Autor Thema: Interpellation  (Gelesen 6857 mal)

Beschreibung: Feedback- und Anregungsthread

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Samuel Weissdorn

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Interpellation
« Antwort #15 am: 05.09.2013, 22:22:29 »
Zunächst einmal: Ich kann mich unserem SL nur anschließen in der Wertung, dass dies eine außergewöhnliche Runde war. Sie hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht.

Was Samuel angeht, ist Menthirs Einschätzung weitgehend auf den Punkt. Er verliert sich in seinen Rollen, weil er die Person, die er eigentlich ist, nicht mehr sein will. Das ist im Grunde auch die Tragik dieses Charakters. Er ist auf der Suche nach Freiheit, glaubt, alles sein zu können, was er will, kann aber gerade das Wichtigste nicht sein: Er selbst.

Und da für ihn alles nur ein Schauspiel ist, berühren ihn die Dinge, die er erlebt, auch zu wenig. Das ist tatsächlich auch einer der Gründe, weshalb Samuel seiner Umwelt zu wenig Beachtung schenkt. Ich hatte eigentlich gehofft, dass sich das in der Interaktion mit den SC ändern würde, aber wann immer sich mal die Gelegenheit bot, kam bei mir der Job oder irgendwas anderes dazwischen.  Das hat mich selbst wahrscheinlich am meisten geärgert, aber manchmal ging es eben nicht anders.

Samuel ist auch, wie du es beschrieben hast, elitär, was aber an zwei Dingen liegt: Zum einen an seiner Geschichte, die ihn dazu bringt, sich nur schwer anderen zu nähern, und das Elitäre macht es ihm leicht, auf Abstand zu bleiben. Zum anderen ist es eine Fehleinschätzung, denn obwohl er ein kluger Kopf ist, hält er seinen Pragmatismus für geistige Überlegenheit: Durch seine Rollenwechsel und Manipulationen kann er Dinge erreichen, die für andere schwer zu erreichen sind, aber das ist weniger eine Frage der Intelligenz, als der, nun ja, moralischen Flexibilität.

Eingehen möchte ich noch auf Alfreds Feedback zu Samuel. Ich gebe zu, dass ich liebend gerne Charaktere spiele, die in einem Punkt sehr stark sind, und dazu eventuell noch ein etwas breiteres "Allgemeinkönnen/-wissen" haben, das aber nicht unbedingt auf allzu hohem Niveau sein muss. (Heißt nicht, dass ich das immer so mache - aber eben durchaus gerne, und bei Samuel trifft es eindeutig zu.)
Was da aber bei Samuel herausgekommen ist, habe ich beim Charakterbau ehrlich gesagt selbst nicht so erwartet. Als die Werte dann aber einmal da waren, haben sie für mich auch den Charakter geformt: Ich halte es nur für natürlich, dass jemand mit solchen Fähigkeiten sie auch einsetzt.

Gleichzeitig denke ich, dass es einer Kombination aus meinem späten Einstieg und den immer wieder auftretenden Phasen viel zu knapper Zeit geschuldet ist, dass ich Samuel stellenweise so extrem ausgespielt habe. Durch den späten Einstieg hatte ich als Spieler das Gefühl, dass ich zunächst eigentlich nur Mitläufer war. Die Vorlesung hat wahnsinnig viel Spaß gemacht und war für mich eine der tollsten Szenen, die ich bisher im Rollenspiel gespielt habe, aber für die eigentliche Story hatte sie nicht gerade viel Bedeutung. Als dann die Verschwörung der Dozenten offenbar wurde, ist Samuel im Grunde eher "mitgelaufen"; seine Versuche, mehr Zeit herauszuschlagen und so mehr eigenständig Handeln zu können, wurden abgeblockt. Damit konnte ich Samuel eigentlich zum ersten Mal wirklich für die eigentliche Geschichte zum Einsatz bringen, als wir auf dem Gut angekommen sind.

Genau in dieser Zeit wurde mein privater Stress noch heftiger als vorher, so dass ich echte Schwierigkeiten hatte, mit zu kommen. Ich wollte Samuel aber auch nicht nur daneben stehen lassen, und das hätte auch nicht zu ihm als Charakter gepasst. Durch diese Kombination aus Umständen habe ich vielleicht ein wenig "über die Stränge" geschlagen, weil ich das Gefühl hatte, wenigstens irgendwas in der Geschichte erreichen zu wollen, bevor sie vorbei ist. (Was dann ja letztlich doch auch nicht geklappt hat.)

Das ist für mich persönlich vielleicht auch der größte Wehmutstropfen an dieser Runde: Trotz allem, was Samuel gemacht hat, hatte ich am Ende das Gefühl, dass die Geschichte im Grunde genau so verlaufen wäre, wenn er überhaupt nicht aufgetaucht wäre.

Umso mehr freue ich mich auf die Nachfolgerunde, in der die Geschichte aus Kiel für Samuel zumindest eine prägende Hintergrundgeschichte wird.


Jetzt möchte ich aber noch ein paar Worte über Samuel hinaus verlieren.

Zunächst einmal zu unserem Spielleiter: Ich finde es großartig, wie du, Menthir, es geschafft hast, aus einer im Grunde "ganz normalen" Welt, ohne Drachen und epische Magie, ohne geniale Finsterlinge und strahlende Helden, eine Welt zu erschaffen, die für mich vieles überstrahlt, was mir bisher begegnet ist.

Es ist die Tiefe, die Komplexität und Lebendigkeit, die du in diese Welt hineinlegst, die Mühe, die du dir mit so vielen Details machst, dass ich persönlich mich der Faszination dieser Welt, wie "normal" sie auf den ersten Blick auch erscheinen mag, nicht mehr entziehen konnte. Insofern sehe ich dich nicht einfach nur in der Rolle eines Spielleiters, du bist vielmehr ein Geschichten-Erzähler im ganz traditionellen Sinne, der mit Worten seine "Zuhörer" in seinen Bann schlagen kann, ganz egal, worüber er erzählt. Das ist ein außergewöhnliches und wundervolles Talent, und ich bin froh, das als Spieler in deiner Runde erlebt zu haben und noch einmal erleben zu dürfen.

Das macht auch allemal wett, dass ich das Gefühl hatte, dass Samuel in der Geschichte nicht wirklich "wichtig" war ;-)


Nun zu meinen Mitspielern. Ich habe mit Samuel leider weder Hermene, noch Donald, noch Conrad wirklich kennenlernen können, auch wenn ich letzteren noch ein wenig mitbekommen habe. Insofern kann ich eigentlich nur etwas zu Alfred und zu Carl sagen.

Alfred habe ich als faszinierenden Charakter kennengelernt, ein Mann, der Notwendigkeiten erkennt und versteht, der bereit ist, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen, aber dabei auch konsequent für den Fortschritt eintritt, im vollen Wissen, dass neue Technologien auch immer missbraucht werden können, der Verzicht auf sie aber die größere Tragik wäre.
Auf seine eigene Weise war Alfred nicht minder strikt in seinen moralischen Wertvorstellungen als Carl, wenn auch mit einer völlig anderen Prägung natürlich. Wie er in der Rolle des "Spielballs größerer Mächte" immer darum gekämpft hat, auch für sich und seine Familie zu sorgen, hat mir wahnsinnig gut gefallen.

Carl als "Inkarnation des Preußen schlechthin" konnte man einerseits als Klischee interpretieren, andererseits hatte er doch genug Ecken und Kanten, genug eigene Gedanken, um eben das nicht zu sein. Ohne da irgendein historisches Detailwissen zu haben, kann ich mir durchaus vorstellen, dass zur damaligen Zeit tatsächlich Männer wie Carl in Preußen gelebt haben, mit größtem Ehr- und Pflichtgefühl, vielleicht auch ein wenig verblendet, aber nichtsdestotrotz vollständige Persönlichkeiten, die ihr Preußentum mit ganz eigenen Meinungen und Weltsichten ergänzt haben. Echte, lebende Charaktere eben - und genau das war Carl für mich.

Unterm Strich kann ich zu beiden Charakteren sagen, dass sie aus meiner Sicht wirklich dreidimensional waren, Tiefe hatten, und es mir einfach Spaß gemacht hat, die Beiträge zu lesen. Und ich freue mich schon auf die Fortsetzung :-)
« Letzte Änderung: 23.09.2013, 20:39:20 von Samuel Weissdorn »

Menthir

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Interpellation
« Antwort #16 am: 09.10.2013, 20:27:18 »
Ich möchte im Folgenden noch auf eure Interpellationen eingehen. Es gibt unglaublich viele Punkte, auf die ich eine Emphase geben würde oder auf die ich nochmal eingehen würde. Einiges habe ich jedoch bereits beschrieben, außerdem will ich mich nicht in zu vielen Details ersticken, sodass ich eine Auswahl treffen werde. Diese sind subjektiv ausgewählt und könnten nicht euren Wünschen nach Diskussion entsprechen. Wenn ihr also noch Punkte beleuchten wollt, zögert nicht, diese anzusprechen.

Zuerst möchte ich mich bei euch jedoch für die lobenden Worte bedanken! Es freut mich, dass sich unsere gemeinsamen Mühen gelohnt haben, ebenso wie es mich freut, dass sich viele Dinge noch verbessern lassen und so ein Wachstum (ob positiv oder negativ) definitiv feststellbar ist. So bleibt es weiter eine schöne Herausforderung und diese Runde eine umso schönere Erinnerung. :)

[...]Das hat natürlich nicht immer funktioniert, und auch in dieser Runde tut es mir auch aufrichtig Leid, nicht Menthirs erster Bitte, einen Studenten oder Burschenschaftler zu spielen nachgegangen bin. Immerhin hätte dies eine passende Grundlage für die Handlung des Spiels geliefert (auf der anderen Seite bin ich jedoch froh, wie sich der Spielleiter um meine Sonderwünsche gebogen hat - das gehört aber unter Punkt B). Ich habe daher auf jeden Fall gelernt, dass es sich durchaus lohnen kann, dem Spielleiter zu Spielbeginn auf den Zahn zu fühlen um abzustecken, in welche Richtung das Spiel gehen soll - und welche Spielercharaktere dem Spielleiter vorschweben.

Ich halte dies für einen sehr wichtigen Punkt, wie von mir bereits in meiner Interpellation angesprochen. Ich bin vor allem für das Aushandeln sehr dankbar. Es ist nie schädlich zu wissen, wohin der Spieler will, wie er das Spiel sieht, was er sich gut vorstellen kann. Das ist mir sehr wichtig und es hilft mir, die Runde auf die Spieler zuzuschneiden. Von daher gibt es keinen Grund, dass es dir Leid tun sollte. Ganz im Gegenteil. Ich bin sehr dankbar, dass die Spielerschaft meinen engen Fokus aufbrechen konnte. :)

Zitat
Eine meiner ersten Erwartungen an das Spiel und dessen Verlauf war, dass unsere Charaktere ein Abenteuer im besten Sinne eines Actionfilms erleben werden. Diese Erwartung war zum größten Teil unbegründet, zum kleinen Teil jedoch voreingenommen durch das actionlastige Spielsystem Pathfinder und meiner bisherigen Rollenspielerfahrung. Jetzt, zu Spielschluss, würde ich unsere Geschichte viel eher als Politthriller beschreiben, ein Genre, in dem ich mich durchaus sehr wohl fühlen kann. Ich für meinen Teil bin froh über diese Entwicklung und auch, dass diese Art des Spiels noch so viele Mitspieler angezogen und gehalten hat. Schließlich ist das nicht die erste Erwartung, die man an ein Abenteuerrollenspiel stellt, wenn man glaubt, ein solches vor sich zu haben.

Ich liebe das Spielen mit Erwartungen. Ein Abenteuerrollenspiel war aufgrund des Systemes zu erwarten. Der Spielinhalt schien auch vor allem kriegerische Inhalte zu vermitteln und nach der Studentschaft waren vor allen deren Probleme zu erwarten. Ehrlich gesagt, konnte ich anfangs selbst nicht sagen, wohin es genau gehen würde. Es war eine Mischung aus Wunsch und Entwicklung, die vor allem auf eurem Rücken getragen wurde. Ich war insofern in einer komfortablen Situation, da ihr es gleich mitgetragen habt. :)
Ich denke auch, dass es ein Politthriller am ehesten trifft. :)

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Durch die Anforderung dieser Runde, an einem historischen Szenario teilzunehmen, habe ich meine Begeisterung für Geschichte entdeckt - etwas, was ich bis vor einigen Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Das möchte zunächst als etwas sehr positives festhalten, weil es etwas ist, wovon ich glaube, dass ich es in jedem Fall für die Zukunft mitnehmen kanne. In einem selbstgeschriebenen Szenario hätte dies nicht passieren können.

Das freut mich als Historiker ganz besonders. :)

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Außerdem hat es mir das historische Szenario ermöglicht, die gesammelten Informationen auf der Wikipedia für mich zu nutzen. Unter dem Vorwand, natürlich, es für unser Spiel zu nutzen, bin ich auf für mich faszinierende Themen und Ereignisse gestoßen, denen ich sonst nicht begegnet wäre.
Auf der anderen Seite bedeutet diese Freiheit und das massive Angebot natürlich auch, dass man den Fehler begehen kann, sich zu tief in den Hintergrund des Spiels einzuarbeiten. Zu tief heißt in diesem Zusammenhang nicht, dass man besonders umfangreich informiert ist, sondern zweckgemäß am Ziel vorbei schießt: Mir ist es oft genug passiert, dass ich aus dem Lesen nicht mehr herausgekommen bin, wenn ich versucht habe, mir die Zusammenhänge aus den Bündnissen, Verträgen und Forderungen zu erschließen, die in unserem Spiel direkt, indirekt oder gar nicht vorgekommen sind. Insofern bin ich als Spieler leider oft der Gefahr nicht entkommen, den Bezug zu unserem Spiel zu verlieren. Natürlich ist das nicht vollständig verlorene Zeit, weil man dabei immer für sich selbst etwas sinnvolles lernt - es ist immerhin realhistorisch, nicht wahr? Dennoch ist für mich der Zeitinvestition unverhältnismäßig angestiegen, je weiter es ans Ende des Spiels ging und je mehr Zusammenhänge für die eigenen Handlungen zu berücksichtigen waren.

Das Problem kenne ich gut. Wie beschrieben, habe ich euch damit allein gelassen weitestgehend, obwohl ich sehr komfortabel die Links gesetzt habe. Finster hat durch seine OOC-Kontakte zu mir, durch ICQ, dahingehend sicher einen Vorteil gehabt, da er eventuelle Fragen mit mir klären konnte und so der Rahmen leichter zu stecken war. Conrad stand dieser Weg auch offen. Euch stand dieser Weg OOC offen. Vielleicht hätte man mehr damit arbeiten können, um den Rahmen schneller zu stecken. Andererseits glaube ich, dass die zentralen Themen im Laufe des Spiels immer wieder aufgetaucht sind. Auf der anderen Seite habe ich durch eure Verlinkungen auch sehr viel gelernt! Das Schöne ist, dass die Vermittlung von Ideen und Ansätzen so viel leichter ist, weil man nicht alles ausführlich beschreiben muss und trotzdem auf einen Nenner kommt. Vielen Dank also für die vielen Impulse, die ihr mir damit auch gegeben habt! :)

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Ein letzter Punkt, den ich ansprechen möchte, ist das Fantasyelement des Szenarios. Obwohl Du zu Beginn bereits deutlich gemacht hast, dass das gesamte Pathfinderregelwerk mit dem gesamten Arsenal an Zauber vorhanden ist, hat sich ein Großteil Deiner Spieler dagegen entschieden, sich mit der Magie zu beschäftigen. Carl, Conrad, Samuel und Karl haben trotz der Möglichkeiten martialische Charaktere im Pathfindersinne gewählt. Hermene war die einzige Figur, die ihre magischen Voll ausgenutzt hat, Donald hat leider nicht lange genug am Spiel teilgenommen, um seine Tendenz zu zeigen, und Alfred hat deutlichen Gebrauch von seinen alchemischen Fähigkeiten und arkanen Möglichkeiten gemacht.
Magie hat eine unterstützende Rolle eingenommen, in Form von der verzauberten Waffe des Tortionnaires, des magischen Ringes von Professor Himly und der Unsichtbarkeitstränke von Lavalle auf Gut Emkendorf. Mit dem Söldnerführer John Baker ist, wenn auch nur indirekt, ein Zwerg als Fantasierasse aufgetaucht.

Das ist etwas, was sich auch so ergeben hat. Ich war erst mehr mit der Einbindung beschäftigt wegen der Magiewirkerin. So kamen ja auch magische Nebel und Beschwörungen seitens von Donald vor. Der Folterknecht war als Ork interpretierbar. Ich habe es nachher immer weiter verschleiert und so gefiel es mir mit der Zeit immer besser. Ich denke, dass es so auch in die Runde gewachsen ist und so nachher eben mystisch genug blieb.

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Ich habe mir die Frage gestellt, wie sich die Magie in ein historisches Szenario einbetten lässt, und habe auch heute noch keine Antwort darauf. Sofort stellen sich mir Fragen, wie beispielsweise eine Gesellschaft, die neben der Wissenschaft und Technik auch die Magie als Möglichkeit hat, sich wohl entwickeln wird, vor allem im Zeitalter der Industrialisierung. Oder wie die Glaubensfrage nach dem "Ob?" der Religion ein für alle Mal beantwortet sein wird, und noch nur die Frage nach dem "Wie?" stehen wird, und wie der Einfluss der Kirche angesichts dieser Unzweifelhaftigkeit aussehen wird. Das sind nur wenige Fragen, die wir nicht versucht haben zu beantworten. Auf der anderen Seite, war dies auch nicht das Ziel unseres Spieles.

Im Endeffekt bin ich zum größten Teil zufrieden damit, welchen Stellenwert die Magie in unserer Welt eingenommen hat. Wir sind in größten Maßen im Rahmen des plausiblen und glaubhaften geblieben, ohne gleich die Tiefen der Magie aufzubrechen. Für das Kampagnenziel hat sie keine Rolle gespielt, es ging schließlich um politische Intrigen und nicht darum, einen Erzmagier zu Fall zu bringen. Vermutlich wird dieser Zusammenhang mit ein Grund dafür sein, warum sowohl Spielleiter als auch Spieler sich dazu entschieden haben, Magie oder magische Lösungswege nur dezent einzusetzen. Ich möchte daher die glaubwürdigkeit unseres Szenarios ein wenig mit der Dark Knight Trilogie oder sogar dem Film Prestige von Christopher Nolan vergleichen. Beide Filme bieten keineswegs eine realitätsnahe Geschichtswelt, unterstützen den Zuschauer jedoch (in den meisten Fällen) in seiner willentlichen Aussetzung der Ungläubigkeit durch einen dezenten, unübertriebenen und sinnvoll eingebetteten Umgang mit dem Unglaubhaften.
Ich denke, dass dieses Thema sich im Rahmen der neuen Runde ein wenig anders behandeln lassen wird, allein durch die Tatsache, dass wir ein anderes Spielsystem gewählt haben, welches Magie als solches nicht vorsieht. Durch die Paranormologie ist das Thema jedoch noch nicht vom Tisch. Ich bin jedenfalls gespannt.

Diese Frage stelle ich mir seit unzähligen Jahren und baue dementsprechend an einem Testsetting, welches diese Problematik aufgreifen will. Es ist nur ein Gedankenspiel. Vielleicht kann ich das im gewissen Sinne in die neue Runde einfließen lassen, wenn es sich anbietet. Es sind aber keine Fragen, die ich im Vornherein zu beantworten im Stande war. Ich habe für mich immer simplifiziert wahrgenommen, dass diese vorgekommene Magie ein kleiner Teil der Industrialisierung ist, aber nicht, dass sie diese beschleunigt oder aus den Angeln hebt. Aber das war eine mutige und wenig durchdachte Entscheidung. Letztendlich war mir die Industrialisierung wichtiger als die Magie. :)
Diese Begrifflichkeit des Suspension of Disbelief hatte ich nicht im Kopf, als ich damit umgegangen bin. Aber schön, dass ich jetzt einen Namen dafür habe. :)

Zitat
B. Metagame: Der Spielleiter als Spielmacher

Ich bin fasziniert, dass im Rahmen unserer Runde tatsächlich das Thema Railroading aufgetaucht und zur Diskussion gestellt worden ist, auch wenn die Frage danach im Zusammenhang mit spielleitergeführtem Rollenspiel vermutlich unausweichlich ist. Es war zum Teil erleuchtend, zum Teil aber auch awesome ([ehr]furchterregend), wie ausführlich Du Dein Schienennetz vorgestellt hast, um die Handlung der Geschichte funktionieren zu lassen. Trotz Deiner solchen konzeptionellen Hilfsmittel ist es mir als Spieler jedoch im Verlauf des Spiels nicht in den Sinn gekommen, die Entscheidungen meines Charakters oder die meiner Mitspieler(charaktere) als solche Weichensteller zu verstehen. Insofern empfinde ich Deine Offenheit etwas zweischneidig: Zum einen bin ich froh, wie viel Strukturarbeit unserem Spiel von Deiner Seite aus zu Grunde liegt, zum anderen ist mir etwas unwohl ob meiner Enttäuschung des spontanen Spielleiters (Enttäuschung im positiven Sinne; von einer Täuschung befreit zu werden). Ich habe meine Unwissenheit bezüglich Deiner Spielleiterstrukturen genossen, aber ebenso genieße ich die Einblicke, die ein solches gemeinsames Werk erst ermöglichen.

Ich mag Einblicke in Arbeitsweisen, präsentiere sie aber meist nach der Runde. Immer wieder gebe ich aber auch während des Spieles Einblicke. Ich denke, dass dies beidseitig sein darf, da Empathie für die Spielstile ein höheres Verständnis und damit eine höhere Verzahnung erschaffen.
Allerdings muss ich zugeben, dass es in meinen Runden eigentlich nur die Weichenstellungen gibt, aber das Schienennetz ist nicht fest. Wir bauen die Schienen dazwischen gemeinsam während der Fahrt, teils bewusst, teils unbewusst. Ich lasse sehr viel Raum für Improvisation, verknüpfe alles nur durch sehr flexible, rote Fäden.
Einerseits habe ich für mich einfach festgestellt, dass eine Runde sich von mir nicht aus der Hüfte komplett improvisieren lässt. Andererseits lasse ich mich auch gerne vom Geschehen treiben. Das ist aber auch eine gewisse Geschmackssache. Meine Liebe zum Theater hat das sicher stark beeinflusst. :)

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Ich habe bereits in einer früheren Kritik erwähnt, dass ich es als sehr positiv finde, wie unsere Spielfiguren in Deiner Kampagne mehr sind, als nur das Mittel zum Zweck, Deine Geschichte zu erzählen. Ich möchte erneut festhalten, dass Deine Fähigkeit, Deine Geschichte um unsere Charaktere zu entwickeln bewunderns- und absolut dankenswert ist. Es fühlt sich als Spieler in Deiner Kampagne so an, als ob die Gedanken und Ideen, die in den eigenen Charakter gesteckt werden, wertgeschätzt und in das Spiel integriert werden. Trotzdem gelingt es Dir, die Geschichte voranzuführen und den Verlauf nicht aus den Augen zu verlieren.

Das Lob bedeutet mir viel. Es ist nicht immer leicht, wie sich leider am Beispiel Samuel auch illustrieren lässt. Ich muss da noch ein wenig das rechte Maß finden. Aber es freut mich, dass es in die richtige Richtung geht. :)

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Du hast zu Beginn der Runde an einer Stelle betont, dass unsere Charaktere im Vordergrund des Spiels stehen sollen. Das ist natürlich ein wertvolles Zugeständnis für jeden Spieler, vor allem weil Du dadurch erst solche Ausreißercharaktere wie Schwester Hermene, Samuel Weißdorn und Alfred Nobel erst ermöglichst. Auf der anderen empfinde ich diese Ansicht nur als halbe Wahrheit; schließlich gibt es wenig unbefriedigenderes, als auszuspielen, wie Conrad auf eine Geschichtsprüfung lernt, Carl seinen Kasernendienst leistet, Samuel seine Vorlesung vorbereitet oder Alfred seine Rezepte dokumentiert. Erst durch Deine entsprechende (teilweise sogar Über-!)Forderung Deiner Spieler und deren Charaktere kann es erst gelingen, dass die Figuren in den Vordergrund treten können, und dies hast Du zweifelsohne immer mit einem Blick auf deren Besonder- und Eigenheiten getan. Umsomehr ist es bewundernswert, wie Du aus bereits wenigen Hintergrundinformationen es geschafft hast, die Figuren in Deine Geschichte einzubetten. Dabei denke ich beispielsweise an Alfreds Hintergrund, den ich Dir formal lange vorenthalten habe, die Figur Donald Munros, dessen Schottentum nahtlos in die Ereignisse des Spiels eingefädelt worden sind, und die Geschichte Samuels, der so unfassbar viel greifbares geliefert hat, sodass (zumindest für mich) die Gefahr bestand, den Uberblick über die Figur zu verlieren. Zwei Dinge also, zum Ersten hat man in Deiner Runde die Möglichkeit, einen Charakter selbst gestalten und ausleben zu können, und zum Zweiten entlohnst Du es Deinen Spielern damit, dass sie echten Fuß in Deiner Geschichte fassen und nicht als austauschbare Figuren dastehen. Diese gegenseitige Erwartungshaltung und Erfüllung ist für mich unfassbar wertvoll.

 :oops: Merci! :)

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C. Mitspieler und deren Charaktere

Diesen Teil überlasse zum Großteil ich den Mitspielern. Wie sich in meinem Beitrag nachlesen lässt, steht bei tendenziell dasselbe. :)

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Conrad Rosenstock:
Für mich ist Conrad im Sinne unserer Runde als Vorspiel des Deutsch-Dänischen Krieges der eigentliche Protagonist. Ich bin absolut Begeistert ob der Entwicklung, die sich in Conrad im Laufe der Runde dargeboten hat. Als Idealist der frühen Runde und treuer Freund des preußischen Leutnants entwickelte Conrad sich zum Loyalisten gegenüber dem vermeintlichen Herzog friedrich, nur um am Ende als tragischer Patriot in seinen Idealen und Vorstellungen niedergeschmettert zu werden. Es ist natürlich unfassbar schwer, über einen so langen Zeitraum, wie wir ihn gespielt haben, eine zusammenhängende Darstellung einer solchen Entwicklung zu bilden. Hinzu kommt ebenso, dass wir als Spieler zu Beginn dieser Runde über die Entwicklung der Ereignisse nur spekulieren konnten und uns selbst erst in ihnen zurechtfinden mussten, um darauf zu reagieren. Aber in Retrospektive ist es Dir mit Deinem Charakter gelungen, die Geschichte eines ehrenvollen Idealisten und nationalstolzen Patrioten zu erzählen, der auf Grund von Täuschungen und Enttäuschungen seien Gefühle für seine Loyalität überdenken musste.[...]

Ich gebe dir vollkommen recht. Ich habe die Betrachtungen der Einzelnen nicht ausreichend gewürdigt, und insofern das nicht so gelesen. Aber du hast vollkommen recht und ich habe das nicht genug gewürdigt! :)

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D. Der eigene Charakter: Alfred Nobel

Meine Motivation, einen historischen Charakter in einer Rollenspielrunde zu interpretieren, war aus verschiedenen Gründen belegt. Zum einen war es für mich ein Hilfsmittel, mich in einem geschichtlichen Umfeld zurechtzufinden und einen Ausgangspunkt zu haben, zum anderen aber auch, um den Umgang mit Überlieferungen und Geschichte zu lernen. Zu Beginn der Runde war meine Interpretation Alfred Nobels noch sehr willkürlich und hat sich oft aus spontanen Eingebungen ergeben. Im Verlauf des Spiels hat sich mein Interesse für die Person gesteigert, wodurch ich viel Zeit mit Recherche im Internet verbracht und gegen Ende sogar meine kleine karge Hausbibliothek mit 5 Biographien über den Mann und seine Arbeit erweitert habe. Ich weiß das Lob von Menthir diesbezüglich tief zu schätzen, möchte mich dafür bedanken und kann es guten Gewissens annehmen - schließlich steckt auch eine gewisse Menge an Arbeit in meiner Vorstellung von Alfred Nobel. Aber trotzdem: Das Lob bedeutet mir besonders viel. :)
Ich möchte ehrlich gesagt gar nicht allzu viele Worte über die Motivation und mein Verständnis über den Charakter verlieren, außer, es gibt tatsächlich konkrete Fragen oder Anregungen von Eurer Seite. Falls dem so ist, möchte ich dazu gerne Stellung nehmen oder Antwort geben.

Gerne. Ich habe eine zentrale Frage, vor die sich aber auch jeder Charakter/Spieler gestellt fühlen darf. In Hinblick auf historische Vergleichbarkeit dürfte es bei dir aber noch interessanter sein. Grundsätzlich gilt für Biographien immer, dass ein Teil des Autors in die beschriebene Person projeziert wird. Es ist also eine provokante Frage im öffentlichen Raum und doch muss ich sie stellen: Wie viel von dir ist in Alfred Nobel gelandet? :)

Zitat
E. Highlights & Lowlights

Highlights

Lowlights
Hier möchte ich auf die humorvolle Darstellung von oben verzichten, sondern nur kurz zusammenfassen:
  • Die Geschichte um Donald Munro war leider sehr enttäuschend. Der Spielleiter hat dabei hervorragende Arbeit geleistet, die Figur in die Geschichte einzubetten, doch leider ist es dem Spieler nicht gelungen, in unsere Runde reinzufinden.
  • Die Geisterkutsche nach Gut Emkendorf stinkt mir bis heute noch als billige Deus Ex Machina Lösung. Ich habe versucht, sie einigermaßen sinnvoll durch Emils Legende herzuleiten, bin jedoch immer noch nicht glücklich darüber.
  • Die Szenen im Haus von Frau Borggrefe waren großartig, andererseits werde ich mir in Zukunft nicht mehr verzeihen, 21 Zeilen darüber zu schreiben, dass mein Charakter den Raum untersucht.

Vielen Dank für die Einschätzungen. :)
Ich fand die Geisterkutsche war eine schöne Lösung, auch wenn sie eher systeminhärent denn storyinhärent war. :)

Zitat
(F. Sonstiges)
Ich bin - vorerst - am Ende. Ich möchte noch ein Mal allen Mitspielern und dem Spielleiter für eine faszinierende, wertvolle und unvergessliche gemeinsame Zeit danken. Ich wünsche uns allen, dass sie uns allen lange und gut in Erinnerung bleibt, und hoffe auf eine lange weitere gemeinsame Zeit in unseren Gedankenspielen. :)

Ich habe zu danken. :)



Nun zur Interpellation von Samuel, die aufgrund kürzerer Gestaltung auch etwas kürzer beantwortet werden wird. :)

Zunächst einmal: Ich kann mich unserem SL nur anschließen in der Wertung, dass dies eine außergewöhnliche Runde war. Sie hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht.

Was Samuel angeht, ist Menthirs Einschätzung weitgehend auf den Punkt. Er verliert sich in seinen Rollen, weil er die Person, die er eigentlich ist, nicht mehr sein will. Das ist im Grunde auch die Tragik dieses Charakters. Er ist auf der Suche nach Freiheit, glaubt, alles sein zu können, was er will, kann aber gerade das Wichtigste nicht sein: Er selbst.

Und da für ihn alles nur ein Schauspiel ist, berühren ihn die Dinge, die er erlebt, auch zu wenig. Das ist tatsächlich auch einer der Gründe, weshalb Samuel seiner Umwelt zu wenig Beachtung schenkt.[...]


Stellvertretend für die weiteren Anmerkungen hier schonmal mein Dank für die Einblicke in den Charakter. :)

Zitat
Ich hatte eigentlich gehofft, dass sich das in der Interaktion mit den SC ändern würde, aber wann immer sich mal die Gelegenheit bot, kam bei mir der Job oder irgendwas anderes dazwischen.  Das hat mich selbst wahrscheinlich am meisten geärgert, aber manchmal ging es eben nicht anders.

Umso schöner ist es, dass du trotz aller Wünsche, Unzulänglichkeiten meinerseits und trotz aller Zeitproblemen dieser Runde so treu geblieben bist. :)

Zitat
Samuel ist auch, wie du es beschrieben hast, elitär, was aber an zwei Dingen liegt: Zum einen an seiner Geschichte, die ihn dazu bringt, sich nur schwer anderen zu nähern, und das Elitäre macht es ihm leicht, auf Abstand zu bleiben. Zum anderen ist es eine Fehleinschätzung, denn obwohl er ein kluger Kopf ist, hält er seinen Pragmatismus für geistige Überlegenheit: Durch seine Rollenwechsel und Manipulationen kann er Dinge erreichen, die für andere schwer zu erreichen sind, aber das ist weniger eine Frage der Intelligenz, als der, nun ja, moralischen Flexibilität.

Ich habe eine Begriffsfrage. Was bedeutet für Samuel elitär? Kaum ein mir bekannter Begriff ist wandelbarer, und da ich es gerne im Kern verstehen würde, weil ich glaube, dass es mir für Paris helfen wird, bitte ich dich, mir offenzulegen, was Elite für Samuel bedeutet. Das ist ja gerade im Rahmen des 19. Jahrhunderts eine sehr spannende Frage. :)

Zitat
Eingehen möchte ich noch auf Alfreds Feedback zu Samuel. Ich gebe zu, dass ich liebend gerne Charaktere spiele, die in einem Punkt sehr stark sind, und dazu eventuell noch ein etwas breiteres "Allgemeinkönnen/-wissen" haben, das aber nicht unbedingt auf allzu hohem Niveau sein muss. (Heißt nicht, dass ich das immer so mache - aber eben durchaus gerne, und bei Samuel trifft es eindeutig zu.)
Was da aber bei Samuel herausgekommen ist, habe ich beim Charakterbau ehrlich gesagt selbst nicht so erwartet. Als die Werte dann aber einmal da waren, haben sie für mich auch den Charakter geformt: Ich halte es nur für natürlich, dass jemand mit solchen Fähigkeiten sie auch einsetzt.

Gleichzeitig denke ich, dass es einer Kombination aus meinem späten Einstieg und den immer wieder auftretenden Phasen viel zu knapper Zeit geschuldet ist, dass ich Samuel stellenweise so extrem ausgespielt habe. Durch den späten Einstieg hatte ich als Spieler das Gefühl, dass ich zunächst eigentlich nur Mitläufer war. Die Vorlesung hat wahnsinnig viel Spaß gemacht und war für mich eine der tollsten Szenen, die ich bisher im Rollenspiel gespielt habe, aber für die eigentliche Story hatte sie nicht gerade viel Bedeutung. Als dann die Verschwörung der Dozenten offenbar wurde, ist Samuel im Grunde eher "mitgelaufen"; seine Versuche, mehr Zeit herauszuschlagen und so mehr eigenständig Handeln zu können, wurden abgeblockt. Damit konnte ich Samuel eigentlich zum ersten Mal wirklich für die eigentliche Geschichte zum Einsatz bringen, als wir auf dem Gut angekommen sind.

Das fand ich schade. Aber leider ist ein Spiel auch vom Empfinden abhängig. Ich fand, dass die Dozenten sehr begeistert von Samuel waren, er aber leider - vielleicht zählt auch hier das Zeitargument - seine Position nicht sehr stark vertreten hat. Ich selbst habe, wahrscheinlich fälschlicherweise, Samuel nicht als Mitläufer der Dozentenschaft empfunden, trotz des kurzfristigen Rahmens. Insofern hat die Vorlesung auch eine entscheidende Rolle gespielt. Mein Gedanke war, dass diese Vorlesung die Überzeugungsarbeit gegenüber den Dozenten darstellt und somit der Icebreaker sein könnte, wenn die Vorlesung gut ist. Und sie war sehr gut.
Gerade auch in Hinblick auf die Finalsequenz hatte ich bewusste Möglichkeit lassen wollen, in denen Samuel seine Stärken ausspielen kann, wie die Power of Suggestion, die wirklich spannend gewesen wäre und ganz andere Türen im Bereich der Fälschung hätte öffnen können. Insofern war Samuel dank seiner Rollenmannigfaltigkeit mein kleines Enfant terrible in dieser Diskussion, weil er so viele Positionen einnehmen konnte, während ich bei Alfred, Carl und Conrad eher erwarten konnte, in welche Richtung die Diskussion gehen würde. Insofern habe ich die Szene wahrscheinlich anders gelesen, und dementsprechend habe ich viel Potenzial bezüglich deines Charakters verschenkt. Deswegen möchte ich die Bitte formulieren, dass du, wenn du dich als Anhängsel fühlst, das bitte offensiver formulierst. Wie beschrieben stehen die Charaktere im Vordergrund in meinen Runden und es ist nicht meine Absicht, das Spotlight in unterschiedlichen Portionen zu verteilen. Ich hab dies also einfach falsch oder anders eingeschätzt. :)

Zitat
Genau in dieser Zeit wurde mein privater Stress noch heftiger als vorher, so dass ich echte Schwierigkeiten hatte, mit zu kommen. Ich wollte Samuel aber auch nicht nur daneben stehen lassen, und das hätte auch nicht zu ihm als Charakter gepasst. Durch diese Kombination aus Umständen habe ich vielleicht ein wenig "über die Stränge" geschlagen, weil ich das Gefühl hatte, wenigstens irgendwas in der Geschichte erreichen zu wollen, bevor sie vorbei ist. (Was dann ja letztlich doch auch nicht geklappt hat.)

Ich denke, dass Samuel etwas erreicht hat, auch wenn er nicht die entscheidenden Weichen im Finale stellen konnte. :) Vielleicht wäre es möglich gewesen, dass du diese Sorgen auch im OOC mehr äußerst. Vielleicht hätten wir dann gemeinsam dazu eine Lösung gefunden, wenn du das als Problem zu diesem Zeitpunkt schon wahrnehmen konntest. Wenig Zeit zu haben, ist schließlich ein guter Grund, dass man sich nicht in jede Szene arbeiten kann und kein Beinbruch. :)

Zitat
Das ist für mich persönlich vielleicht auch der größte Wehmutstropfen an dieser Runde: Trotz allem, was Samuel gemacht hat, hatte ich am Ende das Gefühl, dass die Geschichte im Grunde genau so verlaufen wäre, wenn er überhaupt nicht aufgetaucht wäre.

Umso mehr freue ich mich auf die Nachfolgerunde, in der die Geschichte aus Kiel für Samuel zumindest eine prägende Hintergrundgeschichte wird.

Ich kann diese Empfindung verstehen. Ich denke jedoch, dass selbst kein Spieler vor dem Finale wusste, wie es ausgehen würde. Es war nicht ausgeschlossen, dass es in eine andere Richtung geht und es war auch nicht unwahrscheinlich. Beispielsweise dein guter Bluffenwert mit deiner Argumentation zu Beginn des Gespräches hätte die Geschichte in ganz andere Bahnen gelenkt und wohl auch der dich begleitenden Dozentenschaft Wind in die Segel geblasen. So wirkte das Ende für dich ungünstiger, als es hätte vielleicht sein müssen.

Zitat
Zunächst einmal zu unserem Spielleiter: Ich finde es großartig, wie du, Menthir, es geschafft hast, aus einer im Grunde "ganz normalen" Welt, ohne Drachen und epische Magie, ohne geniale Finsterlinge und strahlende Helden, eine Welt zu erschaffen, die für mich vieles überstrahlt, was mir bisher begegnet ist.

Es ist die Tiefe, die Komplexität und Lebendigkeit, die du in diese Welt hineinlegst, die Mühe, die du dir mit so vielen Details machst, dass ich persönlich mich der Faszination dieser Welt, wie "normal" sie auf den ersten Blick auch erscheinen mag, nicht mehr entziehen konnte. Insofern sehe ich dich nicht einfach nur in der Rolle eines Spielleiters, du bist vielmehr ein Geschichten-Erzähler im ganz traditionellen Sinne, der mit Worten seine "Zuhörer" in seinen Bann schlagen kann, ganz egal, worüber er erzählt. Das ist ein außergewöhnliches und wundervolles Talent, und ich bin froh, das als Spieler in deiner Runde erlebt zu haben und noch einmal erleben zu dürfen.

Das macht auch allemal wett, dass ich das Gefühl hatte, dass Samuel in der Geschichte nicht wirklich "wichtig" war ;-)

Vielen, vielen Dank! Ich will mich sehr bemühen, dass du dich im nächsten Kapitel deutlich eingebundener fühlst und dass ich deine schöne Hintergrundgeschichte viel mehr zu würdigen weiß im Sinne von Spielreferenzen! :)

Zitat
Nun zu meinen Mitspielern.

Auch hier überlasse ich das Feld den betreffenden Spielern. :)



Vielen Dank für eure Interpellation. Gute wie schlechte Kritik bedeutet mir sehr viel, sodass ich tief verbunden für eure Mühe bin, diese Punkte zu formulieren. :)
"Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit." - Jean-Jacques Rousseau, Du Contrat Social

Finster

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Interpellation
« Antwort #17 am: 13.10.2013, 13:40:15 »
Inzwischen ist viel Zeit vergangen, meiner Meinung nach sogar zu viel, und ich habe bisher noch nicht meine Interpellation eingereicht. Dies soll sich hiermit ändern, auch damit diese Kampagne damit endlich beschlossen werden kann.

Ganz im Allgemeinen schicke ich vorweg, dass mir diese Runde großartig gefallen hat. Prinzipiell könnte ich den Beitrag so abschicken und stehen lassen, denn ich habe wirklich nichts auszusetzen und bin rundherum zufrieden gestellt. Doch allein, um mir keine totale Blöße zu geben, werd ich noch ein paar Zeilen mehr schreiben und natürlich auf das eingehen, was ihr zu Carl geschrieben habt.

Vielleicht bin ich damit auch gleich beim ersten Punkt, einem Punkt der für mich noch sehr aktuell ist und sicherlich auch seinen Teil dazu beigetragen hat, dass ich erst so spät an dieser Stelle beitrage. Die Intensität und der gegenseitige Ansporn. Das allgemeine Beitragsverhalten würde ich jetzt mal gefühlt auf etwas weniger als ein Post pro Woche tippen, was sich ja doch von den in anderen Runde  geforderten 2 Posts pro Woche unterscheidet. Jedoch unterscheiden sich die Beiträge in dieser Runde auch massiv von denen in anderen Runden. Die Länge eines Beitrages ist sicherlich kein alleiniges Qualitätsmerkmal, deutet aber sicherlich doch sein Potential an, ein guter Beitrag zu sein. Nichts gegen den klassischen Vierzeiler, ich bin schließlich ein großer Verehrer Heinz Erhardts, doch in vier Zeilen gewinnt man nicht ohne Weiteres genug Tiefe, wenn überhaupt treibt man die Handlung ein wenig voran oder bleibt rein reaktiv. Lange Beiträge bergen sicherlich die Gefahr ins Schwafeln abzudriften oder in ein endloses Geseier von "Mein-Char-ist-*händeganzweitauseinanderzieh*-sooooooo-toll" auszuarten, jedoch war davon bei uns keine Spur zu sehen. Die Qualität der Beiträge war also durch die Bank sehr hoch, bis exzellent, möchte ich sagen. Für mich war das zum Einen ein tolles Lesevergnügen, zum Anderen aber auch steter Ansporn eben diese Qualität zu erwidern und ebenbürtige Beiträge zu verfassen.
Wie ich schon sagte, habe ich nichts zu kritisieren und auch dies ist keine Kritik, sondern tatsächlich mehr als Rückmeldung zu verstehen. Zum Finale hin, hat sich das Ganze dann nochmals enorm gesteigert und das Schreiben der Beiträge war nicht selten auch anstrengend (jedoch sicherlich im positiven Sinne), was nicht zuletzt an den komplexen Sachverhalten lag, die in dieser Szene diskutiert wurden. Aus diesem "Trott" muss man erst mal wieder heraus gelangen, so empfinde ich es zumindest. In der neuen Runde komme ich mir teilweise immer noch merkwürdig vor, wenn ich eben nicht solche monströsen Beiträge, wie zuletzt eben hier abliefere ;)

Das Setting der Kampagne war sicherlich einzigartig, zumindest für mich, denn ich habe bisher noch keine (pseudo)historische Runde gespielt. Ich hatte ebenfalls zuerst mit einer Runde gerechnet, die sich viel stärker mit dem Kriegsverlauf an sich beschäftigen würde und war auch tatsächlich gespannt wie Menthir das umzusetzen gedachte, ohne einen Dungeoncrawl daraus zu gestalten.
Erfolgreich getäuscht war mir dann spätestens klar, dass der Krieg an sich nicht sehr im Vordergrund stehen sollte, als Carl sich entschied auf Emkendorf zu bleiben (ja, ich bin wirklich eher ein begriffsstutziger Mensch^^) und mit dem Herzog beim Frühstück eher um den Vertrag und das politische Drumherum gesprochen wurde.

Die Kommilitonen
Das Wort meint eigentlich Mitstreiter, aber ich glaube, dass es die Charaktere dieser Runde nicht gut beschreibt. Anfangs stritten wir vielleicht schon zusammen, doch spätestens im Finale war klar, dass jeder für seine eigene Sache kämpfen wird. Ich habe Zeit meines Lebens (als Rollenspieler) dafür eingestanden, dass eine Gruppe nicht mit dem Begriff "Die Superfreunde" charakterisiert werden muss, damit jeder Spaß am Spiel hat und alles vernünftig funktionieren kann. Selten habe ich mich stärker in meiner Meinung bestätigt gefühlt und dafür allein möchte ich mich schon einmal bedanken.

Aber nun ein paar Sätze an Carl Weggefährten, wobei ich mich recht kurz fassen werde, dass das - in meinen Augen - Wichtige schon an anderer Stelle genannt wurde. In order of appearence:

Conrad Rosenstock:
Es ist sehr schade, dass du dem Gate nicht mehr zur Verfügung stehst. Ich hätte dich unheimlich gern in der Folgerunde und in vielen weiteren gelesen. Den alten Spruch vom "Gehen, wenn es am Schönsten/Besten ist" hast du ja tatsächlich, wohl eher unabsichtlich, hervorragend umgesetzt. Dein letzter Beitrag mit Conrad ist mir so sehr in Erinnerung geblieben, dass er vieles Andere der Runde überstrahlt. Als Spieler habe ich sehr mit Conrad gelitten und Carl ein wenig dafür gehasst, dass er sich nicht vollkommen auf deine Seite schlagen wollte, ja sogar noch ganz billig versucht hat dich in deiner Enttäuschung für sich einzunehmen.
In der Retrospektive finde ich das Verhältnis zwischen Carl und Conrad von speziellem Interesse. Es wurde mal gesagt, dass Carl für Conrad eine Art Vorbild war, während Carl Conrad vor allem als loyalen und guten Freund empfunden hat. Dennoch haben beide in der Schleswig-Holstein-Frage recht unterschiedliche Ansichten. Es ist sicherlich eine Interessante Geschichte, die Carl und Conrad zu so guten Freunden hat werden lassen, dass ihre Differenzen in dieser - für beide ja nicht unerheblichen - Frage für ihre Freundschaft unerheblich bleiben konnten.

Alfred Nobel:
Vier Jahre. Alfred Nobel ist bloß vier Jahre älter als Carl und dennoch war meine erste Wahrnehmung Alfreds in der Kampagne folgende: "Hilfloser, alter Mann im Regen" ;)
Wir haben schon darüber gesprochen, ich finde nach wie vor nicht, dass dieses gefühlte höhere Alter Alfreds in irgendeiner Form negativ aufgefallen wäre, es ist einfach eine zum Schmunzeln einladende Randnotiz.
Alfred war für mich ganz großes Kino. Ehrfurchtgebietendes, ganz großes Kino. Die Aufgabe an sich, eine historische Person zu spielen finde ich allein schon sehr ehrgeizig. Die Akribie, mit der du diese Herausforderung angegangen bist finde ich beeindruckend und auch inspirierend. Darüber hinaus stehst du damit der Besessenheit unseres Spielleiters wohl kaum in etwas nach.
Ich weiß, du bist kein besonders großer Fußballfreund, aber deine Beiträge hatten das kontinuierliche Niveau eines Phillip Lahms. Vermutlich der weltbeste rechte Verteidiger und selbst an einem schwachen Tag immer noch in den Schatten stellend. Aufgrund dieser gleichmäßigen Höchstleistung fällt es eigentlich schwer einen besonderen Moment herauszupicken, doch ich Denke man kann mit Fug und Recht behaupten, Alfreds größter Augenblick war die Szene um den Vertrag und insbesondere als du den Herzog endgültig seine schlimme Lage klar gemacht hast.
Alfred war also alles andere als ein hilfloser, alter Mann im Regen, sondern ganz im Gegenteil, für mich eindeutig Haupthandlungsträger des Geschehens.

Samuel Weißdorn:
Du bist erfreulicher Weise auch noch zu dieser Runde gestoßen, hattest aber, wie schon beschrieben wohl eine nicht vollkommen optimale Einbindung erreicht. Ich hatte hin und wieder auch den Eindruck, dass du dich auch nicht immer so recht "dazugehörig" gefühlt hast. Ich hoffe unbedingt, dass wir das gemeinsam in der neuen Runde ändern können. Samuel ist für mich ein sehr spannender Charakter, wenn gleich Carl das sicherlich mit einem Hinweis auf die Samuel innewohnende Flexibilität auch anders sehen würde. Leider hatten unsere Charaktere aufgrund deines späten Einstieges und Carls Alleingang auf Emkendorf kaum gemeinsame Interaktion erfahren, auch hier hoffe ich, dass wir das in der Zukunft ändern können :)


Mein eigener Charakter: Carl
Viele Worte muss ich zum Konzept von Carl gar nicht verlieren, da er von Beginn an eben kein wirklich durchdachtes Konzept besaß, sondern eher eine Idee. Ich wollte einen rechtschaffend-guten Charakterspielen, der aber eben kein 08/15, von allen gehasster, Paladin-Gruppenpolizist ist. Diese Interpretation von rechtschaffend-gut hat mir immer ein wenig ekel bereitet. Zudem kommt beim Paladin natürlich auch noch der Religionsaspekt hinzu, der für mich persönlich gewisse Schwierigkeiten mit sich bringt.
Deshalb hat Carl also keinen Gott, sondern einen König und er weist auch nicht auf die Untugenden der Gruppenmitglieder hin, sondern hält sich lieber selbst an die eigenen Tugenden und lässt Anderen die Möglichkeit dies auf sich wirken zu lassen oder aber auch nicht. Ehrhaftigkeit, Selbstverleugnung, Disziplin und Pflichtbewusstsein, das kennen wir auch heute noch als klassische preußische Tugenden und das war auch das Ideengerüst für Carl.
Carl konnte genau da glänzen, wo er glänzen sollte, also im Eifer des Gefechts, ob nun auf der Helka oder vor dem Gutshaus. Ebenso schön fand ich es aber auch Carl in Situationen zu führen, die nicht seine Kragenweite waren, wie zum Beispiel eben das Finale mit dem Herzog und sich komplexe Sachverhalte mit militärischen Metaphern zu erschließen.

Zitat
Ich glaube nur, dass Du Dich als Spieler nicht davor hättest Scheuen müssen, Carl am Ende der Geschichte vielleicht doch als Antagonisten für Schleswig-Holstein darzustellen. Es wäre eine bedeutender Moment für den Charakter und die Geschichte geworden.

Da hast du wohlmöglich recht, aber leicht wäre es nicht gewesen. Carl wollte ja eindeutig Preußens Interessen durchsetzen, und seine Idee war, dass dies leichter ist, wenn man nicht direkt als Widersacher auftritt sondern zumindest versucht ein wenig die Saiten auf der Harfe der Diplomatie anzuschlagen. Irgendwann wurde mir auch klar, dass es sein könnte, dass ich als Antagonist auftreten muss und anfangs wusste ich noch nicht so sehr wie ich das finde, bzw. wie ich damit umgehen soll. Jetzt am Ende dieser Kampagne weiß ich da mehr. Zum einen weiß ich, dass ich mit so tollen Spielern wie euch, keine Angst haben müsste, dass dies zu Unfrieden außerhalb des Spiels führt und zum anderen weiß ich, dass ich auch sicherlich Spaß an der Rolle des Antagonisten hätte. Nachdem Carl ein Held seines Landes ist, warum nicht einmal den "hässlichen Deutschen" spielen? Dennoch muss dies natürlich Hand in Hand mit Carls prinzipiell guter Einstellung einher gehen.

Zitat
Was ich mir manchmal gewünscht hätte, wären vielleicht mehr emotionale Darstellungen von Carl. Ich denke, dass dort noch Potenzial war, gerade weil Carl so ein beinharter Nationalist ist. Diese Fragen nach dem Fundament des Nationalismus werden sich im zweiten Szenario noch eine wichtige Rolle spielen.
Was soll ich dazu sagen? Ich bin ein Kerl, wenn ich Emotionen habe, geh ich zum Arzt. XD
Spaß beiseite. Die Kritik ist ja nicht neu und ich habe ich seit der letzten Kritik bemüht sie umzusetzen. Offensichtlich ist dies nicht eine meiner Stärken und ich werde weiter daran arbeiten. Hilfreich wäre vielleicht bei einem zukünftigen Beitrag ein konkreter Hinweis. So wie ich mich kenne muss man mir das am lebenden Objekt demonstrieren ;)

So das war nun auch alles, was ich als unbedingt erwähnenswert erachte. Wenn es noch ungeklärte Fragen gibt die ich nun übersehen habe, einfach Bescheid sagen :)

Vielen, vielen Dank an euch alle. Es war eine schöne Reise mit euch.

Finster
Iucundi acti labores