Der Wór blickt den Gardisten nachdenklich an und blickt dann zu Maventhua, dann auf dessen Bidenhänder und schließlich wieder zu dem Gardisten. Daraufhin blickt Massoud wieder am Wächter vorbei und wartet einen Moment, blickt auch zu den älteren Gardisten.
"Ob sie wohl umgänglicher sind?" Doch im Moment muss er mit dem noch recht jungen Gardisten vorlieb nehmen und er will das auch nicht ändern. Stattdessen blickt Massoud über seine Schulter auf seine Waffen und atmet dann hörbar aus, dreht den Kopf zurück und blickt nochmals zum jungen Gardisten.
"Soll meine Reise wegen solch einer Lappalie an diesem Tor enden?"Sicher kann Massoud die Stadt auch umrunden, ihn drängt nicht viel in diese Stadt. Diese Stadt ist nicht die einzige Möglichkeit, ein Meer zu besuchen. Aber er hat Gardekat versprochen, die Stadt zu besuchen und auch Bluthand auf ein Getränk eingeladen, da kann der Löwenmensch nicht einfach umkehren und muss mit dem Gardisten vorlieb nehmen, zumal er sonst Worte gesprochen hätte, die keinen Zweck hatten. Nur die Waffen ablegen, das will und das kann Shabani nicht akzeptierten, weshalb er nach einer Lösung sucht.
Massoud ringt mit sich und erwägt, wie er ohne viele Worte an diesem Gardisten vorbeikommt.
Eine Bestechung wäre eine falsche Wahl, zumal des Gardisten ältere Kameraden sowohl den jungen Gardisten als auch Massoud und Maventhua bereits im Auge haben und das Übergeben eines Klimperbeutels damit zu auffällig wäre, während eine Herausforderung zu einem Duell nur den Unmut der Gardisten nach sich ziehen würde und dieses Duell seinen Stand nicht sonderlich verbessern würde, gerade wenn Frieden in der Stadt herrscht. Ein Friede, den Massoud wahren möchte. Die Frage ist jedoch immer, ob das auf alle zutrifft, welche sich in der Stadt befinden. Alle Wege, die Gewalt beinhalten, fallen also für Massoud weg, weil er damit wohl das Selbstverständnis und den Stolz Hakums verletzten würde und dieses Handeln die Mauern der Stadt nur noch dicker werden lassen würden. Ebenso wenig kann er den Gardisten nicht einfach ignorieren und an ihm vorbeireiten, die Gardisten würden ihm folgen und ihn wieder aus der Stadt werfen. Massoud hat auch nicht vor, etwas Derartiges zu tun, sodass er befürchten muss, den Besuch, oder vielmehr dann das Eindringen, später bereuen zu müssen. So grübelt Massoud fast eine ganze und lange Minute, bevor ihm die Idee kommt.
Der Weg zur Plünderstraße hört sich für den Wór ziemlich gut an, obwohl davon auszugehen ist, dass es dort von niederträchtigen Gestalten nur so wimmelt. Der Gardist scheint den Leoniden und den Goliath auch für solche Glücksritter zu halten, welche ihre eigene Mutter für Gold und Abenteuer verkaufen. Eine Anschuldigung, mit der Massoud nicht wirklich leben kann, auch wenn er sich nicht grämen würde, wenn er einen solchen Auftrag in Kauf nehmen müsste, um seine Bestimmung zu erfüllen. Aber er würde eben nicht seine Mutter dafür verkaufen und er würde nicht gegen sein Volk kämpfen, wenn jemand, der kein Wór ist, das von ihm fordert. Aber eben diese Unterstellung bringt den Wór auf eine Idee, als sein Blick auf den Langspeer des Gardisten fällt. Massoud hat in seinem Leben von vielen Asketen seines Volkes gehört, welche den Weg des Friedens eingeschlagen haben, um mit dem martialischen Erbe des Löwenvolkes zu brechen und sich dem Schicksal der Wór, nämlich Krieg, entgegenzustellen. Obgleich die Seet viel unternehmen, um diese Leoniden von den Gemeinschaften fernzuhalten und aus der Steppe zu jagen, treffen viele junge Wór gerade auf Reisen häufig solche sogenannten
Jaama Isi, die Friedensbringer. Auch Massoud hat einst einen getroffen und erschlagen. Bei dem Aufeinandertreffen hat er von den Legenden des ewigen Friedens gehört und warum diese Wesen keine Waffen tragen. Diese Argumentation will der Wór sich jetzt nutzbar machen. Er erhebt die Stimme wieder, wohl wissend, dass die anderen Gardisten inzwischen auch zuhören mögen.
"In der Stadt herrscht der Friede. Ich verstehe diese Phrase nicht. Wenn Friede herrscht, warum trägst du dann ein Instrument des Krieges?" Massoud hat einst davon gehört, dass Menschen andere Floskeln der Höflichkeit benutzen, doch erinnert er sich ihrer im Moment nicht, weshalb er den Gardisten einfach duzt. "Kannst du die Herrschaft des Friedens nicht wahren, ohne sie zu tragen? Das bedeutet, dass du Frieden erzwingst. Erzwungenen Frieden gibt es nicht, es gibt nur Krieg, Waffenstillstand und wahren Frieden." Massoud spricht laut genug, damit die anderen Gardisten es auch hören können, ohne das seine Stimme dabei schreiend oder aufdringlich wirkt.
"Aber ich will mich einem Teil deiner Sitten anpassen. Wenn du mit einer Waffe in deiner Hand «Frieden» halten und wahren kannst, will ich das auch tun. Ich biete dir nochmal an, meine Waffen zu knoten. Du kannst sie mir nicht nehmen, das ist mein Gesetz. So wie es dir an diesem Ort Gesetz ist, für Ruhe und Ordnung zu sorgen.
[1]"
Massoud hat keine Idee, wie die Menschen darauf reagieren werden, zu wenig weiß er von ihren Gesetzen, von ihren Überzeugungen und von der Härte ihrer Prinzipien, aber ihn selbst hat diese Argumentation damals überzeugt. Seit der den Jaama Isi Tëga getroffen hat, weiß er mit Gewissheit, dass es nur Wesen des Friedens und Wesen des Krieges gibt und nichts dazwischen. Es ist die Aufgabe einer Gesellschaft, diese beide Gruppen zusammenzubringen und einen Einklang zu schaffen. Massoud ist ein Wesen des Krieges und er hat diese Gesellschaft noch nicht kennengelernt, denn er kommt aus einer Gesellschaft des Krieges. Aber eine solche Gesellschaft selbst zu schmieden, das ist auch nicht die Bestimmung des gebrannten Kindes, dessen ist er sich sicher.
"Was diese Menschen wohl für Wesen sind? Soweit ich weiß, gibt es auch viele Wesen des Krieges unter ihnen."Massoud nimmt ein Stück Stoff hervor und bindet seine Waffen fest an seinen Körper fest, sodass er sie nicht im Streit ohne Weiteres ziehen kann. Vielleicht hat der Mensch die Worte Massouds nicht verstanden, weshalb der Wór die Waffen jetzt schon bindet, um dem Wachmann begreiflich zu machen, dass seine Waffen in dieser gebundener Form keine Gefahr sind. Vielleicht wird der Wachmann dann verstehen, vielleicht auch nicht. Dann wird Massoud einen anderen Weg in die Stadt suchen müssen. Abbringen lässt er sich nicht mehr.
"Vielleicht reicht eine einfache Frage, welche Wege des Einlasses es noch gibt?" Massoud weiß es nicht, und irgendwie will er es auch gar nicht wissen. Seine Unwissenheit würde den Gardisten nur mit Spott nähren, darauf kann der Leonid verzichten.