Die Citadel. Eine gigantische fünfblättrige Blume, die mitten im All, fernab jeglicher Planetensysteme, seit ungeahnten Zeiten schwebt. Einst von den Asari entdeckt und nach und nach von den verschiedensten intelligenten Völkern der Milchstraße besiedelt, ist sie zur Hauptstadt der intergalaktischen Gesellschaft geworden.
Selbst nach dem verheerenden Angriff eine Geth-Armee, angeführt von Saren, einem abtrünnigen Spectre, ehemaligen Agenten des Rats der Citadel selbst, hat sich die gewaltige Raumstation erschreckend rasch erholt. Die Hüter, stumme, geheimnisvolle, insektenähnliche Wesen, haben die physischen Schaden binnen weniger Wochen in den Griff bekommen. Trotz instabiler politischer Lage - Menschen, die Emporkömmlinge der galaktischen Gesellschaft, wollen sich einen Platz im Rat sichern! - kehrt die Normalität schnell und mit unerschütterlicher Aufdringlichkeit zurück. Job, Schule, lästige Werbung, Abende in der Bar - nachdem der Schock verflogen ist, flüchten sich die über 13 Millionen Bewohner der Citadel in den gewohnten Alltag.
Dennoch, selbst der Sieg über die größte feindliche Streitmacht, der nur dank der menschlichen Allianz möglich gewesen ist, hat die Milchstraße lange nicht zu einem friedlichen Ort gemacht. Die Sicherheitsvorkehrungen auf der Citadel wurden drastisch verschärft, und außerhalb des vom Rat regierten Sektors herrscht nur allzu oft das Recht des Stärkeren. Kriminalität ist nach wie vor allgegenwärtig, das Söldnergeschäft blüht wie eh und je.
Eine Welt, in der es für Hüter des galaktischen Friedens und für Profit witternde Haudegen viel zu tun gibt.
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Die Bar, Choras Nest, ist in dämmriges, ständig wechselndes Neonlicht gehüllt. Einschlägige Beats erschüttern gleichmäßig den Boden, die Barkeeper hinter dem runden Tresen in der Mitte des Raums haben alle Hände voll zu tun, seltsam gefärbte Flüssigkeiten an Gäste aller Spezies auszuschenken. Auf dem hohen Podium innerhalb des Thekenrings, gebadet in buntes Scheinwerferlicht, verbiegen sich in hautenge Anzüge gekleidete Asari-Tänzerinnen in grazilen und beinahe anrüchigen Posen. Diffuser Lärm von etlichen dutzend Gesprächen mischt sich zu der dröhnenden Musik im vergeblichen Bemühen, sie zu übertönen.
In einer der Wandnischen, vor einem niedrigen Tisch, sitzt mit verschränkten Armen ein Mensch mittleren Alters. Seine Züge sind schroff, wenn auch nicht frei von Sorgenfalten, das langsam ergrauende Haar kurz geschoren. Der etwas mokkafarbene Hautteint und die gewinkelte Nase deuten auf seine uramerikanischen Vorfahren hin. Die nussbraunen Augen schweifen durch den Raum, registrieren jedes kleinste Detail. Das gefüllte Glas, das vor dem Mann auf dem Tisch steht, hat jener anscheinend nicht angerührt. Gekleidet in einfache, nichtssagende Pullover und Overall, trägt der Mensch doch einen Pistolenholster am Gürtel und erweckt bei näherem Hinsehen nicht den Eindruck, er wäre ein Arbeiter, der sich bloß entspannen will. Damit erregt er allerdings wenig Verdacht, denn Choras Nest ist nur eine der vielen Bars in den unteren Bezirken, in der sich täglich geschäftliche Treffen ereignen. Und der Mensch wartet wohl auf seine Geschäftspartner.
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Commander Senturus Cane macht den einsamen, wartenden Mann sofort aus, nachdem er von den zwei turianischen Türstehern durchgelassen wird. Der Agent der Allianz ist aus zweierlei Gründen hier. Zum einen, wurde er von dem Mann, der vermutlich nichts von seiner Zugehörigkeit weiß, kontaktiert und zum Treffen eingeladen. Zum anderen, ist er im Auftrag der Allianz hier, um mehr über die Geschäfte dieser Person herauszufinden. Der Allianz-Geheimdienst selbst hat ihm Commander Cane auf unauffälligen Wegen empfohlen. Silver Hawk ist ein vorsichtiger Mann, aber etwas scheint ihn derzeit sehr zu beunruhigen, weshalb er bereit ist, mehrere Zehtausend Credits springen zu lassen. Die Allianz will wissen, warum.
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Goliath hat die Adresse und den Zeitpunkt von einem schlüpfrigen Salarianer mitgeteilt bekommen. "Ey, Großer, willst du ein paar Credits verdienen? Ich wüßte da was für dich," hat der hyperaktive amphibische Kerl auf den Kroganer eingeplappert. Am Ende ist der Söldner froh gewesen, den naseweisen zweibeinigen Frosch los zu sein, aber immerhin hat er eine Aussicht auf etwas Arbeit gefunden.
Die Turianer-Rausschmeißer sind nicht zimperlich gewesen, dem Kroganer zu erklären, sein Varren sei in der Bar nicht gerne gesehen. Nachdem sie mehrere Mann Verstärkung gerufen hatten, hat sich Goliath den Argumenten von sechs auf ihn gerichteten Gewehrläufen beugen müssen und Fetzer in einer nahe gelegenen Lagerhalle anbinden.
Widerwillig ist er selbst hineingelassen worden, und nun sucht er im lästig blinkenden Licht der Bar nach Silver Hawk, dem Menschen, der ihm Arbeit und Credits geben soll.
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Draco Salasa ist immer noch erschüttert in den Grundfesten seiner Persönlichkeit. Die Zerstörung seiner gesamten Söldnertruppe ist erst wenige Monate her, und die Lektion, die der junge Mann hatte lernen müssen, fühlt sich an wie eine frische Wunde. Vielleicht aber bietet sich ihm bald die Möglichkeit für etwas Ablenkung, die Möglichkeit, etwas zum Wohle der Menschheit zu tun. Scheinbar hat jemand Verwendung für den einzigen Überlebenden der Firesalamanders. Die Stimme seines Kontaktmanns klang im Funksprecher sehr überzeugend, beinahe väterlich.
Jetzt ist Draco hier, in Choras Nest, um den Mann hinter der Stimme zu treffen.
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Nur dank
Jahilainas Bürgschaft ist
Vos'Sur nar Idenna überhaupt in die Bar gelassen worden. Quarianer sind nicht gerade beliebt in der Citadel, und Vorurteile versperren ihnen viele Türen. Zum Glück ist Vos'Sur nicht alleine - beide er und die Asari-Medikerin sind kontaktiert worden von einer Person oder Organisation, die Verwendung für die Fähigkeiten der beiden hat. Der potentielle Auftraggeber ist anscheinend aufgeschlossen genug, einen Quarianer zu engagieren - oder nimmt er vielleicht einfach was er kriegen kann?
Vos'Sur und Jahilaina werden es bald herausfinden.