Autor Thema: Hakum  (Gelesen 13943 mal)

Beschreibung: Das Tor zu den Fernen Landen

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Ansuz

  • Moderator
  • Beiträge: 1085
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #30 am: 15.10.2010, 00:22:01 »
Massoud:

Offenbar hat Massoud den falschen Ton getroffen, denn anstatt zu weichen und den Weg zu räumen, reckt der Jüngling sein Kinn vor, bläht die Brust und verkündet: „So kann ich Euch denn nicht einlassen! Entweder überreicht Ihr mir Eure Waffen, die selbstverständlich für Euch verwahrt werden, oder Ihr erhaltet keinen Einlass in Hakum!“
Herausfordernd sieht er dem Wór in die Augen, senkt sie aber ebenso schnell wieder wie er sie erhoben hat. Nichtsdestotrotz hat seine laute Stimme ihr Ziel erreicht: einige dienstältere Gardisten werden auf die Echse, ihren Reiter und seine zwei Begleiter aufmerksam. Mehr als eine Stirn wird gerunzelt.
„Und Ihr?“, wendet sich der Gardist an den Goliath.
„Ich bin Maventhua Bluthand Naku-Vatheg. Meine Wanderung ist unruhig wie die eines hungrigen Berglöwen. Momentan suche ich nach Gold wie der Geier nach Aas. Dafür biete ich mein Schwert und kann es deswegen nicht abgeben!“, antwortet jener mit dunkler Stimme. Sein Tonfall lässt ebenso wenig Raum für Interpretationen wie Massouds.
Der Gardist schüttelt den Kopf. „Dann ist auch Euch der Weg versperrt!“, stellt er fest. „Wenn Ihr ein Söldner seid, zieht Ihr besser weiter zur Plünderstraße. Dort gibt es Arbeit für Euch. In Hakum herrscht seit Generationen Friede!“

El-Azarje

  • Beiträge: 110
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #31 am: 18.10.2010, 21:44:34 »
"Ibrahim... lebt?!", stottert El-Azarje ungläubig. Wie selbstverständlich hatte er angenommen, dass der älteste Sohn, der das Geschlecht weiterführen sollte, ebenfalls ermordet wurde. "Ich verstehe, dass sie mich nicht töten konnten, denn ich war sicher geschützt in Firopolis, wo sie vielleicht keinen Zugang hatten oder ein Mord zu auffällig gewesen wäre. Aber warum haben sie den alleinigen Erben meines Stammes am Leben gelassen? Wo war Ibrahim zu jener Zeit? Warum hieß es in dem Brief, die ganze Familie wäre umgebracht worden?", murmelt er vor sich hin, eine Gewohnheit, wenn ihm die Gedanken rasen. Er hatte seinen Bruder nie genau gekannt. Er war der älteste, jener, der eines Tages den ganzen Besitz an sich nehmen würde und alle Familienangelegenheiten regeln würde. Er hatte immer zu jenem unnahbaren Mann aufgeblickt, doch er hatte ihn nie gekannt. "Warum haben sie Ibrahim nicht ermordet? Und warum hatten sie so getan, als hätten sie es getan? Sie hätten wissen müssen..."

"Kamelmist!", entfährt es dem jungen Mann, "Sie wollen uns hier erwischen! Wir tappen genau in Ihre Falle!". Ruckartig dreht er sich zu Fatima und Fragen regnen über die alte Frau herein, "Fatima, überlegt jetzt ganz genau, denn es ist wichtig! Was habt Ihr in jener Nacht gehört und gesehen? Und was habt Ihr dann veranlasst? Wo ist Ibrahim jetzt? ...". Sein Mund wird trocken und ihm wird schwindlig, nur deshalb dringt er nicht weiter auf die Amme ein.

Massoud

  • Beiträge: 113
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #32 am: 20.10.2010, 00:24:44 »
Der Wór blickt den Gardisten nachdenklich an und blickt dann zu Maventhua, dann auf dessen Bidenhänder und schließlich wieder zu dem Gardisten. Daraufhin blickt Massoud wieder am Wächter vorbei und wartet einen Moment, blickt auch zu den älteren Gardisten. "Ob sie wohl umgänglicher sind?" Doch im Moment muss er mit dem noch recht jungen Gardisten vorlieb nehmen und er will das auch nicht ändern. Stattdessen blickt Massoud über seine Schulter auf seine Waffen und atmet dann hörbar aus, dreht den Kopf zurück und blickt nochmals zum jungen Gardisten. "Soll meine Reise wegen solch einer Lappalie an diesem Tor enden?"
Sicher kann Massoud die Stadt auch umrunden, ihn drängt nicht viel in diese Stadt. Diese Stadt ist nicht die einzige Möglichkeit, ein Meer zu besuchen. Aber er hat Gardekat versprochen, die Stadt zu besuchen und auch Bluthand auf ein Getränk eingeladen, da kann der Löwenmensch nicht einfach umkehren und muss mit dem Gardisten vorlieb nehmen, zumal er sonst Worte gesprochen hätte, die keinen Zweck hatten. Nur die Waffen ablegen, das will und das kann Shabani nicht akzeptierten, weshalb er nach einer Lösung sucht.

Massoud ringt mit sich und erwägt, wie er ohne viele Worte an diesem Gardisten vorbeikommt.
Eine Bestechung wäre eine falsche Wahl, zumal des Gardisten ältere Kameraden sowohl den jungen Gardisten als auch Massoud und Maventhua bereits im Auge haben und das Übergeben eines Klimperbeutels damit zu auffällig wäre, während eine Herausforderung zu einem Duell nur den Unmut der Gardisten nach sich ziehen würde und dieses Duell seinen Stand nicht sonderlich verbessern würde, gerade wenn Frieden in der Stadt herrscht. Ein Friede, den Massoud wahren möchte. Die Frage ist jedoch immer, ob das auf alle zutrifft, welche sich in der Stadt befinden. Alle Wege, die Gewalt beinhalten, fallen also für Massoud weg, weil er damit wohl das Selbstverständnis und den Stolz Hakums verletzten würde und dieses Handeln die Mauern der Stadt nur noch dicker werden lassen würden. Ebenso wenig kann er den Gardisten nicht einfach ignorieren und an ihm vorbeireiten, die Gardisten würden ihm folgen und ihn wieder aus der Stadt werfen. Massoud hat auch nicht vor, etwas Derartiges zu tun, sodass er befürchten muss, den Besuch, oder vielmehr dann das Eindringen, später bereuen zu müssen. So grübelt Massoud fast eine ganze und lange Minute, bevor ihm die Idee kommt.

Der Weg zur Plünderstraße hört sich für den Wór ziemlich gut an, obwohl davon auszugehen ist, dass es dort von niederträchtigen Gestalten nur so wimmelt. Der Gardist scheint den Leoniden und den Goliath auch für solche Glücksritter zu halten, welche ihre eigene Mutter für Gold und Abenteuer verkaufen. Eine Anschuldigung, mit der Massoud nicht wirklich leben kann, auch wenn er sich nicht grämen würde, wenn er einen solchen Auftrag in Kauf nehmen müsste, um seine Bestimmung zu erfüllen. Aber er würde eben nicht seine Mutter dafür verkaufen und er würde nicht gegen sein Volk kämpfen, wenn jemand, der kein Wór ist, das von ihm fordert. Aber eben diese Unterstellung bringt den Wór auf eine Idee, als sein Blick auf den Langspeer des Gardisten fällt. Massoud hat in seinem Leben von vielen Asketen seines Volkes gehört, welche den Weg des Friedens eingeschlagen haben, um mit dem martialischen Erbe des Löwenvolkes zu brechen und sich dem Schicksal der Wór, nämlich Krieg, entgegenzustellen. Obgleich die Seet viel unternehmen, um diese Leoniden von den Gemeinschaften fernzuhalten und aus der Steppe zu jagen, treffen viele junge Wór gerade auf Reisen häufig solche sogenannten Jaama Isi, die Friedensbringer. Auch Massoud hat einst einen getroffen und erschlagen.  Bei dem Aufeinandertreffen hat er von den Legenden des ewigen Friedens gehört und warum diese Wesen keine Waffen tragen. Diese Argumentation will der Wór sich jetzt nutzbar machen. Er erhebt die Stimme wieder, wohl wissend, dass die anderen Gardisten inzwischen auch zuhören mögen.
"In der Stadt herrscht der Friede. Ich verstehe diese Phrase nicht. Wenn Friede herrscht, warum trägst du dann ein Instrument des Krieges?" Massoud hat einst davon gehört, dass Menschen andere Floskeln der Höflichkeit benutzen, doch erinnert er sich ihrer im Moment nicht, weshalb er den Gardisten einfach duzt. "Kannst du die Herrschaft des Friedens nicht wahren, ohne sie zu tragen? Das bedeutet, dass du Frieden erzwingst. Erzwungenen Frieden gibt es nicht, es gibt nur Krieg, Waffenstillstand und wahren Frieden." Massoud spricht laut genug, damit die anderen Gardisten es auch hören können, ohne das seine Stimme dabei schreiend oder aufdringlich wirkt.
"Aber ich will mich einem Teil deiner Sitten anpassen. Wenn du mit einer Waffe in deiner Hand «Frieden» halten und wahren kannst, will ich das auch tun. Ich biete dir nochmal an, meine Waffen zu knoten. Du kannst sie mir nicht nehmen, das ist mein Gesetz. So wie es dir an diesem Ort Gesetz ist, für Ruhe und Ordnung zu sorgen.[1]"
Massoud hat keine Idee, wie die Menschen darauf reagieren werden, zu wenig weiß er von ihren Gesetzen, von ihren Überzeugungen und von der Härte ihrer Prinzipien, aber ihn selbst hat diese Argumentation damals überzeugt. Seit der den Jaama Isi Tëga getroffen hat, weiß er mit Gewissheit, dass es nur Wesen des Friedens und Wesen des Krieges gibt und nichts dazwischen. Es ist die Aufgabe einer Gesellschaft, diese beide Gruppen zusammenzubringen und einen Einklang zu schaffen. Massoud ist ein Wesen des Krieges und er hat diese Gesellschaft noch nicht kennengelernt, denn er kommt aus einer Gesellschaft des Krieges. Aber eine solche Gesellschaft selbst zu schmieden, das ist auch nicht die Bestimmung des gebrannten Kindes, dessen ist er sich sicher. "Was diese Menschen wohl für Wesen sind? Soweit ich weiß, gibt es auch viele Wesen des Krieges unter ihnen."

Massoud nimmt ein Stück Stoff hervor und bindet seine Waffen fest an seinen Körper fest, sodass er sie nicht im Streit ohne Weiteres ziehen kann. Vielleicht hat der Mensch die Worte Massouds nicht verstanden, weshalb der Wór die Waffen jetzt schon bindet, um dem Wachmann begreiflich zu machen, dass seine Waffen in dieser gebundener Form keine Gefahr sind. Vielleicht wird der Wachmann dann verstehen, vielleicht auch nicht. Dann wird Massoud einen anderen Weg in die Stadt suchen müssen. Abbringen lässt er sich nicht mehr. "Vielleicht reicht eine einfache Frage, welche Wege des Einlasses es noch gibt?" Massoud weiß es nicht, und irgendwie will er es auch gar nicht wissen. Seine Unwissenheit würde den Gardisten nur mit Spott nähren, darauf kann der Leonid verzichten.
 1. Diplomatie 9
« Letzte Änderung: 20.10.2010, 00:29:26 von Massoud »

Maedre

  • Beiträge: 42
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #33 am: 20.10.2010, 19:55:06 »
"Nein das braucht ihr nicht. Ich werde euch nun verlassen wie ich es versprochen habe. Ich war Zufrieden mit den Antworten." Maedre lässt eine münze Fallen um die Kenkus hoffentlich abzulenken und bewegt sich in Richtung Treppe. AUs den augenwinkeln immer die Kenkus im Blick er traut ihnen nicht, er wäre Töricht wenn er es tun würde. Nun bleibt ihm nur zu hoffen das er Heil die Dächer erreicht.

Ansuz

  • Moderator
  • Beiträge: 1085
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #34 am: 24.10.2010, 23:34:47 »
Azarje:

Fatima zuckt mit einem erschrockenen Laut zurück, krümmt sich und reißt die Hände vors Gesicht. Schnell senkt sie sie wieder, ein wenig zu schnell, um ihr Lächeln echt wirken zu lassen.
„Ich, Entschuldigung...!“, stottert sie und sieht mit angstvoll glimmenden Augen zu ihm auf. Seine eigene Amme, seit Jahren bloß liebe Erinnerung, steht wie ein geprügelter Diener vor ihm, Azarje, und fürchtet sich. Nicht vor denen, die ihre Anvertrauten holten, sondern dem, den sie ebenso verletzten.
„“Er...ich weiß es nicht!“, fleht sie fast. „Er war in Aytarim[1], als es geschah! Dein Vater hat ihn dorthin entsandt, um nach dem rechten zu sehen. Er wird irgendwo auf der Straße sein!“
Sie schluchzt, umschlingt ihn aber nicht erneut. Es fühlt sich an, als sei eine Kluft zwischen sie getrieben worden, die schwerer wiegt als die Jahre, in denen er fern der Heimat war.
„Wir haben geschlafen! Kein Laut, nichts! Esma hat sie am nächsten Morgen gefunden, in ihren Betten. O Pholios!“ Sie verstummt kurz, die runzelige Hand vor dem Mund.  Sie muss einige Male ein- und ausatmen, bevor es ihr Gemüt zulässt, fortzufahren. Der Schmerz, den die Erinnerungen hervorrufen, steht in dunklen Schatten in ihr Gesicht geschrieben. „Wir haben gleich die Wache gerufen! Emre und seine Männer waren kurz darauf hier.“
Esma ist kein Azarje bekannter Name. Es muss sich um eine Neueinstellung handeln. In ihren Briefen hat sich seine Mutter oft genug darüber beklagt, dass sein Vater dauernd mit den Küchenmädchen unzufrieden war und ihr deswegen enervierend oft auftrug, nach neuen zu suchen. Meist wählte sie ein besonders herzensgut erscheinendes Mädchen aus der ärmeren Nachbarschaft. Sie glaubte, Hakum damit einen Dienst zu tun.
 1. ein für seine Dattelplantagen berühmtes Dorf

Ansuz

  • Moderator
  • Beiträge: 1085
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #35 am: 24.10.2010, 23:35:28 »
Maedre:

Gelbe Augen verfolgen den Flug der Münze und verharren auf ihr, als sie auf den Pflasterstein prallt und halb aufgerichtet in einer Fuge liegenbleibt, wie ein goldenes Mahnmal für jeden, der töricht genug ist, unter diese Augen zu treten. Ein Schnabel öffnet und schließt sich wie eine Mausefalle. Unter verdreckten, löchrigen Roben bewegen sich Gestalten, die so flink sein können wie ihre Vettern, die es manchmal von Norden her nach Hakum verschlägt, in jenes weiße Juwel, das jeden anfangs  mit seinen Licht lockt und schlussendlich in seinen Schatten verschwinden lässt.
Beim ersten Schritt fühlt Maedre ihre Blicke in seinem Rücken, wie Dolche, die hineingetrieben werden. Sein Fuß setzt wieder auf; sie kommen näher. Ein weitere Stufe, dann noch eine. Hinter ihm Gewimmel, sich bewegende Schatten, die mit jedem Moment länger werden. Der Schein der Sonne ist bloß noch ein blutrotes Tuch, das über die Häuser ausgebreitet wurde. Es scheint, als zerre die Dunkelheit seine Silhouette wieder hinab in den Unrat, zurück zu den Augen, die selbst von den Göttern Gesegnete durchschauen.
Es scheint wie ein Wunder, dass er unbeschadet zurück auf die Dächer gelangt. Sein Ziel hat inzwischen einen Namen. Was nun?

Ansuz

  • Moderator
  • Beiträge: 1085
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #36 am: 25.10.2010, 23:26:00 »
Massoud:

Der junge Gardist blinzelt überrumpelt. Mehrmals runzelt er die Stirn, bevor er schließlich hüstelt und seine Aufmerksamkeit Maventhua zuwendet. Gerade öffnet er den Mund, da streckt der Goliath bereits eine Hand in Richtung Massoud aus.
Sobald er den gewünschten Stoff erhält, bindet er seine Klinge an seinem Torso fest. Dann sieht er den Flachländer, der ihn so vorwitzig den Eintritt verwehren will, herausfordernd an. Mit seinen wie aus Stein gehauenen Zügen fällt es ihm leicht. Ist man ihre Blicke nicht gewohnt, können die silbrigen, nahezu pupillenlosen Augen seiner Art sehr beunruhigend wirken, zumal in diesem Fall etliche Narben hinzukommen, die seinem Leib ein zweites Muster verleihen.
Der Wór darf nicht vergessen, dass außerhalb der Berge angetroffene Goliath entweder in einer Kriegs- oder Jagdgruppe reisen oder, sofern allein wie Bluthand, Ausgestoßene sind. Er wird seinen Namen nicht umsonst bekommen haben.
Der Gardist nickt und tritt zur Seite. Obwohl er nicht den Blick senkt, kommt er nicht umhin, unruhig mit den Fersen zu wippen. Seine älteren Kollegen sind mit einem Kameltrieb beschäftigt, sodass nur ein oder zwei das Geschehen verfolgen. Gardekat lässt ein leises Schnurren verlauten. Er scheint zufrieden mit seinem Begleiter.

El-Azarje

  • Beiträge: 110
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #37 am: 28.10.2010, 19:02:34 »
"Sie sind ohne äußere Verletzungen gestorben, sagt Ihr? Wißt Ihr, was das heißen könnte?", fragt El-Azarje. Doch er lässt die Frage unbeantwortet und stellt weitere Fragen an die verwirrte alte Frau, "Ich habe noch nie von Esma gehört. Wer ist das? Und wo sind meine Eltern jetzt?", El-Azarje verharrt einen Augenblick und senkt den Kopf ein wenig, um ihre Augen sehen zu können. Ihre Blicke treffen sich. El-Azarje schließt die Augen, zwingt sich zur Ruhe und gestattet es sich, Mitleid für die alte Frau zu empfinden. "Fatima, seht mich bitte an. Es tut mir leid, dass ich Euch so unter Druck setze, Fatima. Ich bin fast außer mir vor Trauer und hilfloser Verzweiflung und vergesse darüber, dass es auch ein großer Verlust für Euch ist. Ihr müsst auch große Angst gehabt haben - und doch seid Ihr geblieben, um auf mich und Ibrahim zu warten. Dafür danke ich Euch... . Sie sind jetzt tot. Ich kann nur noch versuchen, zu verhindern, dass sie uns auch noch erwischen. Versteht Ihr mich? Bitte denkt also nach; ich muss jetzt alles wissen, was für mich wichtig sein könnte.", sagt er einfühlsam aber bestimmt.

Ansuz

  • Moderator
  • Beiträge: 1085
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #38 am: 30.10.2010, 00:15:19 »
Azarje:

Fatima blinzelt scheu zu Azarje hoch, bevor sie sich wieder nähert und ihre Arme um ihn schließt, wie sie es sein ganzes Leben lang getan hat. Den Kopf an seine Brust gelegt murmelt sie: „Es tut mir leid!“
Sie löst sich halb, hält ihn aber weiter an den Hüften. „Ich weiß es nicht, Junge! Es war, als wären sie eingeschlafen!“ Sie schüttelt den Kopf, als wüsste sie nicht mehr weiter. „Nicht einmal el-Satim[1] konnte feststellen, was sie umgebracht hat. Er...er sagte, ihre Herzen...“ Sie beißt sich auf die Unterlippe und dreht den Kopf weg. Die Hunde jaulen leise und drängen sich wie menschliche Angehörige an sie.
„Entschuldige!“, bringt sie hervor. Traurig lächelnd tätschelt sie Tashkums  Kopf, während sie fortfährt: „Wir wissen nur deshalb davon, dass sie...nicht natürlich dahingeschieden sind, weil beide – nein, du musst es selbst sehen! Pholios leuchte mir, aber du musst es selbst sehen!“ Sie nickt zu sich selbst. „Sie sind in der Familiengruft aufgebahrt worden.“
Selbige befindet sich  auf dem großen Friedhof der Stadt, gesichert durch zahlreiche Zauber und bekannt für ihre kunstvolle Fertigung. Der berühmte Bildhauer Rashid el-Halid selbst hat Hand angelegt, um einer der angesehensten Dynastien Hakums einen angemessenen Ruheplatz zu schaffen. Fatima hat dort einen wahren Garten aus Blumen angelegt, deren Duft dem Stein eine freundlichere Aura verleiht. Dort sind Azarjes Eltern gut aufgehoben.
„Esma ist ein Mädchen, dass seit ein paar Monaten in der Küche arbeitet.“, führt sie weiter aus. „Sie hat deine Eltern morgens geweckt. Das arme Ding ist völlig verstört! Sie ist jetzt daheim bei ihrer Mutter, nachdem sie von den Gardisten verhört wurde. Ich glaube nicht, dass sie das Anwesen noch einmal betreten wird.“
Seine alte Amme blickt ängstlich ihn an ängstlich an, die Wangen nass vom Weinen. „Du glaubst, dass sie auch dich und deinen Bruder holen wollen?“, fragt sie halb erstickt.
 1. ein berühmter Heiler

El-Azarje

  • Beiträge: 110
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #39 am: 02.11.2010, 18:14:10 »
El-Azarje hat großes Mitleid mit dem armen Kindermädchen. Sicherlich fühlt sie sich gerade vom Schicksal zerrieben, dass sie nicht verstehen kann. Er lässt sich von ihr den Weg zu den Unterkünften der Wache Emre und des Küchenmädchens Esma beschreiben. Dann legt er ihr die Hand auf die Schulter und sieht ihr in die Augen. "Fatima, Ihr wart immer wie eine Mutter für mich, als meine eigene unerreichbar war. Ich verdanke Euch so viel und schulde Euch nicht minder als meine Herzens-Liebe. Und deshalb will ich Euch auch nicht in Gefahr wissen. Nehmt dieses Säckchen mit Gold[1] und dann verlasst dieses Haus und auch diese Stadt und fangt ein neues Leben an. Seht nicht zurück und hofft nicht weiter, denn die Hoffnung ist hier verloren.". El-Azarje versucht sich zu erinnern, ob Fatima irgendwelche Verwandten hat, doch ihm fällt niemand ein. Er hat nie gefragt. "Wenn ich nichts mehr von Euch höre, dann bin ich glücklich, Euch in Sicherheit zu wissen. Ich selbst werde meine Nachforschungen anstellen und dann meinem Bruder entgegenreisen. Ich fange bei dem Küchenmädchen an.", sagt er. Sobald er die Amme verabschiedet hat, bricht er zu der Familien-Gruft auf.
 1. 10 GP verloren

Ansuz

  • Moderator
  • Beiträge: 1085
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #40 am: 04.11.2010, 14:44:12 »
Massoud:

Massoud und Maventhua steht es frei, weiterzuziehen. Schweigend nähern sie sich Seite an Seite dem Tor. Die Menschen weichen ihnen mit großen Augen aus. Die meisten haben in ihrem Leben wahrscheinlich niemals einen Wór gesehen, geschweige denn einen Goliath oder eine Riesenechse, wie es sie im Hochland zuhauf gibt.  Der Kameltreiber wirft ihnen finstere Blicke zu, als seine Tiere vor Yal scheuen. Sofort schaltet sich ein alter Gardist ein:
„Schnallt Eurem Reittier einen Riemen ums Maul, bevor Ihr eintretet, Besucher!“, ordnet er mit ruhiger Stimme an. Seine Leibesfülle gepaart mit dem Pfeifenodem, der den Tiefen seines Rachens entsteigt, kennzeichnen ihn als eher gemütlichen Gesellen. Unter schweren Augenlidern blicken träge, aber bestimmte Augen hervor.
„Außerdem muss ich erfahren, was das dort ist!“, stellt er auf Gardekat deutend fest. Dessen Reaktion besteht aus einem pikierten Schnauben. Wahrscheinlich wägt er ab, ob solch eine Dreistigkeit geahndet werden sollte oder nicht.
Bluthand scheint langsam gereizt. Immer wieder dreht er sich zu der stetig größer werdenden Menge hinter ihnen um. Sein Volk mag keine Massenansammlungen. Ihr Leben spielt sich innerhalb einer kleinen, extrem vertrauten Gemeinschaft ab, die im krassen Gegensatz zu den übervölkerten und depersonalisierenden Städten, die es überall an der Küste geben soll, steht. Er dürfte sich bedrängt fühlen, vielleicht herausgefordert. Seine Anspannung entgeht auch dem Gardisten nicht, der ihn nicht aus den Augen lässt.

Ansuz

  • Moderator
  • Beiträge: 1085
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #41 am: 04.11.2010, 14:44:41 »
Azarje:

Fatima gibt sich alle Mühe, möglichst genaue Wegbeschreibungen abzugeben. Man merkt, dass sie sich eigentlich nur im Bereich des Anwesens und der Fünf Hallen gut auskennt. Dem Rest der Stadt hat sie nie vergleichbare Aufmerksamkeit geschenkt. Vielleicht als Kind, aber das ist viele Jahrzehnte her. Sie kam bereits als junge Magd zu seiner Familie. Wenn sie seitdem einmal nicht das Gesinde scheuchte oder den Brüdern ihre Brust lieh, pflegte sie die Gärten. Draußen auf den Straßen gab es nichts von Wert für sie.
Den Goldbeutel sieht sie dementsprechend wie ein Relikt aus einer anderen Dimension an. Ihre Augen glänzen feucht, als sie Azarje fragt: „Aber...wohin soll ich denn gehen?“
Ihre Stimme klingt unnatürlich klagend in der Weite des Eingangshalle. Passender könnte die Stimmung nicht sein. Das Haus wird nie wieder so sein, wie er es in Erinnerung hat. Die Wärme eines behaglichen Heims ist fort, vertrieben von der Kälte des Grabes.

El-Azarje

  • Beiträge: 110
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #42 am: 07.11.2010, 22:09:48 »
"Geh zu den Vahidi[1]. Es ist mir nicht wohl bei dem Gedanken, dass ihr hier verbleibt. Mach es mir bitte nicht schwerer, Dich gehen zu lassen. Ich küsse Deine Stirn.", sagt El-Azarje und küsst sie auf die Stirn. Noch nie zuvor hatte er solche Vertrautheit mit der Amme ausgetauscht. Dann dreht er sich um und geht auf den Ausgang zu. Sie sollte nicht sehen, dass ihm eine Träne die Wange hinunterlief.
 1. Dies soll ein Geschäftspartner der Familie sein, der ebenfalls in der Stadt ein Anwesen hat.

Massoud

  • Beiträge: 113
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #43 am: 07.11.2010, 22:19:04 »
Der Wór lächelt sanft dem älteren Gardisten zu, nachdem sie den jüngeren Gardisten, der seine Sporen verdienen wollte, überwunden haben. Dieser ältere Mensch ist umgänglicher und das gefällt dem Wór. Keine langen Disputationen, keine verschenkten Worte. Kurz und prägnant und vor allem auch sinnvoll. Behände umwickelt Massoud Yals Maul und beruhigt seine Echse, ein aufmunterndes Klopfen, welches verdeutlicht, dass der Aufenthalt nicht von langer Dauer sein wird.
Doch dann stellt der Gardist eine Frage, die der Löwenmensch nicht so recht zu beantworten weiß. Es gibt vieles Worte, Begriffe, Kategorien und Denkmuster. Schubladen, wie in einem dieser merkwürdigen Möbel, welche die Menschen Schrank nennen, in denen Wissen und Erfahrungen gleichermaßen einsortiert werden, um eine Zuordnung zu haben und die Chance, mit wenigen Worten viele andere Worte und Begriffe mit einzuschließen. Menschen nennen solche Wesen Philosophen, Wór nennen solche Wesen Seet. Ein Seet ist viel mehr als nur ein Philosoph für die Gesellschaft der Wór, doch hat Massoud auch Gerüchte gehört, dass es menschliche Gesellschaften gab, welche sowas wie eine Epistokratie haben. Massoud würde jene weisen und wissenden Herrscher gerne kennenlernen und sich überzeugen, ob sie sehend sind wie die Seet selbst.
Das gebrannte Kind ist weder Seet noch Philosoph, er ist ein Krieger und als solcher liebt er die Fähigkeit der Einordnung, doch er beherrscht sie nicht annähernd, weshalb er Gardekat nicht beschreiben kann. Er könnte Worte finden, welche Eigenarten oder das Aussehen seines Begleiters treffen werden, aber nicht kann er dem Gardisten erklären, was der Pseudodrache genau ist. So muss er der Frage des Gardisten ausweichen, auch wenn es dem Leoniden nicht wirklich angenehm ist. Äußerlich ist Massoud jedoch gefasst und ruhig, er mustert den Gardisten mit jetzt deutlich freundlicherem Blick und nickt im dann zu, da er in diesem Moment Yals Maul abgebunden hat und die Echse nun auch in den Augen eines Zweiflers keine große Gefahr mehr darstellt. Massoud zweifelt selbst nicht daran, dass Yal ein kriegsuntüchtiges Wesen hat, denn Yal ist ein Tier der Ausdauer und Tragkraft, keine bisswütige Bestie. Aber unnütze Verzögerungen bringen weder den Löwen in die Stadt, noch besänftigen sie Maventhua, der deutlich weniger Geduld als der alte Krieger aus der Steppe zu haben scheint.

Ein Augenblick vergeht und Massoud gibt das Ringen mit den Worten auf, er möchte Bluthand nicht unnötig warten lassen und damit verärgern. Er weicht einer Bestimmung Gardekats aus, denn eine solche wird weder Massoud noch Gardekat zufriedenstellen. "Er ist mein Haustier. Sein exotisches Aussehen täuscht häufig darüber weg. Er ist friedlich." Shabani hofft, dass diese Worte dem Gardisten reichen und so will der Löwenmensch weiter in die Stadt vordringen.

Maedre

  • Beiträge: 42
    • Profil anzeigen
Hakum
« Antwort #44 am: 09.11.2010, 13:45:50 »
Oben auf den Dächern bewegt Maedre sich noch mit eher wackligen Beinen. Er war sich fast sicher das er der Katastrophe nur knapp entkommen war. Er lebte lang genug auf den Straßen um ein Gespür dafür bekommen zu haben. Nun es wurde langsam Nacht aber die Geschäftigkeit würde noch ein paar Stunden andauern. Schließlich wurde ja über den Tag hinweg geschlafen. So ist dieses Land halt.
Nochmal lässt er sich die Informationen die er ergattert hatte durch den Kopf gehen. Der fremde Mann Hieß Anuschib und er ist ein gesegneter eines unbekannten Gottes, vielleicht auch ein Priester. Maedre hatte gehört, dass die Priester des Pholios auch Magie ähnliche Kräfte haben. Aber er ist noch nie einem begegnet. Doch Anuschib scheint solche Kräfte zu haben und zwar finstere, was auf seinen Gott und auch auf ihn selbst was aussagt. Nun einen Anhaltspunkt hatte Maedre noch Anuschib besaß einen Kontor am Hafen. Den würde er sich mal ansehen gehen.
Während Maedre diese Gedanken im Kopf durcheinander warf. und er zur See starrte ging die Sonne weiter unter . Kurz vorm erlöschen Reißt Maedre sich aus Gedanken und betet das Abschluss Gebet des Tages. "Wir danken dir, Oh Pholios, für den Segen des vergangenen Tages. Wir danken die für deinen Schutz und den Frieden den du uns beschenkt hast. Möge dieser erhalten bleiben auch wen deine Sengendes Gesicht nicht am Himmel steht."

Danach wartet Maedre noch gut eine Minute bevor er sich auf den Weg zum Hafen machte.