf lediglich eines Winks, um etliche Blicke zu ernten. Cyparus sieht sich geradezu umschwärmt von Locatha, ein nicht unbedingt angenehmes Gefühl. Alle wollen ihn berühren, vor allem seine Verletzungen. Dementsprechend schmerzhaft fallen ihre Zuneigungsbekundungen aus. Von ihren Worten versteht er kein einziges.
Sie greifen ihn wortwörtlich unter die Arme, umschlingen seine Waden und tragen ihn in einer seltsamen, stetig größer werdenden Prozession in die Höh. Leider kann er die spektakuläre Aussicht hinter den grünen Leibern kaum genießen. Überall strahlt ihn das Bordeauxrot ihrer Flossen an.
Sie intonieren einen vibrierenden, seltsam getragen klingenden Gesang. Ihre Peripherie umzirkelt ihn in einem perfekten Unterwasserballet. Manche ändern rhythmisch die Farbe ihrer Flossen, um dem akkustischen Erlebnis ein visuelles beizusteuern. Ein jeder scheint seinen Platz in diesem Ritus, dessen Mittelpunkt der Phieraner ist, zu kennen.
Vor ihnen schälen sich die Fassaden der Klippenbauten aus dem Blau. Es ist schwer, in der Menge Genaueres auszumachen. Als haben sie seine Gedanken gelesen, schwärmen die Locatha auseinander, um ihm Platz zu machen.
Der Anblick ist überwältigend. In den Heimatlanden sind prächtige Tempel ebenso wohl bekannt wie wändelange Fresken, vergoldete Säulen, übermannshohe Marmorstatuen und meisterlich bemalte Decken, doch nirgends gibt es Glyphen, die in der Größe eines der legendären Titanen in den Fels geschlagen wurden.
Jede Einzelne ist höher als drei aufeinander gestapelte Schiffe, breiter als zwei Aaorqh Lan hintereinander und gebildet aus hunderten, vielleicht tausenden kleinerer Zeichen, die in ihrer Gesamtheit ein ganzes Epos erzählen. Bedauerlicherweise kann Cyparus zwar der Schönheit der sanft ineinander gewundenen Linien Respekt zollen, doch nicht ihre Botschaft verstehen. Schon die Sprache bereitet Oberflächlern Probleme, wie sollen sie also unterseeische Symbolik verstehen?
Die Fischmenschen deuten auf eine der gewaltigen Glyphen, ihrem Bewuchs an pflanzlichem Leben zufolge die Älteste. Da ihm nichts anderes übrigbleibt[1], schwimmt er auf sie zu. So nah an den Klippen ist die Brandung heftig. Er sieht sie unter der Wasseroberfläche, also ironischerweise über ihm, wie eine gottgesandte Gewitterfront heranrollen. Das Spiel aus Licht und Schatten ist spektakulär.
Es bereitet einige Mühe, sich in ihrem Wogen zu dem Eingang vorzukämpfen, aber letztendlich treibt ihn der Schwung einer Welle hinein. Niemand folgt ihm. Er ist allein in der Dunkelheit. Seine Hände ertasten kalten Stein und eine dicke Schicht Moos, die sich in kleinen Inseln angesiedelt hat. Voraus lockt ein schwacher Lichtschein, der mit jedem Schwimmzug näher rückt. Er vernimmt einen ätherischen Klang, der an den Gesang des Vorabends erinnert.
Als er schließlich aus dem Tunnel in den See taucht, versteht er den Namen der Halle.
Dutzende Stalagmiten ragen wie knapp unter der Krone gebrochene Baumstämme aus dem Wasser, jeder durchlöchert wie tvjodalesker Bergkäse. Manche sind so hoch, dass sie mit Stalaktiten an der Decke verschmelzen und fragile Säulen bilden.
In der Mitte des Felsendoms schwebt etwas, das am ehesten einer Wolke gleicht. Sie bewegt sich unruhig, als wäre sie ein lebendiges Wesen. Vermutlich ist sie Ursprung des Windes, der sich die Wasseroberfläche kräuseln und die Stalagmiten singen lässt.
Im Licht der blauen Kristalle, die Wände und Decke in breiten Adern bedecken, erscheinen die steinernen Nadeln wie ein Chor, der sich zum gemeinschaftlichen Gesang zusammengefunden hat. Die auf ihn zu schwimmenden Locatha sind nichts weiter als Zuschauer einer seit Jahrhunderten bestehenden Aufführung, genau wie er.
 1. Ich spule mal...

Cyparus

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Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...
« Antwort #243 am: 13.10.2010, 12:38:07 »
Erneut ist Cyparus beeindruckt von der Schönheit. Dies war scheinbar eine weitere Manifestation von Naturgewalten. Eine weitere Entität der Natur. Keine lebende Kreatur konnte dergleichen Schönheit schaffen. Wellen, die Macht der Meere. Nichts konnte ihnen widerstehen nicht einmal die Gewalt der Steine. Zwar zerschellen die Wellen bei jedem auftreffen auf den Klippen und doch gewinnt das Meer den Kampf über die Zeit.
War die Erscheinung bei Hochwasser überspült? Trug ihr Schall dann bis zu der Feste? Hatte er sie gehört, sich ihrem Klang hingegeben?
All diese Fragen drangen in seinen Kopf und verschwanden genau so schnell wieder. Erst nach geraumer Zeit bemerkt er das weitere Locatha auf ihn zu schwammen. Eigentlich wurde er sich ihrer erst bewußt als die ersten ihn berührten, wie sie es die ganze Zeit taten.
Seine Gedanken wandten sich wieder dem hier und jetzt zu. Dies war die Oberfläche, die Luft war nicht die abgestandene die er in den Unterkünften der Locatha kennengelernt hatte, dies war die Luft der Küste, Salz in der Luft. Ein dankbares Lächeln macht sich auf seinem Gesicht breit, während er ein kuzes Dankgebet an Phieran für die Führung und an unbenannte Gottheiten der Meere sendete, das sie ihn nicht verschlungen hatten. Die Zeit in der er das Wasser verlassen würde war nah.
Immer noch lächelnd erwiedert er die Berührungen der Locatha, mit langsamen streichelnden Berührungen. Er würde in sein Element zurückkehren.
"Danke" murmelte er leise. Auch wenn sie ihn vielleicht nicht verstanden, vielleicht würden sie die Ehrfurcht und Zufriedenheit in seiner Stimme spüren.

Ansuz

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Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...
« Antwort #244 am: 15.10.2010, 00:23:26 »
Der Felsendom ist sehr groß. Er könnte einen ganzen Tempel Phierans beherbergen, vielleicht sogar das Kloster, in dem er auf den rechten Pfad geführt wurde. Auf keinen Fall würde ihn etwas anderes als ein Tsunami füllen können, zumal fraglich ist, wie die seltsam lebendige Wolke in seiner Mitte auf eine Überflutung reagieren würde.
Die Locatha antworten Unverständliches auf Cyparus´ Worte, greifen ihn sanft und tauchen tiefer hinab, zum Grund der Höhle. Dort, direkt unter der elementaren Erscheinung, wurde eine riesige Muschel platziert. Sie ist geöffnet, beherbergt statt einer kopfgroßen Perle aber einen Hügel aus uralten Münzen, verrosteten Eisenstücken, farbenprächtigen Korallen, mehreren kleinen Bernsteinen, Knochen besonders große Fische, komplette Fossilien und vieles mehr, wahrscheinlich Opfergaben.
Die Fischmenschen deuten auf seine Bandagen und schwenken die Flossen. Sie wirken sehr aufgeregt, was sich unter anderem in ihrem regen Farbenspiel äußert. Ob sie besondere Positionen innehaben ist kaum festzustellen. Zwar tragen einige Schmuck in Form von Korallen-, Knochen- und Muschelketten, doch hüllt sich niemand in einen Mantel wie Huilo oder eine Rüstung wie Ialoc. Auch eigene Fischschwärme fehlen.
Insgesamt sind es sechs, die ihn erwartungsvoll anblicken. Wie ihre Artgenossen außerhalb der Klippen ist ihnen ein gewisser Respekt anzumerken. Die Nachricht von Shadis und seinen Verdiensten muss sich unter ihnen bereits verbreitet haben.

Cyparus

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Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...
« Antwort #245 am: 16.10.2010, 00:43:37 »
Ohne Widerstand taucht Cyparus mit den Locatha wieder zum Grund. Also war dies eine Art Tempel, und der Mechnismus einer Opferschale war auch unter den Locatha verbreitet. Angenehm viel ihm auf das es bei den Opfergaben scheinabr nicht um den rein materiellen Wert ging, sondern eher um die Geste des Gebens. In zuvielen Tempeln der Oberwelt war das Spendensystem zu einem Kaufsystem für göttlichen Beistand verkommen.
Als die Locatha dann auf seine Bandagen deuten, stutzt Cyparus dann doch. Der letzte Schutz zwischen seiner verheilenden Wunde und dem Meerwasser. Andererseits ein Teil des Meeres selbst, getränkt mit seinem Blut, bei der Verteidigung der Locatha vergossen. Mit viel gutem Willen konnte man daraus einen Mythos stricken, zu mal seine Taten sich ja verbreitet hatten. Kurz verdunkelte sich sein Blick, hier hatte er Ruhm durch kämpfen erreicht. Aber schnell war sein Blick wieder klar. Er hatte eine Aufgabe. Und so beginnt er die Bandagen abzunehmen und sie sorgfältig aufzurollen.
Die Rolle in die Muschel legend, betet er bei sich, seine Gastgeber nicht zu verärgern. Aber er hatte nun mal nichts anderes zu geben.

Ansuz

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Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...
« Antwort #246 am: 19.10.2010, 23:13:31 »
Der Schmerz ist schlimmer als erwartet. Es fühlt sich an, als würden seine Wunden verbrennen. Grell hebt sich Rot von dem fahlen Weiß des umliegenden Fleisches ab. Cyparus leidet, wie es sein Gott täte, und gibt seinen Wundschutz bereitwillig her.
Unter Wasser ist es schwierig, die Bandagen auf dem Haufen zu platzieren. Letztendlich knotet er sie an einer anderen Opfergabe fest. Die ganze Zeit über beobachten die Locatha ihn, was aufgrund ihrer Physiognomie eher wie Starren wirkt. Nach getanem Werk kommen sie näher, um mit ihren kalten Fingern Linien auf sein Fleisch zu zeichnen. Dabei nehmen sie weder Rücksicht auf seine Wunden noch sein Wohlbefinden. Im Gegenteil stechen sie ihre ihre kleinen Krallen stark genug in seine Haut, um Blut fließen zu lassen.
Beinahe augenblicklich verspürt er eine seltsame Veränderung. Erst kaum merklich, dann immer stärker, bis er sich vor Qualen krümmt. Irgendetwas geschieht mit ihm. Für Minuten sieht er blitzende Farben, schreit, als wäre er von Sinnen und zuckt wie ein gerade erlegtes Tier. Ihre Finger sind wie Dolche, die kaltes Eis hinterlassend durch seinen Leib fahren. Dann, plötzlich, ist es vorbei.
Eine Weile bemerkt er nicht einmal, was geschehen ist. Zu gebeutelt ist er vom Durchgemachten. Erst nachdem die Locatha ihn mehrmals angesprochen haben, wird er sich gewahr, was sie mit ihm getan haben. Als erstes fällt ihm seine klare Sicht auf. Keine Atemblase verschleiert die Szenerie. Dann realisiert er, dass er eigentlich ersticken müsste, im Gegenteil aber frei atmet. Es fühlt sich seltsam anders an als gewohnt, als käme die Luft nicht von Nase und Mund, sondern Hals und Achseln.

Cyparus

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Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...
« Antwort #247 am: 22.10.2010, 01:13:16 »
Schmerz, beißender Schmerz. Jeder Muskel in seinem Körper spannt sich an. Die Fäuste geballt muß er an sich halten nicht auf die Locatha einzuschlagen. Was immer sie tun, es hatte bestimmt einen Zweck. Es machte einfach keinen Sinn ihn bis hierher kommen zu lassen und dann zu foltern. Gerade bahnte sich ein stummer Schrei seinen Weg aus seiner Kehle als der Schmerz abrupt nachlies.
Stumm tastet er an seinen Hals und unter die Achseln. Sein Verstand, der langsam zurück kehrt, sagt ihm was er finden wird. Mit seinen Händen fährt er über die sich öffnenden Hautlappen. Kiemen. Hatten die Locatha ihn zu einem Fisch gemacht? Er verstand zwar nicht viel von Magie, aber dergleichen Magie mußte machtvoll sein. Vielleicht fand Shadi hier auch Hilfe. ein leichte Angst macht sich in ihm breit. War diese Veränderung dauerhaft? Und war er weiterhin in der Lage normale Luft zu atmen? Er konzentriert sich auf seine Lungen und versucht aus dem Mund auszuatmen.

Ansuz

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Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...
« Antwort #248 am: 30.10.2010, 00:36:23 »
Cyparus kann genau wie erwartet sich rhythmisch öffnende Schlitze erfühlen, genau wie erwartet. Die Reibung seines Oberarms an den Rippen verrät ihm zudem, dass sich dort weitere, größere Kiemen befinden. Eine kurze Bestandsaufnahme enthüllt zarte, durchscheinende Schwimmhäute zwischen seinen Fingern und Zehen. Auch seine Haut scheint verändert. Sie fühlt sich rauer als gewöhnlich an, zumal er komplett von Wasser umgeben ist und sie eigentlich weich und verquollen wie die eines Neugeborenen sein müsste. Bei näherer Betrachtung kann er trotz der ungünstigen Lichtverhältnisse erkennen, dass sie im Gegenteil nahezu geschuppt wirkt, als sei er selbst ein Bewohner der Tiefen.
Enthusiastisch holt er Luft, wie er es an Land tun würde. Sofort muss er husten, als Wasser in seine Luftröhre gerät. Es schüttelt ihn so heftig, dass sein Rachen sich hinauszudrängen scheint, gefolgt von seinem Mageninhalt. Die Locatha beobachten mit großen Augen, wie er sich krümmt. Erst, als es ihm gelingt, wider seinem Instinkt zu handeln und Mund und Nase wieder zu verschließen, kommen sie näher.
Alle haben etwas zu sagen. Nichts davon ergibt Sinn in seinen Ohren. Wären da nicht ihre Gesten, könnte er ihr Anliegen bestenfalls erraten. Sie deuten wiederholt auf die Muschel, bevor sich einer von ihnen delphingleich entfernt. Ihre Eleganz spottet dem Eindruck, den ihre hageren Leiber und übergroßen Köpfe erzeugen. Auf seinen Reisen hat der Mönch nie einen Menschen getroffen, dessen Bewegungen derart flossen.
Die zurückgeblieben Fischwesen reden weiter auf ihn ein, obwohl ihnen klar sein müsste, dass sie damit nichts erreichen. Der Schmerz ist inzwischen abgeklungen. Für einige Minuten kann er sich voll und ganz darauf konzentrieren, das Atmen zu üben und probeweise ein paar Runden zu drehen. Das Singen der Halle lädt geradezu dazu ein, sich ein wenig gehen zu lassen. Schnell bemerkt er, dass es ihm leichter fällt als zuvor, sich im Wasser zu bewegen. Es ist, als habe jemand Ketten von seinem Leib gelöst, von denen er nicht einmal wusste[1].
Erst nach einer Weile fällt ihm auf, dass noch etwas anders ist. In den letzten Tagen war er nahezu konstant durch eine magisch erzeugte Luftblase vor dem Ertrinken gefeit. Als sie sich auflöste, spürte er kurz das Brennen des Salzwassers auf seinen ungeschützten Augen. Davon ist nichts mehr geblieben. Stattdessen fühlt er beim Blinzeln eine Art Haut, die sich unter seine Lider geschoben hat.
Nach ein paar ruhigen Minuten kehrt der Locatha mit Ialoc und Qocautha zurück. Der Krieger ist ebenso gerüstet wie der Zivilist. Beide tragen Dreizacke. Ihre Flossen sind rot verfärbt. Ausschließlich an ihren Rändern zeigt sich ein zartes Gelb. Sie haben nicht einmal Augen für das Elementarwesen, das in der Mitte des Doms schwebt. Krieg dräut am Horizont.
„Ich sehe, du hast den Segen der Neun Wogen erhalten, Cqooil!“, spricht ihn Letzterer an. „Ich hoffe du weißt, welch außergewöhnliche Ehrung das ist!“
 1. Schwimmen +2

Cyparus

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Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...
« Antwort #249 am: 01.11.2010, 01:52:01 »
Führ wahr, Die Wogen hatten ihn gesegnet. Konzentriert sammelt er Luft in seinen Lungen um sie zum sprechen über seine Stimmbänder gleiten zu lassen, achtet dabei allerdings darauf weiterhin durch die Kiemen zu atmen. "Ja, ich fühle mich geehrt das die Wogen mich für würdig erachten. Es ist zwar noch ungewohnt, und auch wenn ich an die Grazie eures Volkes nie herranreichen werde, so hilft mir dieses Geschenk doch unter euch zu vereilen." Fast übermütig schlägt er mit den Beinen um sich ein Stück in die Höhe zu katapultieren um dann wieder hinab zu sinken, bevor sein Blick wieder ernst wird. "Aber ich fürchte meine Zeit hier nähert sich dem Ende. Ich hatte letzte Nacht eine Vision. Etwas wird kommen, und die freien Völker unterjochen. Mit Phierans Hilfe werde ich vielleicht etwas dagegen tun können. Mein Weg führt mich an Land und wie ich fürchte in weitere Schlachten wie die welche wir hinter uns gelassen haben. Und so wie ihr Gerüstet seid blickt auch ihr in eine kämpferische Zukunft. Habt ihr weitere Kunde erhalten? Hat es ausser uns noch jemand geschafft sich hier hin durch zu schlagen?" Ernsthafte Sorge und Anteilnahme klingt in seinen letzten Worten mit, auch wenn die Locatha es wahrscheinlich nicht verstehen werden. Auch ist ihm klar das seine Worte vielleicht verletzend wirken könnten, Grad als er ein Geschenk einer Entität der Locatha bekommen hatte, aber sein Weg war aufgezeichnet, zu zögern würde bedeuten zu zweifeln.

Ansuz

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Ic - Unter den Wellen im Schatten der Stadt...
« Antwort #250 am: 04.11.2010, 14:46:11 »
Die Locatha stellen bei seinem Lob die Flossen auf, die sich prompt türkis verfärben. Ließe ihre Mimik etwas wie ein Lächeln zu, hätten sie es ihm geschenkt. Nichtsdestotrotz ist ihre Anspannung spürbar. Weder Qocautha noch Ialoc belieben zu scherzen. Angesichts des Schicksals ihrer Heimat dünkt das wenig verwunderlich.
„Ja, die Vorhersehung hat uns alle ereilt. Dass sie auch dich ergriff, zeugt von deinem Wert, Cqooil! Die Neun Wogen sind dir wahrlich gewogen!“, spricht Shadis Führer.
„Letzte Nacht trafen einige Bauern ein, die rechtzeitig fliehen konnten, nachdem sie von Heimats Untergang erfuhren. Eine Jagdgesellschaft berichtet außerdem von einem Flüchtlingslager zwei Tagesreisen entfernt. Unsere Truppen sind bereits auf dem Weg. Sonst traf niemand mehr in Bollwerk ein. Die Späher haben keine Seele weitere entdeckt, weder von unserer Art noch Kinder des Hais. Entweder sind sie sehr dumm, überheblich oder verschlagener, als wir glauben. Ialoc glaubt, sie hätten etwas vor!“
Der Krieger nickt bei Erwähnung seines Namens und streicht sich mit der Hand über das Gesicht.
„Er fürchtet....Eindringlinge, die nach unserem Wissen suchen. Ich kenne euer Wort dafür nicht.“

Cyparus

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« Antwort #251 am: 07.11.2010, 23:21:47 »
"Spione.""Spione" das Wort erscheint im gleichen Augenblick in seinem Kopf, in dem er es ausspricht. Er nickt verstehend während sein Geist weiter denkt. "Und wo Spione sind da sind ihre Brüder, die Saboteure nicht weit." Einen kurzen Augenblick fühlt er sich in seine Kindheit zurück versetzt. Als Kind einer Handelsfamilie wußte er um diese Niederungen des Lebens. Infiltration zwecks Informationsgewinn und Manipulation. Zu wissen auf welche Waren sich ein Konkurrent konzentrierte, seine Quellen zu kennen und dafür sorgen zu können das eine Lieferung verspätet oder gar nicht ihr Ziel erreichte, waren allesamt lohnenswerte wenn auch nicht ehrenvolle Teile des Händlerlebens.
Wie waren die Sahaugin eingedrungen? Die Erinnerungen sind zwar verschwommen in seinem Kopf, aber er erinnert sich an die Worte. Sie kamen aus dem Orakel. War dies das Ergebniss einer guten Aufklärung? Seine Erinnerung an das bodenlose Loch waren immer noch präsent. Hier hätte man eine Armee sammeln können und die Locatha sowohl überrascht als auch demoralisiert treffen können.
"Es könnte sein das Ialoc recht hat. Ihr solltet euch die Frage stellen wo sich eine Armee unbemerkt von euch sammeln könnte, innerhalb eurer Mauern. Den schließlich ist genau dies passiert bei ihrem Angriff. Sie haben euch von innen heraus angegriffen. Ich habe keine Idee wie sie dort hin gelangt sind, das wäre eine Frage für eure Magier." Kurz überlegt er ob er seine Hilfe und seine weiteren Gedanken aussprechen soll. Seine Hilfe würde ihn, so sie angenommen wurde hier unter den Wellen festhalten, seine Gedanken könnten als Sakrileg ausgelegt werden. Er überlegt einen Mittelweg zu wählen. "Ihr solltet überlegen wie es ihnen gelungen ist aus dem Orakel zu erscheinen. Sind eure Späher bis zum Ort des Kampfes gezogen? Und falls ja, haben sie das Orakel untersucht? Ihr habt mein Leben gerettet, und bisher habe ich meine Dankbarkeit nicht gezeigt. Wenn ihr meine Hilfe braucht, werde ich euch helfen."

Ansuz

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« Antwort #252 am: 11.11.2010, 23:14:15 »
Die Locatha tauschen keine Blicke, aber ihre stumme Zwiesprache ist nichtsdestoweniger spürbar, und sei es nur wegen ihrer sich wie die Ohren einer erzürnten Raubkatze anlegenden Flossen. Rot mischt sich mit Gelb.
„Heimat ist durch Heimtücke gefallen, Cqooil! Das Orakel muss vom Großen Hai verschlungen worden sein. Ohne das wir es bemerkt hätten. Nicht einmal Huilo hat etwas gespürt.
In den Tiefen ist es schwarz und kalt. Dort umklammern Seine Kiefer die Welt so fest, dass ein jeder zerquetscht wird, der sich dort herab begibt. Sie waren von Ihm gesegnet, mehr noch als üblich. Die Wogen waren ruhig, obwohl er uns hungrig umkreist. Qlahah Coo, eine ihrer höllischsten Waffen auf ihren Panzern, ein Schwarzzahn, mehrere Dirnen...“
Qocautha bricht ab und senkt den Kopf. Ialoc mustert den Mönch grimmig. Phieran weiß, was in seinem Kopf vorgeht. Cyparus hat seit seiner Ankunft in Uuhicath irgendwo in seinem Innern stets die leise Ahnung verspürt, nie die wirkliche Person hinter der ausdruckslosen Miene zu sehen. Die Locatha mögen gastfreundlich sein, jedoch zum Preis großer Verschlossenheit. Was sie denken, bleibt in ihrem Geist. Es verlässt ihren Mund nicht.
„Du hast den Segen der Neun Wogen. Du trägst Cqooil. Eohaa ist bei uns. Wir haben der Vorhersehung gelauscht.“ Er breitet die Arme aus, als wolle er die gesamte Halle addressieren. „Sie wird dir gesagt haben, wo deine Bestimmung liegt. Wenn du es wünscht, bringen wir dich gleich jetzt an die Oberfläche.“
Er sieht die anderen Fischwesen an. „Wenn du kämpfen willst, bleib!“

Cyparus

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« Antwort #253 am: 15.11.2010, 11:29:10 »
„Dann bitte ich euch mich an die Oberfläche zu bringen. Ich bin mir sicher, dass ich dort helfen kann, während ich hier, trotz dem Geschenk der neun Wogen, nur ein Fremder unter den euren wäre. Ich wünsche euch alle Kraft eure Heimat zu verteidigen. Und sagt Shadi einen Gruß von mir. Wenn es die Zeit mir erlaubt werde ich wiederkehren, um euch und euer Volk kennen zu lernen. Nicht einfach fällt mir die Entscheidung von euch zu gehen, doch das ist der Weg den die Vorhersehung mir bestimmt hat.“ Intuitiv verneigt sich Cyparus vor den beiden, eine Geste des Respekts an der Oberwelt, auch wenn sie im Wasser, ohne festen Boden unter den Füßen lächerlich anmutet. Sein Weg liegt klar vor ihm, auch wenn er den Locatha gerne weiter helfen würde. Aber das Erwachen eines Gottes, eines potenziell bösen Gottes, soll verhindert werden und wer weiß. Vielleicht steht das Erstarken des Haigottes ja damit in direktem Zusammenhang. Dann würde er den Locatha helfen, auch ohne bei ihnen zu sein.

Ansuz

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« Antwort #254 am: 21.11.2010, 21:24:15 »
„Eohaa weiß, wohin du ziehst, Cqooil! Ihr seid eins!“
Qocautha sieht ihn eine Weile schweigend an, wie es ein missmutiger Lehrmeister mit seinem Schüler täte. Dann schwimmt er bis auf wenige Fuß an den Menschen heran. Aus der Nähe wirkt seinesgleichen noch fremdartiger. Ihre Schuppen scheinen eigene Muster zu bilden, die in ihrer Ästhetik im Gegensatz zu dem lippenlosen Mund, dem übergroßen Kopf und den Telleraugen stehen. Die dünne Haut seiner Flossen wird geradezu geflutet von einem tiefen Violett, durchsetzt von Andeutungen von Gelb und Blau.
Lange Zeit sehen sich Oberflächler und Tiefenbewohner in die Augen. Dann lässt sich der Locatha etwas absinken und umschließt die Hüften des Menschen, Kopf und Schultern leicht gegen seinen Bauch gelehnt. Sofort stellen sich Ialocs Flossen auf, getaucht in dunkles Blau. Die Anderen kommen näher und streichen ihm über den Kopf, wie es ein Priester des Phieran tun würde, um Leidende zu segnen.
Nach einer Weile entfaltet sich Qocautha wieder, gewinnt etwas Abstand und spricht: „So sei es! Ialoc und ich werden dich aus der Welt tragen. Bis zur Stadt können wir dich nicht geleiten, doch recht nah heran. Komm!“
Beide umfassen je eines seiner Handgelenke und ziehen ihn mehr oder weniger aus der Halle heraus, die für Shadi ein klagendes Lied anzustimmen scheint. Das Heulen ist laut genug, um einen Sturm entstammen zu können, wird durch die Stalagmiten und -titen jedoch in eine Melodie umgewandelt, die an die „Vorhersehung“, wie es die Locatha genannt haben, erinnert. Sie verklingt fast widerwillig hinter ihm, als fordere sie ihren Ehrengast zurück.
Draußen, vor der Klippe, warten einige Locatha mit halb durchsichtigen Säcken, wie sie überall in Uuhicaths Docks an den Wänden befestigt waren. Sie wirken abweisend. Ihre Flossen hängen schlaff herab, ihre Haltung ist angespannt. Wortlos halten sie dem Mönch die Säcke hin. In ihrem Innern kann er Lebensmittel und einige andere Dinge erkennen, deren Zweck er nicht genau bestimmen kann. Ialoc und Qocautha lassen seine Handgelenke los, damit er freie Hand hat. Sie machen keine Anstalten, ihm etwas abzunehmen, obwohl er das alles unmöglich allein tragen kann. Dazu fehlt ihm ein Paar Arme.
Insgesamt kann er zwei Säcke tragen. Fünf werden ihm angeboten. Zwei scheinen nur Nahrung zu enthalten, einer eine Auswahl an seltsam farbenprächtigen Muscheln und die beiden anderen eine Mischung aus Beidem. Es liegt an ihm, welche er mitzunehmen gedenkt.
Hat er seine Wahl getroffen, beginnt der längste Aufstieg, den Cyparus bisher erlebt hat. Seine geschuppten Begleiter nehmen ihn unter die Arme, wie Kerkerwächter es mit einem Gefangenen täten. Anstatt jedoch an ihm zu zerren, unterstützen sie seinen noch geschwächten Körper und regulieren gleichzeitig die Geschwindigkeit, mit der sie sich der Wasseroberfläche nähern. Sobald er zu schnell wird, beginnt er enormen Druck auf seinen Schädel einwirken zu fühlen. Dann sind die Locatha zur Stelle, um ihn abzubremsen und über seine Glatze zu streichen.
Ihre Bewegungen sind es auch, die ihn vor der Brandung schützen. Ohne ihre Hilfe wäre er wahrscheinlich trotz des Segens der Neun Wogen längst an den Klippen zerschellt. Für seine Führer scheint es dagegen kein Problem zu sein, ihre Stärke einzuschätzen und auszugleichen.
Qiooah wird stetig kleiner, je weiter sie sich bewegen. Es geht nicht bloß hinauf, sondern auch die Klippen entlang. So weit von der Stadt entfernt sind sie unbehauen und schroff, geformt von Millenien der Erosion. Offenbar liegt ihr Ziel nicht direkt über der Festung. Leider ist er nicht bloß in einem fremden Habitat gestrandet, er hat zudem keine Ahnung von dem, wo er ist. Weltenende könnte noch mehrere Tagesmärsche entfernt sein, getrennt von ihm durch etliche tausend Liter Wasser und einige Quadratmeilen tödlichen Dschungels.

Er weiß nicht, wie lang es dauert, aber irgendwann ist die Brandung fort. Dann badet er regelrecht in Sonnenstrahlen, die durch die schillernde Oberfläche zu ihnen herab scheinen und wogende Muster auf den fels zeichnen. Schwärme von Fischen stieben auseinander, um ihnen Platz zu machen. Die Klippe öffnen sich zunehmend zu einem Spalt, der bald schon einen Riesen beherbergen könnte. Rundherum wachsen wogende, rote Fächer, phantastisch wie jede Pflanze, die der Phieraner in den Tiefen sehen durfte. Es ist endlich wieder warm um ihn herum. Selbst das Atmen scheint inzwischen leichter zu fallen.
„Hier trennen sich unsere Wege für eine Weile, Cqooil! Mögen die Sieben Klagenden über dich wachen!“, intoniert Qocautha feierlich. Ialoc ist bereits zurückhaltender, verneigt sich aber dennoch in einer ungeschickten Imitation vor Cyparus.

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